Protocol of the Session on July 10, 2013

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gefährlichste an Halbwahrheiten ist, dass man fast immer die falsche Hälfte der Wahrheit glaubt.

(Zustimmung von Minister Herrn Bullerjahn)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben im Dezember 2011 in diesem Hohen Haus beschlossen - damals waren wir uns alle einig -, dass die parlamentarische Bewertung einer demografiefesten Gestaltung unserer Hochschullandschaft erst dann möglich ist, wenn die vollständigen Begutachtungsergebnisse des Wissenschaftsrates vorliegen. Daran hat sich nichts geändert, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Auch ohne den jetzigen Aktionismus der GRÜNEN reden wir seit Langem über die Leistungsfähigkeit unseren Wissenschaftslandschaft. Ja, wohl wahr: Problemanzeigen aus Gutachten und Statistiken gibt es schon länger und es gab sie in den vergangenen Jahren immer wieder.

Selbst wenn man, wie wir das wollen, das Abschlussgutachten abwartet, ist bereits jetzt gewiss, dass lange Studienzeiten, hohe Wechselquoten,

ein Mangel an wissenschaftlicher Profilierung, ausbaufähige Kooperationen zwischen den Standorten, eine noch zu geringe Einwerbung von Drittmitteln, eingeschränkte Strategiefähigkeit der Hochschulen wieder Punkte sein werden, die angesprochen werden.

Bereits in der Vergangenheit gab es sanfte Korrekturen. Aber es bleibt klar und wahr: Wir können noch mehr aus unseren Möglichkeiten machen. Deswegen möchte die CDU-Landtagsfraktion die Hochschulstrukturdebatte mit dem Ziel führen, diese Hochschullandschaft weiter zu profilieren, vorhandene Synergien noch stärker zu nutzen sowie Kooperationen innerhalb der Hochschullandschaft deutlich zu verbessern.

Die tatsächlich beschlossenen Empfehlungen des Wissenschaftsrates bilden für uns die Grundlage für den weiteren Prozess der Erarbeitung eines Hochschulstrukturplans. Dieses Konzept wird auch die Grundlage künftiger Haushaltsentscheidungen sein: erst das Konzept der Landesregierung und dann die Zuweisungsdiskussion.

Ich bedanke mich beim Wissenschaftsminister Herrn Möllring ausdrücklich dafür, dass er heute im Hohen Haus zum Zeitplan gesagt hat, dass wir noch in diesem Jahr mit einem entsprechenden Konzept rechnen können.

Die Kollegin Frau Budde hat auch darauf hingewiesen: Empfehlungen, Konzept, Strukturentscheidungen und dann die Haushaltsentscheidungen dieses Hauses. Das ist der Fahrplan, der Ablauf, wie er richtig ist. Und dabei werden wir bleiben.

Da es nicht empfohlen wird, wird auch kein Standort zur Disposition gestellt. Die hochschulmedizinische Ausbildung wollen wir sowohl in Halle als auch in Magdeburg fortsetzen.

Ja, wir wollen seriöse Prognosen über die Entwicklung der Zahl der Studienanfänger. Deshalb werden wir keine politischen Festlegungen zur Anzahl der Studienplätze treffen. Das eine ergibt sich aus dem anderen. Die deutlich anwachsenden Mittel, die im Rahmen des Hochschulpaktes zur Verfügung gestellt werden - im Jahr 2014 ein Plus von 36 Millionen € -, wollen wir komplett binden und für die Schaffung besserer Studienbedingungen im Land verwenden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das Gefühl - und so scheint es oft -, dass jedes Problem drei Stufen durchläuft. In der ersten Stufe wird es lächerlich gemacht, in der zweiten Stufe wird es bekämpft und in der dritten Stufe gilt es als selbstverständlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten in den parlamentarischen Beratungen Aufgeregtheiten und Aktionismus vermeiden. Jeder Dumme kann einen Käfer zertreten, aber alle Pro

