Protocol of the Session on February 7, 2003

Herr Dr. Püchel, Sie können jetzt Ihre Frage stellen. Bitte sehr.

Herr Minister, vielleicht können Sie mir die folgende Frage beantworten: Welchen Sinn macht Artikel 1 Ihres Gesetzes im Zusammenhang mit Artikel 5?

Herr Kollege Püchel, das ist die Rechtsförmlichkeit. Das Vorschaltgesetz ist aufgehoben worden. Da nicht alle Regelungen aufgehoben werden sollten, die in Fachgesetze eingegriffen haben, sind in Artikel 5 des Gesetzes zur Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung nur die Regelungen genannt worden, die ausdrücklich aufgehoben werden sollten; die anderen haben Rechtskraft behalten. Das ist ein ganz normales rechtsförmliches Verfahren. Das ist auf Anfrage von Herrn Rothe auch vom GBD so bestätigt worden.

(Beifall bei der CDU - Minister Herr Jeziorsky ver- lässt das Rednerpult - Herr Dr. Püchel, SPD: Halt, so einfach kommen Sie mir nicht davon! Entschuldigen Sie! - Minister Herr Jeziorsky: Doch! - Herr Dr. Püchel, SPD: Das ist peinlich!)

Danke, Herr Minister. - Für die PDS-Fraktion erteile ich nunmehr dem Abgeordneten Herrn Grünert das Wort. Bitte sehr, Herr Grünert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine Angst, ich spreche nicht zur Bewerbung. Mir geht es um den Antrag der SPD-Fraktion. Dieser entbehrt nicht einer gewissen Tragik.

Während sich die Landesregierung trotz Sparhaushalt mehrfach und immer noch finanzielle Mittel für Gutachten, Weiterbildung und Fortbildung ihrer Bediensteten leistet, können dies die Landkreise und Gemeinden de facto schon seit Jahren nicht mehr. Dem geschuldet ist auch, dass die aufgrund der sich ständig ändernden Gesetzeslage bei Gemeindeordnung und Landkreisordnung erforderlich werdende Weiterbildung der Kommunalbediensteten auf der Strecke bleibt.

Während die CDU-Fraktion - die FDP hatte ja eine Auszeit genommen - über Jahre die Auffassung vertrat, dass Gemeinde- und Landkreisordnung nicht ständig verändert werden sollten, damit Rechtsklarheit besteht, haben Sie die beiden Gesetze in den letzten Monaten so oft verändert, dass es den Kommunen schwer fällt, sie zu interpretieren. Das ist nun einmal Fakt.

(Minister Herr Becker: Vor dem 21. April, Herr Grünert, das wissen Sie auch!)

- Sicherlich. - Da - der Minister hat es schon angekündigt - weitere Änderungen im Zuge des Zweiten Investitionserleichterungsgesetzes, des Funktionalreformgesetzes usw. geplant sind, geht der Antrag der SPD leider ins Leere, es sei denn, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie möchten eine permanente Veröffentlichung mit Konterfei des Innenministers. Ich möchte das nicht. Das hat auch etwas mit Haushaltskonsolidierung zu tun. Ich denke, angesichts der leeren Kassen sollten wir uns das nicht leisten. Im Sinne der FDP wäre es vielleicht eine Art von Mittelstandsförderung, allerdings mit einem tragischen Beigeschmack. Die PDS lehnt diesen Antrag ab.

(Beifall bei der PDS)

Danke, Herr Grünert. - Für die CDU-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Schulz das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich deute den Antrag der SPD-Fraktion zu diesem Thema so, dass Sie sich immer noch nicht damit abfinden können, dass die CDU nach der letzten Landtagswahl Ihre kommunale Zwangsreform beendet hat und damit dem Willen der Bürger Sachsen-Anhalts entsprochen hat.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Das ist ein bisschen bil- lig!)

- Nein, Herr Dr. Püchel. - In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit möchte ich mich kurz fassen. Es ist viel zu dem Thema gesagt worden. Herr Innenminister Jeziorsky hat ausführlich zu dem Thema berichtet. Ich möchte dem inhaltlich nichts mehr hinzufügen.

Ich möchte nur noch einmal die beiden Gründe wiederholen, die aus der Sicht der CDU-Fraktion für die Ablehnung dieses Antrages sprechen. Das sind zum einen die angesprochenen rechtlichen Voraussetzungen, die nicht vorliegen. Das sind zum anderen die in diesem Jahr noch anstehenden Reformvorhaben, in deren Verlauf die Gemeinde- und die Landkreisordnung und andere Gesetze - auch durch das Zweite Investitionserleichterungsgesetz - noch verändert werden.

Anschließend ist es vernünftig, eine Veröffentlichung vorzunehmen. Eine Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt ist fehl am Platz. Deshalb ist der Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Schulz. - Für die FDP-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Wolpert. Bitte sehr, Herr Wolpert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rothe, ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Ich gehe mit Ihnen überein, dass das ein unschönes Ereignis war. Aber es wäre vermeidbar gewesen, und zwar nicht nur durch den Gesetzgeber hier.

Ich denke vor allem aber in eine Richtung: Es gibt den Spruch, der besagt, Juristen in Gruppen seien schlimmer als eine bis an die Zähne bewaffnete Legion. Wenn Sie mir erzählen, dass vier Juristen daran gesessen haben, die alle offensichtlich die Hinweise nicht gelesen haben, dann finde ich es schon erstaunlich, dass Sie die CDU auffordern, für die vier eine Kollekte zu machen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Weil Sie es verzapft ha- ben!)

