Fracking ist nun die Bezeichnung für ein Verfahren der hydraulischen Rissbildung, bei dem große Mengen Wasser, Sand und Chemikalien in eine
Bohrung gepresst werden, um im dichten Gestein die Bildung von Rissen zu fördern und damit den Austritt des Gases durch diese Risse zu bewirken.
Diese Methode wird seit den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts bei der Gewinnung von Erdöl und Erdgas im konventionellen Bereich, aber auch für geomechanische Untersuchungen in Tiefbohrungen zur Bestimmung des Grundspannungszustandes des Gebirges weltweit eingesetzt.
Um es zu betonen: Nicht die Methode ist unkonventionell - im Gegenteil: sie stammt aus dem vergangenen Jahrhundert -, sondern die Lagerstätten sind unkonventionell. Bisher haben die relativ hohen Kosten der Erschließung die erdgasgewinnenden Unternehmen von der Nutzung abgehalten. Diese Situation hat sich durch die Energiewende und die steigenden Preise geändert. Die Energiewende macht jetzt auch solche Technologien interessant.
Die Methode des Fracking wird etwa in der Altmark seit Jahrzehnten angewendet, offenbar ohne umweltschädliche Auswirkungen. Für die Erdgaslagerstätte Altmark ist eine Gefährdung der nutzbaren Grundwasserleiter aufgrund der Teufe der zu frackenden Horizonte von mehr als 3 000 m und deren Überdeckung mit mächtigen Salzschichten des Zechsteins praktisch ausgeschlossen.
Das, was dennoch irritiert, ist natürlich der Einsatz gefährdender Stoffe. Das Beispiel Altmark zeigt, dass auch potenziell umweltgefährdende Stoffe verantwortungsbewusst eingesetzt werden können. Die aus der Fördersonde zurückgeförderten flüssigen Abfälle aus Fracfluid und Formationswässern - der sogenannte Flowback - können und müssen ordnungsgemäß, also umweltgerecht entsorgt werden.
Da gegenwärtig noch keine Alternativsubstanzen vorhanden sind, wäre von einem generellen Verbot des Frackings ohne Not auch der konventionelle Bereich betroffen. Das würde die gegenwärtige Situation auf dem Energiemarkt weiter verschärfen, zumal Gas als umweltverträglichster fossiler Energieträger besonders gefragt zu sein scheint.
Die Entwicklung von Alternativsubstanzen, die nicht wassergefährdend sind, ist laut einer E-Mail von Klaus Angerer, dem Chef von BNK, vom 28. August 2012 in einem einigermaßen überschaubaren Zeithorizont möglich. Ein generelles Frackingverbot oder -moratorium würde die Anreize, in diesem Bereich in Forschung und Entwicklung zu investieren, erheblich vermindern bzw. völlig zunichte machen. Das wäre also nicht nur wirtschaftsunfreundlich, sondern auch wissenschaftsfeindlich.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, das Thema ist vielschichtig und lässt sich schlecht mit der Beantragung eines Moratoriums erfassen. De facto
haben wir ein Moratorium; denn im Moment passiert bei uns in Sachen unkonventioneller Gasförderung nichts. Das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben. Es passiert erst recht nichts in Wasserschutzgebieten.
Das, was in den USA geschieht, ist bei uns schon aufgrund der unterschiedlichen Eigentumsrechte völlig undenkbar. Wir werden natürlich auch weiterhin nichts zulassen, was Leib und Leben bedroht oder unsere Umwelt gefährdet. Ich schlage vor, die bergbaulichen Gegebenheiten und die sonstigen Finessen des Themas im Ausschuss detailliert zu besprechen
Danke schön, Frau Ministerin. - Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Für die SPD-Fraktion spricht Frau Schindler. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gern hätte mein Kollege Herr Bergmann zu dem Antrag gesprochen, weil er sich zu dem Thema schon geäußert hat. Krankheitsbedingt kann er an der heutigen Sitzung aber nicht teilnehmen.
