Protocol of the Session on September 13, 2001

Die Situation ist in allen deutschen Bundesländern gleich. Es setzt sich überall ein struktureller Veränderungsprozess durch. Bis hin zur Bundesebene gibt es und gab es insbesondere im letzten Jahr Veränderungen im Bereich der Tourismusstrukturen. Auf der Bundesebene hat die DZT inzwischen nicht nur das Auslandsmarketing, sondern auch das Inlandsmarketing übernommen. Auch dort hat es Veränderungen gegeben. Die Marketingorganisationen der Länder werden deshalb auch Mitglieder in der DZT, um eine Verbindung zwischen Ländern und Bund herzustellen.

Auf Länderebene ist es überall zur Straffung der Aufgabenverteilung gekommen. In den meisten Ländern sind inzwischen Marketinggesellschaften entstanden oder haben sich - in den alten Bundesländern - aus bestehenden Marketinggesellschaften weiterentwickelt und angepasst. Die alten Strukturen sind in Brandenburg, in Thüringen, in Bayern, in Niedersachsen und seit Anfang des Jahres 2000 auch in Sachsen-Anhalt abgelöst worden.

Es hat einige Länder gegeben, bei denen dieser Konflikt, der durchaus besteht, zulasten der Verbände gelöst worden ist. Wir haben das in Sachsen-Anhalt ganz bewusst nicht gemacht und haben diesen Umstrukturierungsprozess nicht damit verbunden, Regionalstrukturverbände aufzulösen oder infrage zu stellen.

Unser Ziel ist es, auch weil die Regionalisierung sich in diesem Bereich schon sehr weit fortentwickelt hat - - Ja, es gibt neue Aufgabenverteilungen, das ist richtig. Daran müssen sich auch erst alle gewöhnen, wenn ich Ihre Zeichensprache richtig deuten darf. Das weiß ich und das ist auch immer mit Reibungen und mit Unzufrieden

heit verbunden. Aber da werden sich alle zusammenraufen müssen, weil man nicht alle zwei Jahre neue Strukturen schaffen kann.

(Herr Becker, CDU: Richtig!)

Vielmehr müssen die, die da sind, jetzt leistungsfähig gemacht werden. Ich will sie nur ganz kurz skizzieren: das Wirtschaftsministerium mit Richtlinienkompetenz und Förderkompetenz, die Landesmarketinggesellschaft mit den Themen Marketingstrategie und Außenmarketing, der Landestourismusverband mit den Themen Lobbyarbeit, Interessenkoordination, die Regionalverbände mit den Aufgaben Innenmarketing, Produktentwicklung, Information und natürlich, was ganz besonders wichtig ist und auch noch verstärkt werden muss, Kommunikation und Abstimmung vor Ort, um auch die vielen kleinen Fremdenverkehrsverbände untereinander in den Regionen zusammenzubringen, die Fachverbände - etwa die Campingplatzbetreiber, die Dehoga, der Bäderverband oder der Weinverband -, die für ganz spezielle Themen ihre Berechtigung haben und auch weiter haben werden, weil sie ganz spezielle Fachthemen bearbeiten, die sich natürlich stützen und im Innenmarketing mit den Regionalverbänden und im Außenmarketing mit der LMG zusammenarbeiten sollen.

Wir haben weiter - ich denke, das brauchen wir auch noch für einige Jahre - eine Sonderrolle des Harzes. Der HVV erledigt die Länder übergreifende Vermarktung des Harzes insgesamt. Aber auch der HFK ist dafür zuständig, weil wir im Ostharz noch einen deutlichen Nachholebedarf gegenüber den Westharzgebieten haben. Eine Entwicklung von 50 Jahren Dauer lässt sich nicht in zehn Jahren aufholen.

Die regionalen Tourismusverbände werden in ihrer laufenden Arbeit durch eine institutionelle Förderung des Landes abgesichert. Die Förderung wurde auf Wunsch der regionalen Fremdenverkehrsverbände so umgestellt. Dies war natürlich auch mit Problematiken innerhalb des Verbandes verbunden. Ich denke, dass diese in den Jahren der Umstrukturierung 2000 und 2001 gelöst werden und wir davon ausgehen können, dass die Strukturen auch innerhalb der Verbände, was Personal, Bezahlung und andere Dinge angeht, so weit geordnet sind, dass wir im Jahr 2002 schneller ins Laufen kommen als in den Jahren, in denen die Umstrukturierung lief.

Wichtigstes Beratungsgremium der LMG ist die Landesmarketingkonferenz. Dort werden die Maßnahmen und Aktivitäten von den Vertretern der touristischen Regional- und Fachverbände, der Tourismuswirtschaft und den tourismusnahen Institutionen gemeinsam mit der LMG und dem Wirtschaftsministerium abgestimmt und beschlossen.