Vielen Dank übrigens dafür, dass Sie uns in Schutz genommen haben. Ich weiß nicht, warum wir nicht dafür bezahlen sollten, wenn wir eine Schuld hätten. Aber glauben Sie mir: Wir fühlen uns für das, worüber wir hier abstimmen, durchaus noch verantwortlich.

Zum Thema selbst. Sicherlich muss nach den vielen vorgenommenen Eingriffen durch die bisherigen Gesetze

und den noch vorzunehmenden Änderungen eine Neuveröffentlichung gemacht werden; insoweit stimmen wir mit Ihnen überein. Das muss aber nicht jetzt gemacht werden, weil noch vieles vor uns liegt.

Zu Ihrer Frage, welchen Sinn der Artikel 1 hat, möchte ich Folgendes sagen: Sehen Sie, eine deklaratorische Wirkung eines Artikels oder Paragrafen hat nichts mit Theologie zu tun.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Mythologie!)

Es ist die Abrundung einer Gesetzesförmlichkeit in einem Gesetz zur Klarstellung dessen, was man eigentlich will. Mehr ist es nicht.

Zur Sache selbst muss ich keine weiteren Ausführungen machen; das hat der Minister ausführlich getan. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Herr Wolpert. - Den Reigen beschließt nun für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Dr. Polte. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was im Landkreis Aschersleben-Staßfurt im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Landratswahl passiert ist, ist in der Tat eine Panne. Ich denke, da kann niemand widersprechen. Die Panne ist auch ein Stück weit Ergebnis des blinden Eifers, der bei der Gesetzgebung gleich nach der Landtagswahl an den Tag gelegt worden ist.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Richtig!)

Die CDU wollte mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung - wie es heißt - am Beginn der Legislaturperiode natürlich Signale setzen, ihre Handlungsfähigkeit demonstrieren und die Botschaft ins Land senden: Jetzt wird alles ganz anders, und das noch ganz schnell. - Es ging auch darum, ein leichtfertiges Wahlversprechen zur Verwaltungsreform einzulösen nach dem Motto - ich möchte fast sagen, wie weiland zu Zeiten Friedrichs des Großen -:

(Herr Gürth, CDU: Der war sehr erfolgreich!)

„Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“ - und sei die Kommune noch so klein.

Doch was ist tatsächlich passiert, Herr Gürth? Es wurde ein Gesetz mit heißer Nadel gestrickt, das weder gut überlegt, noch handwerklich gut gemacht ist.

(Beifall bei der SPD)

Es hat Verwirrung bei den Menschen verursacht, die mit den betreffenden Gesetzen arbeiten müssen.

(Herr Gürth, CDU: Das ist immer so bei Geset- zen!)

Offenbar auch bei Herrn Leimbach, denn er hat noch in seiner Amtszeit die Wahlvorbereitung in Gang gesetzt.

Es hat zu einer Lähmung des Verwaltungsreformprozesses geführt. Heute stellen wir fest: Es verursacht zusätzliche und unnötige Kosten für den Steuerzahler, siehe Vorbereitung der Landratswahlen.

Über die Inhalte eines solchen Gesetzes, meine ich, dachte man nicht gründlich genug nach. Man lehnte auch - das möchte ich besonders hervorheben - eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände im Rahmen der Ausschussberatungen ab. Das stand zwar hinterher in den „Kommunalnachrichten“; aber nach meiner Erfahrung wird das vielfach nicht gelesen.

Im Eilzugtempo wurde das Gesetz sozusagen durchgepeitscht. Selbst die Hinweise in den Beratungen auf rechtsförmliche Fehler, Herr Minister, wurden in den Wind geschlagen. Ich möchte weiter ausführen, da Sie nicht vollständig zitiert haben. Als der Abgeordnete Herr Rothe Herrn Sälzer fragte, ob alles okay sei, antwortete dieser, nach seinem, Sälzers, Dafürhalten sei der Gesetzentwurf zwar nunmehr fehlerfrei, gleichwohl könnten kleinere Fehler nicht vollkommen ausgeschlossen werden.

(Herr Gürth, CDU: Das ist die typische Juristen- antwort!)

Das Gesetz hatte noch nicht den hinreichenden Reifegrad.

Meine Damen und Herren! Die Intentionen des Gesetzes sind rückwärts gewandt. Ich muss sagen, mir ist richtig warm ums Herz geworden, als ich gelesen habe, was der Herr Fraktionsvorsitzende der FDP zum Zusammengehen der drei Harzkreise - Wernigerode, Quedlinburg und Halberstadt - gesagt hat. Heute konnte ich dazu auch noch etwas in der Zeitung lesen. Der Fraktionsvorsitzende sagte, er halte das für zeitgemäß und dringend geboten.

Herr Dr. Polte, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Kosmehl?

Natürlich, ich bin gleich fertig. - Meine Damen und Herren! Herr Kosmehl, ich möchte Sie und die gesamte FDP-Fraktion ansprechen: Helfen Sie der CDU-Fraktion, Ihrem Koalitionspartner, in dieser Frage aus der Sackgasse. Ich hoffe, dass der Ministerpräsident am Montag, wenn die CDU-Bürgermeister bei ihm sind, für das steht, was man immer wieder in der Zeitung liest: Es besteht dringender Handlungsbedarf in Sachen Verwaltungsreform.

(Zustimmung von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Um die aktuelle Verwirrung zu beseitigen, möchten wir die Landesregierung auffordern, hierbei Klarheit herbeizuführen. Ich hoffe, dass man aus den Erfahrungen gelernt hat, dass nicht wilder Aktionismus gefordert ist, sondern eine sehr sorgfältige, solide Gesetzgebungsarbeit geleistet werden muss.