Protocol of the Session on March 4, 2005

Herr Oleikiewitz, Sie haben unsere Aufmerksamkeit fast zwei Minuten länger gehabt. Das ist natürlich die Grenze der Belastbarkeit.

(Herr Oleikiewitz, SPD: Dafür bin ich bekannt, Frau Präsidentin!)

- Deshalb sage ich das auch. - Ich bitte Sie, uns den Änderungsvorschlag, der wohl in Ihrem Manuskript enthalten ist, zu übergeben, damit wir ihn exakt verlesen können, wenn wir darüber abstimmen.

(Herr Oleikiewitz, SPD, überreicht ein Schriftstück)

- Ja, das ist in Ordnung.

Herr Kehl wollte noch eine Frage an Sie stellen. Sie haben nun die Chance, dieser Frage eine Antwort hinzuzufügen.

(Herr Oleikiewitz, SPD: Oh, ja! Dem entziehe ich mich natürlich nicht!)

Bitte sehr.

Herr Oleikiewitz, ich habe zwei Fragen. Die erste Frage: Stimmen Sie mir darin zu, dass intensiv genutztes Grünland für die Gewässer schädlicher sein kann als normal genutztes Ackerland?

Die zweite Frage: Stimmen Sie mir auch darin zu, dass verfassungsrechtliche Bedenken des GBD zum guten Ton gehören?

(Heiterkeit und Zustimmung - Zuruf von Herrn Hauser, FDP)

Zu der ersten Frage. Ich stimme Ihnen nicht zu, Herr Kehl, wenn Sie sagen, dass Grünland für den Zweck des Hochwasserschutzes schädlicher ist als Ackerland. Das stimmt nicht, es sei denn, man knallt auf das Grünland etwas drauf, was nicht dorthin gehört. Das ist nach dem Gesetz aber verboten, Herr Kehl. Wenn Sie das richtig lesen, sehen Sie: Für Gewässer erster und zweiter Ordnung gibt es Schonstreifen, auf denen bestimmte Nutzungsbedingungen eingehalten werden müssen. Deswegen scheidet das schon aus.

(Zuruf von Herrn Czeke, PDS)

Wenn man beide Nutzungen parallel nebeneinander stellt, ist Grünland für diese Schutzstreifen selbstverständlich besser als Ackerland. Das ist eindeutig, denke ich.

Zu der zweiten Frage. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst ist dazu da, uns zu beraten, wenn es darum geht, Gesetze ordentlich zu machen, sie verfassungskonform zu gestalten. Nun könnte man sagen: zehn Juristen und 20 Meinungen. Wir haben das des Öfteren erlebt.

Aber wir sind keine heurigen Hasen auf diesem Gebiet. Wenn man 16 Jahre lang im Landtag sitzt, dann hat man schon ein bisschen Erfahrung und weiß, wie man es zu werten hat, wenn der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst Bedenken äußert. Wir haben das so gewertet, dass die Bedenken, die der GBD in diesem Fall geäußert hat - nicht in allen Punkten, Herr Kehl, das gebe ich zu, aber in entscheidenden Punkten - gerechtfertigt sind. Deswegen habe ich an dieser Stelle auch meine Bedenken in Bezug auf die Verfassungskonformität des Gesetzes geäußert.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Czeke, PDS)

Danke, Herr Abgeordneter Oleikiewitz. - Für die FDPFraktion spricht der Abgeordnete Herr Kehl.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verhalten der Oppositionsfraktionen, insbesondere der SPD-Fraktion, im Ausschuss hat im Plenum seine nahtlose Fortführung gefunden. Wir haben nur Plattitüden gehört, keine Inhalte, keine Details zu Inhalten des Wassergesetzes. Ich habe den Verdacht, dass die SPD sich nicht so richtig mit dem Wassergesetz beschäftigt hat.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Oleikiewitz, SPD: Oh, oh! - Zurufe von Herrn Dr. Püchel, SPD, und von Herrn Kühn, SPD)

Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung ist nach gründlicher Beratung - mein Vorredner hat das bereits ausgeführt - eine umfassende Novelle zum Wassergesetz vorgelegt worden. Auch wir, das gebe ich gern zu, hätten anstelle eines Änderungs

gesetzes eine Neufassung bevorzugt, die den gesamten Text einschließlich der Änderungen enthalten hätte. Das hat allerdings nichts mit inhaltlichen Problemen zu tun; es wäre einfach technisch eleganter gewesen. Die Zeit ließ das aber nicht zu.

Herr Oleikiewitz sagte zu Recht, dass wir letztlich etwas unter Zeitdruck geraten seien. Das ist aber nicht allein den Koalitionsfraktionen anzulasten, sondern auch der Vorgängerregierung. Denn die Wasserrahmenrichtlinie ist nicht so neu, dass man nicht schon Vorbereitungen hätte treffen können.

