Darüber hinaus brauchen wir die Optimierung der Vorsorge. Die Freihaltung von Überschwemmungsgebieten, entsprechende Linienführungskorrekturen und die Schlussfolgerungen aus dem jetzt erstellten Deichregister - all das bleibt richtig. Aber Deichrückverlegungen allein werden nicht dazu führen, dem Hohwassergeschehen Herr zu werden. An dieser Stelle sollte die Debatte auch mit Blick auf die öffentliche Wahrnehmung nicht verengt werden.
Es ist, so denke ich, Konsens in diesem Haus, dass wir für die parlamentarische Begleitung des Hochwassers 2013 eine umfassende Bestandsaufnahme der Schäden erhalten, dass wir schnell helfen wollen. Es sollte der Grundsatz gelten: Keiner bleibt allein. Dafür schaffen wir eine parlamentarische Legitimation, indem wir die Kosten in den Budgets veranschlagen und die Konsequenzen für unser Hochwasserschutzkonzept ziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU-Landtagsfraktion möchte ich zusammenfassend sagen, dass das Krisenmanagement dieser Landesregierung sehr gut war.
Der Stab hat im Schichtdienst gearbeitet, die Landesregierung hat rund um die Uhr gearbeitet und sich bei Vor-Ort-Besuchen über die Lage informiert. Es sind mittlerweile fünf Richtlinien für Mieter, für Hausbesitzer, für die Landwirtschaft, für die gewerbliche Wirtschaft und auch für die Kommunen erarbeitet worden. Soforthilfen werden ausgezahlt. Niemand bleibt allein. Auch das - Lars-Jörn Zimmer hat dies angesprochen - ist ein starkes Signal.
Mein Dank gilt insbesondere dem Ministerpräsidenten dafür, dass er die nationale Hilfe des Bundes und die Hilfe der EU entsprechend verhandelt hat. Ein Betrag von 8 Milliarden € ist bereits zugesagt. Die Fragen der Refinanzierung werden wir lösen.
Es ist wichtig - dies ist heute noch nicht erwähnt worden -: Wenn wir diese unvorhergesehene, unplanbare Katastrophe stemmen können, ohne als Land Sachsen-Anhalt in Schulden ausweichen zu müssen, dann ist das gut und nachhaltig, weil sich auch künftige Generationen mit Naturkatastrophen und Hochwassersituationen werden auseinandersetzen müssen. Wir wollen ihnen die Handlungsspielräume nicht nehmen.
Ein Dank gilt dem Ministerpräsidenten. Er hat gerade mit EU-Kommissar Oettinger gesprochen und will jetzt mit EU-Kommissarin Hedegaard reden. Er wird dann auch mit den Chefs der Generaldirektionen sprechen.
Kommission gerade im Auftrag des Parlaments handelt; denn dort sind Verhandlungen für Hilfen der EU ausdrücklich gefordert.
Herr Kollege Gallert, Sie haben nicht mit dem Schwert geschlagen, aber doch mit dem Florett gestochen.
Ich möchte noch kurz auf die Ursachen der Flut eingehen. Diese als hausgemacht zu bezeichnen, ist eine schwierige Diskussion. Das ist ein sehr dünnes Eis, auf das Sie gehen. Aus meiner Sicht darf hier keine Legendenbildung erfolgen. Es waren die extremen Niederschlagsmengen, die auf ungünstige Weise zusammengespielt haben, die zu diesen Wassermengen geführt haben.
Die Begründung, es war hausgemacht wegen der Siedlungs- und Verkehrsfläche, ist auch schwierig. Nach den mir zur Verfügung stehenden Statistiken ist die Siedlungs- und Verkehrsfläche nicht überwiegend versiegelt, sondern sie ist nur etwa zur Hälfte versiegelt.
Hinsichtlich des Bekennerschreibens ist zu sagen: Die einzige offizielle Mitteilung der Landesregierung - ich meine die Stellungnahme des Innenministers vom 9. Juni -, die ich dazu kenne, besagt, ja, das Bekennerschreiben ist uns bekannt; ja, wir nehmen das Bekennerschreiben ernst
und wir werden durch entsprechende Schutzmaßnahmen, Informationsflüsse und entsprechende Überwachungstätigkeit dafür sorgen, dass aufgepasst wird. Das wurde zu einem Zeitpunkt mitgeteilt, als das Bekennerschreiben schon bei Medienvertretern vorlag. Ich würde also sagen, dass das Innenministerium hier nicht zur Dramatisierung der Lage beigetragen hat, sondern eher zur Versachlichung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen die Fachleute in der Verwaltung haben, um zu planen. Wir müssen das Geld für sinnvolle Hochwasserschutzmaßnahmen bereitstellen und wir brauchen vor allen Dingen - es ist mehrfach angedeutet worden - schnellere Planungsverfahren. Auch dazu wird meine Fraktion während der weiteren parlamentarischen Aufarbeitung des Themas konkrete Vorschläge machen, über die wir bereits intern diskutieren. Wir brauchen diese Verfahrensbeschleunigung.
