Protocol of the Session on February 22, 2013

(Zustimmung bei der LINKEN)

Mit Spardiktaten gegenüber Gemeinden, Städten und Landkreisen wird die Landesregierung keinen nachhaltigen Erfolg erzielen. Hinsichtlich der Umsetzung des Programms Stark IV ist die Landesregierung deshalb aus unserer Sicht gefordert, die Kommunen als Partner zu begreifen und die kommunale Selbstverwaltung als Verfassungsauftrag zu gewährleisten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Grünert. - Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Bullerjahn. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antragsteller hat die Reihenfolge erzwungen. Ich kann aber auch vieles kurz machen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine ähnliche Argumentation gab es auch bei Stark II. Ist ein Eingriff mit mehr Geld im FAG zu heilen? Das Land muss aufpassen, dass es nicht bevormundet. Die Kommunen werden sehr skeptisch sein.

Hinsichtlich Stark II kann ich heute sagen, dass 80 % der antragsberechtigten Kommunen Verträge mit uns geschlossen haben. Die Antragsfrist wird bald ablaufen; denn auch wir brauchen Planungssicherheit für unsere Refinanzierungskosten.

Dass das Stark-II-Programm in einem Umfeld aufgebaut worden ist, in dem die Finanzierungskosten so gering waren, hat uns die Möglichkeit gegeben, den Zeitraum zu verlängern. Ich glaube, dass die Kommunen gelernt haben, dass wir partnerschaftlich mit ihnen umgehen.

Das ist freiwillig, genauso wie auch Stark IV freiwillig ist. Die Kommunen haben kein Recht auf Schulden. Ebenso gibt es kein Recht, einen Landeshaushalt vor die Wand zu fahren, sodass andere das aufgrund des Solidarprinzips mit ausbaden müssen. Deshalb besteht auch jetzt schon, auch ohne Stark IV, die Pflicht der Kommunen, ihren Haushalt auszugleichen.

Das steht in der Verfassung. Aber etliche Kommunen glauben, das ist nicht ihre Sache und irgendjemand solle sich darum bemühen. Ich bin mit Holger Stahlknecht sehr intensiv damit beschäftigt, die Gemeinden zu begleiten. Wenn man dann sieht, wie über Jahre hinweg angebliche Selbstverwaltung künstlich aufrechterhalten wurde, dann ist es doch schon heute eine Schimäre, dass diese Gemeinden selbst entscheiden könnten.

Ein ganzer Teil von Gemeinden lebt nur von Liquiditätshilfen und Bedarfszuweisungen. Diese Gemeinden haben ihrerseits entweder die Chance genutzt oder sie haben gesagt: Im nächsten Jahr stelle ich den nächsten Antrag. Das ist die Wahrheit.

Bei Stark IV haben wir jetzt sozusagen als letzten Baustein zu dem neuen FAG und zu dem Stark-II- und dem Stark-III-Programm auch einmal geschaut, wie das mit den Kommunen und ihren fundierten Schulden oder Fehlbeträgen ist. Die Hälfte der Gemeinden in Sachsen-Anhalt hat gar kein Recht, an dem Programm Stark IV teilzunehmen, was sogar dazu geführt hat, dass wir das schon bedauern.

Ich verstehe diese Logik allerdings manchmal nicht, nach dem Motto: Ich habe keine Lasten, bekomme kein Geld und muss mich deswegen auch nicht von anderen permanent begleiten lassen. Sie sollten doch froh sein, dass sie aufgrund ihrer eigenen Arbeit und mancher guten Voraussetzung gar nicht in diese Situation gekommen sind.

Aber die andere Hälfte, ein Großteil von ihnen, wird ohne ein solches Instrumentarium nie die Chance haben, durch eigenes Handeln und ohne Hilfe anderer aus dem Thema der Kassenkredite herauszukommen.

Wir alle wissen, dass die Niedrigzinsphase irgendwann vorbei ist. Dann möchte ich einmal die Gemeinden erleben, die dann nicht mit einer Eins vor dem Komma, sondern vielleicht mit einer Drei, einer Vier oder einer Fünf vor dem Komma diese Verbindlichkeiten bedienen müssen, diese kurzfristigen, die dann umgeschuldet werden. Sie können sich doch heute schon selbst ausrechnen, welche Gemeinden dann die Arbeit einstellen können.

Deswegen glaube ich, dass der Ansatz richtig ist. Er folgt der Logik der bisherigen Programme. Wir haben das so objektiv wie nur möglich gemacht; denn es gibt jetzt - das war auch eine ganz klare Forderung der Koalitionsfraktionen - ein Verfahren, damit man das nachprüfen kann, damit man nicht nach Gutsherrenart - wie es allgemein heißt - einzelnen Gemeinden mehr oder weniger geben kann. Ich verweise auf die Debatte um Magdeburg und Halle.

