Protocol of the Session on July 12, 2013

Die freihändige Vergabe ist zulässig, wenn die Umstände vom Auftraggeber nicht vorausgesehen werden konnten und die Gründe für die Dringlichkeit nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind.

Dies ist in der Hochwassersituation des Jahres 2013 gegeben, insbesondere die Dringlichkeitssituation. Konkret ist zur Behebung von Katastrophenschäden oder zur Beschaffung von Geräten zur Gefahrenabwehr die freihändige Vergabe möglich.

In einem Schreiben von Frau Staatssekretärin Dr. Zieschang wurde die Möglichkeit der Nutzung der sogenannten Katastrophenparagrafen aus der VOB und der VOL dargestellt und den Landesministerien, dem Landesverwaltungsamt sowie den Kammern und Verbänden zur Kenntnis gegeben.

Im Freistaat Sachsen wurden bereits im Jahr 2002 und auch im Jahr 2013 analoge Verfahren angewandt. Auch in Bayern werden die dargestellten Erleichterungen der Vergabe- und Vertragsordnung angewendet.

Danach können dringliche Leistungen unterhalb der Schwellenwerte der Europäischen Union von 200 000 € für Liefer- und Dienstleistungen bzw. 5 Millionen € für Bauleistungen freihändig vergeben werden. Der Ausnahmetatbestand der besonderen bzw. zwingenden Dringlichkeit für eine freihändige Vergabe liegt hier vor. Daher kann vom Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung so abgewichen werden.

Die Landesregierung - darin können Sie sicher sein - ist auch weiterhin bestrebt, die Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge zur Beseitigung der Hochwasserschäden mit den gebotenen Erleichterungen des Vergaberechts zu unterstützen.

Wir werden deshalb die Anregungen des Parlaments aufgreifen und intensiv prüfen. Ich versichere Ihnen: Sollten die Prüfungen der angeregten Präzisierungen im Vergaberecht weitere Beschleunigungsmöglichkeiten ergeben, wird die Landesregierung hier schnellstmöglich tätig werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Jetzt hat Herr Steppuhn das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Frank Thiel, als ich bei der Rede zugehört habe, hat sich meine Gefühlslage auch etwas verändert; denn es ist ja nicht so, dass wir Ihnen mit dem gemeinsamen Antrag einen Gefallen tun wollen; vielmehr haben wir das Thema für so wichtig erachtet, dass das Parlament aus unserer Sicht bezüglich dieses wichtigen Bereichs der öffentlichen Auftragsvergabe ein gemeinsames Zeichen setzen sollte und all das, was man tun kann, auch tun sollte.

Manchmal sind auch politische Zeichen nicht verkehrt. Es ist ein politisches Zeichen, wenn ein Parlament in großer Einmütigkeit sagt, wir wollen die öffentliche Auftragsvergabe beschleunigen, um die Flutschäden möglichst schnell zu beseitigen.

Ich habe eigentlich gedacht, dass es Ihnen aufgrund der Intention, diesen gemeinsamen Antrag zu stellen, leichter fallen würde - auch das wäre ein Zeichen gewesen -, der Änderung des Landesvergabegesetzes zuzustimmen. Sie haben das nicht getan. Manchmal wird man den Eindruck nicht los, es ginge in dieser Frage nur um Opposition.

Ich glaube, die Menschen draußen erwarten, dass die Infrastruktur schnellstmöglich wieder in Gang gebracht wird und dass die Aufträge dafür möglichst schnell vergeben werden, damit die Flutschäden beseitigt werden.

Mit diesem Antrag, den wir gemeinsam beschließen werden - davon gehe ich aus; dazu stehen wir auch -, wollen wir die Landesregierung auch bitten, ein Stück weit ihre Möglichkeiten im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe zu nutzen, und zwar nicht nur bei uns im Land. Die Landesregierung wird auch gebeten, ihren Einfluss in Richtung Europäische Union, aber auch in Richtung Bund entsprechend geltend zu machen, damit bei den zuständigen Stellen das getan wird, was notwendig ist.

Wir reden in dem Zusammenhang ja auch über die VOB, die VOL und die VOF. Das sind nun einmal Bundesvorschriften, die wir nicht einfach so ändern können.

Wir signalisieren damit die Erwartung, dass wir wieder das bekommen, was auf der Ebene der Europäischen Union nach dem Hochwasser des Jahres 2002 gemacht worden ist, nämlich Regelungen, die die öffentliche Auftragsvergabe erleichtern, und auch das, was im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II entsprechend getan worden ist.

Ich möchte die Landesregierung, Herr Ministerpräsident, Herr Minister Aeikens, wirklich noch einmal bitten, ihren Einfluss auf Bundesebene und auf der Ebene der Europäischen Union geltend zu

machen, damit wir diese Erleichterungen bekommen.

Daher ist dieser Antrag - bei allem Streit, lieber Kollege Thiel - eine sinnvolle Ergänzung zu dem, was wir beim Landesvergabegesetz beschlossen haben. Deshalb sollten wir diesen Antrag - dafür werbe ich - heute möglichst einhellig verabschieden. Es ist ein richtiger Weg, den wir dabei einschlagen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Steppuhn. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt der Kollege Herr Erdmenger. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht über meine Gefühlslage betreffend diesen Antrag reden.

