Protocol of the Session on November 11, 2011

Die Sache mit dem Sachverstand machen Sie einmal mit Ihren Ministern aus, die in den Aufsichtsgremien sitzen. In einen solchen Streit möchte ich mich nicht hineinhängen.

Frau Ministerin, es ging in keiner Weise darum, hier irgendjemandem den Vorwurf zu machen, er habe seine Arbeit nicht gemacht. Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Und wenn, dann würde er es nicht zugeben!)

Aber wenn Sie sich einmal das Hochschulmedizingesetz ansehen und die Fragen ernst nehmen, die ich gestellt habe, dann sehen Sie, dass der Wissenschaftsrat darauf keine Antwort gegeben hat. Er hat es einfach nicht so umfassend evaluiert, dass man sagen könnte, das Gesetz sei in Gänze betrachtet worden.

Wenn dies geschehen wäre, dann wäre er auf verschiedene Dinge schon selbst gekommen. Er hat uns nicht den Hinweis gegeben, dass es Probleme gibt, weil Professoren gegen Nutzungsentgelte klagen können und auch noch Recht bekommen. Das ergibt sich aber unmittelbar aus dem Hochschulmedizingesetz und der Nebentätigkeitsverordnung. Einen solchen Hinweis hätte ich im Ergebnis einer ordentlichen Evaluation erwartet.

Herr Harms, wenn es um darum geht, dass der Antrag daneben ist, dann gehen Sie doch einmal in die Einrichtungen und sprechen mit den Personalräten. Dann reden Sie doch einmal mit denen darüber, ob der Wissenschaftsrat tatsächlich das gemacht hat, was im Hochschulgesetz steht, nämlich ob er die Akzeptanz derjenigen abgefragt hat, die von diesem Gesetz unmittelbar als Beschäftigte betroffen sind. Fragen Sie doch einmal danach. Dazu sage ich Ihnen: Nein, das hat er nicht getan. Und deswegen möchten wir das. Das ist unsere Überlegung dazu.

Ich hatte gesagt, dass sich die millionenschweren Risiken auf die Nebentätigkeiten und die Nutzungsentgelte bezogen haben.

Frau Ministerin, eines habe ich nicht verstanden. Tiefgreifend heißt nun nicht, dass man einen Prozess ewig in die Länge ziehen muss. Darum geht es doch nicht. Deswegen ist der Zeitraum, denke ich, durchaus nicht unvernünftig. Klar, wir haben jetzt nicht damit gerechnet, dass es in den Ausschuss muss. Gut, von mir aus können wir auch noch ein Quartal drauflegen, damit es ordentlich wird.

Ich weiß nicht, ob Sie bei der letzten Evaluation durch den Wissenschaftsrat und auch bei der jetzigen Diskussion über die Hochschulstrukturen und bei der Beauftragung des Wissenschaftsrates in den Finanzausschuss gegangen sind und das ganze Prozedere durchgezogen haben, das Sie jetzt beschrieben haben. Haben Sie das getan? - Ich weiß es nicht. Also, ich kenne das so nicht.

Insofern halte ich das nur für ein formales Argument, mit dem Sie zum Ausdruck bringen wollen: Das können Sie nicht ernst gemeint haben. - Wir haben das ernst gemeint und wir denken, dass wir das auch in einer relativ kurzen Zeit tiefgreifend umsetzen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt zwei Nachfragen. Zunächst kann Herr Harms seine Frage stellen. Dann ist Frau Mitteldorf an der Reihe.

Frau Präsidentin, der Abgeordnete hat meine Nachfrage gerade mit seinem letzten Halbsatz beantwortet.

Frau Mittendorf.

Lieber Kollege, ich habe eine Nachfrage, weil ich noch einmal ein bisschen tiefgründig in die Problematik einsteigen möchte. Ich habe den Eindruck, dass manche glauben, es sei sehr leicht, dort etwas zu ändern. Das ist sehr kompliziert. Wenn es das nicht wäre, dann hätten wir schon in der letzten Legislaturperiode eine Lösung gefunden. Wir haben das bewusst verschoben, um eine ganzheitliche Lösung zu finden.

Meine Frage geht in die Richtung, ob Ihnen bekannt ist bzw. ob Sie Kenntnis davon haben, dass bundesweit in den medizinischen Fakultäten bzw. Universitätskliniken eine nicht unproblematische Diskussion hinsichtlich der Deckung der Kosten geführt wird. Es geht darum, dass die finanziellen Mittel im Rahmen der DRGs in den Universitätsklinika eben nicht ausreichen, weil bekanntermaßen die Fälle, die in die Universitätsklinika kommen, die schwersten Fälle sind. Darüber hinaus muss jeder Notfall von einem Uniklinikum aufgenommen werden.

