Protocol of the Session on July 10, 2013

rung den Weg der Koalition mitgeht, der in den Anträgen aufgeschrieben ist.

Das freut uns. Ich glaube, dass das eine gute Entscheidung ist und dass man deshalb jetzt auch mit Gewissheit an den Diskussionsprozess herangehen kann und dass wir am Ende zu einer gemeinsamen guten Lösung kommen, und zwar im Sinne der Hochschulen und im Sinne der Koalition.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Zum Entwurf des Gutachtens. Ich will auf die drei großen Säulen eingehen, die im Gutachten skizziert sind: zum Ersten die Analyse und Feststellungen, zum Zweiten Finanzierungsvorschläge und zum Dritten Empfehlungen.

Zu Punkt 1 - Analyse und Feststellungen - kann man ganz deutlich sagen: Die Prämissen des Gutachtens decken sich mit den Beschlüssen der SPD und auch mit den Beschlüssen der CDU und den Inhalten des Koalitionsantrages. Das ist gut. Ich will das hier noch einmal klar verdeutlichen, weil das auch Inhalte aufzeigt, die nachher bei der Erarbeitung des Hochschulentwicklungskonzeptes Berücksichtigung finden werden.

Erste Prämisse: Wir setzen auf attraktive Hochschulen. Sie sind die Kerne, die wir in SachsenAnhalt für die Innovationsfähigkeit von Gesellschaft und Wirtschaft brauchen. Dazu sagt der Wissenschaftsrat, dass er davon überzeugt ist, dass ein wissenschaftlich leistungsfähigeres Hochschulsystem neben der Innovationsfähigkeit der regionalen Wirtschaft auch die demografische Entwicklung des Landes positiv beeinflussen würde.

Zweitens. Wir setzen auf attraktive Hochschulen, die viele Studierende auch aus anderen Bundesländern anziehen. Das ist per se gut, und das ist die Basis dafür, dass die vom Bund bereitgestellten Hochschulpaktmittel voll ausgeschöpft werden können. Der Wissenschaftsrat empfiehlt dazu - auch nachdrücklich -, den erfolgreichen Weg der letzten Jahre fortzusetzen und weiterhin möglichst viele junge Menschen aus anderen Bundesländern und dem Ausland für ein Studium in SachsenAnhalt zu gewinnen und studierwillige Landeskinder ausdrücklich zu binden.

Drittens. Die derzeitige Studierendenzahl von 55 000 Studierenden wird nicht infrage gestellt; das gilt natürlich inklusive der Hochschulpaktmittel. Aber dazu gehört auch: Eine aktive Absenkung der Studierendenzahlen und der Zahl der Studienplätze lehnen wir ab.

Wir haben nicht so viele Möglichkeiten, junge Leute nach Sachsen-Anhalt zu holen. Die sollten wir nutzen. Das sieht auch der Wissenschaftsrat so und schreibt dazu, ein Kapazitätsabbau würde den beträchtlichen demografischen Nutzen eines

gut ausgebauten Hochschulsystems untergraben und könne daher nicht im Interesse des Landes liegen.

(Zustimmung bei der SPD - Die Rednerin trinkt einen Schluck Wasser)

- Langsamer!

(Heiterkeit bei der SPD)

Viertens. Wir stellen keinen Standort infrage. Der Wissenschaftsrat attestiert uns, dass das Hochschulsystem des Landes durch ein regional ausgewogenes Institutionengefüge gekennzeichnet ist. Es befindet sich nach erheblichen Umstrukturierungen und Restrukturierungen Anfang der 90er-Jahre und nach der Hochschulstrukturreform von 2004 auf dem Weg zur Konsolidierung und ist in seiner Grundstruktur den Anforderungen angemessen.

Fünftens. Die beiden Standorte der Hochschulmedizin müssen erhalten bleiben. Der Wissenschaftsrat spricht in seinem Gutachten davon, dass die derzeit vorhandenen Ausbildungskapazitäten bei der Verbleibequote der Ärztinnen und Ärzte gerade ausreichen, den Ärztebedarf in Sachsen-Anhalt zu decken und es deshalb widersinnig wäre, Kapazitäten abzubauen.

Aber man muss natürlich auch sagen: Für beide Standorte muss es unterschiedliche Entwicklungskonzepte geben. Sie sind unterschiedlich aufgestellt. Die Kliniken sind unterschiedlich regional verwurzelt. Und es muss eine entsprechende Profilierung geben.

