Protocol of the Session on February 22, 2013

Der Landtag hat sich bereits in der 20. Sitzung im Februar 2012 gegen die Konzessionsrichtlinie zur Trinkwasserversorgung in der ursprünglichen Form ausgesprochen. Die CDU/CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament haben bereits zu Beginn der Diskussion mit gegen die EU-Richtlinie mobilisiert und einen entsprechenden Ablehnungsantrag gestellt. Im Bundesrat - ich weiß nicht, ob es noch dazu kommt - ist zumindest ein Beschlussvorschlag vorgesehen worden, der sich erneut an eine im vergangenen Jahr getroffene Bundesratsentscheidung anlehnt.

Ich sage noch einmal für meine Fraktion unmissverständlich und deutlich, dass wir trotz der Klarstellung durch die EU-Kommission Rechtssicherheit brauchen und an dieser Stelle auch klar Position beziehen. Ich bin froh, dass die Landesregierung signalisiert hat, dies zu unterstützen.

Aus unserer Sicht ist die geplante EU-Richtlinie in diesem Punkt überreguliert und hätte vom Grund

satz her keine separate Regelung für den Trinkwasserbereich erfordert. Der im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Qualitätsstandard des Trinkwassers in Deutschland ist der Verdienst der überwiegend kommunalen Versorger. Es gibt überhaupt keinen Grund, diesen bewährten Baustein der kommunalen Daseinsvorsorge infrage zu stellen.

Wir denken, dass die Trinkwasserversorgung in den gewachsenen und bestehenden Strukturen erhalten werden muss. Ich denke, darüber sind wir uns im Hohen Hause, aber auch in Deutschland mit den Städten und Gemeinden, den Ländern sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern einig. Die Qualität unseres Trinkwassers in Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist im weltweiten Vergleich Spitze, und das bei moderaten Wasserpreisen. Ich füge hinzu, dass auch unser technologischer Stand bei der Wasseraufbereitung Spitze ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss ein kurzes Fazit ziehen. Die strengen Trinkwasserregelungen in Deutschland gelten für alle, egal ob für kommunale oder private Unternehmen. Auch in Deutschland gibt es bereits private Unternehmen, die Trinkwasser aufbereiten oder dies gemeinsam mit der öffentlichen Hand im Verbund tun.

Daher warne ich davor, die Diskussion über die EU-Konzessionsvergaberichtlinie als eine Art Feldzug gegen privatwirtschaftliches Engagement generell zu missbrauchen. Die CDU-Fraktion ist nicht der Bewahrer monopolistischer Strukturen. Das verbietet sich auch aus ordnungspolitischer Sicht. Freier Markt und freier Wettbewerb haben für die Verbraucher auch positive Auswirkungen.

Aber im Bereich der Trinkwasserversorgung gilt es, die gewachsenen und bewährten Einheiten zu erhalten. Das Signal ist, glaube ich, eindeutig. Trinkwasser ist unser Lebensmittel Nr. 1.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zeigen Sie mir einmal ein Land von der Größe Deutschlands, wo Sie quasi in jeder Kommune Wasser trinken können, ohne Angst haben zu müssen, daran zu erkranken. Deshalb begrüßen wir die Klarstellung der EU-Kommission, aber wir fordern auch Rechtssicherheit.

An die heutige Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren, schließt sich noch unsere Gesetzesänderung zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften an. Ich bin gespannt, wie sich DIE LINKE hinsichtlich der Absicht zur Streichung des bisherigen § 71 verhält. Im Wassergesetz war darin die Möglichkeit der Übertragung der Trinkwasserversorgung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag an Dritte geregelt. In der Beschlussempfehlung, die heute zur Abstimmung steht, ist dieser Passus nicht mehr vorgesehen. Ich denke, das ist auch in

Ihrem Interesse. Ich bin auf Ihr Abstimmungsverhalten gespannt.

Heute senden wir ein klares und unmissverständliches Zeichen in Richtung Berlin und Brüssel, dass wir nicht gegen fairen Wettbewerb sind, aber sehr wohl für eine funktionierende, sichere und bezahlbare Trinkwasserversorgung. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schröder. Es gibt eine Frage von Herrn Fraktionsvorsitzenden Gallert. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte.

Herr Schröder, ich will noch einmal auf ein Problem aufmerksam machen, das Frau Budde schon kurz angesprochen hat. Es geht hierbei nicht nur um die Frage der deutschen Ausnahmeregelungen, sondern es geht auch um eine Frage von europäischer Dimension, die nachher, wenn sie falsch geregelt wird, auch bei uns wieder aufschlägt.

