Protocol of the Session on October 18, 2012

(Starker Beifall bei der LINKEN)

Dass Sie sich mit Ihrer „Truppe“ in dieser Art und Weise getroffen fühlen,

(Frau Bull, DIE LINKE: Wie gesagt!)

nehmen wir einfach neutral zur Kenntnis.

Ich habe mich wegen einer ganz anderen Geschichte gemeldet. Das stört mich, weil es einfach eine intellektuelle Beleidigung ist. Herr Kollege Erdmenger hat auch noch einmal auf diese Geschichte mit den Spenden hingewiesen. Noch einmal, Herr Thomas: Es geht nicht darum, in welches Buch ich die Spenden eingeschrieben habe. Es geht auch nicht darum, wofür ich die verwendet habe. Es geht darum, wie ich sie bekommen habe.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Kolze, CDU)

Das sind zwei unterschiedliche Fragestellungen.

(Zuruf von der LINKEN: Jawohl!)

Die Motivation, diese Spenden zu bekommen, ist etwas anderes als die Frage, wofür ich sie aus

gegeben und wo ich sie hineingeschrieben habe. Diese beiden Dinge sozusagen permanent zu verwechseln, ist unter unser aller Niveau. - Das war’s.

(Beifall bei der LINKEN)

Geschätzter Kollege Gallert, ich habe jetzt keine Fragen gehört. Oder Sie haben das Fragezeichen am Ende vergessen. Wir können uns gerne einmal über intellektuelle Niveaus unterhalten,

(Frau Zoschke, DIE LINKE: Nee, lieber nicht! - Heiterkeit bei der LINKEN)

gerne über das von Ihnen in der LINKEN und gerne einmal über unseres.

(Frau Bull, DIE LINKE: Lassen Sie es! - Zu- rufe von Frau von Angern, DIE LINKE, und von Herrn Czeke, DIE LINKE - Zuruf von der LINKEN: Über Ihres auch?)

Ich glaube, dazu ist dieser Vorgang, den wir hier bewerten, zu ernst. Das sollten wir auch ernst nehmen. Dass dieser Untersuchungsausschuss aber wirklich notwendig ist, glaube ich explizit nicht.

(Beifall bei der CDU)

Damit ist die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen. - Entschuldigung, es gibt noch eine Wortmeldung von dem Kollegen Herrn Dr. Thiel.

(Zuruf)

- Nein, die Aussprache ist noch nicht abgeschlossen. Der Antragsteller erhält selbstverständlich zum Schluss der Debatte die Möglichkeit, noch einmal das Wort zu ergreifen. - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Thiel.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Thomas, es ist immer wieder erbaulich, in diesem Hohen Hause einerseits für konstruktive, staatstragende Reden von der CDU-Fraktion gelobt zu werden und andererseits im nächsten Satz mitgeteilt zu bekommen, welche Rolle man bis vor 22 Jahren hatte. Ich freue mich, bei dieser Gelegenheit würdigen zu können, wie die CDU im Wendeherbst aktiv dazu beigetragen hat, dass diese Veränderungen, die wir jetzt erreicht haben, da sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Ihre Aussage, wir würden Klamauk betreiben, klingt so ein bisschen wie die Devise: Haltet den Dieb. Außerdem sagen Sie, unsere Vorwürfe seien haltlos.

Lieber Kollege Thomas, wenn das Verwaltungsgericht Halle zu zwei Vorgängen klare Urteile gesprochen und Verstrickungen festgestellt hat, wenn wir untersuchen wollen, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dann ist es ziemlich weit hergeholt, dass Sie das als haltlose Vorwürfe bezeichnen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

In diesem Sinne kann ich den Vorschlag des Kollegen Erben nur aufgreifen und mich auf die konstruktive Diskussion im Ausschuss freuen. Ich bin aber auch beim Kollegen Erdmenger, der gesagt hat, er könne die Freude nicht so richtig nachvollziehen. Das geht mir ähnlich.

Ich war bisher in zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen tätig und weiß deshalb noch, wie wir uns bei Beginn der Tätigkeit bzw. beim Einbringen der Anträge gegenseitig Mut gemacht haben, konstruktiv und offensiv miteinander umzugehen. Dann folgte ein zäher Prozess, der sich über mehrere Jahre hinzog. Deshalb hält sich meine Freude arg in Grenzen.

