Protocol of the Session on December 14, 2012

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE, hält einen Ka- lender hoch)

Zur Erinnerung an die heutige Debatte und auch an die Gäste von der Bürgerinitiative „Offene Heide“ möchte ich den Ministern, den Fraktionsvorsitzenden und den Präsidenten jeweils einen Kalender mit Motiven aus der Colbitz-Letzlinger Heide zukommen lassen.

(Frau Budde, SPD: Nicht hier im Landtag!)

- Ich mache das nicht jetzt, sondern nachher in der Mittagspause; ich sage das nur, damit Sie wissen, worum es geht. In dem Kalender sind die Sonntage gekennzeichnet, an denen Sie sich an dem Marsch beteiligen können.

(Zuruf - Zustimmung bei allen Fraktionen)

Danke, Herr Kollege Dr. Köck, für diese persönliche Erklärung. - Damit schließen wir den Tagesordnungspunkt ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Zweite Beratung

Für die Zukunft: Erinnern und Gedenken - 20 Jahre nach den rassistischen Angriffen in Quedlinburg und anderswo

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1415

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 6/1664

Die erste Beratung fand in der 30. Sitzung des Landtages am 20. September 2012 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Dr. Brachmann. Bitte sehr.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Wann der Antrag hier im Plenum behandelt und an den Innenausschuss überwiesen worden ist, haben Sie, Frau Präsidentin, soeben gesagt; das muss ich nicht wiederholen.

Hintergrund des Antrages war, dass sich im September 2012 die Ausschreitungen gegen Asylbewerber und Asylbewerberinnen in Quedlinburg zum 20. Mal jährten. Das nahm die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Anlass, den Landtag aufzufordern, sich dafür einzusetzen, dass Rassismus und rechte Gewalt in der Zukunft in unserem Land keinen Platz mehr haben. Der Landtag überwies den Antrag zur Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport.

In der 26. Sitzung am 25. Oktober 2012 befasste sich der Ausschuss dann erstmals mit diesem Antrag. Das Ministerium für Inneres und Sport legte dar, dass die in dem Antrag benannten Themenfelder aufgegriffen wurden, um dafür zu sorgen, dass sich derartige Ereignisse nicht wiederholen. Das Ministerium berichtete, Instrumentarien zur Bekämpfung des Rechtsextremismus eingeführt und in diesem Zusammenhang ein Referat für Grundsatzfragen eingerichtet zu haben.

Der Ausschuss begrüßte es, dass die Landesregierung den Landkreisen und kreisfreien Städten deutlich verbesserte Rahmenbedingungen für eine menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern vorgeben und auch auf die konkrete Ausgestaltung vor Ort achten wolle.

Nach der Auffassung der Fraktion der SPD war der Antrag in der Fassung der Drs. 6/1415 nicht abstimmungsfähig. Sie wollte zu der Thematik einen eigenen Änderungsantrag in den Ausschuss einbringen, in dem die Ausführungen des Ministers bezüglich der Unterbringung von Asylbewerbern aufgegriffen bzw. konkretisiert werden sollten.

Aus diesem Grunde wurde beantragt, das Thema zu vertagen und es in einer der nächsten Sitzungen erneut auf die Tagesordnung zu nehmen. Das geschah dann auch, und zwar in der Sitzung am 29. November 2012.

Die Fraktionen der CDU und der SPD legten zu der Beratung den Entwurf einer Beschlussempfehlung vor. Nach einer kurzen Aussprache wurde dieser Entwurf zur Abstimmung gestellt und mit 7 : 5 : 0 Stimmen beschlossen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Ausschusses

für Inneres und Sport vor. Im Namen des Ausschusses bitte ich um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Herr Dr. Brachmann, für die Berichterstattung. - Die Landesregierung hat - -

(Minister Herr Stahlknecht: Ich bin noch da und würde kurz sprechen!)

- Das war nicht angemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will, bevor ich das Haus für eine gewisse Zeit verlassen muss, die Gelegenheit nutzen, noch ein paar Worte zu sagen.

Ich bin außerordentlich dankbar, sowohl für den damals eingebrachten Antrag als auch dafür, dass wir mit einem breiten Konsens einen Beschluss gefasst haben, der an die Erinnerungskultur appelliert. Wir dürfen nicht dem Fehler erliegen, die Dinge zu vergessen, die sich auch in der jüngsten Geschichte, nämlich vor 20 Jahren, hier in Deutschland und in Sachsen-Anhalt abgespielt haben. Sie waren diskriminierend, sie waren ausländerfeindlich und sie waren höchst antidemokratisch.