fessoren dieser Welt sind nicht in der Lage, einen Käfer herzustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zertreten wir nicht die Wahrheit durch Halbwahrheiten und Spekulationen. Für die Zukunft SachsenAnhalts ist es von entscheidender Bedeutung, die leistungsfähige Wissenschaftslandschaft nicht nur zu erhalten, sondern weiter zu profilieren. Die Trillerpfeifen hatten ihre Zeit, jetzt sollte der Dialog im Mittelpunkt stehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schröder. Es gibt eine Nachfrage. Möchten Sie diese beantworten? - Ja. - Es ist keine Frage, sondern eine Intervention. Frau Professor Dalbert, bitte.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich habe keine Nachfrage an meinen geschätzten Kollegen Fraktionsvorsitzenden von der CDU. Es ist mehr eine Kommentierung.

Erstens. Es gehört zum politischen Geschäft, dass die Beantragung einer Aktuellen Debatte als Übereifer bezeichnet wird, während die Herausgabe von Sparzielen im Umfang von 76 Millionen € über elf Jahre nicht als Übereifer gekennzeichnet wird. Das hat man im politischen Geschäft hinzunehmen, aber das muss auch einmal festgestellt werden.

Zweitens möchte ich gern meine Kollegin Dorothea Frederking zitieren: Lesen hilft; das Schwarze sind die Buchstaben. - Wir haben keine Aktuelle Debatte über den Inhalt des Gutachtens des Wissenschaftsrates beantragt. Wir haben eine Debatte beantragt, um in der letzten Sitzung vor der Sommerpause zu erfahren, wie die Landesregierung, wenn am Montag das Gutachten vorgelegt wird, mit dieser wichtigen Zukunftsaufgabe umgehen will und wie der Prozess gestaltet wird.

Dazu haben wir heute interessante Erkenntnisse gewonnen, beispielsweise dass der Wissenschaftsminister überhaupt nichts darüber gesagt hat, wie er den Haushaltsgesetzgeber in diese Beratungen einbeziehen will. Das ist die Frage, um die es uns am heutigen Tag gehen muss: Wie wollen wir diese Diskussion gestalten, und wie können wir absichern, dass alle relevanten Entscheidungsträger in die Diskussion einbezogen werden? - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist der Tagesordnungspunkt 1 - Ak

tuelle Debatte - abgeschlossen. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung

Rahmenbedingungen für Hochschulen in Sachsen-Anhalt sichern

Antrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/2252

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2275

Einbringer ist nach meinen Unterlagen der Abgeordnete Herr Thomas.

(Herr Gürth, CDU: Das hat sich geändert! Frau Budde!)

- Frau Budde. Dann haben Sie das Wort, Frau Budde. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun, wie versprochen, Teil 2.

Herr Gallert, „Auftragswerk“ - diesen Begriff benutzt man eher, wenn man etwas abwertend meint.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie persönlich es so meinen. Aber manchmal rutscht beim Wording nicht nur anderen Menschen, sondern auch Ihnen so eine Bezeichnung durch. Ich würde das Gutachten ganz sicher nicht als Auftragswerk in dem Sinne bezeichnen. Natürlich gibt es Auftraggeber, und es ist auch gut, dass evaluiert wird, aber das hat einen anderen Duktus.

Und „eines von vielen Gutachten“ ist es nun auch nicht, sondern es ist das Gutachten des Wissenschaftsrates, in dem hochhonorige Menschen sich mit der Entwicklung und mit der Analyse des Hochschulstandorts auseinandergesetzt haben. Man muss diesem Gutachten nicht in jedem Detail folgen - dazu werde ich noch etwas sagen -, aber man muss es ernst nehmen. Ich glaube, dass es auch gut ist, wenn man eng an diesem Gutachten bleibt, weil es sehr viele gute Empfehlungen enthält.

