Auch deshalb wäre es wirtschaftspolitisch unvertretbar, offenbar nicht rentable Filialen durch den Steuerzahler zu retten oder zu erhalten. Dies würde im schlimmsten Fall auch Arbeitsplätze bei Mitbewerbern von Schlecker gefährden, die ihre Geschäfte rentabel führen.
Lassen mich abschließend noch erwähnen, dass wir aus ordnungspolitischen Gründen ganz klar sagen müssen, dass dieser Fall Schlecker und unsere Hilfe in diesem Fall die soziale Ausnahme ist und nicht die marktwirtschaftliche Regel. Der Fall Schlecker ist und bleibt ein Einzelfall. Ich freue mich auf weitere gute und hoffentlich konstruktive Ideen aus dieser Debatte. - Herzlichen Dank.
Danke schön, Frau Ministerin Wolff. Es gibt eine Anfrage des Kollegen Herrn Hoffmann. Möchten Sie die beantworten? - Herr Kollege Hoffmann, bitte.
Frau Minister, ich habe folgende Nachfragen. Aufgrund der Kürze der Zeit kann manches sicher nicht beantwortet werden, aber ich frage trotzdem danach.
Inwiefern können Sie aus landespolitischer Sicht Einfluss auf das Konzept der noch zu gründenden Gesellschaft nehmen? Mich würde interessieren, ob es beabsichtigt ist, einen Beirat für diese Gesellschaft zu gründen, der auf die Verwendung von finanziellen Mitteln und auf die die Umsetzung des Konzepts Einfluss nehmen kann.
Sie haben festgestellt, dass die Hilfe nur für eine Dauer von sechs Monaten gewährt werden könne. Die Regelungen der §§ 216a und 216b SGB III, nach denen derartige Transfers möglich sind, besagen, dass solche Maßnahmen auch für eine Dauer von zwölf Monaten möglich sind. Früher waren es sogar einmal 24 Monate. Warum in diesem Fall nur sechs Monate?
Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Es handelt sich um ein Konglomerat, bei dem, wenn es klappt, 16 Länder mitmachen. Federführend ist das Land Baden-Württemberg. Wir bemühen uns, die Ein
flussnahme schon im Vorfeld dadurch auszuüben, dass wir versuchen, Bedingungen zu stellen. Hierbei handelt es sich um einen Aushandlungsprozess. Inwieweit sich dabei wer mit welchen Vorstellungen durchsetzt, wird der Verhandlungsprozess zeigen müssen.
Die Einrichtung eines Beirates ist eine gute Idee. Wir können versuchen, das einzubringen. Es wird Steuerungsgremien geben müssen.
Die Begrenzung der Hilfen auf sechs Monate geht auf eine beihilferechtliche Regelung zurück und beruht auf EU-Recht.
Frau Wolff, Sie sind in der „Volksstimme“ vom 19. März 2012 mit folgenden Positionen zitiert bzw. beschrieben worden: Sie stünden in engem Kontakt mit Arbeits- und Sozialminister Norbert Bischoff, SPD. Mit Blick auf die Schlecker-Problematik führten Sie, so der Artikel der „Volksstimme“, Folgendes aus:
„Wir sind uns einig, dass es nicht eine Sache der Wirtschaftsförderung ist, sondern der Arbeitsverwaltung.“
Ich halte es übrigens für völlig falsch, dass die einen Dinge eröffnen und die anderen sich dann mit den Fehlern herumschlagen müssen. Wenn es aber so ist, warum sprechen Sie an dieser Stelle und nicht Herr Bischoff?
Hierbei geht es nicht um die einen und die anderen. Wir sind eine Regierung und arbeiten sehr eng zusammen. Es liegt kein wirtschaftspolitisch relevantes Konzept vor. Es geht hier nicht um Wirtschaftsförderung, also darum, dass ein Unternehmer etwas zur Förderung seines betrieblichen Konzepts beantragt.
Bei unserer Ressortaufteilung ist es so, dass die Finanzangelegenheiten bei Insolvenzfällen nach wie vor in der Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums liegen. Die arbeitsmarktpolitischen Fragen sind beim Ministerium von Norbert Bischoff ange
Frau Ministerin, können Sie oder der Raumordnungsminister Angaben dazu machen, wie sich die Folgen der Schließung von Schlecker-Filialen für den ländlichen Raum darstellen? In wie vielen Orten wird es keine derartigen Versorgungsmöglichkeiten mehr geben?
Die Zahlen habe ich genannt. Die betroffenen Orte kursieren bereits in der Presse. Ich kann an dieser Stelle nicht jeden einzelnen Ort auswendig aufzählen; das gebe ich gerne zu.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen, Frau Ministerin. - Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächster nimmt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Steppuhn das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, dass ich ein wenig überrascht war von dem Diskussionsbeitrag des Kollegen Frank Thiel. Ich hätte eigentlich eher damit gerechnet, dass nicht über die Probleme, die es früher einmal bei Schlecker gegeben hat, geredet wird. Wir wissen alle, dass es schlechte Arbeit und schlechte Arbeitsverhältnisse gab. Ich habe geglaubt, wir hätten heute mehr darüber zu reden, was wir mit den Menschen, nämlich mit denen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sein werden, machen.