Ein Ausfluss dessen ist die Aussage: Warum bekomme ich das, was ich bisher geleistet habe, eigentlich nicht angerechnet? Aber im Solidarprinzip ist es leider so, dass die mehr Hilfe kriegen, die schlechter dastehen - das ist im Übrigen das Grundprinzip des Länderfinanzausgleichs. Denn ich muss mir eher Gedanken darüber machen, dass die Schwachen ins Laufen kommen, als darüber, wie die anderen am Laufen gehalten werden. Die Schwachen müssen im Prinzip auch in die Lage versetzt werden, die Förderprogramme nutzen zu können, was wir übrigens mit der erhöhten Investitionspauschale im FAG schon sehr nachhaltig, wie ich meine, zum Positiven geändert haben.

Diese ganzen Sachen haben mich auch im Finanzausschuss mit der Überzeugung auftreten lassen, dass wir das jetzt tun werden. Wir haben die Genehmigung. Ich sage aber ganz klar: Wenn in der kommunalen Familie die Meinung bestehen würde, dass man das nicht nutzen wird, dann können wir unser Engagement natürlich zurückfahren. Dann werden wir sehen, ob die Kommunen das ohne unsere Hilfe hinbekommen.

Einer der größten Effekte des Programms Stark IV wird sein - das bereitet der Innenminister gerade vor -, dass die Phase der genehmigungsfreien

Kassenkredite vorbei ist. Generell vorbei ist sie nach der Änderung der Kommunalverfassung und ganz konkret bei denen, die Stark IV in Anspruch nehmen. Das wird bei manchen Gemeinden nicht sofort passieren; da muss man Stufenpläne machen.

Ähnlich hat es der Bund bei uns gemacht. Wir haben sozusagen ein strukturelles Defizit unterstellt bekommen und müssen jedes Jahr nachweisen, dass wir diese Treppe nach unten einhalten und, wenn es geht, besser sind, um das auch hinzubekommen.

Ich finde das Angebot legitim zu sagen, wir helfen euch und kontrollieren auch. Denn viele Gemeinden würden das Geld nehmen und nichts tun. Das ist, denke ich, nicht in unserem Interesse. Ich habe Stark IV in den letzten Sitzungen schon vorgestellt; ich möchte es dabei jetzt bewenden lassen.

(Beifall bei der CDU)

Ein letztes Wort noch zum Ausgleichsstock, weil der Ausgleichsstock angesprochen wurde. Das System des bisherigen Ausgleichsstocks können wir doch nicht parallel zu Stark IV betreiben. Das wäre Unsinn. Das heißt aber auch, wenn Gemeinden sagen, sie brauchen die Hilfe des Landes nicht, dann müssen sie selbst nachweisen, dass sie mit ihrem Geld zurechtkommen. Dabei ist die Größe der Gemeinde völlig egal.

Natürlich ist die individuelle Betroffenheit zu prüfen. Sie können nicht sagen, wir sollen Stark IV ganz individuell betrachten, und gleichzeitig sollen wir aber alle Maßstäbe vereinheitlichen. Das geht gar nicht; denn es gibt vier Fälle. Wir haben die schwache Gemeinde, die auch 1 000 Fehler gemacht hat. Es gibt die schwache Gemeinde, die sich laufend bemüht und dabei nicht vorankommt. Es gibt die starke Gemeinde, die meint, sie ist noch stark, aber auch alles falsch macht. Dann gibt es starke Gemeinden, die ganz viel Potenzial entwickelt haben. Das ist regional sehr unterschiedlich.

Wir haben in der Börde kaum einen Fall, wo das Thema Stark IV bemüht werden wird. Wir haben ganze Landstriche, die bei Stark IV Schlange stehen werden. Ich werde mit denen eine faire und offene Diskussion führen, natürlich gemeinsam mit dem Innenminister. Wir werden uns bemühen. Ich bin mir sicher, dass man in einigen Jahren anerkennen wird, was das Land für seine Kommunen in den letzten Jahren getan hat. Ich bin mir darin ziemlich sicher. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Der Kollege Gallert möchte Sie etwas fragen. - Bitte, Herr Gallert.

Es ist weniger eine Frage als vielmehr eine Intervention. Herr Bullerjahn, Sie können sich vielleicht vorstellen, dass es in diesem Land Menschen gibt, die Ihnen ein patriarchales Verhältnis zur kommunalen Selbstverwaltung vorwerfen. Es gibt hierzu drastische Formulierungen; ich habe einmal die etwas abgemilderte verwendet.

Gut, dass d u mir das sagst.

Ich sage jetzt eines: Wenn jemand einen Beweis für diese These braucht, dann muss er sich nur Ihre Rede durchlesen. - Danke.

