Protocol of the Session on July 11, 2013

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Die Fraktion DIE LINKE hat momentan auf ihrer Seite bei Facebook eine Umfrage zum Thema „Kinder- und Jugendbeteiligung“ gestartet. Wer Lust hat, kann sich daran gerne beteiligen.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE - Heiter- keit)

Zum Schluss möchte ich noch einige Sätze zu den Ombudsstellen in Ihrem Gesetzentwurf sagen. Mit dem Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes zum 1. Januar 2012 wurden die Beratungs- und Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen gestärkt bzw. die Möglichkeiten der Beschwerde von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe erstmals formuliert.

Expertinnen und Experten befinden sich derzeit im Diskussionsprozess, wie dieser gesetzliche Anspruch zum Wohle der Kinder umgesetzt werden kann. Da geht es beispielsweise darum, wie sich das fachliche Beraterteam zusammensetzt, wo die Beratungen stattfinden - Klammer auf: Erreichbarkeit und niedrigschwelliger Zugang, Klammer zu - und wie sich das Finanzierungsverfahren gestaltet.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts des laufenden Prozesses bin ich mir unsicher, ob wir zu diesem Zeitpunkt schon eine Änderung im KJHG LSA vornehmen sollten. Eine ombudschaftliche Beratungs- und Schlichtungsstelle beim Jugendamt einzurichten, ist auch in den Fachkreisen nicht eindeutig geklärt. Auf alle Fälle sollten wir im Ausschuss ein Expertengespräch zu dieser Problematik führen.

Zusammenfassend kann ich sagen, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN haben versucht, in ihrem Gesetz

entwurf die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu thematisieren. Das ist auch sehr lobenswert. Allerdings - das sagte ich schon - vermisse ich ein schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtkonzept in diesem Gesetzentwurf. Wir werden einer Überweisung in die Ausschüsse zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hohmann. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Schindler. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe in den zwei Etappen vor, wie es auch der Tagesordnungspunkt vorsieht. Unter a) ist der Gesetzentwurf ausgewiesen. Der Antrag ist dem Unterpunkt b) zugeordnet.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen umfasst wiederum mehrere Teile. Im ersten Teil gehen Sie auf die Änderung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung ein. Wir behandeln heute auch die Änderung des Kommunalrechtsreformgesetzes. Dazu liegt auch ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.

Mich hat es gewundert, dass Sie in den Änderungsantrag zum Kommunalrechtsreformgesetz nicht alle Aspekte aufgenommen haben, die Sie in dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Kindern und Jugendlichen benennen. Vielleicht ist dies dem Umstand geschuldet, dass Sie noch nicht wissen konnten, was im Gesetzentwurf steht. Ich hätte erwartet, dass Sie das in Ihrem Änderungsantrag zum Kommunalrechtsreformgesetz ebenfalls einbringen.

Den Aspekt der kommunalen Beauftragten haben Sie beispielsweise in Ihrem Änderungsantrag nicht enthalten. Das werden Sie sicherlich in der Debatte und in der Diskussion zu dem Gesetzentwurf einbringen.

Ich konnte der letzten Beratung des Jugendparlaments im Hohen Haus beiwohnen. Ich konnte bei den Beratungen zu dem Beschluss zu den Jugendbeiräten auch beratend zur Seite stehen. Ich war sehr beeindruckt davon, wie umsichtig die Jugendlichen mit diesem Antrag umgegangen sind. Sie haben vor allen Dingen die Möglichkeiten auf beiden Seiten der Beteiligten gesehen. Sie sahen einerseits die Möglichkeiten der aktiven Seite, also der Beteiligung der Jugendlichen selber, wie sie sich in den Prozess einbringen können. Andererseits berücksichtigten sie auch die Möglichkeiten, die den Kommunen zur Verfügung stehen.

Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir diesen Beschluss des Jugendparlaments aufgreifen. Ich denke, dass das ein guter Vorschlag ist.

