Protocol of the Session on June 9, 2011

Herr Innenminister, die interkommunale Funktionalreform ist kein neues Thema. In der vergangenen Legislaturperiode hat man es nicht packen können, weil die objektiven Widersprüche der Interessen des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages nicht im Dialog ausgeräumt werden konnten und die Koalition sich immer darauf bezogen hat, dass man keine interkommunale Funktionalreform machen könne, solange keine Einigung existiere.

Meine Frage ist: Stimmt die Landesregierung mit unserer Auffassung überein, dass das letztlich über den Weg der Gesetzgebung geklärt werden muss und dass wir nicht warten können, bis sich beide Spitzenverbände geeinigt haben?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Der Minister hat das Wort.

Liebe Frau Kollegin: Ja - Punkt.

(Unruhe bei der LINKEN)

- Sie haben mir doch die Frage gestellt, ob ich mit Ihnen übereinstimme. Dazu habe ich gesagt: Ja - Ausrufungszeichen! Dass wir als Gesetzgeber das festlegen. Insofern war es eine ganz knappe Antwort: Ja - Ausrufungszeichen!

Erlauben Sie mir aber einen Einschub. Die Landesregierung und ich werden sich gleichwohl darum bemühen, vorher in ein Abstimmungsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden einzutreten. Es gibt Schnittmengen für eine interkommunale Funktionalreform, die sinnvoll sind. Es gibt aber auch Bereiche, in denen die Aufgaben nach einer Übertragung von den Landkreisen auf die Städte und Gemeinden - wobei die Städte und Gemeinden das gern wollen - gleichwohl spiegelbildlich in den Landkreisen vorgehalten werden müssten. Darüber muss man reden, ob diese Synergieeffekte sinnvoll sind. - Das ist aber schon das Inhaltliche.

Wir werden einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen, und am Ende entscheidet der Souverän. Das sind Sie - wir.

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt noch eine Nachfrage. Nach § 45 der Geschäftsordnung können bis zu zwei Nachfragen gestellt werden. - Herr Kollege Loos, bitte.

Herr Minister, könnten Sie sich vorstellen, dass der Prozess durch einen zeitweiligen Ausschuss begleitet wird?

(Frau Weiß, CDU: Nein! - Weitere Zurufe von der CDU: Nein!)

Nein. Meine Erfahrung auch als ehemaliger Vorsitzender des Ausschusses für Inneres ist, dass die Fraktionen so qualifizierte Abgeordnete in den Ausschuss entsendet haben, dass wir es in dem Ausschuss für Inneres gut bewerkstelligen können.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Damit ist die vierte Frage beantwortet.

Wir kommen zur Frage 5 von der Kollegin Frau Dr. Paschke. Es geht um die Übertragung des Tarifabschlusses der Länder.

Herr Präsident! In der Pressemitteilung Nr. 176/11 vom 15. März 2011 zum Tarifabschluss für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder heißt es:

„Die Landesregierung strebt an, das Tarifergebnis inhaltlich und zeitgleich auf die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger zu übertragen.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann beabsichtigt die Landesregierung, das Tarifergebnis auf die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger zu übertragen?

2. Beabsichtigt die Landesregierung, aufgrund des seit dem Abschluss eingetretenen Zeitverzuges eine Rückwirkungsklausel für den Personenkreis in Anwendung zu bringen?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Die Frage wird vom Minister der Finanzen beantwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Paschke, ich gehe davon aus, dass ich das Tarifergebnis nicht noch einmal in allen Einzelheiten erläutern muss, oder? - Ich gehe dann kurz und konkret auf die Frage ein.

Zeit- und inhaltsgleich bedeutet, dass wir es zu 100 % übernehmen. Da die Tarifbeschäftigten jetzt schon mehr Geld bekommen, muss man - das liegt in der Logik der Sache begründet; das meine ich ohne einen Unterton - auch Rückwirkungsregelungen einbauen.

Der Gesetzentwurf ist vom Kabinett bestätigt worden. Er ist dem Landtag, glaube ich, schon zugesandt worden. Ich hoffe, das ist schon gelaufen.

Ich werde in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses vorschlagen, dass wir vorab eine Abstimmung herbeiführen - das haben wir schon beim letzten Mal so gemacht -, ob wir, wenn dieser Gesetzentwurf eine Mehrheit finden würde, eine Abschlagszahlung vornehmen können; denn es ist richtig, dass wir die Beschlussfassung wahrscheinlich erst nach der Sommerpause hinbekommen werden, nachdem die Ausschüsse getagt haben. Wenn der Finanzausschuss meinem Vorschlag folgt, dann wollen wir diese Abschlagszahlungen rückwirkend im August vornehmen.

Wir haben eine Anhörung der Gewerkschaften vorgenommen. Die Mehrkosten für das Jahr 2011 sind einkalkuliert. Im Einzelplan 13 sind entsprechende Personalverstärkungsmittel eingestellt worden. Die Kosten für das Jahr 2012 werden bei der Aufstellung des Haushaltsplans zu berücksichtigen sein. - So weit vielleicht zu Ihrer Frage.

Vielen Dank, Herr Minister. Nachfragen gibt es nicht.

Wir kommen somit zu der Frage 6 von dem Abgeordneten Herrn Markus Kurze. Es geht um die Vereinfachung von Genehmigungs- und Antragsverfahren.