Herr Gallert, ich, der ich gemeinsam mit dem Innenminister den engsten Kontakt zu den Gemeinden habe, habe sehr viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Stadträte und Kreistagsmitglieder erlebt, die froh sind, dass es ein Instrumentarium gibt, mit dem ein Land nicht nur Lippenbekenntnisse abgibt, sondern aktiv hilft.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir glauben, wir schütten das Geld wie im normalen Leben einfach einmal hin, halten uns heraus und schauen in fünf Jahren wieder hin - so wie wir es als Landtag zum Teil auch hinbekommen haben -, dann müssen wir feststellen, dass das Ergebnis verpufft ist. Ich glaube, es ist vernünftig, dass ein Land sagt: Ich biete es dir an, es ist freiwillig, aber ansonsten musst du doch auch mit uns gemeinsam ein Interesse daran haben, dass wir diesen Weg begleiten.

Das können Sie mir gern vorwerfen. Ich habe aber den Eindruck, dass es viele in der kommunalen Familie gibt, die es gut finden, dass das Innenministerium und das Finanzministerium solche Instrumente anbieten. Und auch der Landtag - dafür sage ich Dank - bis weit in die Oppositionskreise hinein - denn das geht über die Wahlperiode hinaus - sagt: Ohne einen solchen Instrumentenkasten gäbe es für einen Teil der Gemeinden überhaupt keine Lösung.

Was tun Sie denn mit dem Oberharz, was tun Sie mit den Gemeinden im Mansfelder Land außer Handauflegen und Liquiditätshilfen gewähren, bei denen Sie schon bei der Ausreichung wissen, dass sie das nie zurückzahlen können? Was meinen Sie, wie die sich vor Ort schinden; denn sie bekommen Ärger ohne Ende. Ich habe das in Eisleben letztens durchgemacht. Aber sie diskutieren jetzt. Sie wissen, dass sie selbst einen Teil dazu beitragen müssen - das ist Eigenverantwortung -,

und haben den Anspruch, dass wir ihnen dabei helfen. Ich halte den Weg des Förderns und Forderns für vernünftig.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Fünfminutendebatte ein. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Barthel. Bitte schön, Herr Barthel.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst ein paar Erwiderungen zu dem machen, was Herr Grünert hier sagte. Lieber Herr Grünert, ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie noch immer nicht verstanden haben, was Sinn und Zweck des kommunalen Finanzausgleichs ist. Sie fangen immer wieder damit an, dass die Ausgleichsmasse in den vergangenen Jahren um 500 Millionen € gesunken ist. Das ist doch völlig normal; denn dem steht doch eine extrem gestiegene Leistungsfähigkeit der kommunalen Familie gegenüber.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Grünert, DIE LINKE)

Es ist ein natürlicher Mechanismus - das sind kommunizierende Röhren -, dass eine steigende Steuerkraft bei der kommunalen Familie zu einer rückläufigen Entwicklung bei der kommunalen Finanzausgleichsmasse führt. Wie soll denn das anders funktionieren? Soll sie konstant bleiben und immer mehr freie Spitze generieren, während sich Land weiter verschuldet?

Ich begreife gar nicht, was Sie an diesem System für falsch halten. Insofern ist auch Ihre Einlassung, dass man einen Einnahmeverbund vorsehen sollte, das völlig falsche Instrument. Ein Einnahmeverbund läuft darauf hinaus, dass bei schlechten Zeiten für das Land die Zeiten für die Kommunen auch schlechter werden, unabhängig von der Frage, ob das noch zu einer den Aufgaben angemessenen Finanzierung führt.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Sie haben es nicht verstanden und merken es nicht!)

Ich möchte es einmal auf den Punkt bringen. Mich wundert es, dass Sie an unser Verhältnis zur kommunalen Familie appellieren. Ich kann für meine Fraktion in Anspruch nehmen, dass das Verhältnis zu den kommunalen Spitzenverbänden und auch zur kommunalen Familie insgesamt ausgezeichnet ist. Es ist ausgezeichnet.

(Beifall bei der CDU)

Das ist deswegen ausgezeichnet, weil wir kommunalpolitisch tief verwurzelt sind und deshalb genau wissen, was vor Ort passiert, und weil wir in den

Kreistagen und in den Gemeinderäten die Politik aktiv mitgestalten.

(Zurufe von Herrn Lange, DIE LINKE, und von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Offenbar ist es so, dass Sie gelegentlich nicht aufpassen; denn wenn Sie von uns erwarten, dass wir uns als Landtag dazu bekennen, dass wir schuld daran sind, dass die Kommunen in der Vergangenheit Schulden angehäuft haben - -

(Herr Grünert, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt!)