Protocol of the Session on July 10, 2013

Ich will mir gar nicht ausmalen, wie ich mich als Mitglied dieses Wissenschaftsrates fühlen würde, wenn ich heute hier zum Spielball einer politischen Debatte werde; denn als Wissenschaftler denke ich nicht politisch, sondern pragmatisch und nüchtern. Das Gutachten heute hier so oder so auszulegen, finde ich schade. Es entwürdigt nach meiner Meinung auch den Wissenschaftsrat als Institution und als Behörde, die die entsprechende Prüfung durchgeführt hat.

(Beifall bei der CDU - Herr Weigelt, CDU: Genau richtig!)

Wenn ich in den letzten Wochen und Monaten mit Fachexperten gesprochen habe, dann waren sie alle gesprächsbereit. Es ist nicht so, dass jemand sagt, es muss alles so bleiben, wie es ist. Vielmehr weiß jeder, dass wir sparen müssen und dass wir über die Strukturen reden müssen. Im Detail wird es allerdings schwierig. Man kann an der einen Stelle ein bisschen und an der anderen Stelle ein bisschen sparen, aber wenn es ans Eingemachte geht, dann wird es schwierig; womöglich hört man sogar den Satz: Ihr könnt das alles machen, aber nicht bei uns.

Meine Damen und Herren! In dieser Debatte sind Vorschläge gefragt und nicht nur Meinungen darüber, was nicht geht. Ich glaube, es sollte auch Auftrag in unserem Hohen Hause sein, die entsprechenden Vorschläge zu unterbreiten.

Die Uniklinik Halle geht heute einen mutigen Schritt voran und unterbreitet Vorschläge, an welchen Stellen Sparmöglichkeiten vorhanden sind. Es ist sehr lobenswert, dass man nicht in eine Käferstellung verfällt und sagt, hier geht gar nichts, sondern dass man diesen Prozess mitgestalten will.

Das ist auch ein Unterschied zu der Strategie der LINKEN, die in ihrem Änderungsantrag, der heute vorliegt, alles nur mit Geld heilen wollen. Es soll alles so bleiben und dort, wo es Schwierigkeiten gibt, packen wir noch ein bisschen Geld dazu.

(Frau Bull, DIE LINKE: Sie können nicht le- sen, das ist das Problem!)

Das kann man Ihrem Antrag entnehmen. Allein schon aus diesem Grunde werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Wir machen verantwortungsvolle Finanzpolitik und nicht Politik, wie Sie sie wollen, egal was es kostet. Das machen wir nicht.

Meine Damen und Herren! Das kann man so nicht machen; denn wir alle wissen: Zum Ende des

Jahrzehnts haben wir 1,5 Milliarden € weniger im Landeshaushalt. Wir müssen jetzt die Weichen stellen und müssen natürlich auch darüber diskutieren dürfen, wo mögliche Einsparpotenziale liegen.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Studienlandschaft in Sachsen-Anhalt anschaut und betrachtet, was sie uns hier und da kostet, dann muss man sich schon die Frage stellen, ob diese Ausgaben an allen Stellen wirklich qualitativ so wirken, wie wir uns das versprochen haben, als wir das Geld zur Verfügung gestellt haben.

(Herr Lange, DIE LINKE: Nennen Sie einmal ein Beispiel!)

Ich glaube nicht, dass wir in Sachsen-Anhalt eine Hochschullandschaft haben, in der alle Fachbereiche gleich gut sind. Vielmehr habe ich den Eindruck - damit stehe ich Gott sei Dank nicht allein -

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Kollege Lange, Sie können gleich dazu reden; ich verspreche Ihnen, dass ich Ihnen besser zuhören werde als Sie mir gerade -,

(Zustimmung von Herrn Kolze, CDU)

dass wir in einigen Bereichen teure Doppelstrukturen haben. Wir haben eine unterschiedliche Entwicklung von Forschungsschwerpunkten und wir müssen über Profilbildung sprechen. Es gilt, die Kooperation mit der Wirtschaft praxisorientierter zu gestalten,

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist eine Binsen- weisheit!)

und nicht zuletzt müssen wir uns offen fragen, warum so viele Studenten trotz bester Studienbedingungen, trotz besserer Rahmenbedingungen das Land verlassen?

Kollegin Dalbert, ich kann Ihrer Argumentation nur begrenzt folgen. Sie sagen auf der einen Seite, wir benötigen die Leute hier, weil wir Fachärzte brauchen. Sie haben sehr auf die Medizin abgestellt. Auf der anderen Seite sagten Sie am Schluss Ihrer Rede, die Studierenden gehen am Ende sowieso alle woanders hin. Diese Logik müssten Sie mir erklären.

Sie haben in Ihrer Rede auch sehr auf die Uniklinik abgestellt. Es ist ein wenig schade, dass Sie die anderen Hochschulen nicht im Blick hatten. Ich hoffe, es ist keine Wertung Ihrer Fraktion, dass Sie die Unikliniken in den Mittelpunkt stellen.

Meine Damen und Herren! Der Antrag soll noch einmal verdeutlichen, was vielleicht in den letzten Wochen, auch aufgrund der aktuellen Situation, etwas in Vergessenheit geraten ist und wofür die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion stehen, nämlich dafür, dass wir engere Kooperationen wollen,

dass wir Doppelstrukturen abschaffen wollen, dass wir Forschungsschwerpunkte neu definieren wollen,

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Sie wollen kas- sieren!)

dass wir aber nicht - das sage ich in aller Deutlichkeit -, gerade auch in der Uniklinik, Standorte infrage stellen. Das hat nie jemand gemacht.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ha, ha!)

