neuerung der örtlichen Satzung denken müssen - das ist ein Aufwand - und c) nach Verstreichen der Frist jede und jeder bauen kann, wie sie oder er will. Deshalb plädieren wir für die Abschaffung der Befristung der örtlichen Bauvorschriften. - Vielen Dank.
Danke schön, Frau Frederking. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Kollege Felke. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Um den hin und wieder bemerkten Missbräuchen beim Bauwesen unserer Untertanen und den Ungebührnissen der Baugewerke abzuhelfen und für Streitigkeiten über Baugegenstände eine feste Entscheidungsnorm zu geben, haben wir uns veranlasst gefunden, nachstehende Bauordnung abzufassen.“
So beginnt die von Herzog Alexius Friedrich Christian zu Anhalt 1828 erlassene, 215 Paragrafen umfassende „Herzoglich Anhaltisch-Bernburgische Bauordnung“, wenn man so will, ein früher Vorläufer unserer heutigen Landesgesetzgebung. Interessant zu wissen ist auch, gerade auch mit Blick auf das von Frau Frederking Gesagte, dass ein Viertel der Paragrafen sich auf den Brandschutz oder, wie es damals hieß, die „Sicherheit gegen Feuersgefahr“ bezog, wird damit doch deutlich, dass die Bauordnungen ihren eigentlichen Ursprung in einer Gefahrenabwehrordnung haben.
Meine Damen und Herren! Rund 200 Jahre später stehen wir in Sachsen-Anhalt vor der Aufgabe einer großen Novelle unserer Landesbauordnung. Diese soll auf der Grundlage der Musterbauordnung erfolgen, auf die sich im September 2012 alle Bauminister geeinigt haben. Zudem sind wir gehalten, eine Anpassung an das europäische Recht bei der Marktüberwachung und bei dem Bauproduktenrecht vorzunehmen.
Vieles spricht dafür, sich bei der Novelle an der Musterbauordnung zu orientieren, denn ein hohes Maß an Vergleichbarkeit des Rechts über Landesgrenzen hinweg ist ein Wert an sich. Hinreichend legitimiert dafür erscheint mir die Musterbauordnung auch zu sein. Denn wenn man sich anschaut, wie sie zustande gekommen ist, muss man feststellen: Experten aus den Ministerien aller 16 Länder haben sich in der Fachkommission Bauaufsicht der Arge Bau nach Auswertung der Erfahrungen der Musterbauordnung von 2002 und nach vielen Anhörungsrunden darauf verständigt, und die Bauminister fast aller politischen Farben haben sich dazu geeinigt.
Meine Damen und Herren! Nach meiner Auffassung berücksichtigt der Entwurf der Novelle weitgehend die Herausforderungen, vor denen auch das Bauen in Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren stehen wird. Dem demografischen Wandel wird mit dem Bereich Barrierefreiheit mehr Aufmerksamkeit gewidmet. In § 49 ist dafür eine Reihe sinnvoller Änderungen vorgesehen.
Zu prüfen ist meiner Meinung nach, wie das mit dem Landesaktionsplan der Landesregierung zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen korrespondiert, der erst vor wenigen Wochen von der Landesregierung beschlossen worden ist.
Den Herausforderungen der Energiewende widmet sich der Entwurf ebenso mit einer Reihe von neuen Regelungen. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Näher anschauen müssen wir uns aber nach meiner Auffassung die Praktikabilität bzw. die Auswirkungen mancher geplanten Veränderungen.
In § 60 soll die Verfahrensfreiheit unter anderem für Windkraftanlagen bis 10 m Höhe eingeführt werden. Auch wenn reine Wohngebiete ausgenommen sind, bleibt die Frage, ob diese Schutzwürdigkeit allein ausreichend ist.
