Protocol of the Session on December 14, 2012

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Striegel. - Als nächster Redner spricht Herr Abgeordneter Geisthardt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Thiel, Sie wissen, dass ich Sie außerordentlich schätze. Deswegen danke ich

Ihnen ganz ausdrücklich für die Klarstellung, dass nicht die Bundeswehr gemeint ist, sondern die Politik, also diejenigen, die die Bundeswehr für ihre Aufgaben entsprechend ausrüstet und sie zu Einsätzen schickt.

Lassen Sie mich zwei Bemerkungen vorab machen: Erstens. Sie haben John Lennon und „Imagine“ genannt, ein wunderschönes Lied. Aber John Lennon ist trotz „Imagine“ erschossen worden.

Zweitens zu der Bemerkung vom Kollegen Miesterfeldt. Ich kenne auch eine ganze Menge Leute, die für ihr Engagement für Frieden und Demokratie in der DDR mit ruinierten Karrieren bestraft oder in dieser Weise belastet wurden.

Meine Damen und Herren! Es ist klar: Eines der ersten Ziele der Bundeswehrstrukturreform ist es, dass wir die Einsatzfähigkeit verbessern; das steht sicherlich außer Zweifel. Es ist auch klar, dass wir dafür bestimmte Voraussetzungen brauchen.

Wir haben in den letzten Jahren sicherlich gemerkt, dass die entscheidende Voraussetzung für Demokratie und Wohlstand eine Kooperation von Völkern ist, nicht die Konfrontation; darin sind wir uns sicherlich einig.

Aber die Welt besteht leider Gottes eben nicht nur aus Demokraten, und immer wieder ist die Demokratie auch Angriffen ausgesetzt. Deswegen muss sie wehrhaft sein. Ich finde das Beispiel mit dem Fuchs und dem Igel gar nicht so schlecht. Man sollte schon seine Stacheln behalten. Der Rückbau von Truppenübungsplätzen wäre an dieser Stelle eben auch ein falsches Signal.

Was auch immer Sie unter dem Begriff „gerechte und demokratische Weltordnung“ verstehen - ich will den Inhalt gar nicht näher beleuchten; darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein -, das wird durch Menschen gefährdet, die nicht auf der Basis der Demokratie stehen, nämlich durch Menschen, die fundamentale Menschenrechte nicht anerkennen wollen, die die Gleichheit vor dem Gesetz nicht anerkennen wollen, und durch Menschen wie die Taliban in Afghanistan, deren Moralvorstellungen von unseren ziemlich weit entfernt liegen, die nämlich auf Unterdrückung, Zwang und Intoleranz beruhen. Das geht eben nicht. Da gibt es potenzielle Opfer. Die werden unter anderem mithilfe der Bundeswehr geschützt.

(Frau Bull, DIE LINKE: Man muss sie mit kriegerischen Mitteln dazu kriegen!)

Wenn Sie einen Terroristen vor sich haben: Den stoppen Sie nicht mit dem Absingen von „Imagine“.

(Zuruf: Ach so! - Frau Bull, DIE LINKE: Son- dern?)

Das hat auch nichts mit Kanonenbootpolitik zu tun. Ich erinnere daran, dass es einmal einen Verteidigungsminister der SPD gegeben hat, der dafür

einen sehr prägnanten Satz geprägt hat. Der Außenminister Fischer von den GRÜNEN hat das wie immer vehement verteidigt.

Nun haben Sie einen schönen Satz gesagt: Der Betrieb und der Ausbau der militärischen Übungsplätze für Kriegseinsätze sind aus friedenspolitischen, umweltpolitischen, sozialen und demokratischen Gründen abzulehnen. - Entschuldigung, aber noch mehr Gemeinplätze passen da wohl kaum noch hinein.

