Protocol of the Session on October 18, 2012

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag haben sich deshalb völlig zu Recht für ein Verbot des Frackings ausgesprochen. Meines Erachtens

ist es in Frankreich und in Bulgarien sogar schon verboten worden. Andere Länder haben bisher versucht, mit Moratorien zu arbeiten.

Ich denke, wir sollten diesen Antrag trotzdem an den Ausschuss überweisen. Es scheint noch einigen Beratungsbedarf zu geben. Vielleicht kommen wir dann sogar zu einer gemeinsamen Ablehnung dieses Verfahrens. - Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Kollegin Hunger. - Für die Fraktion der CDU spricht jetzt der Kollege Herr Rosmeisl. Bitte schön, Herr Rosmeisl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als mir bekannt wurde, dass ich zu diesem Thema sprechen soll, stellte sich mir die Frage, wie ich mit diesem Thema hier und heute umgehen soll. Ich dachte erst, ich versuche es mit schwarzem Humor. Ich habe von meinen Kollegen vor Kurzem ein Buch zu diesem Thema geschenkt bekommen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Dann dachte ich mir aber, dass Grüne den schwarzen Humor wahrscheinlich nicht verstehen.

(Heiterkeit bei der CDU - Lachen bei den GRÜNEN)

Deshalb versuche ich es mit ein bisschen Sachlichkeit. Die Idee, wie ich an das Thema herangehen kann, kam mir gestern Mittag bei Spiegelei und Speck - natürlich zubereitet mit Strom aus Kernenergie.

(Herr Scheurell, CDU, lacht)

Ich dachte mir: Schau doch einmal, was andere über diese Dinge schreiben. Ich habe zuerst auf die Seiten des BMU und des UBA gesehen, und das erfolgreich. Ich möchte mit zwei Zitaten aus einer Pressemitteilung des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes vom 6. September 2012 beginnen, die Sie sicherlich kennen.

Dort heißt es unter anderem: „Die Gutachter plädieren unter anderem für ein Verbot von Erdgasfracking in Trinkwasser- und Heilquellengebieten.“ Ich denke, meine Damen und Herren, darüber sind wir uns einig, das soll und kann nicht sein. Das steht außer Frage. Das ist nicht das Thema, über das wir uns heute unterhalten müssen.

Ein zweites Zitat: „Die Gutachter raten davon ab, Fracking derzeit großflächig zur Erschließung unkonventioneller Erdgasvorkommen einzusetzen.“ - Meine Damen und Herren! Mir ist nicht bekannt, dass in Sachsen-Anhalt derzeit großflächig Er

schließungen unkonventioneller Erdgasvorkommen erfolgen.

Im „Handelsblatt“ vom 8. Oktober 2012 wird die Angelegenheit Fracking noch aus einer anderen Sicht betrachtet. Dort kann man unter dem Titel „Energiewende auf amerikanisch“ Folgendes nachlesen: „… zahlen industrielle Großverbraucher zwei Drittel weniger für Gas …“, ich wiederhole es noch einmal, damit dies jeder verinnerlichen kann: „… zahlen industrielle Großverbraucher zwei Drittel weniger für Gas als in Deutschland“. Bei Strom liegt die Ersparnis bei 40 %.

Dem einen oder anderen schwant vielleicht schon etwas, aber ich würde dies noch mit einem zweiten Zitat aus dem gleichen Artikel untermauern: „Besonders profitieren energieintensive Unternehmen wie der Chemiekonzern Dow Chemical.“

Ich denke, jetzt kommt es zu Assoziationen zum Land Sachsen-Anhalt bei denen, die bisher diese noch nicht hatten. Sie wissen, dass einige große Chemieunternehmen bei uns im Land tätig sind. Vielleicht fragt sich der eine oder andere, wie denn ein amerikanischer, kanadischer oder brasilianischer Investor bzw. Manager eines Unternehmens über diese Angelegenheit denkt und wie die Entwicklung bei uns in Deutschland zukünftig aussehen könnte.

