Sehr geehrte Kollegin Hohmann, ich freue mich, dass Sie 30 Jahre lang im Schuldienst tätig waren. Ich war lediglich 16 Jahre im Schulwesen tätig und kann bei diesem Thema auch mitreden. Ich habe als Lehrer zwölf Novellen zum Schulgesetz erleben dürfen. Sie können mir glauben, dass diese Anzahl an Novellen in den Lehrerkollegien dazu geführt hat, dass die Bereitschaft zu weiteren Veränderungen erheblich abgenommen hat. Ich drücke mich an dieser Stelle etwas vornehm aus.
Um auf Ihre Frage einzugehen: Sicherlich haben wir uns die Aussagen im Rechtsausschuss angehört. Mich hat das etwas verwundert. Wir beschäftigen uns mit dem Schulgesetz schon seit längerer Zeit. Mich hat es erstaunt, dass auf der Zielgeraden der Schulgesetzberatungen diese Änderungsvorschläge von Ihrer Seite kamen.
Daraufhin habe ich mir diese Zustände im Justizbereich persönlich vor Ort angeschaut. Ich weiß, worüber ich rede. Ich habe mir diese fürchterlichen Zustände in einer Jugendarrestanstalt angeschaut. Ich scheue mich auch nicht, dies deutlich und offen auszusprechen. Ich bin der festen Meinung, dass wir in diesem Bereich etwas tun müssen.
Was ich aber völlig ablehne, ist, holterdiepolter eine Ordnungswidrigkeit zu streichen und zu glauben, dann seien alle Probleme in diesem Land gelöst. Das ist nicht der richtige Weg, meine Damen und Herren.
Ich sehe auch im Bereich Justiz eine Mitverantwortung, wie mit Jugendlichen vor Ort gearbeitet wird, vor allem unter welchen baulichen Zuständen das Ganze geschieht.
- Dann sage ich Ihnen bezüglich der Schulverweigerer: Es ist schon kurios, wenn man mit 24, 25 Jahren im Jugendarrest sitzt und die Grundlage einmal eine Schulverweigerung war. Da muss ich fragen: Warum dauert das so lange?
Ich kann Ihnen aus meinem persönlichen Hintergrund Folgendes sagen. Meine Lebensgefährtin arbeitet in Neukölln. Das ist ein Stadtteil in Berlin, der wirklich extreme Probleme mit Schulschwänzern und Schulverweigerern hat. Dann müssen wir uns einmal anschauen, wie andere Länder mit solchen Problemen umgehen. Vielleicht können wir auch von anderen Ländern lernen. Vielleicht werden wir an manchen Stellen schneller. Aber ich kann nicht fünf rote Ampeln überfahren und zum Schluss sagen: Ich zahle einfach nicht.
(Zustimmung bei der CDU - Frau von An- gern, DIE LINKE: Die sind nicht zur Schule gegangen, sie haben keine rote Ampel über- fahren!)
Herr Kollege Güssau, es gibt noch eine zweite Anfrage des Kollegen Striegel. Möchten Sie diese auch beantworten?
Herr Kollege Güssau, danke, dass Sie die Gnade haben, trotz der Befürchtung vielleicht auf meine Frage zu antworten.
Zur Lernkurve der CDU erspare ich mir jetzt Bemerkungen. In Sachen Schulgesetz: Ich hätte eine Nachfrage zum Thema Arrest für Schulverweigerer: Habe ich Sie korrekt verstanden, dass Sie weitere Änderungen des Schulgesetzes nicht planen und damit auch das Thema „Abschaffung des Schularrests“ in dieser Legislaturperiode nicht mehr anfassen werden?
(Zuruf von der CDU: Es gibt gar keinen Schularrest! - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Entschuldigung. - Die Frage hat offensichtlich viele Gemüter bewegt, sie interessiert hier im Haus. Jetzt wollen wir die Antwort auch hören, und da ist ein geringer Geräuschpegel genau das Richtige.
Sehr geehrter Herr Striegel, Sie haben mich da nicht richtig verstanden. Ich habe mich vielleicht auch unklar ausgedrückt. Dafür möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen.
Ich bin da mit Frau Reinecke einig. Wir haben beide im Ausschuss gesessen und haben uns das angehört. Das Repertoire, das uns dort von den Fachleuten vor Ort vorgestellt worden ist, weicht von dem Repertoire der anderen Fachleute stark ab. Es sind tiefgreifende Veränderungen, die uns aus der Praxis heraus vorgeschlagen worden sind. Das hat uns bewogen, gemeinsam, auch mit anderen Ausschüssen, nach Lösungen zu suchen. Die
einfache Streichung erschien uns an dieser Stelle und auch zu diesem Zeitpunkt nicht angemessen und nicht richtig.
Dann haben wir eine Zwischenintervention und eine Anfrage der Kollegin Klein. Möchten Sie diese beantworten?
Es geht mir noch einmal um die Frage des Jugendarrests und um die Angst, die Herr Kollege Striegel eben kundgetan hat, jetzt könne sich an den Zuständen nichts ändern. Ich will noch einmal auf folgenden Punkt hinweisen: Der Jugendarrest oder Arrest ist eine durch Bundesgesetz geregelte Materie. Jetzt einen einfachen Ordnungswidrigkeitstatbestand in Sachsen-Anhalt zu streichen hilft uns bei dem Problem überhaupt nicht.
Vielmehr gehe ich davon aus, dass das Kultusministerium seinen nachgeordneten Bereich, in diesem Fall insbesondere die im übertragenen Wirkungskreis tätigen Landkreise, anweisen wird, mit der Antragstellung für solche Arrestmaßnahmen zögerlich umzugehen. Dann kann man das, denke ich, ohne dass wir kurzfristige Gesetzesänderungen brauchen, auf ein vernünftiges Maß reduzieren.
Danke, Herr Präsident. - Herr Kollege Güssau, Sie brachten Ihre Verwunderung zum Ausdruck, dass in der gemeinsamen Sitzung des Rechtsausschusses mit dem Bildungsausschuss ein völlig neues Thema aufgemacht worden ist.
Wie gehen Sie dann mit dem Problem um, dass in Artikel 2 die Besoldungsgruppe B 4 für den Präsidenten des Landesstraßenbauamtes eingeführt wurde? - Das hat meines Erachtens mit dem Schulgesetz gar nichts zu tun.
Sehr geehrte Frau Dr. Klein, Sie kennen mich als Abgeordneten, der sein Herz auf der Zunge trägt. Ich will da auch nicht ausweichend antworten.
Ich male einmal ein sprachliches Bild: Es gibt einen Teich, der blüht, und dieser Teich soll trockengelegt werden. Sie sprechen gerade mit dem Frosch einer Arbeitsgruppe, die diesen Teich bewacht.