Herr Kosmehl, schauen Sie sich im Land um. Welches Dorf hat noch so viel Wirtschaftskraft, dass es in der Lage ist, ein ordentliches Leben, was heute mit hohen Ansprüchen der Bürger verbunden ist, zu gewährleisten? Denken Sie an die Leistungen, die heute eine Verwaltung vorhalten muss und die von den Bürgern selbstverständlich erwartet werden. Ich denke an die Kosten für die Computertechnik und die Kosten für deren Pflege. Meinen Sie, dass dazu eine 300-Seelen-Gemeinde in der Lage ist?
(Zuruf von der CDU: Dann brauchen wir doch keine Verwaltung mehr! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Herr Dr. Polte, vielleicht könnten Sie sich jetzt auf die drei Fragesteller beschränken und nicht jeden Zwischenruf beantworten. - Herr Reck, Sie haben die Möglichkeit, Ihre Frage zu stellen.
Sehr geehrter Herr Polte, ein Ziel dieser Reform soll es sein, dass wir effektivere Strukturen erhalten, um Kosten einzusparen. Ich will als Beispiel die Verwaltungsgemeinschaft Salzwedel-Land nehmen, die 24 Mitgliedsgemeinden mit 9 601 Einwohnern hat. Wir hoffen, dass hierbei die Sonderbedingungen berücksichtigt werden. Wir kennen schon jetzt die Aufgabe, nämlich 24 Haushalte aufzustellen. Jetzt kommt hinzu, dass diese Gemeinden die Möglichkeit haben, mit Zustimmung des Gemeinschaftsausschusses einzelne Aufgaben zu übertragen. Die eine Gemeinde überträgt diese Aufgabe, die andere Gemeinde überträgt jene Aufgabe. Die Bürgerinnen und Bürger wissen gar nicht mehr, wer nun wofür zuständig ist. Meine Frage lautet: Glauben Sie, dass mit einem solchen Konstrukt wirklich eine effektivere Struktur entsteht und Kosten eingespart werden können?
Das ist die Crux des Ganzen. Wir wollen effektivere Strukturen. Unter dem Strich soll es weniger kosten. Das müssen wir der Ehrlichkeit halber sagen. Die Verwaltung
Schon als Präsident des Städte- und Gemeindebundes war ich dagegen. Es ist nur als Zwischenlösung angeboten worden. Das Ziel für mich ist nur die Einheitsgemeinde. Schauen Sie sich in Deutschland und in Europa um, dann werden Sie feststellen, dass diese Kleinteiligkeit keine Zukunft hat. Ich kann nur wünschen, aus diesem Klein-Klein-Denken herauszukommen, im Interesse unseres Landes.
Verehrter Kollege Dr. Polte, war das Beispiel der Stadt Jessen in Ihrer Argumentationskette nicht ein Schuss in den Ofen? Gerade die Stadt Jessen ist das beste Beispiel in Sachsen-Anhalt, dass sich Gemeinden, wenn sie vernünftig arbeiten und zusammenarbeiten, auch freiwillig zusammenschließen, wenn sie darin einen Nutzen sehen. Die Stadt Jessen hat sich ohne sozialdemokratisch gewünschten gesetzlichen Zwang so entwickelt, dass sie flächenmäßig inzwischen die größte Stadt in Sachsen-Anhalt und sogar größer als Magdeburg ist.
Herr Gürth, Sie übersehen folgende Tatsache: Jessen war Kreisstadt. Nach der Auflösung des Kreises Jessen ist eine Menge Geld geflossen. Der weitsichtige Bürgermeister Brettschneider, CDU, hat dieses Geld eingesetzt und die Dörfer sozusagen an seine Brust gedrückt und diese Politik überzeugend durchgesetzt. Das war eine besondere Situation. Dieses Beispiel ist nachahmenswert. Diese Politik sollten wir überall im Land befördern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei aller Aufgeregtheit, Herr Kollege Dr. Polte, habe ich festgestellt, dass wir in einigen Punkten Übereinstimmung erzielen können. Erstens haben wir im Innenausschuss genügend Zeit, um lang und breit zu sagen, was wir den
- Das ist nicht der Punkt, Herr Dr. Püchel. Sie vergessen nämlich eines: Es gibt nicht nur die verwaltungstechnische und die finanzielle Betrachtungsweise einer Gemeinde, sondern es gibt noch eine andere. Dieser wird Rechnung getragen. Das haben Sie mit den Vorschaltgesetzen noch so weit getrieben, dass Sie die Verbandsgemeinden angeboten haben, weil Sie dem auch Rechnung tragen wollten. Das Festmachen an den Einwohnerzahlen und eine angebliche Abkehr von bisherigen Einheiten ist falsch.
Wir haben uns immer dagegen gewehrt, dass Sie in den Vorschaltgesetzen einen Zwang anhand der Einwohnerzahlen aufgemacht haben, dass alle Gemeinden unter 1 000 Einwohner eingemeindet werden
und ihre Eigenständigkeit aufgeben müssten, ohne dabei klarzustellen, welche Aufgaben übernommen werden sollen.
