Denn sie haben ohnehin schon Probleme angesichts der Sparzwänge; Lohnkürzungen sind an der Tagesordnung. Wenn zudem dieser Bereich der Daseinsvorsorge privatisiert wird und daraus höhere Preise resultieren, und wenn darüber hinaus die Gewinne ins Ausland abfließen, anstatt dort genutzt zu werden, wo sie dringend benötigt werden, nämlich zur Bewältigung der Krise in den europäischen Ländern, dann ist das der absolut falsche Schritt.
Deshalb können wir heute nicht aufhören, darüber zu diskutieren. Vielmehr sollten wir die Bürgerinitiative ernst nehmen, die wesentlich weiter geht. Wir freuen uns über den Schritt, dass sich für Deutschland eine Entlastung ergibt. Aber wir dürfen nicht aufhören, auch weiterhin dafür zu streiten, dass es zumindest in allen europäischen Ländern - den Batzen mit Blick auf die ganze Welt werden wir nicht so schnell heben können - zu vernünftigen Regelungen kommt.
Die Europäische Union ist eine Vision für das Leben der Menschen in Europa, das besser werden soll. Die Europäische Union ist eine Vision für ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand. Das ist eine immerwährende Aufgabe.
Dazu gehört natürlich, schlechte Dinge zu verbessern. Dazu gehört aber auch, gute Dinge beizubehalten wie zum Beispiel die Trinkwasserversorgung als öffentliche Daseinsvorsorge in Deutschland. Diese guten Dinge müssen auf die anderen europäischen Länder ausgeweitet werden. Ich denke, darüber sollten wir weiter reden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Als Nächster spricht in der Debatte für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Abgeordneter Weihrich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Köck hat es erwähnt. Nach gut einem Jahr beschäftigt uns wieder der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über Dienst
leistungskonzessionen. In der Zwischenzeit hat sich bei diesem Thema einiges getan. Vieles wurde schon genannt.
Der Bundesrat beispielsweise hat am 30. März 2012 einen sehr klaren und sehr kritischen Beschluss zu dieser Richtlinie gefasst und damit die ablehnende Haltung der Länder eindeutig zum Ausdruck gebracht.
Außerdem haben die grüne Bundestagsfraktion und die SPD Anträge zu diesem Thema in den Bundestag eingebracht. Im Rahmen der Aussprache äußerte der Redner der CDU, Herr Dr. Nüßlein, dass er diese Anträge im Verhältnis 1 : 1 unterschreiben könne. Der Opposition hat er in der Sache Recht gegeben.
Dennoch wurden die Anträge mit Rücksicht auf den Koalitionspartner abgelehnt. Letztlich wurde nur ein wachsweicher Entschließungsantrag beschlossen, der die Bundesregierung ersucht, bei der Richtlinie den besonderen Belangen der Wasserversorgung angemessen Rechnung zu tragen.
Seine Rede schließt Herr Dr. Nüßlein übrigens mit den Worten: Hier wird also nicht im Sinne der breiten Mehrheit von Bundesrat, Bundestag und Europäischem Parlament verhandelt. Das ist nicht akzeptabel. - Dieser Einschätzung kann ich mich vorbehaltlos anschließen, meine Damen und Herren.
Es ist ganz offensichtlich, dass sich bei diesem Thema einige Politikerinnen und Politiker verselbständigen. In erster Linie meine ich damit die Bundesregierung. Bundeskanzlerin Merkel hat nämlich das freundliche Ersuchen des Bundestags schlicht ignoriert und den Richtlinienentwurf am 11. Dezember 2012 ohne sektorale Ausnahme für die Wasserversorgung durchlaufen lassen.
Offensichtlich haben auch einige Parlamentarier des Europäischen Parlaments den in seltener Einmütigkeit vorgetragenen Willen aller Parlamente in Deutschland vollkommen ignoriert und damit auch gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger gehandelt. Auch - das ist jedenfalls mein Stand - Europaabgeordnete aus Deutschland haben im Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments für den Richtlinienentwurf gestimmt.
Die grüne Europaabgeordnete Heide Rühle hat einen Antrag zur Ablehnung der Richtlinie in den Binnenmarktausschuss eingebracht und dann - nachdem die Ablehnung dieses Antrags klar war - versucht, wenigstens den Bereich der Daseinsvorsorge bzw. der Wasserversorgung aus dem Bereich der Richtlinie herauszunehmen. Doch leider haben sich offensichtlich nur einzelne Abgeordnete der CDU und der SPD dem angeschlossen. Dieser Richtlinie wurde nämlich mehrheitlich zugestimmt. Insofern ist die Ablehnung der SPD
Vor diesem Hintergrund freue ich mich - das sage ich ganz ausdrücklich -, dass die Koalition mit dem Änderungsantrag zu dem Entschließungsantrag, den wir gemeinsam mit der Fraktion DIE LINKE zum Wassergesetz eingebracht haben, signalisiert hat, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Der Änderungsantrag, den die Koalition vorgelegt hat, beinhaltet im Prinzip nichts anderes und verfolgt das gleiche Ziel. Insofern bin ich froh, dass die Koalitionsfraktionen wenigstens an dieser Stelle ihre Ablehnung eindeutig zum Ausdruck bringen.