Wir sind der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durchaus dankbar für diesen Antrag, auf dessen Grundlage wir dieses Thema im Landtag behandeln. In der Begründung zu dem Antrag und in den Redebeiträgen der beiden Vorredner ist schon viel zu dem Verfahren gesagt und dieses ausführlich erläutert worden. Ich kann deshalb darauf verzichten, das Verfahren noch einmal zu erläutern.
Die SPD teilt in vielen Punkten die Auffassung der Antragstellerin. Der Antrag bezieht sich sehr stark auf das vom Bundesumweltministerium gemeinsam mit dem Umweltbundesamt vor wenigen Wochen vorgestellte Gutachten und zieht daraus die entsprechenden Konsequenzen.
Im Umweltausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt wurde bereits am 24. Juli 2012 auf der Grundlage eines Selbstbefassungsantrages der SPD-Fraktion über die potenziellen Auswirkungen des Frackings, der unkonventionellen Gasförderung, auf Mensch und Umwelt diskutiert. Im Rahmen der Beratungen wurde erläutert, dass - wie schon gesagt wurde - eine Erlaubnis zur Erkundung unkonventioneller Erdgaslagerstätten im Bereich Harz/Börde erteilt wurde, aber eben mit dem Hinweis, den wir heute schon gehört haben, dass derzeit von einer Förderung aufgrund
Dennoch ist es wichtig, sich diesem Thema zu stellen und die Risiken, die das Gutachten des Bundesumweltministeriums und auch ein neues Gutachten aus Nordrhein-Westfalen aufgedeckt haben, sowie die rechtlichen Defizite zu thematisieren und darüber zu diskutieren.
Ihnen, Frau Professor Dr. Wolff, sage ich, dass es eben nicht zu 100 % mit dem Frackingverfahren vergleichbar ist, das in der Altmark angewendet wird. Es gibt schon Unterschiede. Die Risiken - das räumt das Ministerium ein - bestehen in der hohen Anzahl der erforderlichen Bohrlöcher. Das bedeutet, dass wesentlich mehr Fläche für die Bohrlöcher benötigt wird und dass eine größere Beeinträchtigung für Mensch und Umwelt zu erwarten ist.
Im Vergleich zu dem bisherigen Verfahren werden längere Transportwege, eine größere Anzahl von Fracvorgängen und eine größere Wassermenge benötigt. Hinzu kommt eine mögliche Grundwasserverschmutzung; denn diese Lagerstätten liegen höher als die bisherigen Lagerstätten. Wir kommen damit in einen anderen geologischen Bereich, in dem auch eine Gefährdung des Grundwassers möglich ist.
Zum rechtlichen Aspekt. Es ist nicht hinnehmbar, dass im Rahmen einer bergrechtlichen Genehmigung derzeit keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Das Land Sachsen-Anhalt sollte im Bundesrat tätig werden und versuchen, dies zu ändern.
Die unkonventionellen Gasvorkommen haben nach Schätzungen der Experten bundesweit eine durchaus nennenswerte Größe. Es bedarf also einer bundesweiten rechtlichen Regelung.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift die vorhandenen Defizite auf und will einen Beitrag dazu leisten, Abhilfe zu schaffen. Er schließt aber die Nutzung dieser Methode nicht grundsätzlich aus. Die Forderung eines Moratoriums ist deshalb konsequent, um Gefahren und Risiken zu vermeiden.
Sie hören von mir also ein deutliches Pro. Dennoch plädieren wir dafür, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft zu überweisen. Denn - die Debatte hat es gezeigt - hierbei handelt es sich um ein technisch und rechtlich schwieriges Thema. Wir müssen noch über viele Dinge diskutieren, bevor wir zu einer abschließenden Entscheidung kommen können. Deshalb sollte der Antrag an die genannten Ausschüsse überwiesen werden. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schindler. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Hunger. Bitte schön, Frau Hunger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Fracking hat uns hier schon mehrmals beschäftigt; das ist bereits gesagt worden. In den Antworten auf die Kleinen Anfragen hat die Landesregierung Auskunft über die Situation im Land gegeben. Der Umweltausschuss hat sich im Juli 2012 ebenfalls mit den Gefährdungen und den rechtlichen Regelungen beschäftigt. Frau Schindler hat das schon erwähnt.
