Protocol of the Session on November 11, 2011

So weit zu den Ausgaben, Herr Barthel, die Sie ausführlich dargestellt haben. Da ist es auch kein Wunder, dass jedes Ressort wichtig ist, denn alle haben auch ein paar Stellen hinzubekommen.

Wir erwarten nicht, dass der Haushaltsplanentwurf noch einmal zurückgezogen wird. Wir erwarten aber, dass er gründlich geprüft wird. Die Verhinderung von Schulden kann nicht nur in den Kapiteln 13 20 - Vermögensverwaltung - und 13 25 - Schuldenverwaltung - geschehen. Hier muss man wahrscheinlich noch ein Stück weiter gucken. Trotzdem spreche ich mich nicht fürs Kaputtsparen aus, wie es gegenwärtig in Griechenland passiert. Stabile Haushalte setzen stabile Einnahmen voraus. Diese sind jedoch gegenwärtig nicht zu gewährleisten.

Der Steuersenkungskurs der schwarz-gelben Regierung - und das bei einer Erhöhung der Nettoneuverschuldung - sollte von der Landesregierung

nicht noch mit Enthaltung honoriert werden. Herr Ministerpräsident, die Sorge für das Land sollte in diesem Fall die Loyalität zur schwarz-gelben Bundesregierung überwiegen; das erwarten wir.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Wir erwarten von der Landesregierung ein klares Nein zu Steuersenkungen. Wir erwarten, dass es endlich an entscheidenden Einnahmestellen zu Veränderungen kommt.

Zunächst jedoch erwarten wir eine sorgfältige Deckung des Finanzlochs in Höhe von 298 Millionen € für den Haushaltplanentwurf 2012/2013. Die Zeit ist knapp, wenn der Terminplan bis zur zweiten Lesung im Januar 2012 eingehalten werden soll. Herr Minister, Sie haben 27 neue Stellen, da sollte das machbar sein. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Klein. - Es spricht nun für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Niestädt.

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir haben im Jahr 2012 ein Problem, und dieses ist 90 Millionen € schwer. Was ist passiert? Die Steuerschätzung, die das Land Sachsen-Anhalt - also das Finanzministerium - im Sommer im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs vorgenommen hat, ist nicht ganz aufgegangen: etwas zu niedrig geschätzt für das Jahr 2011 - 28 Millionen € mehr -, zu hoch eingeschätzt für das Jahr 2012 - es fehlen 169 Millionen € -, im Jahr 2013 fehlen 120 Millionen €. Darüber wird seit Tagen in den Medien berichtet.

DIE LINKE: unseriöse Haushaltsaufstellung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Finanzminister steht vor einem Scherbenhaufen. Der Landesrechnungshofpräsident sagte in der Sitzung des Finanzausschusses: eine viel zu optimistische Herangehensweise. Unisono: Der Finanzminister rechnet sich seinen Haushalt schön, um die Wünsche der Kabinettskollegen zu bedienen. - Stimmt das?

(Zurufe von der LINKEN: Das stimmt! - Ja! - Zustimmung bei den GRÜNEN)

- Sie sagen ja.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Es ist nicht das erste Mal,

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU)

dass wir in Sachsen-Anhalt eine Prognose über künftige Steuereinnahmen erstellen, bevor dies die Wirtschaftsweisen mit der Novemberschätzung

tun. Nur: Dieses Mal stimmen unsere Prognosen nicht ganz mit denen der Steuerschätzer überein. Allen, die sich jetzt die Hände reiben und ihre Unkenrufe bestätigt sehen, sage ich Folgendes:

Erstens. Niemand konnte vorhersagen, dass innerhalb eines halben Jahres die Wachstumsprognose in Deutschland von 3 % im März auf unter 1 % im November zurückgehen würde.

Zweitens. Ich stand und ich stehe dazu, dass es richtig war, eine eigene Schätzung auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung vorzunehmen, bevor die Novemberschätzung bekannt wird. Warum? Ich nenne Ihnen drei Gründe:

Erstens. Die Vorlage des Haushaltsplanentwurfs der Landesregierung muss gemäß § 30 unserer LHO vor Beginn des Haushaltsjahres - in der Regel bis zum 1. Oktober - vorliegen. Das heißt: Ein Warten auf die Steuerschätzung im November ist ausgeschlossen.