Insofern frage ich jetzt einmal: Wie positionieren Sie sich eigentlich dazu, dass in südeuropäischen Krisenländern, vor allen Dingen in Griechenland, die Troika - natürlich mit expliziter Unterstützung des bundesdeutschen Finanzministers - die Position einnimmt, gerade solche Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge müssten zwingend privatisiert werden, um die Haushaltskonsolidierung im Interesse der Vorgaben der Europäischen Union durchsetzen zu können?

Ich habe in meinem Redebeitrag deutlich gesagt, dass es nicht um einen Feldzug gegen privatwirtschaftliches Engagement an sich geht und dass fairer, transparenter Wettbewerb - hinsichtlich Vergabeentscheidungen in einem wettbewerblichen Verfahren haben wir in Sachsen-Anhalt einige Fälle, die wir in der kommenden Zeit diskutieren - auch im Interesse der öffentlichen Hand sein kann. Das gilt auch außerhalb Deutschlands.

Wir haben aber eine Besonderheit, wenn es um Bausteine der Daseinsvorsorge geht. Dazu gehört sicherlich nicht nur der Trinkwasserbereich. Hierzu ist schon einiges gesagt worden.

In Bezug auf die Klarstellung, die wir jetzt vornehmen, hat sich das Engagement offensichtlich gelohnt. Das ist eine ganz aktuelle Entwicklung. Da wird auch auf Druck reagiert. Wie sich das in den anderen Ländern dann noch darstellt, bleibt abzuwarten.

Danke schön. - Es gibt eine weitere Nachfrage, und zwar von Herrn Abgeordneten Weihrich. Herr Kollege Schröder, möchten Sie sie beantworten? - Bitte.

Herr Kollege Schröder, ich bin über Ihre Aussage zu § 71 des Wassergesetzes ein bisschen irritiert. Sie haben zwar Recht, dass er gestrichen werden soll. Aber Ihre Aussage, dass dadurch eine Privatisierung bzw. eine Übertragung auf Dritte ausgeschlossen werden soll, irritiert mich, weil wir nämlich bei § 78 eine Ergänzung eingefügt haben, die im Grunde genommen den gleichen Regelungsinhalt zum Zweck hat. Jedenfalls wurde das immer so gesagt. Insofern bitte ich da um eine Klarstellung.

Ich habe in meinem Redebeitrag ausgeführt, dass ich auf das Abstimmungsverhalten der LINKEN bezüglich der Streichung des § 71 gespannt bin, weil dieser Paragraf komplett gestrichen werden soll - dies habe ich gesagt -, der bisher Folgendes geregelt hat - ich zitiere -:

„Soweit öffentliche Interessen nicht entgegenstehen, kann die Gemeinde die Aufgabe der Trinkwasserversorgung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag ganz oder teilweise auf Dritte übertragen, die die Anlagen und Versorgungsleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung betreiben oder erbringen können.“

Dann wird die Konditionierung noch fortgesetzt. Ich beende einmal das Zitat. Dies ist mit der Streichung des § 71 jetzt nicht mehr Gegenstand. Andere Regelungsinhalte sind in anderen Paragrafen geändert worden, was damit aber nichts zu tun hat.

Ich wiederhole: Sich Dritter für die Erledigung einer Aufgabe zu bedienen, wenn für diese die gleichen Standards gelten, muss nicht in allen Bereichen Teufelszeug sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Wichtig ist, dass wir als Staat die Hoheit haben und bei dem Kernbaustein der staatlichen Daseinsvorsorge insgesamt letztlich immer in der Pflicht stehen, diese Daseinsvorsorge zu garantieren. Der Staat muss die existenziellen Dienstleistungen für den Bürger in einer zumutbaren Erreichbarkeit garantieren. Das ist auch ein strukturpolitischer Ansatz, der sich mit dem Verfassungsgrundsatz vergleichbarer Lebensverhältnisse und gleicher Lebenschancen in Übereinstimmung bringen lässt. Alles andere führt uns in eine Sackgasse.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Schröder. - Weitere Anfragen gibt es nicht. Damit wird der Tagesordnungspunkt nunmehr abgeschlossen. Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/1423

Beschlussempfehlung Ausschuss für Umwelt - Drs. 6/1807

Änderungsantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1821

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1822 neu

Entschließungsantrag Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1828

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1829

Den Entschließungsantrag und die Änderungsanträge werden wir nachher im Abstimmungsprozess gesondert aufrufen. Die Fraktionen werden sicherlich bereits in der Debatte darauf Bezug nehmen. - Ich erteile dem Berichterstatter aus dem Ausschuss, Herrn Abgeordneten Weihrich, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der 31. Sitzung am 21. September 2012 hat der Landtag den in Rede stehenden Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drs. 6/1423 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Inneres und Sport überwiesen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen unter anderem Änderungen im Ausführungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz vorgenommen werden, aufgrund deren der abgabenrechtliche Vollzug - beispielsweise durch die Abschaffung des Bauphasenprivilegs - vereinfacht wird.

