Protocol of the Session on October 11, 2002

Herr Minister, das ist Ihre Antwort?

Ja.

Dann erteile ich als nächstem Redner dem Abgeordneten Herrn Metke das Wort. Bitte sehr.

(Frau Fischer, Merseburg, CDU: O nein! Nicht auch noch Herr Metke!)

Frau Fischer, das werden Sie schon noch ertragen können. - Wenn ich Ihre Äußerungen, Herr Minister, und Ihre Antwort auf die Frage von Herrn Gürth richtig deute, könnte man schlussfolgern, Sie hätten den Kampf um den Erhalt des Standortes für den Schienenfahrzeugbau schon aufgegeben. Ist dieser Eindruck richtig oder täusche ich mich?

(Ach! bei der CDU)

Dazu kann ich nur sagen, dass die Täter - dazu gehört auch die SPD in diesem Land und diejenigen, die im Landtag saßen - jetzt versuchen unter dem Motto „Haltet den Dieb!“ die Verantwortung für eine Fehlentwicklung anderen in die Schuhe zu schieben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Aber - mit Verlaub gesagt - so dumm ist die Öffentlichkeit und so dumm sind die Beschäftigten in Halle nicht, dass sie das akzeptieren werden.

Ich habe darauf hingewiesen, dass wir alles versuchen werden, um diesen Standort vernünftig weiter zu entwickeln. Aber eines ist klar: Der Bombardier-Konzern lehnt es ab, nach der Abarbeitung der Aufträge für die Jahre 2003 und 2004 etwas anderes dort zu machen als die Einrichtung eines Servicestandortes. Alle Versuche, darüber noch einmal Gespräche zu führen und vertragliche Vereinbarungen zu treffen, sind gescheitert.

Ich muss sagen - dazu muss man nicht juristisch geschult sein -, wenn ich für 7,5 Millionen € Grundstücke kaufe, die ich nicht benötige, werde ich mir aber schriftlich bestätigen lassen, was ich dafür bekomme. Das ist das kleine Einmaleins einer soliden Politik.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Nichts ist geschehen. Sie haben es gewusst und gedeckt. Deswegen ist Ihre Frage besonders unsachlich.

(Herr Gürth, CDU: Das ist scheinheilig!)

Herr Dr. Rehberger, es gibt drei weitere Fragen. Ich weiß nicht, ob Sie die noch beantworten wollen. - Herr El-Khalil verzichtet. - Herr Dr. Köck.

Ich habe keine Frage, sondern möchte intervenieren. Ich denke, bei der letzten Landtagssitzung waren wir uns bei diesem Thema parteiübergreifend einig, für den Erhalt des Standortes Ammendorf alles zu tun. Das sollte auch so bleiben. Jetzt hilft nur absolute Offenheit und Klarheit. Ich denke, das war ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb haben wir den Antrag eingebracht.

Herr Dr. Rehberger, sind Sie bereit, eine Frage von der Abgeordneten Frau Jahr zu beantworten? - Das ist aber die letzte Frage, die ich zulasse.

Sie haben einen Staatssekretär, der für Investoren verantwortlich ist. Sie haben Flächen gekauft. Warum entwickeln Sie diese Flächen nicht in der Landesregie weiter? Warum höre ich von Ihnen so viel Negatives, obwohl Sie sagen, Sie wollen Arbeitsplätze schaffen und Wirtschaftsentwicklung betreiben?