Meine Damen und Herren! Wir haben es beim Naturschutzgesetz anders gemacht und haben eine komplette Novelle erstellt. Aber das war Ihnen auch nicht recht; damals haben Sie noch viel stärker protestiert,

(Herr Czeke, PDS: Weil das schlecht war!)

weil altbewährte Paragrafen gestrichen wurden und durch neue Bezeichnungen ersetzt worden sind. Das war Ihnen auch nicht recht. Ich glaube, dass es sich hierbei um Schutzbehauptungen handelt. Sie wollen das Gesetz schlecht reden - das ist es aber nicht.

Inhaltlich stellt das Gesetz eindeutig einen Fortschritt dar. Wir setzen zum einen die EU-Wasserrahmenrichtlinie um, die zum Inhalt hat, dass die Wasserpolitik in den Regionen, in den Mitgliedstaaten vereinheitlicht wird. Wir setzen zum anderen die IVU-Richtlinie um, die ein deutliches Zeichen gegen die Umweltverschmutzung setzen soll.

Ich möchte für die FDP klarmachen, dass wir die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und der EU-Vorgaben nicht als Schikane der EU, sondern durchaus als inhaltlich richtig und wichtig empfinden; denn es geht hierbei um das Wasser. Wasser ist ein Lebensmittel, Wasser ist die Lebensgrundlage nicht nur für Fische, sondern für alles Leben auf unserem Planeten. Das gilt es zu schützen. Ich denke, die EU hat sich dabei durchaus gute Gedanken gemacht.

Wenn wir das jetzt umsetzen, müssen wir überlegen, ob wir immer besser sein wollen als alle anderen. Ich glaube, der Entwurf zeigt deutlich, dass wir von diesem bisher praktizierten Grundsatz abgewichen sind. Wir sagen eben, wir machen nicht alles tausendprozentig besser, als es vorgeschrieben ist, sondern wir bewegen uns in einem vernünftigen Rahmen, der EU-konform ist und über den man sich bundesweit verständigt hat.

Meine Damen und Herren! Hochwasserschutz ist in dem vorliegenden Gesetz ein wichtiges Thema. In diesem Rahmen möchte ich einmal nebenbei die Frage stellen, ob wir vielleicht auch einmal darüber nachdenken sollten, den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser wieder einzustampfen und die Aufgaben, die jetzt noch bestehen, in den Umweltausschuss zu holen. Das hielte ich für wesentlich besser.

Aber nun zurück zum Gesetz. Wir haben die Ausweisung von überschwemmungsgefährdeten Flächen geregelt. Wir sprechen uns gegen ein generelles Nutzungsverbot dieser Flächen aus. Das macht keinen Sinn. Wir möchten aber für die Beteiligten, die dort Eigentümer oder Nutzer sind, die Klarheit haben, dass hier eine konkrete Gefährdung vorliegt. Deshalb ist diese Registrierung richtig.

Wir müssen auch ganz klar sagen: Wer die Flächen, die in diesen ausgewiesenen Gebieten sind, dann trotzdem nutzt, der kann im Falle eines Falles nicht mehr mit der

Unterstützung der Allgemeinheit rechnen. Der wird dann wahrscheinlich trotzdem kommen. Aber wir haben zumindest ein besseres Argument, um zu sagen: Du wusstest, dass hier eine potenzielle Gefahr ist. Wenn du trotzdem hier anbaust, dann ist es dein eigenes Risiko.

Die obligatorische Umwandlung in Grünland, wie es einmal vom Bund geplant war, halten wir nicht für sinnvoll; denn das hat für den Hochwasserschutz nur einen Vorteil, wenn es tatsächlich erosionsgefährdet ist. Umweltpolitisch ist das auf jeden Fall fragwürdig, wie ich es vorhin schon ausführte.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt war auch die Frage der Unterhaltungsverbände. Das ist insgesamt ein relativ kleines Thema, wenn man den Gesamtkomplex des Gesetzes betrachtet. Darüber wurde aber heftig diskutiert. Sie wissen, die Gewässer zweiter Ordnung werden von Unterhaltungsverbänden gepflegt. Die Erfahrungen im Land sind ganz unterschiedlich. Es wurde immer wieder eine mangelhafte Beteiligung der Eigentümer aufgezeigt. Das haben wir geändert. Die Eigentümer können jetzt mitbestimmen. Ich finde, das ist eine ganz wichtige Geschichte.

Wir haben auch bezüglich der Frage Änderungen vorgenommen, wer wie viel für die Pflege bezahlen soll. Wir stehen zur Bedeutung des Waldes in Sachsen-Anhalt als wichtigem Faktor für das Gemeinwohl, unter wasserwirtschaftlichen Aspekten, für den Hochwasserschutz, für den Naturschutz, aber auch für die Erholung der Bevölkerung. Wir haben uns deshalb dafür ausgesprochen, dass der Wald eine Privilegierung erfährt.