Dass die Hochschulen das auch so sehen, dass zum Beispiel die Uni-Medizin in Halle das so sieht, können wir heute zum Teil dem Artikel in der „MZ“ entnehmen. Dass es dort auch schon eigene Vorstellungen gibt, wie man das Ganze ausprofilieren kann, das ist gut. Ja, wir müssen Exzellenzen erhalten und stärken.

Aber wir müssen, glaube ich, auch mehr eine Schwerpunktdiskussion führen. Daraus ergibt sich dann eine Standortdiskussion. Als Erstes aber müssen wir sagen, was unsere Schwerpunkte sind. Dazu will ich ganz deutlich sagen: Die sind in Sachsen-Anhalt nicht nur gut miteinander vereinbar, sondern gut miteinander verknüpfbar.

Wenn man sich die Neurowissenschaften in Magdeburg und die Pflegewissenschaften in Halle anguckt, dann ist es so, dass wir bei den Neurowissenschaften schon im europäischen und im Weltmaßstab mitspielen und bei den Pflegewissenschaften auf dem Weg dahin sind und das entwickeln müssen. Das sind Schwerpunkte, die nicht nur der Wissenschaftsrat anmerkt, sondern bei denen man schon heute deutlich sagen kann: Ja, das werden wir unterstützen.

Die Pflegewissenschaften an der Uniklinik in Halle - das ist der einzige zweite deutsche Standort; das hört sich blöd an, denn es gibt ja nur zwei, nämlich in München und in Halle - sind eine Aufgabe, die gesellschaftlich von immenser Dimension ist, die in diesem Schwerpunkt abgebildet ist. Das ist ein Schwerpunkt, der sich, wenn man sich die demografische Entwicklung anguckt, wunderbar mit dem Schwerpunkt der Klinik in Magdeburg, den Neurowissenschaften, verbinden lässt. Das sollten wir nutzen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Denn ich glaube, dass uns beides zusammen zu einer weltweiten - das hört sich ein bisschen hochgestochen an, muss aber das Ziel sein; denn entweder ist man heute Weltspitze oder man ist regionales Krankenhaus; eines von beidem geht im Grunde nur - Modellregion werden lassen kann.

Innovative Modelle, wie man dem demografischen Wandelt begegnet, wie man ihn gestaltet, wie man Krankheitsbildern begegnet, wie man den Erhalt von Lebensqualität im Sinne der Menschen befördert - dazu kommen wir ja heute noch zweimal: einmal bei dem Antrag und dann beim Thema der Gesundheitswirtschaft. Wir werden da noch viel Luft haben, das Ganze zu diskutieren.

Ich will an dieser Stelle nur ganz kurz sagen - - Ich werde den Redebeitrag ein wenig teilen und den zweiten Teil so wie Sie, Frau Dalbert, bei der Einbringung des Antrages zur Verlagerung der Vorklinik von Halle nach Magdeburg vortragen. Ohne der inhaltlichen Diskussion komplett vorzugreifen, lautet unsere eigene Auffassung dazu:

Ich kann dem Wissenschaftsrat ja grundsätzlich folgen, wenn er sagt, dass die Hochschulen mehr Kooperationen brauchen und dass wir in SachsenAnhalt mentale Schranken abbauen müssen. Eingeengte Sichtweisen aufzubrechen ist sicherlich immer gut - nicht nur im Bereich der Wissenschaft, sondern auch im Bereich der Politik. Ich bin aber aus drei Gründen skeptisch, dass die Konzentration der vorklinischen Ausbildung in Magdeburg praktikabel sein wird.

Erstens. Die Medizinische Fakultät in Magdeburg wäre mit der Studierendenzahl, die dann hier aufschlagen würde, völlig überfordert. Hier müsste also auch ausgebaut werden.

Zweitens. Ich teile die Zweifel, ob man, wenn die Vorklinik komplett in Magdeburg konzentriert ist, danach zum Studium weiter nach Halle geht. Ich halte es für falsch, dass man dadurch sozusagen auf dem schleichenden Wege den Standort infrage stellt. Ich denke, wir müssen andere Lösungen finden.

Drittens. Weil es inzwischen eine zumindest nationale Prägung - wahrscheinlich wird sie aber international sein - gibt, dass auch die Vorkliniken

schon den Schwerpunkten der Unikliniken angepasst werden, wäre es der richtige Weg zu sagen: Wir gucken, wie wir die Vorkliniken weiterentwickeln, und wenn an den Standorten unterschiedliche Schwerpunkte ausgerichtet werden, dann müssen die Vorkliniken dem angepasst werden.

(Zustimmung bei der SPD)

Den weiteren Teil trage ich bei der Einbringung des Hochschulantrages vor. Gott sei Dank haben wir heute viel Zeit.