Es ist nicht schlecht, wenn diese Fragen kommen. Ich will damit nur sagen, dass ein gewisser Spannungsbogen zwischen Umweltinteressen und wirtschaftlichen Interessen besteht, der in diesem Bereich auftritt. Klar ist auch, meine Damen und Herren, dass wir unseren Wohlstand nur erhalten können, wenn unsere Wirtschaft funktioniert.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Dabei gilt es die industriellen Prozesse möglichst wirtschaftlich zu gestalten. Dabei hilft kein Moratorium. Das muss man so deutlich sagen. Das sagt im Prinzip auch die Zusammenfassung des Gutachtens aus, die auf den Seiten des BMU nachzulesen ist. Dort steht an erster Stelle als Ergebnis des Gutachtens: kein Verbot von Fracking, meine Damen und Herren.

Es gilt, das wurde vorhin schon angedeutet, die Diskussion auf Bundesebene zu begleiten und diese abzuwarten. Wir haben dazu genügend Zeit. Momentan läuft bei uns in Sachsen-Anhalt nur eine Erkundung. Diese läuft bis zum Jahr 2015. Vorher wird es keine unkonventionelle Förderung von Erdgas geben.

Deshalb noch einmal: Das Moratorium hilft nicht wirklich weiter. Herr Weihrich, Sie mussten vorhin selbst bestätigen, dass es aus rechtlicher Sicht Mumpitz ist, was Sie in diesem Antrag vortragen. Aus meiner Sicht ist es typisch das, was Bündnisgrüne immer machen: Angstmache, Verhinderungspolitik, Schaufensterpolitik.

Meine Damen und Herren! Um ein bisschen Spaß hineinzubringen: Natürlich kann man dazu auch Inquisition des 21. Jahrhundertes sagen.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei den GRÜ- NEN)

Sie versuchen, technischen Fortschritt zu verhindern. Die Kirche ist Ihnen da Hunderte Jahre voraus, meine Damen und Herren. Wir versuchen gern, auch Ihre Blockaden zu lösen, damit Sie auch in diesem Jahrhundert ankommen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Deshalb würde es mich freuen, wenn wir durch die Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft bzw. für Wissenschaft und Wirtschaft in den Ausschüssen für Umwelt und für Wissenschaft und Wirtschaft noch einmal mit entsprechenden Fakten konfrontiert werden, die vielleicht auch Ihnen, meine Damen und Herren von den Bündnisgrünen, ein bisschen weiterhelfen. Ich wünsche uns dort gute Erkenntnisse.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Rosmeisl. Der Kollege Dr. Thiel würde Sie gern etwas fragen.

Kollege Rosmeisl, ich wollte das Wort Mumpitz jetzt nicht noch einmal in den Mund nehmen, weil es die parlamentarische Höflichkeit verbietet, die Dinge so zu bezeichnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Frage ist: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, wenn wir das sehr aufwendige Fracking in Zukunft einsetzen, um Gas zu fördern, dann werden ausländische Investoren weiter bei uns agieren, weil die Preise für Gas oder Energie dann gesenkt werden oder günstiger sind? Oder wie ist das zu verstehen?

(Herr Scheurell, CDU: Das hat er gar nicht gesagt!)

- Deswegen frage ich ja nach. Das war eben nicht so einfach zu verstehen für den normalen Bürger.

Herr Dr. Thiel, ich habe zwei Zitate aus dem „Handelsblatt“ vom 8. Oktober 2012 gebracht. Das können Sie gern noch einmal nachlesen. Aus diesen Zitaten bzw. aus diesen Artikeln - es sind mehrere - kann jeder seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Wenn Sie sie so ziehen, wie Sie es soeben gesagt haben, okay. Dem möchte ich nicht unbedingt entgegentreten.