Zweitens. Bei der sehr positiven Maischätzung wäre es aus meiner Sicht geradezu sträflich gewesen, keine eigene Prognose für 2011 und die Folgejahre zu erstellen und bis November zu warten. Ich habe den Finanzminister in dieser Verfahrensweise unterstützt. Sollten wir bis November warten? Sie hätten auch in diesem Fall ganz sicher diese Vorgehensweise stark kritisiert - ich übrigens auch. Bei einer Wachstumsprognose von 3 % kann man nicht einfach toter Käfer spielen und die Augen verschließen.

Drittens. Was wäre, wenn die eigene Schätzung ausgeblieben wäre? - Die erste Variante: Der Haushaltsplanentwurf hätte andere, viel niedrigere Eckwerte. Wir hätten die EU-Programme nicht zu 100 % kofinanzieren können, die leichten Veränderungen des FAG für das Jahr 2012 wären nicht möglich gewesen usw. Wir würden jetzt, mitten in den Haushaltsberatungen, anfangen, die Mehreinnahmen einzustellen, die Eckwerte zu ändern und den gesamten Haushaltsplanentwurf völlig neu zu stricken.

Die zweite Variante: Alle Mehreinnahmen werden ohne Veränderung des Haushaltsplanentwurfes in die Steuerschwankungsreserve und in den Pensionsfonds investiert oder für die Tilgung ab dem Jahr 2012 verwendet. Das entspräche § 18 der LHO, die wir erst Ende 2010 in diesem Sinne geändert haben. Das wäre zum heutigen Zeitpunkt aber eine unnötige und vielleicht sogar überhastete Maßnahme; denn theoretisch - das wissen Sie alle - könnten wir für die Jahre 2012 und 2013 noch eine Nettoneuverschuldung ausweisen.

Das Landesparlament muss die Politik in unserem Land gestalten. Ich sage ja zu einer Rückkehr zum Ganztagsanspruch in unseren Kitas. Ich sage ja zu Investitionen und zu einer 100-prozentigen Kofinanzierung der Bundes- und der EU-Mittel. Ich sage ja zur Fortführung des Stark-II-Programms.

Ich sage ja zur Auflage eines Stark-III-Programms. Das sind alles Dinge, die wir nicht hätten machen können, wenn wir auf die Novemberschätzung gewartet und unsere Schuldenbremse tatsächlich ernstgenommen hätten.

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Es dient der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit und entspricht den Bestimmungen der LHO, nicht nur alle künftigen Ausgaben, sondern auch alle künftigen Einnahmen bei der Haushaltsaufstellung zu berücksichtigen. Deshalb, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, war die eigene Steuerschätzung der richtige Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Passiert ist eigentlich gar nichts. Die ganze Aufregung um eine Steuerverschätzung umsonst, Herr Erdmenger. Wir müssen den Haushaltsplanentwurf der Landesregierung wegen der bekannten Abweichung nicht neu aufstellen. Wir müssen nicht in die Eckwerte eingreifen. Wir müssen keine globale Minderausgabe ausweisen. Wir müssen keine Neuverschuldung in Kauf nehmen - nichts von dem.

Ich gebe zu, dass auch ein klein wenig Glück dabei ist; denn es war nicht zu erwarten gewesen, dass der Leitzins der EZB gesenkt wird. Auch wenn nicht endgültig vorhergesehen werden kann, wie sich die Zinsen bis zum Jahr 2016 entwickeln werden, so ist die Absenkung des Leitzinses ein deutliches Signal für den Trend, dass es kurzfristig keine Erhöhung der Zinssätze geben wird.

Sowohl die Steuerschätzung, egal ob wir sie selbst vornehmen oder ob es der Bund für uns tut, als auch die Schätzungen über die Zinsausgaben sind immer mit Risiken behaftet. Diese Risiken bestanden in jedem Jahr. Ich halte die vom Finanzminister geplante Reduzierung der Zinsausgaben um 284 Millionen € in den Jahren 2012 und 2013 für realistisch.