Ich will an dieser Stelle einmal an Frau Petra Wernicke erinnern, unsere damalige Ministerin, die nach dem Hochwasser im Jahr 2002 entschieden hat, per Erlass bestimmte Deichbaumaßnahmen von Planfeststellungsverfahren zu entbinden, sodass wir heute viel weiter sind, als wir es vielleicht
wären, wenn sie das damals nicht getan hätte. Auch an dieser Stelle sei an unsere damalige Ministerin Frau Wernicke erinnert.
Danke schön, Kollege Schröder. Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Kollegen Gallert. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte.
Herr Schröder, ich will auf die Frage, ob wir die Flutkatastrophe verursacht haben, sagen, dass wir sie natürlich nicht allein verursacht haben. Aber natürlich müssen auch wir uns fragen und dürfen nicht mit dem Finger auf die anderen zeigen, ob wir eventuell Dinge getan haben, die diese Hochwasserkatastrophe auch in unserem Verantwortungsbereich verstärkt haben.
Dazu sage ich jetzt noch einmal - ich meine, die Zahlen hat doch Herr Aeikens genannt -, dass das Verhältnis von zusätzlicher Retentionsfläche seit dem Jahr 2002, also seitdem wir das Problem kennen, und der zusätzlich versiegelten Fläche - dann berechnen Sie von den 14 000 ha meinetwegen nur 7 000 ha - deutlich zeigt, dass wir die Situation seitdem nicht entspannt haben, sondern eher darauf gesetzt haben, dass uns der Deichbau schützt, und die vorbeugenden Maßnahmen eben nicht im ausreichenden Maße realisiert haben.
Ich sage noch einmal, Herr Schröder: Ich akzeptiere durchaus, dass wir uns immer in einer Auseinandersetzung befinden. Sie werden garantiert auch linke Kommunalpolitiker finden, die dafür gewesen sind, irgendein Baugebiet in einem Überschwemmungsgebiet auszuweisen. Aber an der Stelle sage ich, das war der letzte Warnschuss für uns und wir sollten gemeinsam überlegen.
Dann komme ich vielleicht noch einmal zu der Geschichte „germanophobe Flutbrigaden“. Ich habe die Meldung inzwischen auf „Hochwasser News“ gefunden. Dort bezieht man sich ausdrücklich auf den Innenminister und der Begriff „Autonome“ fällt. Man kann sagen, das sind alles Falschinformationen, alles Fehlinformationen. Nun, sei es drum.
Ich will nur eines sagen: Die Medien haben das bekommen. Aber es gab einige Medien, die sehr verantwortungsbewusst damit umgegangen sind. MDR Sachsen-Anhalt hat das aus Verantwortung nicht gebracht.
An dieser Stelle sage ich noch einmal großen Dank an MDR Sachsen-Anhalt, nicht nur dafür, sondern auch für die Berichterstattung insgesamt, die wirklich Hervorragendes geleistet hat. Herr Schröder,
wenn wir das nächste Mal über Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reden, dann können wir uns auch daran erinnern. - Danke.
Ich fange einmal mit dem Letzten an. Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Medien offensichtlich unterschiedlich und auch unterschiedlich verantwortungsvoll mit dem Thema umgegangen sind. Ich wollte in meiner Rede darauf abstellen, dass Sie dafür den Innenminister verantwortlich gemacht haben. Vielleicht ist mir etwas entgangen; aber nach dem, was ich über das weiß, was der Innenminister gesagt hat, und nach der Erklärung, die ich dazu kenne, war es eine Versachlichung und eher eine Beruhigung der Situation.
Aber es war ein Ernstnehmen der Lage und keine Dramatisierung hinsichtlich einer politischen Gruppierung. Wenn sich Medienvertreter oder andere in sozialen Netzwerken darauf bezogen haben, dann müssten Sie sich darauf beziehen und nicht auf das Agieren der Landesregierung oder eines Ressorts. Das ist der erste Punkt.
Ich komme zum zweiten Punkt. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Die Ursachenforschung und -findung ist noch nicht abgeschlossen. Wir brauchen - ich glaube, Lars-Jörn-Zimmer hat es in seiner Rede auch gesagt - den Dreiklang zwischen dem klassischen Deichbau, bestehend aus der Deichsanierung und dem DIN-gerechten Bau der Anlagen sowie der Erhaltung der Schöpfwerke und der technischen Anlagen. Wir brauchen also den technischen Hochwasserschutz. Die dortigen Investitionen in den vergangenen Jahren waren richtig und wichtig. Die Hochwassersituation wäre noch schlimmer gewesen, wenn wir dieses Geld dafür nicht ausgegeben hätten. Trotzdem brauchen wir im Dreiklang auch die Optimierung der Vorsorge. Wir brauchen Platz für Überschwemmungsbereiche. Das schließen wir gar nicht aus, sondern das machen wir.