Nun sind wir einen anderen Weg gegangen. Wir haben erst geklärt, welche Aufgaben übernommen werden sollen, dann haben wir gesagt, in welchen Strukturen sie bewältigt werden können. Ferner haben wir den Gemeinden gesagt, dass sie ihre Gebiete nicht aufgeben müssen, sondern sie selbständig bleiben können; sie müssten sich dazu aber in ein anderes Amt begeben. Das ist der einzige Unterschied. Dieser Unterschied ist aber so gravierend, dass die Notwendigkeit bestand, Ihre Gesetze aufzuheben und einen neuen Anfang zu machen.
Das Gesetz beschreibt zum einen die Aufgaben, die in Zukunft über die bereits bestehenden Aufgaben hinaus wahrgenommen werden sollen, und ordnet deren Übertragung. Zum anderen legt es die Strukturen fest, die nach unserer Auffassung notwendig sind, um die Aufgaben durch die gemeindliche Verwaltungseinheit effektiv bewältigen zu können.
Die Änderung der Gemeindeordnung bringt im Wesentlichen eine erhebliche Fortentwicklung bei den gemeindlichen Verwaltungsstrukturen, ohne dass man gegen den Willen der Bevölkerung zwangsweise Gebietsstrukturen verändern muss. Nach unserer Auffassung sind die von der Verwaltungsgemeinschaft zu bewältigenden Aufgaben am besten mit einer Zahl von 10 000 Einwohnern zu meistern, während bei der Einheitsgemeinde eine Zahl von 8 000 Einwohnern ausreichend ist, weil zwar dieselben Aufgaben wahrgenommen werden, aber der Umfang unterschiedlich ist. Darin besteht ein Anreiz und eine Erleichterung für die Bildung einer Einheitsgemeinde.
Zugegeben, es ist kein finanzieller Anreiz, aber woher denn nehmen, wenn nicht haben? Ein Schuft ist, wer mehr gibt, als er hat, Herr Dr. Püchel.
Selbstverständlich wird dabei auch dem Umstand Rechnung getragen werden müssen, dass die Gemeinden in unserem Land nicht einheitlich flächendeckend zu vergleichen sind, weshalb es Ausnahmen von der Regel zu definieren gilt. - Herr Reck hofft darauf schon, habe ich gehört. - Grundsatz muss hierbei sein, dass die unterschiedliche Bevölkerungsdichte ein belastbares Kriterium ist, um eine Ausnahmelösung in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus bedarf es aber auch des Nachweises, dass auch mit einer geringeren Einwohnergröße die Leistungsfähigkeit dauerhaft gewährleistet ist und im Übrigen eine andere sinnvolle Zuordnung nicht möglich ist.
Die Folge ist, dass sich so die Verwaltungseinheit nicht über die Ausnahmen bestimmt, sondern über die Regel. Eine weitere Folge, Herr Dr. Polte, ist, dass sich von 180 Verwaltungsgemeinschaften in unserem Land ca. 140 bewegen müssen. Ich glaube nicht, dass das 1 : 1 umzusetzen ist und dass nur noch 70 übrig bleiben von den 140, die sich bewegen müssen, aber Sie werden rein rechnerisch einen ganz erheblichen Effekt bekommen. Mittelfristig haben Sie dann auch die Synergieeffekte und auch die Einsparungseffekte, die letztlich unter Umständen aus dem Personalabbau zustande kommen können, eben aber erst mittelfristig.
Wichtig ist aber, dass wir solche Strukturen geschaffen haben, dass die Handelnden vor Ort auswählen können, wie sie das gestalten.
Die zeitliche Abfolge ist so gestaltet, dass den Kommunen genügend Zeit zur Orientierung bleibt und letztendlich zum 31. Dezember 2004 die Strukturen stehen und am 1. Januar 2005 die neuen Aufgaben übernommen werden.
Ich sehe, die Redezeit geht zu Ende. Auch ich hebe mir einen Teil der Ausführungen auf. Ich komme zum Schluss.
Das Gesetz wird damit der Aufgabe der Schaffung von effizienteren Verwaltungsstrukturen auf gemeindlicher Ebene gerecht und ist ein wichtiger Baustein innerhalb des Reformprozesses der Verwaltung im ganzen Land. Den Unterschied zu den Vorgängermodellen habe ich klargemacht: Er liegt in der Freiwilligkeit der Gebietsänderung bei gleichzeitiger Reduzierung der Verwaltungsämter. Dabei ist das Gesetz Teil eines in sich geschlossenen Gedankens, die Strukturen infolge der Aufgabendefinition zu bilden.
Der entscheidende Vorteil liegt deshalb in der Tatsache, dass den Menschen vor Ort die Reform nicht willkürlich erscheint, sondern nachvollziehbar und vernünftig. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Zuordnung ist natürlich in dem Sinne keine Freiwilligkeit. Das kann es nicht sein. Aber das, was Sie meinen, der Unterschied in der Bewertung, liegt darin, dass wir zwingend ein Verwaltungsamt kreieren und nicht die Eigenständigkeit aufgeben. Das ist ein Unterschied. Sie wollten eine Gebietsänderung, zwangsweise über die Einwohnerzahl, wir aber nicht. Das ist der Unterschied.