Ich glaube nicht, dass Sie dem Frieden in der Welt mit Ihren Forderungen einen guten Dienst erweisen. Ob in Sachsen-Anhalt nun ein Übungsplatz gebaut oder zugemacht wird: Es ist nicht davon auszugehen, dass dann in der Welt weniger Konflikte entstehen werden oder weniger geschossen wird.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur touristischen Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide sagen. Sie wissen ganz genau, was in der Heide alles liegt. Sie wissen ganz genau, was dort alles noch beräumt werden muss. Wollen Sie das den Landkreisen und Kommunen aufdrücken und sollen die die Sicherungspflicht dafür übernehmen? Aber wenn der Erste über einen Splitter gelaufen ist, ist das Geschrei wahrscheinlich groß.

Eine zweite Bemerkung. Die Jägerschaft aus meinem Ort hat mir gesagt: Sie haben letztens in ihrem Bereich den Wald aufgeräumt und haben zwei Lastwagen voll Müll herausgeholt. Das machen die wahrscheinlich jedes Jahr. Ich glaube nicht, dass es in der Heide dann anders aussähe. Die Biotope, die sich dort gebildet haben, wären wahrscheinlich auch nicht so sicher.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie der Einladung des Landeskommandos zur Besichtigung des Übungsplatzes folgen, dann gehen Sie dort mit offenen Augen und ohne Scheuklappen hin. Ich bin mir fast sicher - ich denke, dafür kenne ich Sie nach langer Zeit gut genug -, dass Sie dann auch die Größe haben werden, ihre Meinung ein bisschen zu revidieren. Die CDU ist allerdings gehalten, Ihren Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Geisthardt. - Zum Schluss der Debatte hat noch einmal Herr Dr. Thiel das Wort.

Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Geisthardt, wir werden die Einladung zum Besuch des Gefechtsübungszentrums Altmark annehmen.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Wir sind auch in der Vergangenheit immer offen auf Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zugegangen. Damit gab es nie ein Problem; denn wenn wir erklärt haben, von welcher politischen Partei wir kommen, wussten die Soldatinnen und Soldaten gut Bescheid und konnten auch mit unseren Argumenten gut leben. Das ist nicht das Problem. Dennoch: Wir drehen uns hier an der Stelle ein bisschen im Kreise.

Wie bereits formuliert: Alle treibt der Wunsch nach Frieden, danach dass man ihn gewährleisten soll; aber niemand will so richtig anfangen.

(Zuruf: Stimmt doch gar nicht!)

Das Problem - ich will es auf den Punkt bringen -, das uns umtreibt, ist, dass diese Militäreinsätze eben zunehmend sozusagen als legitimes Mittel der Politik genutzt werden sollen. Die Erfahrungen der letzten zehn oder 20 Jahre beispielsweise mit dem Kosovo - es ist noch ruhig dort im Kosovo, ohne Zweifel - zeigen, dass die Konflikte nicht gelöst sind.

Im Irak ist eine trügerische Ruhe eingekehrt; aber die Konflikte sind nicht gelöst. Über Afghanistan kann man, wenn man es verfolgt, jeden Tag etwas in den Nachrichten hören. Die Konflikte sind nicht gelöst. Auch wenn die Bundeswehr weggeht, wird es ein Problem bleiben. Jeder von Ihnen, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass Nachfolgeszenarien in Afghanistan diskutiert werden. Wir drehen uns immer in irgendeiner Art im Kreise.

Deswegen eben die Mahnung von uns oder dieses unbeirrte Beharren darauf zu sagen: Deutschland müsste in der internationalen Welt eine andere Rolle spielen, nämlich seine zivilen, seine ökonomischen, seine wirtschaftlichen - -

(Zuruf von der LINKEN: Potenziale!)

- Potenziale - danke schön -, seine demokratischen Erfahrungen weitergeben. Politiker in die Welt zu schicken, wäre vielleicht manchmal nicht ganz so gut. Sie wissen, was ich an der Stelle meine. Das ist eigentlich der entscheidende Punkt. - Erste Bemerkung.