(Zurufe von der FDP und von der CDU)

Verehrte Frau Kollegin, Sie müssen jetzt irgendwie nicht zugehört haben.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe darauf hingewiesen, dass wir alles - das wissen auch die Menschen vor Ort - tun, um die Flächen, die jetzt im Landesbesitz sind, einvernehmlich mit der Stadt Halle, die die Planungshoheit hat, so zu gestalten, dass dort neue Arbeitsplätze entstehen. Ich bin sicher, wir werden dort auch Erfolg haben. Aber ich lege großen Wert darauf, dass klar ist, was in Sachen Schienenfahrzeugbau vereinbart worden bzw. nicht vereinbart worden ist, weil auf diesem Sektor ganz offenbar eine schlimme Täuschung der Betroffenen erfolgt ist.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Dr. Rehberger. - Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion erteile ich nun der Abgeordneten Frau Liebrecht das Wort. Bitte sehr, Frau Liebrecht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, wir sind uns fraktionsübergreifend einig, dass die Entwicklung des Waggonbaustandortes HalleAmmendorf von besonderer politischer Bedeutung ist. Der Waggonbau Ammendorf gehört nicht nur zu den ältesten und traditionsreichsten Schienenfahrzeugherstellern Deutschlands, er muss hinsichtlich seiner Kompetenzfelder zu den weltweit leistungsfähigsten Unternehmen gerechnet werden.

Die CDU-Fraktion hat sich deshalb bereits in der Vergangenheit wirkungsvoll für den Erhalt dieses Standortes eingesetzt und wird dazu auch in der gegenwärtig zugespitzten Situation ihren Beitrag leisten.

Aufgrund von Überkapazitäten im Schienenfahrzeugbereich sah sich Bombardier Ende des vergangenen Jahres veranlasst, alle elf Produktionsstätten von Bombardier Transportation in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen. Im Ergebnis dieser Prüfung drohte die Schließung von Ammendorf.

Daraufhin hat sich die CDU-Fraktion gemeinsam mit dem ehemaligen Ostbeauftragten der Bundesregierung, Herrn Dr. Ludewig, bemüht, Vorschläge zur Erhaltung des Standortes zu erarbeiten. Das in Auftrag gegebene Gutachten hat klar nachgewiesen, dass Ammendorf ein wettbewerbsfähiger Standort ist und eine Schließung eigentlich nicht im Konzerninteresse sein kann.

Mit dem Versprechen zum Erhalt der Schienenfahrzeugproduktion und dem damit verbundenen Vor-Ort-Auftritt von Bundeskanzler Schröder vor der Landtagswahl

wurde der Eindruck erweckt, dass der Standort HalleAmmendorf auch zukünftig als Standort des Schienenfahrzeugbaues gesichert sei. Darüber hinaus erfolgte die Zusage, ein internationales Fortbildungs- und Trainingszentrum für Mitarbeiter des Unternehmens auf dem Ammendorfer Gelände zu errichten. Der Bund und das Land wollten dazu die Fördermöglichkeiten prüfen. Inzwischen wurde dieses Ausbildungszentrum nach Berlin-Grünau verlagert.

Nun frage ich Sie: Wenn Versprechen dieser Art gemacht werden, die im Nachhinein nicht mehr gelten, was ist dann das Wort eines Bundeskanzlers noch wert?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die CDU-Fraktion ist nicht bereit, dieses so hinzunehmen. Wir haben bereits im Januar dieses Jahres und in den Monaten danach mit großer Sorge darauf hingewiesen, insbesondere Herr Dr. Ludewig, dass nach den Gesprächen und den Pressemitteilungen von Bombardier das eigentliche Ziel, eine dauerhafte Sicherung des Standortes Ammendorf als Kompetenzzentrum für die Herstellung von Schienenfahrzeugen, noch nicht erreicht ist. Es war abzusehen, dass die laufende Produktion vollendet wird und dass die Montage zusätzlicher Aufträge insbesondere von der Deutschen Bahn AG abhängig ist. Hierfür konnten weder Umfang noch Termine gewährleistet werden. Die in Aussicht gestellten Aufträge der Deutschen Bahn AG sind bisher ausgeblieben sind, sodass die getroffenen Entscheidungen von Bombardier in naher Zukunft nicht isoliert davon gesehen werden können.

Nicht nur, dass der Bundeskanzler vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Versprechungen gemacht und Hoffnungen geweckt hat, sondern er hat ebenso offenkundig aus wahltaktischen Gründen den Offenbarungseid vermieden und dafür gesorgt, dass die Betriebsversammlungen in den Bombardier-Werken, die für Anfang September geplant waren, erst nach der Bundestagswahl durchgeführt werden.

