Protocol of the Session on July 11, 2013

Die LINKE fordert neben dem aktiven nunmehr ein passives Wahlrecht für alle Einwohner ab dem vollendeten 16. Lebensjahr.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit wären Kandidaturen unabhängig von Artikel 116 des Grundgesetzes möglich. Neben den Bürgern anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union wäre es so auch ausländischen Mitbürgern möglich, für kommunale Mandate zu kandidieren.

Meine Damen und Herren! Im Zeitalter moderner Kommunikationsmittel ist ein Ausschluss elektronischer Verfahren für uns nicht nachvollziehbar. Bereits jetzt gibt es elektronische Verfahren im Petitionsrecht und auf anderen Gebieten, die einer elektronischen Signatur unterliegen und statthaft sind.

Des Weiteren erachten wir die Stärkung der Vertretungen, besonders vor dem Hintergrund der erheblichen Entfernungen in den Kommunalstrukturen und der zunehmenden fachlichen Anforderun

gen, für geboten. Daher ist für unsere Fraktion die sächliche, personelle und finanzielle Stärkung der Fraktionen eine wichtige Voraussetzung für eine zukunftsfähige kommunale Mandatswahrnehmung.

(Beifall bei der LINKEN)

So fordern wir ebenfalls die Aufnahme einer Regelung, die es Nichtmitgliedern von Ausschüssen ohne förmliches Verfahren ermöglicht, ihr Rederecht zur Einbringung ihrer Anträge einzufordern.

Die Fachkundigkeit von sachkundigen Einwohnern wollen wir durch die Möglichkeit der Gewährung eines Stimmrechtes, welches in der Hauptsatzung geregelt werden kann, stärken. Da sachkundige Einwohner nur in beratenden Ausschüssen vorgesehen sind, würde ihre Sachkunde unmittelbar in die Entscheidungen einfließen.

Meine Damen und Herren! Für eine aktive Beteiligung der Einwohnerschaft ist ein verlässlicher Sitzungsplan der kommunalen Vertretung Voraussetzung. Mindestens einmal im Vierteljahr soll eine Sitzung durchgeführt werden. Sitzungen der Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte und deren Ausschüssen sind aus unserer Sicht nur beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen und geleitet werden.

Um das Recht der Einwohner, sich mit Bitten und Beschwerden an die Kommunen wenden zu können, zu gewährleisten, schlagen wir die Einfügung eines neuen § 51a vor. Dieser soll die Einrichtung von kommunalen Petitionsausschüssen ermöglichen.

DIE LINKE hält die Einführung hauptamtlicher Kinder- und Jugendbeauftragter für notwendig und unterbreitet mit § 78a einen entsprechenden Regelungsvorschlag.

(Beifall bei der LINKEN)

Da meine Redezeit gleich zu Ende ist,

(Zustimmung von Herrn Schwenke, CDU)

möchte ich nur noch auf unseren Änderungsantrag eingehen. Meine Damen und Herren! Mit dem Änderungsantrag legen wir zunächst zentrale Vorstellungen unserer Fraktion zur Änderung des Kommunalverfassungsrechts vor. Eine Anhörung und eine umfassende Beratung zu dem Entwurf eines Kommunalrechtsreformgesetzes halten wir für unumgänglich.

Die Fraktion DIE LINKE behält sich die Einbringung weiterer Änderungsvorschläge vor, insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, der Prüferfordernisse bei Minderheitsbeteiligungen an Gesellschaften sowie der Bildung von Zweckverbänden.

Namens meiner Fraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs und der beiden Än

derungsanträge zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Finanzen, für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie für Arbeit und Soziales. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Loos, der Minister würde Sie gern etwas fragen.

(Herr Stahlknecht, CDU: Als Abgeordneter!)

- Der Abgeordnete Herr Stahlknecht, in Ordnung. Wir müssen einmal die Geschäftsordnung interviewen, was sie dazu sagt. Aber nun fragen Sie.

Lieber Herr Loos, ich weiß nicht, ob ich Sie akustisch richtig verstanden habe. Haben Sie gesagt, Sie möchten ab einem Alter von 16 Jahren sowohl das aktive als auch das passive Wahlrecht einräumen? Habe ich Sie richtig verstanden?

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ja!)

Habe ich Sie dann auch richtig verstanden, dass man in einem Alter von 16 Jahren Landrat und Bürgermeister werden kann?

Das habe ich nicht gesagt.

(Herr Borgwardt, CDU: Aber so wäre dann das Wahlrecht!)

Das wäre aber die Konsequenz. Wenn Sie das machen, dann wäre die nächste Frage, ob Sie auch das Bürgerliche Gesetzbuch ändern wollen. Ich würde Sie dann bitten, eine Bundesratsinitiative zu starten. Es gibt den Taschengeldparagrafen: Sie können bis zu einem Alter von 18 Jahren nur bis zu einem Betrag in Höhe von 50 € selbst entscheiden; alle teureren Rechtsgeschäfte sind schwebend unwirksam und bedürfen der Zustimmung der Eltern. Ich freue mich auf den Tag, an dem ein Bürgermeister über einen kommunalen Haushalt entscheidet und, wenn er Essen gehen will, seine Eltern fragt, ob er es bezahlen darf. - Herzlichen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Frau Hohmann, DIE LINKE: So viel zu Ihrem substanziellen Beitrag! - Unruhe bei der LINKEN)

- Das stimmt, was ich gesagt habe. Das ist Juristerei.