Damit sind wir in einer Linie mit der überwältigenden Mehrheit in Deutschland und in allen EU-Staaten, die diese Richtlinie ablehnt. Damit die Kritik aber wirklich durchdringt, ist es wichtig, dass wir und auch alle anderen Parlamente diese Ablehnung deutlich zum Ausdruck bringen. Zögern und Taktieren ist dabei vollkommen fehl am Platz, meine Damen und Herren.
Doch nun zu den Inhalten der Richtlinie. Warum ist die Richtlinie eigentlich so problematisch? - Die Richtlinie verlangt nicht direkt eine Privatisierung der Wasserversorgung und der anderen Dienstleistungen, sondern soll eine Wettbewerbsöffnung bezwecken. Ebenso wenig - das muss ich auch festhalten - kann man in diesem Kontext von einem Privatisierungszwang sprechen. Das läge auch gar nicht im Kompetenzrahmen der EU.
Aber - das ist der entscheidende Punkt - die vorgeschlagene Richtlinie erschwert die Bedingungen für Stadtwerke und kommunale Zweckverbände erheblich und schafft eine komplexe und unsichere Rechtslage für den öffentlichen Sektor. Das gilt auch noch, nachdem Herr Barnier aktuell zurückgerudert ist und die Regelungen für die Mehrspartenunternehmen offensichtlich ausnehmen will.
Frau Wolff, Sie haben absolut Recht, wenn Sie sagen, dass dadurch die Richtlinie deutlich entschärft werde. Das ist ganz klar. Man muss hier aber festhalten, dass trotzdem noch einige Probleme bestehen bleiben, auch wenn es die Mehrspartenunternehmen nicht mehr betrifft.
Ich meine damit in erster Linie die Regelungen zur interkommunalen Kooperation. Hierzu steht nämlich in der Richtlinie das Verlangen zu einer echten Zusammenarbeit, die wechselseitige Rechte und Pflichten der verschiedenen Partner umfasst. Damit werden zum Beispiel kleinere Gemeinden, die nur finanzielle Leistungen im Rahmen einer interkommunalen Zweckgemeinschaft erbringen wollen
oder können, von einer Zusammenarbeit von vornherein ausgeschlossen. Eine europaweite Ausschreibung müsste auch dann erfolgen, wenn kein einziger Privater involviert wäre.
Die Reichweite dieser Vorschrift kann aus meiner Sicht zurzeit noch gar nicht abgeschätzt werden. Möglicherweise könnte sie auch die Zusammenarbeit zwischen Ländern - etwa beim Strafvollzug - und zwischen Landes- und Kommunalbehörden - etwa bei der IT-Infrastruktur - umfassen.
Diese Vorschläge gehen weit über die EuGHRechtsprechung hinaus, greifen elementar in die kommunale Selbstverwaltung ein, schaffen erhebliche Rechtsunsicherheiten und sind deshalb entschieden abzulehnen, meine Damen und Herren.
Eine weitere Regelung ist problematisch, nämlich die Regelung, dass keine Privaten an öffentlichen Unternehmen beteiligt sein dürfen. Da die Dienstleistungsrichtlinie in ihrem Regelungsbereich insgesamt weit über die Wasserversorgung hinausgeht, könnte auch das einige Probleme in Sachsen-Anhalt bedeuten, weil an unterschiedlichen Unternehmen auch Private beteiligt sind, Unternehmen, die im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge tätig sind. Hierbei ist ein Druck im Hinblick auf eine Ausschreibungspflicht und damit eine Privatisierung deutlich auszumachen. Auch das ist abzulehnen, meine Damen und Herren.
Warum ist die Ausschreibungspflicht, die den Kernbereich der Richtlinie umfasst, eigentlich problematisch? - Frau Budde, da kann ich Ihnen nur zustimmen. Es besteht die Gefahr, dass sich bei einer Ausschreibung international agierende Großkonzerne durchsetzen werden. Das wäre nicht per se ein Problem, wenn nicht die Erfahrung mit der Beteiligung dieser Großkonzerne in den vergangenen Jahren so negativ gewesen wäre. Frau Budde hat die Beispiele schon genannt.
Großbritannien ist das beste Beispiel in diesem Bereich. Hier wurde mit Blick auf den kurzfristigen Gewinn die langfristige Instandhaltung der Leitungen deutlich vernachlässigt. Nun hat man mit diesen Problemen zu kämpfen. Es gibt marode Leitungen trotz hoher Trinkwasserpreise. Das kann nicht wirklich unser Ziel sein, meine Damen und Herren.