Sie sind vorhin auch darauf eingegangen, dass angeblich keine zusätzlichen Kosten entstehen,

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Bei den Ombuds- stellen!)

sowohl bei den Ombudsstellen als auch bei den Beratungsstellen. Der Minister hat bereits gesagt: Die Konnexität greift. Sie haben selbst in der Begründung darauf verwiesen,

(Zuruf von Frau Lüddemann, GRÜNE)

dass entsprechende Kosten zu tragen sind. Warum findet sich dieser Aspekt nicht in dem Gesetzentwurf wieder? - Dies muss als Hinweis zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes aufgenommen werden oder es müssen Regelungen zur Kostenübernahme im Gesetz formuliert werden.

(Zustimmung von Minister Herrn Stahlknecht)

Lassen Sie uns aber all diese Punkte beraten, wenn wir über den Entwurf eines Kommunalrechtsreformgesetzes diskutieren. Ich denke, dass wir diesen Gesetzentwurf dann im Zusammenhang damit beraten.

Zu Ihren weiteren Vorschlägen zur Änderung des Kinderschutzgesetzes. Grundsätzlich stimmen wir der Intention zu, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen und deren Beteiligung ein sehr hohes Gut sind und dass das von allen unterstützt wird. In der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf und im Rahmen der Debatte dazu haben Sie aber bereits dargelegt, dass die Kinderrechte in vielen höherrangigen Rechten bestimmt sind. Auch der geltende Gesetzestext im Landesgesetz lautet wie folgt:

„Jedes Kind hat das Recht auf Leben, körperliche und seelische Unversehrtheit, freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung.“

Die gewaltfreie Erziehung und die freie Meinungsäußerung, die von Ihnen angesprochen werden, werden, so denke ich, von diesem Gesetz bereits abgedeckt. Die Rechte auf körperliche und seelische Unversehrtheit und auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit sind ebenfalls in dem vorgenannten Gesetzestext formuliert.

Die Berücksichtigung der Meinung von Kindern und Jugendlichen bei den sie betreffenden Angelegenheiten halte ich für selbstverständlich. Dies muss aber vor allen von den an der Erziehung der Kinder und Jugendlichen Beteiligten vermittelt werden. Das kann nicht nur durch gesetzliche Regelungen erfolgen. Der erhobene Zeigefinger hilft, so glaube ich, an dieser Stelle auch nicht.

Auch hierbei gilt es, das Bewusstsein zu verändern. Sie haben dies deutlich auch zu Beginn Ihrer Rede gesagt: Wir ändern nichts durch Gesetze, wenn sich nichts im Bewusstsein ändert.

Die vorgeschlagenen Änderungen zum Kinder- und Jugendhilfegesetz klingen zunächst einmal gut. Aber auch diese Vorschläge führen zu einer Überregulierung und nicht zu dem gewünschten Ziel.

(Zustimmung von Minister Herrn Stahlknecht)

Die Einrichtung einer Ombuds- und Schiedsstelle als unabhängige Beratungsstelle und Hilfsorgan des Jugendhilfeausschusses wird vorgeschlagen. Angesichts des Aufgabenspektrums, das Sie zuordnen, frage ich mich wirklich, ob es diese Ombudsstelle auch leisten kann, zumal Sie sagen, sie solle nichts zusätzlich kosten. Sie haben vorhin gesagt, die Beschäftigten in den Jugendämtern sollen diese Aufgabe nicht noch zusätzlich übernehmen. Also muss zusätzliches Personal eingesetzt werden. Insofern bedeutet diese zusätzliche Aufgabe Konnexität und eine entsprechende Finanzierung.

Auch ich frage mich, wie eine Abgrenzung zu den bereits bestehenden Schiedsstellen, die nach § 78g SGB VIII vorgesehen sind, erfolgen soll. Auch stellt sich die Frage, ob eine dritte Beratungssäule in diesem Bereich aufgebaut werden soll. Wir haben die Jugendämter. Wir haben die Beratungsaufgaben der Jugendämter. Wir haben die ehrenamtlich Tätigen. Wir haben die freien Träger der Jugendhilfe, die auf diesem Gebiet Beratungen durchführen. Zudem wird eine Diskussion über die Beratungslandschaft geführt. Ich halte es für bedenklich, dass nun eine weitere Säule aufgebaut werden soll.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Dieser Gesetzentwurf soll nun weiter beraten werden. Ich beantrage ebenfalls die Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales. Ich möchte bereits an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir zu dem Antrag in Drs. 6/2211 ein anderes als das aufgeführte Überweisungsvotum haben. Wir beantragen, diesen Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen.