Sehr geehrter Herr Präsident! Auf allen Politikfeldern haben sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes mit zahlreichen Vorschriften, Erlassen und Bestimmungen aus Gesetzen auseinanderzusetzen. Diese Flut an Bürokratie ist oft ohne einen Rechtsbeistand kaum noch zu bewältigen. Daher wird der Wunsch der Bevölkerung, im Rahmen des Bürokratieabbaus eine Vereinfachung von Genehmigungs- und Antragsverfahren zur erreichen, oft an die Politik herangetragen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche konkreten Maßnahmen zum Bürokratieabbau konnten in der letzten Legislaturperiode vollzogen werden?

2. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung innerhalb dieser Legislaturperiode ressortübergreifend, um unnötige oder überholte Vorschriften, Erlasse und Gesetze zu reduzieren?

Die Frage wird von der Ministerin für Justiz und Gleichstellung Frau Professor Dr. Kolb beantwortet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Kleine Anfrage des Abgeordneten Herrn Kurze beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Die Landesregierung sieht den Vorschriften- und Bürokratieabbau als eine wichtige Daueraufgabe an. Im Jahr 2008 hat mein Haus bereits eine Zwischenbilanz gezogen. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2008 an den Präsidenten des Landtags und in den Sitzungen des Innenausschusses am 8. Januar 2009 und am 4. Februar 2009 ist dem Parlament über Maßnahmen zum Bürokratieabbau in der Landesregierung berichtet worden.

Sachsen-Anhalt hat im Bereich Gesetze und Verordnungen bereits einiges erreicht. Wir standen etwa im Jahr 2008 mit 691 Gesetzen und Verordnungen im Vergleich zu Thüringen, wo es zu diesem Zeitpunkt fast doppelt so viele, nämlich 1 238 Gesetze und Verordnungen gab, ganz gut da.

Etwas anders sieht es im Bereich der Verwaltungsvorschriften aus. Deren Zahl ist nach wie vor noch sehr hoch. Im Jahr 2008 betrug ihre Zahl 2 734. Das ist deutlich mehr als in anderen Bundesländern. In Thüringen waren es nur 752 und in Baden-Württemberg 1 192. Insoweit war es konsequent zu überlegen, wie wir gerade in dem Bereich der Verwaltungsvorschriften einen weiteren Abbau erreichen können.

Dazu gab es am 21. Oktober 2008 einen Beschluss der Landesregierung zu Leitlinien zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau. Darin sind den einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der obersten Landesbehörden konkrete Abbaumaßstäbe vorgegeben worden.

Wir haben dann versucht, mit dem Instrument der Einrichtung einer elektronischen Datenbank die Verwaltungsvorschriften ein Stück weit zu reduzieren und zu bündeln, weil in diese elektronische Datenbank nur die Verwaltungsvorschriften aufgenommen werden, die tatsächlich noch notwendig sind.

Dazu müssen die jeweiligen Häuser vortragen. In diesem Prozess hat man beispielsweise auch geprüft, inwieweit mehrere Verwaltungsvorschriften, die miteinander zusammenhängen, gebündelt werden konnten. Wir haben in dem Bereich auch schon einige Erfolge erreicht. Das ist also insgesamt noch nicht abgeschlossen.

Wir hatten beispielsweise von 99 ursprünglich zur Aufnahme in diese Datenbank angemeldeten Justizverwaltungsvorschriften nur 15, die dann tatsächlich eingestellt wurden. 84 konnten ersatzlos entfallen. Das zeigt, dass dieses Instrument tatsächlich wirksam ist und man quasi mit diesem Nadelöhr der Aufnahme in die Datenbank ein gutes Instrument hat, um zu prüfen, was noch erforderlich ist und was nicht.

Zur zweiten Frage. In dieser Legislaturperiode wird der Abbau von Verwaltungsvorschriften nach dem von mir eben beschriebenen Verfahren konsequent weiter verfolgt. Für die anderen Fachressorts ist als Stichtag der 31. Dezember 2011 festgesetzt worden. Bis zu diesem Datum sollen alle Verwaltungsvorschriften in die elektronische Verwaltungsvorschriften-Datenbank eingestellt werden.

Im Falle der Nichteinstellung bedeutet das dann automatisch, dass diese Verwaltungsvorschrift nicht mehr existent ist, sodass wir zum Jahresende eine genaue Zahl haben werden und feststellen können, wie erfolgreich dieses Verfahren war.

Es gibt im Hintergrund ein Raster, nach dem jeweils festgestellt werden kann, ob diese Verwaltungsvorschrift gestrichen werden kann, ob sie also überhaupt noch notwendig ist oder ob mehrere Verwaltungsvorschriften zugefasst werden können. Ich glaube, das ist der richtige Weg, den wir auch in der gerade begonnenen Legislaturperiode fortsetzen werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Nachfragen gibt es nicht. - Damit ist die Fragestunde abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/86

Einbringer ist für die Koalition der Abgeordnete Jens Kolze. Wir haben uns auf eine Fünfminutendebatte verständigt. Für die Debatte wird folgende Reihenfolge vorgeschlagen: Es beginnt die Fraktion DIE LINKE. Danach sprechen die Fraktionen der SPD, der GRÜNEN und der CDU.