Wir haben eine europäische Staatsschuldenkrise. Das Kapital sucht einen sicheren Hafen. Den bietet derzeit Deutschland und auch Sachsen-Anhalt. Ein sicherer Hafen ist man aber nur mit einer guten Politik, insbesondere natürlich mit einer guten Finanzpolitik. Die haben wir in Sachsen-Anhalt auch mit der Einführung des § 18 der LHO gemacht. Es ist an uns, unsere gute Finanzpolitik auch in den aktuellen Haushaltsberatungen umzusetzen.

Ich will noch einmal daran erinnern, dass wir unser Rating in der Krise verbessern konnten. Dies ist Ausfluss unserer Bemühungen, die Neuverschuldung für das Jahr 2011 zurückzufahren und in den Jahren 2012 und 2013 auf die Aufnahme neuer Schulden zu verzichten. Nicht zuletzt beeinflusst das Personalentwicklungskonzept das Rating unseres Landes.

Ein Großteil der Erwartungen, die mit der Steuerschätzung für dieses Jahr und für die nächsten

Jahre verbunden waren, ist eingetreten. Wir haben zwar für das Jahr 2012 ein Loch in Höhe von 90 Millionen €. Das wird aber, wie in jedem Haushaltsjahr, im ganz normalen Vollzug des Haushalts ausgeglichen,

(Herr Erdmenger, GRÜNE: Ach!)

weil am Ende rund 1 % der veranschlagten Mittel nicht verbraucht werden, sehr verehrter Herr Erdmenger.

(Herr Erdmenger, GRÜNE: Eine globale Minderausgabe!)

Wir können uns im Finanzausschuss gern darüber unterhalten. Von daher kann aus meiner Sicht keine Rede von einem Scherbenhaufen oder von einer Steuerüber- oder -verschätzung sein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Niestädt. - Der Finanzminister signalisiert, dass er noch sprechen möchte. Herr Minister der Finanzen, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei kurze Anmerkungen von mir. Die erste zu Herrn Barthel und zum Haushaltsvollzug 2011: Ob ich eine globale Minderausgabe in den Etat aufnehme, um das einzusammeln, was in den Häusern nicht abfließt, oder ob ich es am Ende auslaufen lasse, das ist haushaltstechnisch egal.

(Herr Borgwardt, CDU: Richtig!)

Wenn ich die Mittel ganz bewusst einsammeln wollte, dann müsste ich dazu eine Haushaltssperre erlassen. Dazu sage ich hier einmal - wir sind ja unter uns -: Davon wären vor allen Dingen die Häuser mit einem hohen Anteil investiver Ausgaben betroffen. Überlegen Sie sich das in der Fraktionssitzung bitte vorher und auch, was es heißt, wenn ich so etwas im Oktober/November mache.

Was glauben Sie, was die Minister seit September gemacht haben? - Die werden die Fördermittel schon zugesagt haben. Nun ist die Frage, ob man diese Zusagen überträgt, was bei einem Systemwechsel schwierig ist, oder ob man sie zur Stunde Null kappt. Für die nächsten Jahre ohne globale Minderausgaben stellt sich diese Frage wegen der Eckwerte nicht mehr; denn die Ausgaben werden übertragen, solange die Eckwerte in dem Rahmen bleiben, den wir uns selbst gesteckt haben.

Ich sage noch einmal zum Abschluss des Haushaltsjahres 2011: Herr Erdmenger, Eintöpfe schmecken mir gut. Ich bin ein Fan davon. Die Opposition muss das machen. Was meinen Sie, was ich als Oppositionspolitiker mit anderen ge

macht habe, die auch noch hier im Parlament sind? Ich habe die Regierung natürlich auch kritisch hinterfragt und war dabei nicht immer nur leise.

(Herr Borgwardt, CDU: Bei Paqué! - Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Manchmal habe ich den Eindruck, wir jammern in diesem Parlament auf höchstem Niveau.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Der Haushalt des Jahres 2011 sichert Investitionen in einem Maße zu, bei dem viele Nationalstaaten in Europa froh wären, wenn sie das investieren könnten. Die Kommunen jammern natürlich auch immer und verschönern ihre Innenstädte trotzdem ohne Ende. Sie kommen ja kaum noch durch die Städte, weil überall nur noch Baustellen sind.