Mit den abnehmenden Mengen konventionell gewinnbaren Gases wachsen weltweit die Begehrlichkeiten, auch Gasvorräte aus schwerer zugänglichen Formationen zu gewinnen.
Deutschland versorgt sich zu etwa 14 % mit eigenem Erdgas. Der Anteil ist allerdings rückläufig. Man hofft sicherlich, diesen Rückgang mit Gas aus unkonventionellen Lagerstätten ein wenig ausgleichen zu können.
Verschiedene Gutachten haben sich mit den damit verstärkt auftretenden Gefährdungen für die Umwelt, insbesondere durch die Verunreinigung von Wasservorräten, auseinandergesetzt. Alle Gutachten bestätigen das potenziell wachsende Risiko insbesondere der oberirdischen Kontamination wegen der erhöhten Anzahl von Bohrungen, wegen großer Mengen Fracfluids und der Rückflüsse sowie wegen der noch zu geringen Kenntnisse geologischer Vorgänge oder möglicher tektonischer Bewegungen.
Zu diesen Gefährdungen und zu dem Fracking als solchem möchte ich nichts weiter sagen. Das ist in der Einbringungsrede getan worden. Auch Frau Schindler ist darauf eingegangen.
Zur Frau Ministerin möchte ich eines sagen - das haben auch Sie, Frau Schindler, schon gesagt -: Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen dem Fracking, das bisher in konventionellen Lagerstätten angewandt wird, und dem Fracking, das man jetzt vorhat.
Denken Sie allein an die Zahl der Frackingvorgänge. Das ist nur einer von vielen Unterschieden, aber ein wesentlicher. Es ist also mehr als dringend geboten, dass Fracking sehr kritisch zu betrachten.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN regt in ihrem Antrag an, durch ein Moratorium in SachsenAnhalt auf das Fracking zu verzichten. Damit bin ich bei der gleichen Frage, die schon Herr Stadelmann gestellt hat. Ich bin mir nicht im Klaren dar
über, welche gesetzliche Grundlage man dafür heranziehen kann. Ich habe eigentlich erwartet, dass wir dazu einen Vorschlag hören.
Man sollte darüber im Ausschuss diskutieren. Ich bin auch dafür, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen.
Das geforderte Moratorium im Bund steht auf den gleichen wackligen Füßen. Ich sehe auch dafür momentan keine gesetzliche Handhabe.
Ein Moratorium mag uns ein wenig zeitlichen Aufschub verschaffen, um zumindest die dringend notwendige Harmonisierung des Bergrechts mit dem Umweltrecht voranzubringen. Das wäre im Übrigen nicht nur mit Blick auf das Fracking notwendig. Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen zwingend vorgeschrieben werden, und zwar nicht erst bei einer extrem hohen erwarteten Fördermenge.
Auch die Öffentlichkeitsbeteiligung im Genehmigungsverfahren und dessen Transparenz müssen erhöht werden - wenn man so ein Genehmigungsverfahren will. Das ist für mich die eigentliche Frage. Wollen wir angesichts der Risiken - größere Bohrplatzflächen, längerer Transport, größerer Wasser- und Chemikalienverbrauch, eine größere Anzahl von Bohrungen und mögliche tektonische Ereignisse - wirklich in diese Technologie einsteigen?
Die Klimabilanz des so geförderten Gases ist hochgradig negativ - das haben Sie auch schon gesagt - und die Kosten für diese Förderung liegen erheblich über denen für die konventionelle Gasförderung.
Herr Weihrich, Sie haben vorhin deutlich gesagt, dass diese Form des unkonventionell geförderten Erdgases keinen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten wird.
Wäre es nicht sinnvoller, diesen Aufwand, den man jetzt mit Studien und allem anderen betreibt, in die Weiterentwicklung der Nutzung erneuerbarer Energien zu stecken, statt die Erde weiter wie eine Zitrone auszupressen?