Hierzu sollten wir konkrete Vorschläge machen. Ich denke, die Beschäftigten von Schlecker erwarten Antworten von der Politik. In diesem Sinne hätten Sie die Landesregierung dafür loben müssen, dass die Möglichkeit dieser Transfergesellschaft eröffnet wurde.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Schlecker-Filialen Solidarität bekunden. Menschen, die aufgrund einer Situation und von Umständen, für die sie selber nichts können, ihren Arbeitsplatz
Diese Solidarität sollten wir auch heute im Landtag von Sachsen-Anhalt deutlich machen, und zwar auch vor dem Hintergrund, dass die meisten im Parlament einschätzen können, so glaube ich, was es bedeutet, den Job zu verlieren und plötzlich mit Arbeitslosigkeit konfrontiert zu werden. Die Betroffenheit Einzelner ist zugleich auch die Betroffenheit ganzer Familien.
Meine Damen und Herren! Gestern - die Frau Ministerin hat darüber berichtet - wurden in Berlin die Gespräche darüber fortgesetzt, inwieweit sich die Bundesländer an einer Bürgschaft in Höhe von 70 Millionen € beteiligen. Noch gibt es keine abschließenden Ergebnisse. Wie es aussieht, wartet man auf die Entscheidung des Freistaates Sachsen und des Landes Hessen.
Richtig ist aber, dass bundesweit 11 000 Beschäftigte ihren Job bei Schlecker verlieren sollen und 2 200 Filialen geschlossen werden sollen. Für Sachsen-Anhalt bedeutet dies konkret - die Zahlen sind genannt worden -, dass von 875 Beschäftigten 441 gekündigt werden sollen. Dieses entspricht einer überdurchschnittlichen Quote von fast 50 % im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, der 40 % beträgt.
Von diesen 441 Beschäftigten sind 36 Beschäftigte in Vollzeit, 402 Beschäftigte in Teilzeit und drei Beschäftigte geringfügig beschäftigt. Viele der Beschäftigten sind alleinerziehend. Wenn die Information von ver.di richtig ist, dann handelt es sich bei den Beschäftigten nicht um Männer, sondern es sind in der Tat nur Frauen in den SchleckerFilialen beschäftigt. Daher, so glaube ich, sollte es schon erwähnt werden, dass es hierbei um Frauen, insbesondere auch um Frauen, die schlecht bezahlt werden, geht.
Vor dem Hintergrund des Equal-Pay-Tages und des Themas, dass die Bezahlung von Frauen der der Männer angeglichen werden soll, sollte das an dieser Stelle erwähnt werden.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Gewerkschaft ver.di mahnt zu Recht die Politik an, die Menschen bei Schlecker nicht allein zu lassen. Wenn ich die Pläne der Gewerkschaft ver.di und des Insolvenzverwalters richtig bewerte, so soll eine Transfergesellschaft das Ziel haben, Teilen des Konzerns und der Filialen die Chance zu geben, wieder wirtschaftlich zu gesunden und einen Teil der Arbeitsplätze zu erhalten.
Man kann das - dies ist auch geschehen - ordnungspolitisch kritisieren. Allerdings glaube ich, dass die Landesregierung in diesem Einzelfall sehr richtig handelt und aktiv geworden ist.
Es ist richtig, dass auch wir in Sachsen-Anhalt der Verantwortung für die Arbeitsplätze bei Schlecker gerecht werden müssen. Aber es geht nicht - das sage ich sehr deutlich - darum, den SchleckerKonzern zu retten, sondern ich gehe davon aus, dass wir Arbeitsplätze retten und uns für den Erhalt der Arbeitsplätze einsetzen. Das hat für mich Vorrang.
Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung im Gesamtkontext mit der Schlecker-Insolvenz in Deutschland eine Lösung für die Schlecker-Beschäftigten im Land finden wird und die notwendige Unterstützung organisieren wird.
Wir müssen aber auch denjenigen gerecht werden, die ihren Arbeitsplatz zukünftig nicht mehr bei Schlecker haben werden. Das betrifft fast die Hälfte der derzeit Beschäftigten. Es gilt - das muss auch das Ergebnis der heutigen Debatte sein -, dafür zu sorgen, dass möglichst viele dieser Menschen schnellstmöglich eine neue berufliche Perspektive bekommen.
Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit ist bereits dabei, die betroffenen Beschäftigten zu erfassen, zielgerichtet zu beraten und zu informieren. Wenn ich es richtig vernommen habe, hat der Vorsitzende der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Sachsen-Anhalt-Thüringen Kay Senius das Thema bereits zur Chefsache gemacht.
Zugesagt ist auch, dass alle vorhandenen arbeitsmarktpolitischen Instrumente, insbesondere auch im Bereich der Weiterbildung und Qualifizierung, aber auch der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit dafür genutzt werden, den Weg für neue Tätigkeiten freizumachen.
Wir wissen auch, dass es sich bei den SchleckerBeschäftigten vielfach um gutes, qualifiziertes Verkaufspersonal handelt, sodass viele der Betroffenen gegebenenfalls direkt die Möglichkeit haben, in einem neuen Umfeld eine persönliche und berufliche Perspektive zu finden.
Dies wird - das ist bereits hinterfragt worden, und es wäre vielleicht spannend, Frau Ministerin, wenn wir dem noch einmal nachgehen würden - sicherlich in den Städten einfacher sein als in SchleckerFilialen in ländlichen Räumen. Dort wird man sicherlich noch einmal ganz besonders hinschauen müssen, damit auch dort Perspektiven entstehen.