Ich will nur mit einem Zitat aus dem Gutachten des Wissenschaftsrats enden. Das mag sich vielleicht zunächst etwas kritisch gegenüber den Hochschulen anhören. Aber warten Sie auf meinen Erläuterungssatz danach! Das Zitat ist: Die Universitäten müssen das strategische Ziel verfolgen, in allen Fachgebieten einzelne Bereiche von zumindest nationaler Sichtbarkeit zu entwickeln. Auf Dauer werden sie auch ihre Rolle für die Landesentwicklung nur dann angemessen wahrnehmen können, wenn sie national wettbewerbsfähig sind. Dazu müssen die Universitäten eine Kultur der systematischen und kritischen Selbstreflexion entwickeln, die bislang nicht in dem gebotenen Maße erkennbar ist.

Das ist ein kluger Satz. Warum zitiere ich den am Ende der Aktuellen Debatte? - Weil ich glaube, dass das nicht nur für Unikliniken gilt, sondern dass die Aufträge, die darin aufgezeigt sind, dass man national sichtbar wird, dass man auch international sichtbar wird, dass man Exzellenzen entwickelt und sie klar benennt, dass man sich aber auch ruhig einmal der kritischen Selbstreflexion überlässt, auch eine Aufgabe an die Politik ist und dass das der Satz ist, den wir alle bei der Weiterentwicklung der Hochschullandschaft im Hinterkopf haben sollten, wenn wir in der Politik über die Weiterentwicklung der Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt reden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke schön. - Wir fahren fort in der Debatte. Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Abgeordneter Gallert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da haben wir wieder einmal ein Gutachten, über das wir hier reden können.

(Herr Schröder, CDU: Noch nicht!)

Ich glaube, ganz ehrlich, die Debatte darüber, ob wir mit dieser Diskussion noch warten müssen, weil es noch keine offizielle Vorlage dieses Dokumentes gibt, ist relativ überflüssig, und zwar ein

fach deshalb, weil dieses Gutachten auch schon in seiner jetzigen, aktuellen Erscheinungsform natürlich politische Wirkungen ausgelöst hat.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Lange, DIE LINKE: Richtig!)

Es hat Wirkungen in der Wissenschaftslandschaft und in der Politik ausgelöst. Deswegen ist es richtig, darüber hier heute zu diskutieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich will bloß mal daran erinnern, dass man an der Medizinischen Fakultät in Halle durchaus der Meinung ist, dass alleine die öffentliche Debatte über das Urteil über die dortige Medizinische Fakultät fast das Ende der Medizin in Halle bedeuten kann, weil unter diesen Bedingungen natürlich kein renommierter Wissenschaftler mehr irgendetwas mit denen zu tun haben will. Auch das ist gesellschaftliche Realität.

Wir können ja so tun, als würden wir hier im Kosmos leben, unsere Augen und Ohren schließen, als hätten wir mit alldem nichts zu tun. Aber dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann sind wir schlichtweg überflüssig.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Es ist ganz klar: Dieses Gutachten ist Teil der politischen Kontroverse. Es fällt in diese politische Kontroverse hinein. Wer sich einmal ein bisschen mit Gesellschaftswissenschaften und auch mit Wissenschaftstheorien beschäftigt hat, der weiß: Es gibt kein objektives Gutachten. Es gibt keine objektive Wissenschaft, unabhängig von Interessen. Natürlich spiegeln sich in diesem Wissenschaftsratsgutachten auch Interessen wider. Das ist doch ganz klar.

Ich will das mit aller Deutlichkeit sagen: Dieses Gutachten ist ein Auftragswerk. Es ist ein Auftragswerk der Landesregierung.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Das wird übrigens am Anfang groß aufgeführt: ein Auftragswerk der Landesregierung zur Beurteilung der Wissenschaftslandschaft - der gleichen Landesregierung, die beschlossen hat und bis heute nach wie vor nicht widerrufen hat - Frau Budde, ich weiß nicht, wo Sie die Flexibilität sehen -, dass im nächsten Jahr 26 Millionen € aus dem Wissenschaftshaushalt gestrichen werden sollen und in jedem Jahr danach aus den Hochschulbudgets 5 Millionen € gestrichen werden sollen. Diese gleiche Regierung hat dieses Gutachten in Auftrag gegeben.

Jetzt gucken wir uns einmal an, was die Gutachter daraus gemacht haben. Die zentrale Frage ist:

Haben die Gutachter diesen Einsparvorhaben der Landesregierung Recht gegeben? - An einer Stelle können wir klar sagen: Nein, die Gutachter haben dem widerstanden. Es ist eine Klatsche für diese Landesregierung!