Zweite Bemerkung. Ich glaube, Sie alle haben den Brief von Pfarrer Loettel aus Magdeburg bekommen. Er hat ja einen offenen Brief an den Landtag, an die Landesregierung, an den Bundesverteidigungsminister, an die Kirchen im Land Sachsen-Anhalt gerichtet. Auch dieser Brief - ich gebe es offen zu - hat mich nochmals sehr nachdenklich gestimmt. Mich hat nachdenklich gestimmt, wie ein Mann der Kirche auf diese Probleme hinwies und uns mit auf den Weg gegeben hat, diese Entwicklung, die in Schnöggersburg oder anderswo stattfinden soll, wirklich kritisch zu begleiten.

Inwieweit, lieber Kollege Striegel, von uns oder von mir eine verbalradikale Rhetorik an den Tag gelegt worden ist

(Herr Lange, DIE LINKE: Keiner weiß es besser als Herr Striegel! - Heiterkeit)

- ich billige Ihnen dieses Urteil über meinen Vortrag durchaus zu -, ist eine schwierige Frage. Man kann politische Positionen sicherlich sehr unterschiedlich bewerten.

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist aber jetzt ei- ne Überschätzung!)

Eine letzte Bemerkung zu dem, was Kollege Geisthardt zu den Altlasten gesagt hat. Natürlich ist es ein Problem. Sie alle wissen, dass nach wie vor sowohl im Zeitzer Forst als auch in der ColbitzLetzlinger Heide entsprechende Bemühungen zur Beseitigung von Altlasten zu verzeichnen sind. Die Bundeswehr - vorhin kam die Frage hoch - hat allein in der Altmark 330 Millionen € dafür ausgegeben, die Altlastenbeseitigung voranzubringen.

(Zuruf von Herrn Henke, DIE LINKE)

Es ist gewissermaßen eine Bundesaufgabe, dafür mit Sorge zu tragen. Davon gehe ich aus. Wir haben es ja in der Vergangenheit geschafft, entsprechende Gesellschaften zu initiieren, um zum Beispiel Bergbaufolgeschäden zu beseitigen. Dafür werden Mittel bereitgestellt. Warum sollten wir keine Gesellschaft gründen, die auch Altlasten von Munition beseitigt? Das wäre eine Option für die Zukunft.

Zum Abstimmungsverhalten. Wir würden gern den Vorschlag der GRÜNEN aufgreifen, über die beiden Punkte in dem Antrag in der Drs. 6/1668 neu, wonach der Landtag beschließen wolle bzw. der Landtag die Landesregierung auffordert, getrennt abzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Kollege Dr. Thiel. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wir treten in die Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1668 neu. Es ist beantragt worden, über zwei Teile dieses Antrages getrennt abzustimmen.

Ich stelle also zunächst den ersten Teil zur Abstimmung. Er beginnt mit den Worten „Der Landtag wolle beschließen“ und endet mit dem Wort „ablehnen“. Danach stimmen wir über den Teil ab, der mit den Worten „Der Landtag fordert die Landesregierung auf“ beginnt.

Wer dem ersten Teil des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind alle anderen Fraktionen. Wer enthält

sich der Stimme? - Niemand. Damit ist dieser Teil des Antrages abgelehnt worden.

Wir kommen zu dem zweiten Teil, der mit den Worten beginnt „Der Landtag fordert die Landesregierung auf“ und bis zu Seite 2 des Antrages reicht. Wer diesem Teil des Antrages zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Ein Abgeordneter der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthält sich der Stimme. Damit hat auch dieser Teil des Antrages keine Mehrheit gefunden und wurde abgelehnt.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Es gibt noch eine Wortmeldung. Herr Kollege Dr. Köck, bitte.

Eine kurze persönliche Erklärung.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE, hält einen Ka- lender hoch)