Ich denke, dass sich diese Dinge in Deutschland, in Sachsen-Anhalt zu keiner Zeit wiederholen dürfen. Wir dürfen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht ausgrenzen und nicht abgrenzen, weil wir ein weltoffenes und tolerantes SachsenAnhalt sind und sein wollen und weil wir auch eine historische Verantwortung aus den Jahren von 1933 bis 1945 haben, die uns ganz besonders für diese Bereiche sensibilisiert.

Insofern ist es gut, wenn dieses Parlament heute ein Zeichen sendet, dass rassistische Angriffe missbilligt werden und dass wir die Erinnerungskultur auch als Grundlage für unser zukünftiges Handeln nehmen. Dafür bin ich Ihnen außerordentlich dankbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Erinnern ist das eine; das andere ist, das zukünftige Zusammenleben aufgrund dieser Erfahrungen zu organisieren. Dazu gehört - das haben wir heute im Zusammenhang mit dem Monitor-Bericht hinlänglich diskutiert -, dass wir das Demokratiebewusstsein schärfen, dass wir junge Menschen im positiven Sinne zu Demokraten erziehen, die sich an das Grundgesetz halten.

Wir müssen uns aber auch mit denen auseinandersetzen, die durch extremistisches Gedankengut und insbesondere auch durch rechtsextremis

tisches Gedankengut unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und dadurch ein Bild von Sachsen-Anhalt vermitteln, das nicht nur in Deutschland schadet, sondern das weltweit schadet und das einer interkulturellen Zusammenarbeit schadet.

Daher sind wir gut beraten, wenn wir die Netzwerke - Herr Dorgerloh hat das vorgetragen - weiter intensivieren: für Demokratie, gegen Extremismus.

Wir sind gut beraten, wenn wir ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sehen.

Wir sind gut beraten, wenn die von uns gestartete Einbürgerungskampagne unterstützt wird und ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die länger als acht Jahre in Deutschland leben, dazu ermuntert werden, Deutsche zu werden, weil das immer der Schlusspunkt einer Integration ist, die uns hilft.

Wir sind vielleicht auch gut geraten, einmal über die Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft zu diskutieren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich weiß, dass das sehr umstritten ist, aber man kann auch einmal Dinge ansprechen, die umstritten sind, um einen Diskussionsprozess in die Wege zu leiten; andere Länder haben das. In Kanada war es am Ende ein Grund für einen wirtschaftlichen Aufschwung; auch das gehört dazu.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Ein wesentlicher Baustein ist auch das NPD-Verbotsverfahren, weil wir anders als in der Weimarer Republik gezeigt haben, dass diese Demokratie wehrhaft ist und dass sie es eben nicht duldet, dass aus Steuergeldern Parteien finanziert werden, die diesen Staat abschaffen wollen und rassistisch und antidemokratisch sind. Insofern ist die Entscheidung, die der Bundesrat heute getroffen hat, eine gute und ist eine historische Stunde für Deutschland.

Auch im Hinblick auf NSU und NPD wird niemand außerhalb Deutschlands differenzieren, sondern man wird es immer im Zusammenhang sehen als ein braunes Ungemach, das in diesem Land zumindest über zehn Jahre hinweg Andersdenkende getötet hat. Insofern ist das ein richtiger Weg und insofern ist dieser Antrag viel wert.

Ich würde mir auch wünschen, um Integration in diese Gesellschaft noch mehr zu implementieren, dass wir uns im Landtag häufiger mit dieser Frage beschäftigen; denn um ein Land attraktiv und spannend zu machen, gehört es dazu, dass unterschiedliche Kulturen gleichberechtigt hier leben. Dies muss aber auch unter Anerkennung unserer deutschen Kultur geschehen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Das ist mir dann schon wichtig. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten in eine Fünfminutendebatte ein. Zuvor begrüßen wir Schülerinnen und Schüler des Kurfürst-Friedrich-Gymnasiums Wolmirstedt. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Als erste Debattenrednerin spricht Frau Quade für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach den Worten des Ministers wäre ich geneigt, lieber zu einem anderen Thema, beispielsweise zur doppelten Staatsbürgerschaft, zu sprechen. Das können wir gern an anderer Stelle nachholen. Es geht heute aber um die Beschlussempfehlung.

Meine Fraktion hat der Beschlussempfehlung im Innenausschuss nicht zugestimmt und wir werden auch heute hier gegen diese Beschlussempfehlung stimmen. Ich will auch sagen, warum.

Es geht selbstverständlich nicht darum, die in der Beschlussempfehlung formulierte Würdigung von Aktivitäten und des Engagements gegen Rechtsextremismus und für Demokratie nicht mit zu vollziehen.