Sie haben heute noch die Möglichkeit, dazu etwas zu bemerken. Dies ist bewusst in die öffentliche Diskussion hineingetragen worden. Einige haben sich bei den Demonstrationen auch auf gewissen Plätzen gesonnt und konnten dort glänzen.

(Zustimmung von Herrn Kolze, CDU)

Meine Damen und Herren! Das ist keine seriöse Politik, zumindest nicht zum heutigen Stand, wenn wir uns über Planungen und Ideen auf Protestplätzen austauschen. Dies ist eine emotionale Diskussion. Ich glaube, gerade wir im Wissenschaftsausschuss sollten an diese Dinge sehr pragmatisch herangehen. Jeder Wissenschaftler würde sagen, man muss das nüchtern betrachten und dann wird es auch ein Erfolg.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bitte darum, dass wir im Ausschuss diese nüchterne Diskussion führen. Ich bitte deswegen um die Überweisung unseres Antrages in den Ausschuss.

(Frau Budde, SPD: Direktabstimmung!)

- Danke für die Korrektur. Deswegen habe ich in das Auditorium geschaut. - Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Kollegen Gallert. - Herr Gallert.

Herr Kollege Thomas, ich will auf zwei kleine Dinge eingehen. Natürlich wissen wir und jeder, der sich mit Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie jemals auseinandergesetzt hat, dass es eine rein pragmatische Betrachtung nicht gibt. Politische Erwägungen und Wertvorstellungen fließen überall mit ein, übrigens am meisten dort, wo sie nicht reflektiert werden. Das kann man einmal sagen; aber diese Debatte führe ich jetzt besser nicht weiter.

Ich will auf einen Umstand hinweisen: Sie haben jetzt auch noch einmal gesagt, dass diese Debatte

auf der Grundlage des Gutachtens - Ihr Fraktionsvorsitzender hat es den GRÜNEN noch etwas drastischer vorgeworfen - eigentlich völlig indiskutabel ist, weil es noch nicht offiziell ist.

Frau Budde als Vertreterin Ihres Koalitionspartners hat den gesamten Antrag mit Zitaten aus diesem Gutachten belegt. Im Grunde genommen müssten Sie jetzt sagen, dass es keinen gemeinsamen Antrag gibt, weil dieses Gutachten für die SPD die Grundlage für diesen Antrag ist. Sind Sie der Meinung, dass es - das frage ich Sie - völlig indiskutabel ist, dass wir hier über eine Vorlage diskutieren, über die das gesamte Land diskutiert und die jetzt bereits politische Wirkung entfaltet hat, obwohl sie nicht offiziell ist? Wahrscheinlich wird die offizielle Version nicht so viel politische Wirkung entfalten wie die, die jetzt zu verzeichnen ist.

Sehr geschätzter Herr Gallert, ich habe von der Kollegin Dalbert gehört, dass sie unserem Antrag vor fünf Wochen zugestimmt hätte. Vor fünf Wochen hatten die regierungstragenden Fraktionen keine andere Meinung als die, die wir heute noch einmal präsentieren.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Vor fünf Wochen haben wir über dieses Gutachten des Wissenschaftsrates noch nicht diskutiert. Ich habe Kollegin Budde so verstanden, dass sie gesagt hat, es gebe Gemeinsamkeiten zwischen dem, was wir damals aufgeschrieben haben, und dem, was vom Wissenschaftsrat in Auszügen veröffentlicht wurde.

Ich glaube, die Hauptkritik, Kollege Gallert, - darauf möchte ich hinweisen, weil Kollegin Dalbert dies abgeschwächt hat - liegt in der Überschrift der Aktuellen Debatte. Sie beginnt mit den Worten: „Das Gutachten des Wissenschaftsrates - Auswertung der Chancen...“

Wir bewerten also ein Gutachten, das erst am Montag vorgestellt wird. Wenn Kollegin Dalbert dies abschwächt - das hat sie oft genug getan, indem sie gesagt hat, sie will dieses wichtige Thema vor der Sommerpause diskutieren -, dann wundere ich mich, Kollegin Dalbert, dass wir darüber nicht in der letzten Sitzung vor der letzten Sommerpause oder im Jahr davor diskutiert haben.

Wenn Sie das Thema als wichtig herausstellen, dann könnte man beinahe meinen, es sei oder wird bei Ihnen Tradition, dass Sie es jetzt immer tun wollen. Das habe ich nicht verstanden. Insofern denke ich - dazu stehe ich auch -, dass wir uns hüten sollten, auszugsweise Gutachten zu diskutierten. Das können wir auch noch sehr gut im September tun.

(Zustimmung bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Kollege Lange.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ist sie also: die hochschulpolitische Offensive der Koalition. Was ist dabei herausgekommen? - Ein typischer Antrag von CDU und SPD.

(Herr Schröder, CDU: Das ist Koalition!)

Beginnen wir mit der Einleitung zu diesem Antrag. Sicher ist es Spekulation, wie viel besser das Hochschulsystem wäre, wenn Schwarz-Gelb nicht in den Jahren 2003, 2004 30 Millionen € aus dem Hochschulsystem herausgezogen hätte und Hunderte Stellen gestrichen hätte.

Ich sage Ihnen aber eines: Eine Hochschullandschaft, in der es noch eine universitäre Ingenieurwissenschaft im Süden von Sachsen-Anhalt, nämlich im Chemiedreieck gäbe, wäre mit Sicherheit eine viel bessere Hochschullandschaft als das, was wir jetzt haben.