Hinsichtlich der Vergütungsstruktur und der Kosten sind durchaus bundesweit Hilferufe zu vernehmen, weil eben eher Minusbeträge erwirtschaftet werden. Mir ist das von der Medizinischen Hochschule Hannover bekannt.

Ich kann mir vorstellen, dass wir hier ähnliche Probleme haben. Ich glaube schon, dass man darüber sehr bald und intensiv wird reden müssen; denn sonst wirtschaften wir uns in die Negativzahlen. Und das macht die ganze Geschichte nicht einfacher.

Frau Kollegin Mittendorf, das ist mir natürlich bekannt. Das ist das Problem der sogenannten Einrichtungen der Maximalversorgung, was unsere Klinika sind. Das ist etwas, was dringend auf den Tisch muss. Ich habe in das etwas skeptische Gesicht der Ministerin blicken können, als Frau Pähle die wirtschaftliche Situation der Kliniken angesprochen hat.

Ich denke, das betrifft unser Klinikum durchaus auch. Mir ist nicht bekannt, dass wir derzeit Minusbeträge erwirtschaften. Das ist meines Wissens in Sachsen-Anhalt noch nicht der Fall. Dass die Gefahr besteht, ist völlig richtig. Und dass es hier auch eine Unterfinanzierung gibt durch das ganze Krankenkassensystem, ist seit Langem in der Diskussion. Natürlich war die Einführung der DRGs auch eine wesentliche Begründung für die Gründung der Anstalt des öffentlichen Rechts.

Gleichwohl gibt es auch bundesweit Bewegung in dieser Frage. Es geht nicht nur um komplett privatisierte Uniklinika, wie man sie in Marburg und in Gießen hat, wo die Privatisierung auch wieder infrage gestellt wurde und wo man sich fragt, ob das der richtige Weg war. Auch die Anstalten des öffentlichen Rechts werden mittlerweile wesentlich kritischer gesehen. Man fragt sich, ob das wirklich die heilbringende Lösung ist.

Deswegen ist es völlig richtig, dass wir uns wesentlich intensiver damit auseinandersetzen müssen. Ich kann jetzt verraten, dass ich dazu einen Selbstbefassungsantrag vorhabe, damit wir uns einmal über die wirtschaftliche Situation unserer Unikliniken im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft unterhalten und auch einen Bericht von der Landesregierung dazu bekommen, wie unsere Kliniken aufgestellt sind. Da ist es natürlich nicht schlecht, wenn die Wirtschaftspolitiker mit darauf schauen. Das kann uns alle nur bereichern.

(Zustimmung bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Das ist immer richtig!)

Danke sehr, Herr Lange. - Für die Landesregierung hat noch einmal Ministerin Professor Dr. Wolff um das Wort gebeten.

Herzlichen Dank. - Ich will der Diskussion im Ausschuss nicht vorgreifen, aber jetzt werden einige wirklich wichtige Themen angesprochen.

In diesem Zusammenhang darf ich vielleicht etwas zum Stand der Diskussion zwischen dem für die Gesundheit primär zuständigen Sozialministerium und uns Auskunft geben. Da gibt es nämlich Gespräche, die genau diese Thematik angehen, diese Beobachtung der systematischen Unterfinanzierung, die die Unikliniken aufgrund ihrer gesetzlichen Position als Maximalversorger bewältigen müssen, ohne aber hinreichend ihr Einnahmenniveau beeinflussen zu können.

Unser Vorschlag ist, einmal darüber nachzudenken, welche Rolle die Universitätskliniken als Landeskliniken in einem kohärenten Konzept für die Landesmedizin des Landes Sachsen-Anhalt spielen können. Ein Vorschlag ist, dass wir uns überlegen, ob die beiden Unikliniken nicht im Rahmen des für uns so wichtigen Themas der demografieorientierten Landesmedizin eine besondere Rolle spielen können, die wir dann auch institutionell absichern und aus mehreren Ministerien dann auch unterfüttern. Das geht über eine Hochschulmedizingesetznovelle hinaus. Deswegen führen wir jetzt solche Vorgespräche.

Dabei zeichnet sich die Arbeitsteilung zwischen den beiden Kliniken schon ab. Man kann zunächst sagen, dass sich beide Kliniken verstärkt um die Allgemeinmedizin kümmern müssen. Beide Fakultäten haben damit begonnen. Auch die Magdeburger haben nach den Hallensern jetzt eigene Klassen für Allgemeinmedizin, weil das ein ganz wichtiges Thema bei uns im Land ist.