Die Behauptungen, die teilweise aufkamen, die Bürokratie würde alles auffressen, sind nicht haltbar. Das haben wir in den Ausschussberatungen deutlich gemacht. Kollege Hauser ist nicht müde geworden, in der Gegend herumzureisen und das auch den Betroffenen zu erklären. Das finde ich sehr gut.

Ein weiterer wichtiger Punkt in der vorliegenden Novelle sind die Deregulierungsbestimmungen, die wir eingefügt oder entfernt haben. Beispielsweise ist hinsichtlich der Kleinkläranlagen zu sagen, dass in Zukunft die Stellung der Abwasserzweckverbände und der Gemeinden gestärkt wird, insbesondere bezüglich der Frage der Einleitererlaubnis, wenn es vor allem um Regenwasser geht, aber auch hinsichtlich der Nutzung der Deichwege durch Radfahrer. Ich glaube, es ist auch für den Tourismus das richtige Signal, dass in diesem Bereich Erleichterungen stattfinden.

Auch in Fragen des Umweltmanagements setzt das neue Gesetz Maßstäbe. Ich denke, hätten die Vorgängerregierungen schon den Mut gehabt, an dieser Stelle zu deregulieren und auch einmal zu riskieren, dass die eine oder andere Klage kommt, dann wäre dieses Land schon viel weiter. - Schönen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Kehl. - Systematisch wird heute die rote Ampel ignoriert. Denken Sie daran, wie gefährlich das im Straßenverkehr ist. - Für die PDSFraktion spricht der Abgeordnete Herr Czeke.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das mit der Ampel lasse ich mir noch einmal durch

den Kopf geben; denn die fängt, glaube ich, oben mit Rot an und mit Grün sieht es im Hohen Haus schlecht aus - leider eigentlich.

(Zuruf von Herrn El-Khalil, CDU - Minister Herr Kley: Da fehlt ein bisschen Gelb! - Herr Hauser, FDP: Blau-gelb, Harry! - Heiterkeit im ganzen Hause)

Den Kollegen Hauser muss ich eigentlich vorab schon einmal für seine Tapferkeit loben, bei der Debatte jetzt im Raum geblieben zu sein. Mein sehr verehrter Kollege Radke hat es vorgezogen, doch noch zu gehen. - Schade eigentlich. Bei dem eben Vorgetragenen springt mir doch tatsächlich der Draht aus der Mütze. Aber bei wenigen Haaren, sage ich einmal, können auch wenig hochstehen.

Der Vorsitzende des Umweltausschusses Kollege Hacke hat zu dem eigentlichen Grund, aus dem wir das Wassergesetz in Sachsen-Anhalt novellieren mussten, ausführlich gesprochen. Es sind die so genannte IVU-Richtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie. Da, Herr Kehl, darf ich Sie gleich korrigieren. Die Wasserrahmenrichtlinie war bis zum Jahr 2003 in nationales Recht umzusetzen, die IVU-Richtlinie schon bis zum Jahr 1999. Das ist dann korrekt.

Wer es ein bisschen ausführlicher mag: Ich kann nicht ausführlich sprechen, weil es aufgrund der Redezeit schier unmöglich ist, 197 Paragrafen in einer Fünfminutendebatte abzuhandeln, auch wenn nachher vielleicht gesagt werden kann, es geht nur um § 105. Es ist so. Die Öffentlichkeit diskutiert nur über § 105. Anlass, Ziele und wesentliche Inhalte sind in der Drs. 4/1789 ab Seite 49 genauer aufgeführt.

Es geht und ging in der Öffentlichkeit und im Ausschuss kontrovers wirklich nur um § 105, der sich mit den Unterhaltungsverbänden beschäftigt, also den Verbänden, die damit beauftragt sind, als Körperschaften öffentlichen Rechts die Gewässer zweiter Ordnung zu pflegen. Ich möchte mich bei den Kollegen des GBD ausdrücklich für ihre Fleißarbeit bedanken, persönlich auch bei Dr. Reich, der uns 24 Seiten mit Informationen zur Verfügung stellte, die wir beachten sollten.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte vorab bezüglich seiner Einführung, die er an den Ausschuss schrieb, Folgendes sagen. Sie beginnt: Das Wassergesetz hat keinen guten Ruf. - Das würde ich sofort unterstreichen. - Das Änderungsgesetz ist nicht in der Lage, die altbekannten Probleme zu überwinden. - Das Folgende können wahrscheinlich nur Juristen verstehen: Die Systematik des Wassergesetzes leidet auch darunter, dass schon das niedersächsische Vorbild aus einer Zeit stammt, in der es noch kein Verwaltungsverfahrengesetz gab. Nun stehen Aussagen des Gesetzes neben denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, wobei nicht klar ist, wie weit das Verwaltungsverfahrensgesetz Geltung hat. - Das musste ich mir wirklich aufschreiben. Ansonsten bringt man das durcheinander. Ich denke, Herr Dr. Reich hat dahin gehend Recht.

(Frau Bull, PDS, lacht)