(Frau Niestädt, SPD: Schade! - Zustimmung von Herrn Mormann, SPD)

- Das ist enttäuschend, nicht wahr? - Aus der Sicht meiner Fraktion liegt hiermit ein vernünftiger Vorschlag auf dem Tisch. Wir sollten dem zustimmen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ich möchte noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Ministers sagen. Dass es diese Ausnahmemöglichkeiten gibt, in besonders dringenden Fällen freihändige Vergaben durchzuführen, ist natürlich bekannt. Das ist besonders für eine bestehende Hochwassersituation eine wichtige Regelung. Aber wir wollen mit dem Antrag auch erreichen - so ist jedenfalls mein Verständnis -, dass die besondere Dringlichkeit bei den Wiederaufbauarbeiten nicht in jedem Einzelfall einer Begründung bedarf, sondern dass einfach schnell angepackt werden kann, jedenfalls im Rahmen der vorgelegten Schwellenwerte.

Deswegen möchte ich die Landesregierung wirklich auffordern, es intensiv und mit viel Wohlwollen zu prüfen, entsprechende Regelungen zu erlassen. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Erdmenger. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Thomas das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Thiel, ich will Sie auch persönlich ansprechen.

Wenn Sie uns heute vorwerfen, wir hätten nicht schnell genug gehandelt, dann möchte ich bemerken, dass wir vor drei Wochen die erste Lesung des Gesetzentwurfes zur Änderung des Vergabegesetzes gehabt, den Gesetzentwurf dann sofort im Ausschuss beraten und das Gesetzgebungsverfahren heute in der zweiten Lesung zum Abschluss gebracht haben.

Ich will noch hinzufügen, dass wir die Änderung des Landesvergabegesetzes in den Zusammenhang mit den Flutschäden gestellt haben, das heißt, das Gesetz entfaltet auch eine Rückwirkung auf die Vergaben, die im Notfall geschehen sind. Wenn Sie jetzt sagen, das wäre nicht schnell genug gewesen, dann müssen Sie mir das noch einmal in Ruhe erklären. Das habe ich nicht verstanden.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Frau Niestädt, SPD)

Schneller konnten das Parlament und auch die Landesregierung nicht handeln. Ich denke, man muss ehrlich bleiben und das auch sagen.

Ich denke schon, auch nach Rücksprache mit den Kommunalpolitikern und mit den Kammern, dass wir damit im Rahmen der Hochwasserhilfe eine wichtige Grundlage für eine beschleunigte Schadensbeseitigung gelegt und endgültige Rechtssicherheit für die vor Ort handelnden Akteure hergestellt haben.

Dies war zwar durch das Ausrufen des Katastrophenfalls in den Hochwasserregionen gegeben, es gab aber eine gewisse Unsicherheit dahin gehend, inwieweit bestimmte Leistungen in diesem Notfall vergeben werden durften und ob es im Nachhinein eventuell noch zu entsprechenden Verfahren kommen könnte.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich nicht nur bei allen Helfern zu bedanken - das haben wir schon oft getan -, sondern aus dem Landtag auch einen Gruß an all diejenigen senden, die jetzt mit den Aufbauarbeiten beschäftigt sind, über die wir nicht mehr so viel lesen und hören.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau Niestädt, SPD)

Wir müssen auch über die vielen sprechen, die jetzt ihr Haus sehen, nachdem das Wasser abgelaufen ist, die jetzt erst die Schäden wahrnehmen können. Um diese Menschen geht es uns, wenn wir die Auftragsvergaben erleichtern, was wir dankenswerterweise mit der Mehrheit der Stimmen des Parlaments, aber leider gegen Ihre Stimmen getan haben.

Wir haben einen gemeinsamen Antrag vorgelegt, einen Prüfauftrag an die Landesregierung, den wir sachlich gut finden. Warum soll es nicht möglich sein, auch für kommende Katastrophen, die

wir uns alle nicht wünschen, die aber immer sehr plötzlich kommen und in den letzten Jahren häufiger geworden sind, Optionen zu prüfen, wie wir in kommenden Notfällen vielleicht noch besser und schneller helfen können? - Das hätte den Charakter eines Präzedenzfalls. Dann hätten wir eine Marschroute für die Politik, für die Landesregierung und für das Parlament, um noch besser helfen und entsprechend aktiv werden zu können.

Deswegen, denke ich, ist es ein gutes Zeichen aus diesem Hause, dass wir zwar sachlich diskutieren, uns aber einig sind, dass wir eine schnelle und unbürokratische Hilfe für all diejenigen brauchen, die betroffen sind. So verstehe ich diesen Antrag.

Ich glaube, nicht nur die CDU-Fraktion, sondern das gesamte Haus wird diesem gemeinsamen Antrag gern zustimmen.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Steppuhn, SPD)

Vielen Dank, Herr Thomas. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Dr. Thiel. Bitte schön, Herr Dr. Thiel.

In der gebotenen Kürze, meine Damen und Herren. Wir finden es gut, dass wir uns verständigt haben, wie wir diese Dinge angehen wollen.

Herr Thomas, Sie haben unter dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt noch kritisiert, dass wir einen Prüfauftrag abgefordert haben. Jetzt haben Sie selbst von einem Prüfauftrag gesprochen.

(Herr Thomas, CDU: So sind wir!)

Das ist nicht mein Problem. Es geht darum, dass das Hohe Haus gemeinsam mit dem Ministerium nach Lösungen strebt, um endlich zu einer zügigen Bearbeitung der Vergabeverfahren zur Beseitigung der Hochwasserschäden zu kommen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Uns hat bewegt, dass wir bei der Diskussion im zuständigen Fachausschuss eben kein Signal seitens des Ministeriums bekommen haben, dass man an einem solchen Runderlass arbeitet mit den Dingen, die wir gehabt haben. Deswegen haben wir immer hartnäckig darauf gedrungen.