Einzelne Paragrafen mit unmittelbaren Auswirkungen auf die unteren Bauaufsichtsbehörden sollten zudem noch einmal einer genaueren Bewertung unterzogen werden. Genannt seien der § 59, in dem es um die Auflösung der Konkurrenz paralleler Genehmigungsverfahren geht, und der § 85 zu den örtlichen Bauvorschriften; auf Letzteres ist Frau Kollegin Frederking bereits eingegangen. Zu beiden Regelungen haben die kommunalen Spitzenverbände Änderungsvorschläge unterbreitet, die meiner Meinung nach nicht einfach unter den Tisch fallen sollten.
Meine Damen und Herren! Das Ministerium hat viel Arbeit in die Vorbereitung des uns heute vorgelegten Papiers gesteckt. Kammern und Verbände wurden frühzeitig eingebunden, was ausdrücklich zu begrüßen ist. Ungeachtet dessen ist es die geübte Praxis dieses Hohen Hauses, bei Veränderungen der Landesbauordnung eine Anhörung durchzuführen. Daran sollten wir auch in diesem Fall festhalten.
Das Ministerium hat einige Wünsche zum möglichen Inkrafttreten des Gesetzes formuliert. Das ist nachvollziehbar mit Blick auf die Fristen zur Umsetzung der EU-Verordnung. Herr des Verfahrens ist jetzt aber der Landtag. Wir sollten uns die Zeit nehmen, die gebraucht wird. Ich denke aber, dass es machbar ist, im zeitlichen Rahmen zu bleiben.
Meine Damen und Herren! Eine letzte Anmerkung: Hilfreich wäre es meiner Meinung nach, wenn das MLV auch die korrespondierenden Verordnungen zur Landesbauordnung zeitnah mit der Verabschiedung des Gesetzes veröffentlichen könnte; denn auch wenn wir daran nicht direkt beteiligt sind, werden wir als Abgeordnete dazu befragt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Kollege Felke. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt der Kollege Henke. Bitte schön, Herr Kollege Henke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE erkennt die Notwendigkeit der Anpassung landesrechtlicher Vorschriften an europäisches Recht an. Aber, Herr Minister: Lob allein dafür gibt’s noch nicht.
An dieser Stelle einige Bemerkungen zum Thema Landesbauordnung. Sie werden sich vielleicht an Folgendes erinnern: Trotz aller Unzulänglichkeiten wurden die Änderungen der letzten Novelle von Dezember 2009 durch unsere Fraktion mitgetragen, auch im Sinne künftiger Überprüfungen.
In dem Vorblatt zu dem Gesetzentwurf wird eine Evaluierung erwähnt. Aber es wird leider nicht unterschieden, Herr Minister, zwischen Meinungen zur Musterbauordnung und den Erfahrungen von Anwendern mit der bestehenden Landesbauordnung.
In der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage von mir zur schriftlichen Beantwortung in der Drs. 6/688 hieß es dazu - ich zitiere -: „Die … Evaluation … sollte sich mit Fragen befassen, welche von den Rechtsanwendern thematisiert werden.“
Ja, aber welche Fragen betrafen denn nun die Landesbauordnung und welche die Musterbauordnung? - Das ist noch unklar. Hierzu sind weitere Aussagen erforderlich.
Zu begrüßen sind die Aussagen des Ministers zur Abstimmung der Landesbauordnung mit den Nachbarländern. Allein der Verweis auf die Zusammenarbeit in der Bauministerkonferenz in der Gesetzesvorlage reicht nämlich nicht. Hier kann tatsächlich Rechtssicherheit gestärkt werden und es kann eine Entbürokratisierung erfolgen, ohne an Sicherheitsvorgaben zu sparen; denn die Bautätigkeit hört an der Landesgrenze nicht auf.
Nun einige Beispiele, die wir für erwähnenswert halten. In dem in § 2 neu aufgenommenen Absatz 9 wird der Begriff „barrierefreie bauliche Anlagen“ neu bestimmt. Das ist gut. Aber wie und wo bitte sind die Anforderungen aus dieser neu auf
genommenen Regelung umgesetzt, die in ihrer Legaldefinition grundsätzlich eine Nutzbarkeit ohne fremde Hilfe fordert?