Im Übrigen - das ist hier noch nicht erwähnt worden, ganz banal - würde die Ausschreibungspflicht zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand und damit zu deutlich höheren Kosten für die Kommunen führen. Die müssten sie dann entsprechend tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wasser ist Menschenrecht. Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware oder Spekulationsobjekt.
Die Wasserversorgung muss langfristig geplant werden. Priorität muss dabei das Gemeinwohl haben und nicht kurzfristiges Gewinnstreben. Meine Partei hält die Richtlinie nach wie vor für überflüssig und schädlich und setzt sich seit Jahren auf allen Ebenen dagegen ein.
Wir sind der Auffassung, dass der Kernbereich der kommunalen Daseinsvorsorge nicht privatisiert werden darf. Allein den Kommunen muss die Entscheidung vorbehalten bleiben, ob und in welchem Umfang sie öffentliche Aufgaben selbst wahrnehmen wollen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Danke, Herr Kollege Weihrich. - Wir fahren in der Debatte fort. Als nächster Redner spricht für die Fraktion der CDU der Fraktionsvorsitzende Herr Schröder.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Botschaft des heutigen Tages ist, das Engagement der Bürgerinnen und Bürger, das Engagement der Länder und das Engagement Deutschlands hat sich gelohnt. Die EU-Kommission ist mit ihrer Klarstellung aktueller als unsere heutige Aktuelle Debatte.
Was haben wir in den letzten Monaten zum Thema der EU-Konzessionsvergaberichtlinie alles lesen müssen! Schlagzeilen wie „Großangriff auf Deutschland“, „Brüssel macht das Wasser knapp“ und „Kapital statt Gesundheit“ sind nur Beispiele dafür. Der Kommissar Barnier hat sich schon um Klarstellungen bemüht, so beispielsweise am 15. Februar 2013 in der „Volksstimme“. Aber im Vorfeld wurden bewusst - ich denke, zumeist auch unbewusst - Fakten vermischt oder auch falsch wiedergegeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Markt ist groß. Natürlich gibt es wirtschaftliche Interessen. Wenn man alle Konzessionen einmal zusammenzieht, die die EU für Wasser, Abfall, Transporte und Gesundheit jedes Jahr vergibt, dann kommen wir auf einen Kostenblock von 140 Milliarden €. Der Stein des Anstoßes in diesem konkreten Fall waren die Planungen der EU, eine umfassende Konzessionsrichtlinie einzuführen, nach der alle Dienstleistungen, für die man eine Konzession haben muss, künftig teilweise ausgeschrieben werden sollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Folgende will ich für meine Fraktion und vielleicht auch in Ergänzung zu dem kurzen Beitrag unserer Ministerin noch einmal unmissverständlich sagen: Eine Konzessionsrichtlinie kann ein richtiger und guter Beitrag für Wettbewerb und Rechtssicherheit sein.
Das Ziel, in den EU-Mitgliedstaaten einen besseren Zugang zu den Konzessionsmärkten zu erschließen, öffentliche Aufträge transparent und in einem wettbewerblichen Verfahren zu vergeben, was unter dem Strich auch zu einer breiteren Angebotspalette und einem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis führen kann, kann auch zum Nutzen für die öffentliche Hand und ein Beitrag zur Korruptionsbekämpfung in einigen EU-Mitgliedstaaten sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht zu vergessen sind die zahlreichen Entscheidungen des EuGH in diesem Bereich. Da kann eine Konzessionsrichtlinie entbürokratisieren. Es kann schließlich nicht von jeder der 30 000 Vergabestellen, die wir in Deutschland haben, erwartet werden, alle Urteile des EuGH zu kennen. Zudem muss man noch unterstellen, dass die Rechtsprechung innerhalb der Mitgliedstaaten teilweise unterschiedlich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schwieriger wird es aber, wenn es um die Daseinsvorsorge geht, wenn es also um lebenswichtige Dinge wie unsere Trinkwasserversorgung geht. Da waren die Sorgen teilweise berechtigt, dass Brüssel mit der Richtlinie der Liberalisierung und Privatisierung der Trinkwasserversorgung Tür und Tor öffnen will mit möglicherweise den Folgen, wie man sie mancherorts in Europa schon beobachten kann. Über vieles dazu ist in den letzten Wochen und Monaten diskutiert worden.
Der Landtag hat sich bereits in der 20. Sitzung im Februar 2012 gegen die Konzessionsrichtlinie zur Trinkwasserversorgung in der ursprünglichen Form ausgesprochen. Die CDU/CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament haben bereits zu Beginn der Diskussion mit gegen die EU-Richtlinie mobilisiert und einen entsprechenden Ablehnungsantrag gestellt. Im Bundesrat - ich weiß nicht, ob es noch dazu kommt - ist zumindest ein Beschlussvorschlag vorgesehen worden, der sich erneut an eine im vergangenen Jahr getroffene Bundesratsentscheidung anlehnt.