Protocol of the Session on March 13, 2003

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Unser Antrag ist kurz, knapp und klar und deswegen ist er der richtige. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Wolpert. - Die Abgeordnete Frau Tiedge verzichtet auf den Redebeitrag für die PDSFraktion. Dann erteile ich dem Minister der Justiz Herrn Becker das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Zur Folter ist eigentlich alles gesagt worden; dennoch möchte

ich namens der Landesregierung ausdrücklich betonen: Folter zur Erzwingung von Aussagen im Rahmen der Strafverfolgung ist verboten und so soll es auch bleiben. Das ist die Auffassung der Landesregierung.

Ich persönlich füge hinzu: Ich bin betroffen und erschrocken darüber, dass in Deutschland mit einem Grundgesetz, das sich über mehr als fünf Jahrzehnte hin bewährt hat, mit der leidvollen Erfahrung aus zwei Diktaturen das Folterverbot wieder so offen in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der PDS)

So tragisch dieser Vorgang um Jacob Metzler war - wir als Landesregierung bedauern das; wir sprechen heute nachträglich den Eltern unser Beileid und unser Mitgefühl aus -, er ist ein Einzelvorgang und darf nie dazu führen, Grundsätze dieses Rechtsstaates infrage zu stellen.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Wir wissen, dass das von den Angehörigen und von den Eltern nicht zu verstehen ist, und akzeptieren diese Haltung. Dennoch: Wir sind für den Schutz dieses Rechtsstaates angetreten. Wir sind auf diesen Rechtsstaat vereidigt und sind ihm verpflichtet. Wir müssen uns für diesen Rechtsstaat einsetzen.

Es wundert mich nicht, dass diese Diskussion aufkommt; denn man hat in den letzten fünf Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland immer wieder erlebt, dass der Ruf nach der Todesstrafe dann laut wurde, wenn besonders schwere Kriminalverbrechen begangen worden sind, oder dass der Ruf nach Zwangssterilisation - wie in den letzten Tagen - wieder laut wird, weil besondere Verbrechen verübt worden sind.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Aber, meine sehr verehrten Damen, meine Herren, das Folterverbot - dies ist das Thema dieser Aussprache - ergibt sich aus Artikel 104 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, aus § 136a der Strafprozessordnung sowie - auch das ist für uns wichtig - aus internationalen Verträgen, etwa aus Artikel 3 der europäischen Menschenrechtskonvention und aus Artikel 2 Abs. 2 der Antifolterkonvention der Uno. Dieses Verbot folgt aber vor allem aus der Menschenwürde, die Bestandteil unserer gesamten Grundrechte ist.

Ich muss offen sagen: Sie, Frau Tiedge, haben es sich an der Stelle - so dankbar ich Ihnen übrigens für Punkt 1 Ihres Antrags bin, weil er uns die Gelegenheit gibt, darüber zu sprechen -, was die DDR anbelangt, doch etwas zu leicht gemacht. Sie haben gesagt: In der DDR war die Folter verboten, also gab es sie nicht.

(Lachen bei der CDU - Frau Tiedge, PDS: Das habe ich nicht gesagt! - Frau Bull, PDS: Das hat sie nicht gesagt! - Weitere Zurufe von der PDS)

- Doch, Sie können es nachlesen.

(Zurufe von der PDS: Nein! - Frau Tiedge, PDS, meldet sich zu Wort)

Wir wissen - Sie können mich korrigieren - aber aus den Berichten der Gequälten, der unschuldig Verfolgten, dass man dieses Instrumentarium eben doch angewandt hat. Deshalb kann man nicht einfach sagen, die DDR hat das in der Verfassung verboten, also hat es dies nicht gegeben. Ich wäre da erheblich vorsichtiger.

Wir wissen jedenfalls aus der deutschen Vergangenheit, ob das nun vor 1945 war oder danach, und wir wissen aus den früheren Jahrhunderten - Sie haben auf das Mittelalter verwiesen -, dass die Folter leider Gottes immer wieder ein Instrument gewesen ist, das die Menschheit angewandt hat. Das ist schlimm genug. Wir können es auf der Grundlage dieses Rechtsstaats nicht dulden.

(Zustimmung bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Bitte schön.

Es ist keine Frage; es ist eine Zwischenintervention. - Herr Becker, Sie können es gern nachlesen. Ich habe gesagt, dass es zu DDR-Zeiten verboten war. Das ist wahr.

Richtig.

Gerade weil ich in der Strafgerichtsbarkeit der DDR Verantwortung getragen habe, finde ich es schlimm, dass es trotzdem dazu gekommen ist. Das muss ich an dieser Stelle einmal ausdrücklich betonen.

Entschuldigen Sie bitte, dann nehme ich das zurück.

Es ist verboten worden, und, wie gesagt, jeder Übergriff in dieser Richtung war ein schlimmer Übergriff und ich bedauere das zutiefst.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Stahlknecht, CDU, und von Herrn Tullner, CDU)

Ich nehme das zur Kenntnis. Ich finde das gut. Frau Kollegin, ich bedanke mich für diese Klarstellung.

Zum Thema Folter ist eigentlich von allen Fraktionen alles ausgeführt worden. Dem kann man nichts mehr hinzufügen. Ich möchte aber sagen: Sie haben in Ihrem Antrag noch einen Punkt 2. Ich bin froh, dass die SPD - Frau Grimm-Benne ist darauf eingegangen - sowie die CDU und die FDP Änderungsanträge eingebracht haben; denn mit den Dingen, die Sie unter Punkt 2 angeführt haben, wird das Problem im Grunde genommen wieder verwischt. Wir wollen eine klare Aussage zum Folterverbot haben.

Frau Grimm-Benne, ich will Ihnen sagen, warum man das hineingeschrieben hat: Man wollte damit auf gewisse Unterschiede zwischen der Auffassung des Justizministers und der von Kollegen der FDP aufmerksam machen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Gibt es die denn?)

- Natürlich gibt es die, lieber Herr Kollege Püchel. Warum soll es die nicht geben? Wir sind nicht eine Partei.

Wir haben unterschiedliche Auffassungen auf diesem Gebiet. Dessen schämen wir uns nicht; wir raufen uns diesbezüglich allenfalls. Aber das kann doch nicht Gegenstand einer solchen Diskussion sein, in der es um die Folter geht. Wir werden die Diskussion an anderer Stelle führen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von der Regierungsbank)

Danke, Herr Minister. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu Drs. 4/612 und Drs. 4/633 ein. Die Drs. 4/629 ist von der SPD zurückgezogen worden, ist also nicht Gegenstand der Abstimmung.

Zunächst ist festzustellen, dass eine Ausschussüberweisung nicht beantragt wurde. Wir treten somit in die Abstimmung zunächst über den Änderungsantrag in der

Drs. 4/633 ein. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Enthaltung ist dieser Änderungsantrag angenommen worden.

Wir treten nun in die Abstimmung über die Drs. 4/612 in der geänderten Fassung ein. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Somit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Wir haben den Tagesordnungspunkt 21 beendet und sind damit am Ende der 15. Sitzung des Landtages angekommen.

Die morgige 16. Sitzung beginnt um 9 Uhr. Wir beginnen dann, wie vereinbart, mit den Tagesordnungspunkten 3 und 4.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen parlamentarischen Abend.

Schluss der Sitzung: 19.04 Uhr.