Ich will an dieser Stelle keine Verdächtigungen aussprechen, weil das eine Angelegenheit ist, die wir im Untersuchungsausschuss klären wollen. In der Aktuellen Debatte im Sommer und in der folgenden Sitzung des Ausschusses wurde uns mitgeteilt, es habe zwar einzelne Verfehlungen gegeben, aber die restlichen Millionen seien alle ordnungsgemäß vergeben worden. Es ergeben sich Zweifel, ob das wirklich so war.

Wir wissen bis heute nicht - das wird wahrscheinlich eine der ersten Fragen sein, die ich an die Regierung stellen werde -, wie viele Prüfberichte es in den Jahren 2006 bis 2010 gab, die unter Umständen auf bestimmte Sachverhalte aufmerksam gemacht haben. In welchen Fällen ist man nicht gleich zur Selbstanzeige übergegangen, sondern hat Handlungsbedarf bzw. Klärungsbedarf festgestellt? - Das ist eigentlich das Ziel.

Um es noch einmal deutlich zu formulieren, meine Damen und Herren: Herr Erdmenger verwies darauf, dass die Liste interessierender Gegenstände sehr lang sein könne. Man kann sich nur auf bestimmte Sachverhalte konzentrieren, weil wir exemplarisch aufarbeiten wollen, wo es mögliche Schwachstellen gibt, die einen solchen Missbrauch von Fördermitteln begünstigen. Das ist die eigentliche Aufgabe, damit das im Land Sachsen-Anhalt nicht mehr praktiziert werden kann. Das ist die Aufgabe dieses parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Deswegen wächst allmählich meine Freude auf die Arbeit. Vielleicht können wir in zwei oder drei Jahren sagen: Jawohl, die Vorwürfe haben sich bestätigt, aber die Missstände sind beiseite geräumt worden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter Dr. Thiel. - Wir beenden damit die Aussprache und kommen zum Abstimmungsverfahren.

Ich lasse nunmehr abstimmen über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Ihnen liegt der Antrag in Drs. 6/1498 vor. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Hand- oder Kartenzeichen. - Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das sind die Fraktionen der CDU und der SPD. Damit ist die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beschlossen worden.

Ich lasse nunmehr abstimmen über die Drs. 6/1528. Dies betrifft die Besetzung des Untersuchungsausschusses. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist dem Antrag einstimmig stattgegeben worden.

Gemäß § 5 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes haben mit der Bestätigung durch den Landtag die Mitglieder des Untersuchungsausschusses ihre Rechtstellung erworben.

Tagesordnungspunkt 1 ist damit erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Beratung

Keine Löhne unter 8,50 € in Unternehmen mit öffentlicher Trägerschaft

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1505

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1519

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/1524

Zunächst hat der Einbringer das Wort. Für die einbringende Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende Gallert.

Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag, der heute zur Debatte steht, beschäftigt sich mit zwei Themen, die für das gesamte Land Bedeutung haben und die grundsätzlicher politischer Natur sind.

Dies betrifft zum einen die Frage: Inwiefern stehen wir als Vertreter der öffentlichen Hand in der Debatte über die Bekämpfung des Niedriglohnsektors und im Kampf um existenzsichernde Arbeitseinkommen selbst in der Pflicht? Wie überzeugend und ehrlich sind wir, wenn es um unseren eigenen Zuständigkeitsbereich geht?

Es geht also um die Frage, welche Vorbildfunktion die öffentliche Hand, der öffentliche Dienst und überhaupt das öffentliche Eigentum haben bei der Sicherung von existenzsichernden Arbeitseinkommen bei uns in Sachsen-Anhalt, in unseren Kommunen, aber auch in der Bundesrepublik insgesamt. Das ist der erste Punkt.

Dies betrifft zum anderen die Frage: Wie gestalteten sich die Arbeits- und Einkommensbedingungen in einer der größten Wachstumsbranchen in unserem Land in den vergangenen Jahren? Wie entwickelten sich die Arbeits- und Einkommensbedingungen in der sogenannten Callcenter-Branche?

Diese beiden generellen politischen Fragen müssen heute diskutiert werden; denn hierzu gibt es einen Anlass. Dieser Anlass ist, dass seit sage und schreibe 102 Tagen Hallenser Mitarbeiter der S Direkt streiken, und zwar für existenzsichernde Einkommen und für vernünftige Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb. Deshalb verdienen sie Aufmerksamkeit und unsere Solidarität, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Streik ist tatsächlich etwas Besonderes. Ich will anhand folgender Punkte aufzeigen, warum dieser Streik etwas Besonderes ist.