Die bestehende Norm definiert in § 49 Abs. 3 Durchgangsbreiten, Bewegungsflächen, Rampenneigungen, Handläufe und die Rollstuhleignung von Sanitärräumen. Mit seiner nun geplanten ersatzlosen Streichung kann der Formulierung in dem neuen § 2 Abs. 9 nicht nachgekommen werden.
Zwar stand selbst das noch unter dem unakzeptablen Vorbehalt der Finanzierbarkeit, aber selbst solche weichen Vorgaben fehlen künftig.
Ich werde genauer: Der bereits erwähnte Landesaktionsplan des Sozialministeriums behauptet auf Seite 17 leider unzutreffend, Herr Minister, dass die DIN 18024 und die DIN 18025 als technische Baubestimmungen bauaufsichtsrechtlich eingeführt seien. Das ist so nicht richtig.
Tatsächlich hat das MLV diese beiden Normen nur zu einem sehr geringen Teil per Runderlass im Jahr 2011 eingeführt, weshalb es im vergangenen Jahr das Problem bei den Unibauten in Halle gab, dass eben die Bestimmungen zur Barrierefreiheit nicht eingehalten wurden, was nach diesen Normen zynischerweise rechtskonform erfolgte.
Nach diesen Erfahrungen ist zu befürchten, dass künftig auch die neue DIN 18040 nicht vollständig verbindlich eingeführt werden wird.
Ganz aktuell wiederholt sich dieses Drama beim Neubau der Mediathek für die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle. Proteste der Wissenschaftsministerin über hier fehlende Durchfahrtsbreiten zwischen den Regalen, unzureichende Bewegungsflächen in Sanitärräumen und fehlende Möglichkeiten bei Regalunterfahrungen für Rollstuhlfahrer sind mir nicht bekannt. Auch dort besteht also keine Nutzungsmöglichkeit ohne fremde Hilfe - bei einem Neubau.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der zitierte Landesaktionsplan ist vom Sozialministerium unter Mitwirkung aller Ressorts erstellt worden. Der genannte Runderlass wird vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr verantwortet. Die mit der Umsetzung beauftragte Hochbauverwaltung des Landes gehört zur Zuständigkeit von Herrn Minister Bullerjahn. Das beispielhaft erwähnte Bauvorhaben in Halle gehört zum Geschäftsbereich von Frau Professorin Wolff.
Diese eigenartige Kompetenzverteilung hat gewiss nichts mit Unfähigkeit der Mitarbeiter in den Ministerien zu tun. Ich vermute politisches Kalkül.
Es gibt weiteren Änderungsbedarf in § 49. Wie sind zum Beispiel die einzelnen Bereiche einer Hochschule zu definieren? - Bleiben wir bei dem Bereich. Die geplante Neufassung des § 49 Abs. 2 Satz 1 bestimmt - Zitat -:
„Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein.“
Sind Seminargebäude, Hörsaalgebäude, Institutsgebäude oder eine Mediathek öffentlich? Dienen Sie dem allgemeinen Besucherverkehr? Ist ein Laborgebäude öffentlich, teilweise öffentlich oder gar nicht öffentlich? Weshalb gibt es diese Einschränkungen auf „dem allgemeinen Benutzer- und Besucherverkehr dienende Gebäudeteile“? - Die Barrierefreiheit hat überall gewährleistet zu sein.
Menschen mit Handicap dürfen nicht per Gesetz ausgeschlossen werden. Wir sind hier in Mitteleuropa im Jahr 2013. Das müssen wir uns selbst schuldig sein.
Entsprechendes gilt für Runderlasse im Wege der teilweisen bauaufsichtsrechtlichen Einführungen. Denn die künftige DIN 18040 muss vollständig eingeführt werden.
Ansonsten habe ich die Freude, mich den inhaltlichen Ankündigungen und Aussagen meines Kollegen Felke und sicherlich auch des Kollegen Scheurell anschließen zu können. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. - Herzlichen Dank.