(Herr Scharf, CDU: Das ist sehr interessant!)

Nunmehr ist heute - laut dpa-Meldung von 10.41 Uhr - bekannt geworden, dass Bombardier mit dem angekündigten massiven Stellenabbau in Deutschland Ernst macht. Aufgrund von Kapazitätseinsparungen werden voraussichtlich 1 000 Arbeitsplätze insbesondere in den neuen Bundesländern wegfallen: Neben Henningsdorf, wo 450 Arbeitsplätze entfallen, gehört auch Ammendorf dazu, wobei noch keine Größenordnungen genannt worden sind.

Nach Aussage von Bombardier sehen die gegenwärtigen Pläne für Ammendorf vor, dass die laufenden Projekte in den Jahren 2004/2005 zu Ende geführt werden und dann der Standort schrittweise in einen Servicebereich für Dienstleistungen und Wartung umgewandelt werden soll.

Somit wird deutlich, dass die Intervention des Bundeskanzlers ein leeres Versprechen war. Obwohl die Belegschaft im Vertrauen auf das Kanzlerwort ihren Beitrag geleistet hat, indem sie Kurzarbeitsregelungen und flexible Einsatzmöglichkeiten in Kauf nimmt, ist von einer langfristigen Standortsicherung für den Schienenfahrzeugbau in Ammendorf keine Rede mehr. Das Einzige, was in diesem Zusammenhang eingehalten worden ist, ist der Kauf der nicht betriebsnotwendigen Flächen von Bombardier in Ammendorf durch die Landesregierung.

Deshalb haben die Koalitionsfraktionen einen Änderungsantrag formuliert, der die konkreten Vorhaben zur Sicherung des Schienenfahrzeugstandortes hinterfragt und der prüfen soll, wie die erworbenen, nicht betriebsnotwendigen Flächen den zukünftigen Gewerbe- und Industriestandort aufwerten sollen. Bei alledem ist auch Bundeskanzler Schröder noch in der Pflicht. Deshalb bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Liebrecht. - Als nächster Rednerin erteile ich für die SPD-Fraktion der Abgeordneten Frau Budde das Wort. Bitte sehr, Frau Budde.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wissen Sie, Herr Dr. Rehberger, Sie geben sich hier als der große Wirtschaftspolitiker. Mit Ihrer Gier danach, jemanden vermeintlich bloß zu stellen, und mit Ihrer Arroganz - -

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

- Lassen Sie es mich ausführen und hören Sie einfach zu. Vielleicht werden doch einige von Ihnen nachdenklich, die wirklich Ahnung davon haben.

(Zuruf von der CDU: Wir sind schon nachdenk- lich!)

Mit Ihrer Arroganz, hier darzustellen, was das Ihrer Meinung nach für ein „Flächenkauf“ war, wird genau das passieren, was wir nicht wollten, es sei denn, es liest niemand, was passieren kann. Wenn die Europäische Union das liest, was protokollwirksam geworden ist, dann wird dieser gesamte Flächenverkauf infrage gestellt. Dann wird dieser Kauf als Subventionstatbestand - -

(Widerspruch bei der CDU und bei der FDP - Mi- nister Herr Dr. Rehberger: Das haben Sie gesagt! - Zuruf von der CDU: Das ist unglaublich! - Minis- ter Herr Dr. Rehberger: Das ist unerhört! - Minis- ter Herr Prof. Dr. Paqué: Das ist ungeheuerlich!)

- Herr Präsident, darf ich weiterreden?

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich zu beruhigen, damit die Rednerin weiterhin verstanden werden kann. Bitte sehr, Frau Budde.

Dieser Kauf wird dann eventuell als Subventionstatbestand deklariert. Damit werden die gesamten Verhandlungen, die mit Bombardier geführt worden sind, null und nichtig.

(Widerspruch bei der CDU - Zuruf von Minister Herrn Dr. Rehberger)