Weitere Änderungen betreffen das Wassergesetz, das andernfalls gemäß § 118 Abs. 4 mit Ablauf des 31. März 2013 außer Kraft treten würde. Die in Absatz 4 geregelte zeitliche Befristung ist ebenfalls Gegenstand des Gesetzentwurfs und soll vor dem Hintergrund des Fortbestands landeswasserrechtlicher Vorschriften aufgehoben werden.

Den Schwerpunkt der Gesetzesänderung bildet die Anpassung des Rechts der Gewässerunterhaltung. Infolgedessen werden Gewässer der ersten Ordnung entsprechend ihrer tatsächlichen wasserwirtschaftlichen Bedeutung in die zweite Ordnung abgestuft. Diesbezüglich soll zudem eine Rechtsgrundlage für die Refinanzierung der Kosten für die Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung geschaffen werden. Weitere Änderungen betreffen Vorschriften über die Abwasserbeseitigung.

Aufgrund der beabsichtigten Änderung des § 96 des Wassergesetzes wird fernerhin eine Änderung der Verordnung über abweichende Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Wasserrechts erforderlich.

Der Ausschuss für Umwelt hatte sich vorbehaltlich einer Überweisung durch den Landtag bereits in der 15. Sitzung am 27. Juni 2012 darauf verständigt, eine Anhörung durchzuführen.

Zu der in der 18. Sitzung am 26. Oktober 2012 durchgeführten Anhörung wurden die mitberatenden Ausschüsse sowie eine Vielzahl weiterer Gäste eingeladen. Seitens der geladenen Gäste wurden die in dem in Rede stehenden Gesetzentwurf verankerten Änderungsvorschläge teilweise ausdrücklich begrüßt. Zu einzelnen Punkten gab es dennoch kritische Anmerkungen.

So zum Beispiel berge eine Herabstufung von Gewässern erster Ordnung nach Auffassung des Städte- und Gemeindebundes die Gefahr, dass die Gewässer in schlechtem Zustand an die Unterhaltungsverbände übergeben werden könnten. Die zum Abbau der Unterhaltungsdefizite erforderlichen Kosten seien dann durch die Unterhaltungsverbände zu tragen. Daher müsse eine gemeinsame Gewässerschau als Voraussetzung festgeschrieben werden, die in ein einvernehmliches Übergabeprotokoll münden solle. Aus dem Übergabeprotokoll seien dann die noch vom Land zu finanzierenden Unterhaltungsmaßnahmen ersichtlich.

Nach Ansicht des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt und des Bauernbundes Sachsen-Anhalt ist die Umlage der Verwaltungskosten bis zur Höhe von 15 % der umlagefähigen Kosten abzulehnen. Diese Regelung widerspreche § 69 Abs. 1 des Wasserverbandsgesetzes des Bundes und würde insoweit diese Regelungsabsicht durch das hier vorliegende Gesetz aushebeln. Seitens des Landesbauernverbandes wird zudem moniert, dass die Regelung eines Mitspracherechts ermangele.

In der 20. Sitzung am 5. Dezember 2012 befasste sich der federführende Ausschuss für Umwelt erneut mit dem Gesetzentwurf. Zu der Beratung lag dem Ausschuss eine zwischen dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt und dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst abgestimmte Synopse vor, die zur Beratungsgrundlage erhoben wurde.

Überdies lagen vonseiten der Koalitionsfraktionen sieben Änderungsanträge vor. Ein Änderungsvorschlag betraf die Aufnahme des Alandumfluters in die Anlage 1 als Gewässer erster Ordnung mit einer Länge von 2,1 km. Diese Änderung sei als Ergebnis der Anhörung aus fachlicher Sicht notwendig. Der Änderungsantrag wurde einstimmig beschlossen. Auch den übrigen Änderungsanträgen wurde mehrheitlich zugestimmt.

Daneben lagen seitens der Fraktion DIE LINKE 13 Änderungsanträge vor. Darin wurde beantragt, § 50 dergestalt zu ändern, dass Gewässerrandstreifen nach § 35 des Baugesetzbuches im Außenbereich 10 m und innerorts 5 m Breite haben sollten. In der zuvor durchgeführten Anhörung sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die bestehende Kannregelung bezüglich der Einhaltung eines Gewässerrandstreifens sehr schlecht umgesetzt werde. Daher sei eine verbindliche Festlegung zwingend erforderlich.