(Herr Lange, DIE LINKE: Aber das hat er ausdrücklich gemacht! - Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Ich brauche den Weg nicht noch einmal zu skizzieren, den die Koalitionsfraktionen sich vorgenommen haben. Die Grundlage, auf der dieser Weg gegangen werden soll, ist auch im Hochschulantrag niedergelegt worden. Ich bin auch der Auf

fassung, dass wir uns nun endlich der inhaltlichen Debatte zuwenden sollten, weil diese in der Tat sehr spannend werden wird.

Woraus nehme ich das Vertrauen, Herr Gallert, dass wir einen guten gemeinsamen Weg mit der Landesregierung finden werden? - Im Grunde haben Sie sich diese Frage selber beantwortet. Denn neben den Zielvereinbarungen gibt es noch sehr viele andere Teile, die dazugehören und über die neben dem Haushalt, der auch im Parlament beraten und beschlossen wird, hier entschieden werden muss. Insofern habe ich durchaus das Zutrauen, dass wir einen gemeinsamen Weg finden werden.

Zurück zu den drei Säulen, von denen ich nur eine erläutert habe. Ich möchte zum Thema Hochschulentwicklung gern noch etwas zu den anderen beiden Säulen sagen.

Zu Punkt 2 - Finanzierungsbedarf für die Hochschulen. Das ist auch in der Aktuellen Debatte angesprochen worden: Es gab eine Steigerung des Hochschulbudgets, die in erster Linie - wie in vielen Bereichen im öffentlichen Dienst - auf die Erhöhung der Tarife und auf die Betriebskostensteigerungen ausgelegt war.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch ein Weiteres. Das fällt nicht in die Entscheidungsgewalt der großen Koalition, weder in dieser noch in der vergangenen Legislaturperiode. Es stimmt, dass nach 2006 für diese Bereiche wieder Geld zugelegt wurde. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass nach 2002 mit der Hochschulstrukturreform 2004 das Budget in der damaligen Höhe von ungefähr 260 Millionen € um 10 % gekürzt worden ist, und zwar unter einem Finanzminister Paqué, der sich jetzt in der Debatte ganz anders zu Wort gemeldet hat. Das gehört nämlich auch zur Wahrheit des Ganzen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN)

Zur Wahrheit, was das Thema Finanzierung angeht, gehört auch, dass das Gutachten des Wissenschaftsrates besagt: Die Attraktivität für Studieninteressierte aus den westdeutschen Bundesländern resultiert vor allem aus einer vergleichweise guten personellen und sächlichen Ausstattung und aus extrem überzeugenden Studienangeboten bzw. Studierangeboten.

Der Wissenschaftsrat sagt, das sei extrem wichtig für die dauerhafte Attraktivität der Hochschulen. Und er sagt: Die 34 000 personalbezogenen Studienplätze müssen dauerhaft ausfinanziert werden. Gute Studienbedingungen seien der entscheidende Wettbewerbsfaktor für Sachsen-Anhalt. Auch das müssen wir also bei dem zukünftigen Finanzrahmen - darauf haben wir uns Gott sei Dank schon geeinigt - berücksichtigen.

Drittens - jetzt komme ich zu dem Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Gallert; mir fehlte vorhin schlichtweg die Zeit, sonst hätte ich das in der Aktuellen Debatte schon angesprochen - zum Thema Landesexzellenzoffensive. Der Wissenschaftsrat hat zur Förderung der Schwerpunkte maßgeblich beigetragen. Wir haben mit dem letzten Haushaltsplan die Mittel dafür noch einmal aufgestockt, und das Parlament hat gesagt, dass es die Ausfinanzierung dieser Landesexzellenzoffensive bis 2015 will.

Das ist aber ein Thema, das wir heute nicht klären können, sondern das wir im Rahmen der Haushaltsberatungen werden klären müssen. Wir werden sehen, ob wir eine Möglichkeit finden - ich würde das richtig finden -, um diese Landesexzellenzoffensive zuverlässig bis 2015 auszufinanzieren. Denn dort ist auch die KAT-Finanzierung dabei