Auf diesen Antrag möchte ich noch eingehen. Demokratie- und Politikverständnis wüschen wir uns von klein auf. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Wir müssen so zeitig wie möglich damit anfangen.

Vor allen Dingen geht es dabei auch um Beteiligung und Engagement. Beteiligung wächst aber nicht nur durch Strukturen. Auf diesem Gebiet passierte in den letzten Jahren viel. Wenn man

hinausschaut und sucht, wird man sehen, an welchen Stellen sich Kinder und Jugendlichen beteiligen. Das geschieht zwar nicht in klassischen Formen wie Gremien und Vereinen. Aber ich kann aus der Praxis sagen, dass sich Kinder und Jugendliche beteiligen, wenn es gewünscht und gewollt ist.

Die Situation muss auf die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen angepasst sein. Ich möchte an dieser Stelle ein Beispiel aus meiner Heimatstadt Wanzleben aufzeigen. Wanzleben hatte sich an dem IBA-Projekt „Stadt als Familie“ beteiligt. In diesem Zusammenhang wurde ein Kinderstadtplan mit Grundschülern entworfen. In den Kindergärten wurden entsprechende Vorschläge unterbreitet. Dieser Stadtplan wurde breit diskutiert und auch ausgewertet. Das ist planerische Entscheidung mit Diskussion von Kindern und Jugendlichen.

Unter anderem ist trotz dieser Aktivität und dieser Bereitschaft, sich zu beteiligen, die Bildung eines Jugendparlaments in unserer Stadt gescheitert. Ein solches ist von der Gemeinde angeregt worden, es ist aber nicht angenommen worden. Wie gesagt: Man kann es nicht allen vorschreiben.

Ich möchte, wie bereits bei der Rede zum Gesetzentwurf gesagt, anregen, die Formulierung des Beschlusses des Jugendparlaments zu der Bildung von Jugendbeiräten zu übernehmen. Dies wird seitens der SPD unterstützt.

Ob ein zusätzlicher Dachverband ebenfalls hilfreich ist, ist fraglich. Eine zusätzliche Struktur neben dem Kinder- und Jugendring und neben den Stadt- und Kreisjugendringen halte ich ebenfalls für fraglich.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Ich denke, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Städte und Gemeinden sind schon auf einem guten Weg. Wir sollten sie nicht mit weiteren Überregularien belasten.

Ich hoffe auf gute Diskussionen in den Ausschüssen. Wir sprechen uns dafür aus, diesen Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und zur Mitberatung in den Innenausschuss zu überweisen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Mi- nister Herrn Stahlknecht)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schindler. - Nun hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Lüddemann das Wort. Bitte schön, Frau Lüddemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Lassen Sich mich

kurz noch einmal auf den Eingang der Kinderrechte in das Kinderschutzgesetz eingehen. Ich habe es mir noch einmal herausgesucht. Es ist richtig, im Jahr 2000 wurde § 1631 Abs. 2 Satz 1 BGB geändert und ist somit geltende Rechtslage im gesamten Bundesgebiet. Aber - das habe ich bereits versucht, zu erklären - die Realität stellt sich leider Gottes etwas anders dar.

In einer Umfrage des Forsa-Instituts im März 2012 haben sich 40 % aller befragten Eltern dazu bekannt, mehr oder weniger Gewalt in der Erziehung anzuwenden. 14 % der befragten Eltern haben von schmerzhafter Prügel gesprochen. In diesem Jahr ist eine Studie veröffentlicht worden, in der 22 % aller Kinder angeben, dass sie oft oder manchmal geschlagen werden.

Ich finde, dies ist ein Zeichen, das wir nicht so stehen lassen können. Daher ist es gut, wenn wir auch hier im Land ein Zeichen gegen Gewalt in der Erziehung setzen. Dafür ist aus unserer Sicht das Kinderschutzgesetz genau der richtige Ort.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Grundsätzlich freue ich mich natürlich, dass ich aus allen Fraktionen ein positives Zeichen dahin gehend vernehme - so interpretiere ich die Beiträge der Kollegen -, dass demokratisches Handeln und das Einbringen von Kindern und Jugendlichen grundsätzlich gewünscht ist.