Vielen Dank. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann jetzt der Kollege Weihrich noch einmal sprechen. Er wird dies auch tun. Dann hat er jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt ein paar Punkte, auf die ich gern noch einmal eingehen möchte. Das Erste ist, Frau Professor Dr. Wolff, Sie sagten, die Energiewende macht das Fracking interessant. Das muss ich deutlich in Zweifel stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Es ist mitnichten die Energiewende, die da irgendetwas bewirkt. Es sind nur neue Technologien, die das jetzt für die Firmen wirtschaftlich interessant machen. Der Beweggrund ist letztlich schlicht und einfach das Schielen auf billiges Gas. Ich denke, gerade das Schielen auf billiges Gas verstellt uns den Blick auf die Herausforderungen der Energiewende.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es kann doch nur unser Ziel sein, den Verbrauch von fossilem Gas massiv zu senken, unter anderem durch erneuerbare Energien, durch den Einsatz von Power-to-Gas-Technologie, durch bessere Gebäudeisolierung und den Ausbau der KraftWärme-Kopplung. Ich sage es noch einmal: Klimapolitisch ist die Förderung von unkonventionellem Gas ohnehin widersinnig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Dann sagten Sie, Frau Ministerin, Grundwasser kann nicht verschmutzt werden. Ich weise darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass mit Grundwasser das gesamte unterirdische Wasser gemeint ist, gleich in welcher Tiefe es sich befindet und gleich ob es fließt oder sich in Hohlräumen befindet. Es ist damit vollkommen uninteressant, ob das Wasser derzeit in den Wasserkreislauf eingebunden ist oder nicht. Somit halte ich fest: Grundwasser kann durch Fracking verschmutzt werden.

Dann sagten Sie, unterschiedliche Eigentumsrechte wären dafür verantwortlich, dass das in den USA alles viel leichter ist. Das kann ich auch nicht nachvollziehen.

(Ministerin Frau Prof. Dr. Wolff: Das habe ich so nicht gesagt, wie Sie es jetzt vortra- gen!)

- Weil die Eigentumsrechte unterschiedlich sind. Das ist genau mein Punkt. Ich kann Ihnen nur den alten Juristenspruch wiederholen: Bundesrecht

bricht Landesrecht und Bergrecht bricht Grundrecht. Da ist etwas dran. Das bedeutet, dass die Eigentumsrechte gerade bei der Förderung von bergfreien Rohstoffen, mit denen wir es hierbei zu tun haben, weitgehend außer kraft gesetzt sind. Deswegen kann ich dabei keine Unterschiede erkennen.

Sie haben - das hat aber Frau Schindler schon kurz erwähnt - das Fracking, wie es jetzt in der Altmark passiert, mit dem Fracking von unkonventionellen Gasvorkommen gleichgestellt. Es ist ein großer, großer Unterschied, ob man konventionelle Lagerstätten oder unkonventionelle Gasvorkommen mit Fracking erschließt. Bei Letzteren ist der Aufwand ungleich höher und das Fracking deswegen ungleich kritischer zu sehen.

Dann noch einmal zu dem Moratorium, Frau Hunger. Wir haben sehr intensiv darüber diskutiert, was wir mit dem Antrag fordern wollen. Wir haben uns dann für das Moratorium ausgesprochen, nicht weil wir dieses Fracking nicht ebenso kritisch sehen wie Sie, sondern weil wir der Meinung sind, dass sich Forschung in diesem Bereich durchaus auszahlen könnte, vor allem deswegen, weil Forschungsergebnisse auch für die Geothermie durchaus verwertbar sein können. Deswegen ist es im Gegensatz zum Beispiel zur Atomkraft durchaus möglich, aus diesen Forschungsprojekten Ergebnisse zu ziehen, die verwertbar sind. Deshalb wollen wir zum jetzigen Zeitpunkt diese Technologie nicht vollständig ablehnen.