Herr Abgeordneter Stahlknecht, lassen Sie uns im Ausschuss sachlich darüber diskutieren. Das ist der richtige Weg. - Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Loos. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Schindler. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz ist so wichtig, dass ich denke, dass wir wieder auf ein gewisses Maß zurückkommen sollten.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Mi- nister Herrn Stahlknecht)

Als Erstes wollte ich hervorheben, dass das Gesetz mit seinem Namen nun auch die Bedeutung bekommt, die ihm zukommt, nämlich eine Verfassung für die Kommunen zu sein.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD, und von Herrn Kolze, CDU)

Ich selbst habe es in meiner kommunalpolitischen Tätigkeit immer wieder einmal gesagt: Theoretisch ist die Gemeindeordnung bzw. die Landkreisordnung für den Abgeordneten, für das Mitglied eines Kreistages oder Gemeinderates wie eine Bibel. Er muss sie zwar nicht unbedingt unter sein Kopfkissen legen, aber viele konnten die einzelnen Paragrafen tatsächlich fast auswendig.

Davon muss der eine oder andere jetzt Abschied nehmen, weil sich durch die Zusammenfassung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und des Verbandsgemeindegesetzes der eine oder andere Paragraf und die Reihenfolge ändern. Ich denke aber, die Vertreter werden das verkraften und ganz schnell wieder lernen, an welcher Stelle sie welche Regelung finden.

Vieles in den anderen Gesetzen war überholt. Ich finde es gut, dass es jetzt insgesamt überarbeitet und zusammengefasst wird.

Es ist auch schon gesagt worden, dass mit vielen über dieses Gesetz, wie es jetzt zustande kommen soll, vorher beraten wurde. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich loben, dass im Vorfeld ein großer Diskussionsprozess stattgefunden hat, nämlich Gespräche, Symposien und Diskussionsrunden mit denjenigen, die vor Ort damit umgehen müssen, mit den haupt- und ehrenamtlich Tätigen.

In diesen Gesprächen - an einigen konnte ich teilnehmen - wurde deutlich, dass die Vorstellungen über und die Wünsche an dieses Gesetz so unter

schiedlich sind wie die Positionen, die man in einer Kommune innehat, ob als Hauptamtlicher oder als Ehrenamtlicher in einem Kreistag, Gemeinderat oder Ortschaftsrat. Die einen wünschen sich in dem einen Bereich vielleicht mehr Freiheit, die anderen in einem anderen Bereich vielleicht mehr Einschränkungen. Jetzt liegt der Gesetzentwurf vor. Ich denke, er stellt einen guten Kompromiss dar zwischen all diesen Vorschlägen und Wünschen, die an diesen Gesetzentwurf herangetragen wurden.

Bei allen war aber zu hören - das kann auch zusammenfassend festgestellt werden -, dass begrüßt wird, dass dieses Gesetz zustande kommt. Und auch einige Hinweise wurden von allen gleich gegeben: dass sie ein gut handhabbares Gesetz haben möchten, dass klare Strukturen geschaffen werden sollten, dass Klarstellungen der gesetzlichen Regelungen vorgenommen werden sollten und dass bestimmte Doppelstrukturen abgeschafft werden sollten.

Auf einzelne Änderungen, die mit dem Gesetzentwurf vorgenommen werden sollen, möchte ich jetzt eingehen. Die bürgerschaftliche Mitwirkung ist schon angesprochen worden. Dabei geht es natürlich um die Instrumente Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid. Beim Einwohnerantrag ist vor allem der Verzicht auf den Kostendeckungsvorschlag zu nennen. Beim Bürgerbegehren soll die Einreichungsfrist ausgeweitet und die Anzahl der notwendigen Unterschriften gesenkt werden, um ein Bürgerbegehren in Gang setzen zu können.

Für den Bürgerentscheid wird vorgeschlagen, die Frist für dessen Durchführung zu verlängern. Das ist zwar gut, die SPD hätte sich aber etwas mehr gewünscht, vor allem bei der Frage der Absenkung der Quoren. Vielleicht wird der weitere Gang der Gesetzesberatung dies noch möglich machen. Ich möchte aber schon an dieser Stelle sagen - es liegen bereits Änderungsanträge der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor -, dass es uns nichts nützt, sich hinsichtlich der Quoren gegenseitig zu unterbieten.

In den Gesprächen, die vor Ort geführt worden sind, und auch bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung im Roncalli-Haus, bei der einige der Abgeordneten anwesend waren, konnte man die unterschiedlichen Sichtweisen und die unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Instrument und zu dessen Handhabung hören. Ich bin gespannt zu erfahren, wie darüber in der Anhörung und im weiteren Gang der Gesetzesberatung diskutiert werden wird.

Weitere Instrumente der bürgerschaftlichen Mitwirkung sind die Einwohnerfragestunden in den Sitzungen von beschließenden Ausschüssen und von Ortschaftsräten.

Besonders lobend hervorheben möchte ich die Begünstigung der ehrenamtlichen Tätigkeit. Wir reden immer viel davon, dass wir das ermöglichen und unterstützen wollen. Mit dem Gesetz wollen wir einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gehen. Das betrifft die Möglichkeit, dass auch Personen, die außerhalb der Gemeinde wohnen, und zum Beispiel auch Ausländer eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Gemeinde übernehmen können.

Das betrifft auch die Ausweitung der Gestaltung der Aufwandsentschädigung. Vor Ort wird immer wieder darüber diskutiert, für welche Arbeiten und wann eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden darf. Die Kommunalpolitiker wollen immer wissen, dass ihnen der Runderlass eine entsprechende Vorgabe macht und darüber hinaus keine Aufwandsentschädigung gezahlt werden darf.