Wir wollen nur nicht eine Reduzierung der Debatte auf dieses Thema und daraus abgeleitete Schuldzuweisungen. Das ist sozusagen unser Kredo. Ich vermute nach der letzten Meldung von Ihnen, dass wir bei diesem Thema nicht so weit auseinander sind. Ich hoffe, dass wir den Konsens, der heute dankenswerterweise mit dem gemeinsamen Antrag zustande gekommen ist, dann auch in den Ausschussberatungen während der weiteren Begleitung des Themas fortsetzen können. - Danke schön.
Herr Kollege Schröder, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass wir diesen klassischen Dreiklang brauchen. Das habe in meiner Rede auch betont. Aber das, was wir postulieren, ist, dass bei diesem einen Pfeiler, nämlich der Schaffung von Retentions- und Polderflächen, in der Vergangenheit zu wenig passiert ist.
Deswegen würde ich Sie einfach einmal direkt fragen: Wie bewerten Sie denn das, was seit dem Jahr 2002 im Hinblick auf die Umsetzung der Maßnahmen passiert ist, die ganz konkret in der Hochwasserschutzkonzeption benannt sind? - Das ist die eine Frage.
Die zweite Frage bezieht sich auf den Punkt der Beschleunigung von Verfahren. Der Kollege Zimmer ist darauf eingegangen. Ich würde darum bitten, einmal ganz konkret zu sagen, welche Verfahren oder welche Rechtsvorschriften wie verändert werden sollen, um eine Verfahrensbeschleunigung in Ihrem Sinne zu bekommen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich beide Fragen nicht detailscharf in Gänze beantworten kann. Die eine Frage betrifft die Bewertung der Maßnahmen, die mit dem Hochwasserschutzkonzept des Landes Sachsen-Anhalt und der beabsichtigten Fortschreibung und Weiterentwicklung des Konzeptes in Verbindung stehen.
Wir gehen als CDU-Landtagsfraktion davon aus, dass der grundsätzliche Kurs stimmt. Wir brauchen aber zum Beispiel hinsichtlich der Linienführung von Deichen, der Sicherung von Überschwemmungsflächen und der Konsequenzen aus dem Deichregister neue Überlegungen. Alle diese Detailfragen können auch dazu führen, dass man zum Beispiel die Priorisierung von Investitionsvorhaben verändern muss. Das sind alles Dinge, die wir jetzt auch parlamentarisch begleiten wollen.
Aber grundsätzlich will ich sagen, dass sich die Maßnahmen und die Investitionen in Höhe von 500 Millionen €, die wir seit dem Jahr 2002 getätigt haben, gelohnt haben. Sie waren richtig. Es war gut angelegtes Geld für Sachsen-Anhalt. Es war keine Selbstverständlichkeit, dass ein Bundesland wie Sachsen-Anhalt pro Kopf hier die meisten Investitionen getätigt hat und eben nicht nur, aber doch sehr stark, um auch Schäden zu beseitigen, in den klassischen Deichbau investiert hat, aber auch darüber hinaus in Anlagen und entsprechende Flächen. Wir werden uns über dieses Thema noch weiter unterhalten.
Ich komme zur Frage der Verfahrensbeschleunigung. Ich glaube, die Handschrift der Koalition ist sichtbar. Sie werden das dann bei der Bauordnung sehen. Bitte denken Sie jetzt nicht nur an das eine
Thema, das Sie ansprechen werden, sondern an die Landesbauordnung in Gänze. Wir werden bei den Baurechtsverfahren Änderungen vornehmen, also hinsichtlich der Frage, wann muss eine Verwaltung auf Bauanträge reagieren und in welcher Zeit gilt das Baurecht fort. Es geht darum, dass wir dort Verfahren straffen und natürlich auch zu verkürzten Verfahren beitragen wollen. Das gilt für alle Bauvorhaben und damit auch für Bauvorhaben des Hochwasserschutzes.
Zum anderen muss man natürlich überlegen, ob man für besonders wichtige Anlagen, die Leib und Leben schützen sollen, im Planungsrecht etwas tut. Wir haben Beschleunigungsgesetze gehabt, mit denen wir rechtliche Verfahren eingeschränkt haben. Diese Diskussion ist in meiner Fraktion noch nicht abgeschlossen.
Man darf auch dort, wo es rechtliche Hinterfragungen gibt und sie auch zulässig sind, natürlich auch noch einmal fragen, ob es bei diesen Beanstandungen um die Hauptangelegenheit geht oder ob es um etwas geht, was indirekt mit der Baumaßnahme verbunden ist. Es geht also um die Frage, wie behandelt man den Einspruch oder das Verfahren in der Hauptsache oder gibt es Nebensacheverfahren, die man davon abtrennen kann. Auch das ist ein möglicher Weg, über den wir reden. Wir werden als Fraktion dazu konkrete Vorschläge machen. Darauf möchte ich Sie jetzt schon einstimmen.
Danke schön, Herr Abgeordneter Schröder. - Die Landesregierung hat erneut um das Wort gebeten. Es spricht nunmehr der Minister des Innern Herr Stahlknecht. Für die Fraktionen gilt, dass die Debatte wieder eröffnet ist. Sie erhalten noch einmal die Redezeit, die die Landesregierung benötigt, wenn sie möchten.