Ein zweites wichtiges Thema ist die Arbeitsteilung zwischen den beiden Kliniken. Das passt auch gut zu den Lehr- und Forschungsprofilen, die man in diesem Zusammenhang kohärent aufstellen könnte; daran arbeiten wir im Vorfeld der Gesetzesnovelle.

Den Magdeburgern könnte man anbieten - darauf reagieren die sehr positiv -: Kümmert ihr euch um all das, was in einer älter werdenden Gesellschaft dadurch passiert, dass - flapsig gesagt – das Gehirn irgendwann nicht mehr mitspielt. Das ist der dortige Forschungs- und Lehrschwerpunkt Neurowissenschaften. Daran hängt alles Mögliche, auch beim Rest der Uni, was prima dazu passt. Man kommt über eine solche Herangehensweise zu landesweiten kohärenten Konzepten für die Profilbildung unserer Universitäten.

Halle kann sich dann um all das kümmern, was dadurch passiert, dass in einer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen an Krebs erkranken. Und schon sind wir bei einem Profil, das sich dort anbietet: Tumorforschung, Onkologie, Pflegewissenschaften. Vieles kann man systematisch um diesen Schwerpunkt herumgruppieren, sodass man auch ressourcenmäßig eine Steuerungswirkung erzielt und die Universitätsleitung, die Dekane, die Klinikleitung eine Orientierungshilfe haben.

Die Magdeburger haben diesen internen Profilbildungsprozess schon sehr weit vorangetrieben; in Halle läuft das gerade an. Die Hallenser sind dankbar, wenn wir sie als Parlament und als Landesregierung unterstützen. Wir sind gewissermaßen auch die Bande, über die die Dekane, die Rektorate, die Klinikleitungen und die progressiven Professoren gern spielen, um den Rest der Mannschaft auf eine Linie zu bringen.

Genau diese Diskussion läuft gerade. Ich denke, wenn sich die Unikliniken und die Medizinfakultäten auf ein solches komplementär konstruiertes Konzept verständigen, ist das auch ein tolles Angebot an das Land. Dann kann man auch überlegen, ob man nicht auch für das Thema Krankenhausfinanzierung einige Weichen anders stellt. - Danke.

Frau Ministerin, es gibt eine Nachfrage von Frau Mittendorf. - Bitte schön.

Vielen Dank. - Frau Ministerin, das waren sehr interessante Informationen. Ich werde gern verfolgen, was da passiert, weil ich glaube, dass das wirklich wichtig ist.

Nun haben wir die Schwerpunktsetzung, die aus der demografischen Entwicklung hervorgeht, zu Recht benannt. Seit vielen Jahren ist die Frage, wie wir mit diesen Alterswissenschaften, wie wir auch mit professoralen Stellen umgehen.

Meine Frage lautet: Lässt sich das mit dem sehr begrenzten Stellenspiegel, also der Stellenanzahl, die für medizinische Fakultäten und Klinika eher auf dem unteren Level ist, wirklich umsetzen?

Sie werden das jetzt nicht hundertprozentig beantworten können. Ich möchte Ihnen die Frage trotzdem mit auf den Weg geben, ob man das dann so hinbekommt, weil ich glaube, dass man wahrscheinlich über weitere Dinge wird reden müssen, um das qualitativ und auch quantitativ hinzubekommen. Vielen Dank für die Auskunft.

Wir arbeiten an konkreteren Konzepten, die die Universitäten dem Landtag dann als Pakt anbieten werden. Ich bin sicher, dass sich alle freuen werden, wenn der Landtag in größerem Umfang Mittel bewilligt. Jedoch gehe ich, ehrlich gesagt, im Moment nicht von dieser Möglichkeit aus. Insofern werden wir versuchen, vorhandene Ressourcen umzuschichten - das geht nicht von heute auf morgen, weil die Stellen eine gewisse Trägheit an sich haben -, vielleicht sogar perspektivisch abnehmende Ressourcen so umzusteuern, dass das Landes

interesse, das Sie im Parlament formulieren müssen, optimal bedient wird.

Danke sehr, Frau Ministerin. - Ich würde jetzt gern die Debatte beenden. Es erhebt sich kein Widerspruch.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüßen wir bei uns Schülerinnen und Schüler des Dr.-FrankGymnasiums Staßfurt. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir begrüßen ferner eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Berufsbildenden Schule Aschersleben-Staßfurt. Ich heiße auch Sie herzlich willkommen.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung zur Drs. 6/526. Es stand dem nichts entgegen, dass es in den Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft überwiesen wird. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag dorthin überwiesen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf:

Beratung

Wissenschaftseinrichtungen in Wittenberg eine Perspektive geben

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/527

Änderungsantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/545