Mir stehen immer noch acht Minuten Redezeit zur Verfügung. Sie müssen mir sagen, wann meine Redezeit abgelaufen ist.

Frau Ministerin, nur zu Ihrer Information: Ihre Redezeit ist unbegrenzt. Ihre Grenze setzen Sie selbst, wobei wir um Rücksicht bitten.

Ich werde mir meine Grenzen setzen. Ich verspreche es Ihnen.

Zu den Perspektiven der Tourismuspolitik. Die Grundzüge der touristischen Entwicklung sind im Handbuch des Tourismus zusammengefasst worden. Das ist eine Bestandsaufnahme. Das ist klar, so wie alles Niedergeschriebene eine Bestandsaufnahme ist. Es wird natürlich permanent fortgeschrieben werden müssen. Aber ich denke, wegen der Zusammenfassung der Statistiken, der Auswertung und der Bestandsaufnahme ist es für alle die, die im Tourismus arbeiten, sei es auf der politischen oder auf der gewerblichen Ebene, zumindest das, was es sein soll, eine Handreichung, ein Handbuch.

In Sachsen-Anhalt leiten sich für die nächsten Jahre einige vorrangige Geschäftsfelder ab. Das sind der Kulturtourismus, der Naturtourismus und der Gesundheitstourismus. Das wird natürlich in den touristischen Schwerpunktregionen ausgestaltet. In der Altmark wird eine Konzentration auf den Landurlaub stattfinden. Im Harz wird Länder übergreifend mit Niedersachsen und Thüringen zusammengearbeitet werden. In der Weinregion Saale/Unstrut wird auch Länder übergreifend mit Thüringen zusammengearbeitet werden. Das DessauWörlitzer Gartenreich - Unesco-Weltkulturerbe -, das Bauhaus und die Gartenträume sind natürlich für die Region Dessau zu nennen.

Inhaltlich zeichnen sich weitere Schwerpunktthemen ab. Die Straße der Romanik wurde vor zehn Jahren aus der Taufe gehoben. Das war eine sehr kluge und weise Entscheidung. Wir müssen nur darauf achten, dass wir sie ordentlich pflegen und immer gut instand halten. Auch diesbezüglich gibt es noch viel Arbeit. So muss die kontinuierliche Abstimmung mit allen regionalen und örtlichen Akteuren so hinbekommen werden, dass keiner verärgert ist, der mit großen Erwartungen die Straße der Romanik besucht und sie natürlich erfüllt bekommen möchte.

Des Weiteren gibt es in diesem Jahr das Verstärkerthema „Auf den Spuren Ottos des Großen“, auch ausgerichtet an dem Bundesthema der DZT „Glanz der Romanik“.

Das andere Thema, „Sachsen-Anhalt - Luthers Land“, dürfen wir nicht vergessen. Es in der Tat ein richtiges Schwerpunktthema für unser Land. Ich war heute Morgen in Wittenberg. Es gibt einen kontinuierlichen, ja man möchte fast sagen: Besucherstrom zu dem Thema Luther aus Ländern, in denen die lutheranische Kirche sehr stark ist, insbesondere aus Amerika. Hier gibt es auch Länder übergreifende Projekte, zum Beispiel das Projekt „Wege zu Luther“. Diese müssen auf jeden Fall weitergeführt werden.

Das Musikland wird inzwischen auch mit Länder übergreifenden Themen durchgeführt. Bei einem der Projekte ist Sachsen auf uns zugekommen. Wir werden das natürlich mit Leipzig zusammen machen.

Das „Blaue Band“ Sachsen-Anhalts ist sogar ein staatsübergreifendes Thema, nicht nur klein und regional zu betrachten. Mit dem Blauen Band wird das Projekt „ElbeLabe“ in Verbindung gebracht. Diese Themen sind auch wieder, um besondere Verstärkungen zu erreichen, in ein DZT-Thema eingebettet, also ein Bundesthema. Es handelt sich um das Thema „Flusslandschaften in Deutschland“. Ich denke, diesbezüglich haben wir eine ganze Menge anzubieten. Nicht zu vergessen ist das Thema „Gartenträume - Historische Parks in SachsenAnhalt“.

Wenn man noch mehr in die Tiefe gehen will - das will ich nur ganz kurz tun -, dann wird man feststellen, dass

es natürlich gerade in Sachsen-Anhalt, einem Land, das viel an Kultur für den Tourismus zu bieten hat, auch noch andere Verstärkerthemen gibt, die in jedem Fall regional genutzt und mit den Markensäulen verbunden werden müssen, die da sind.

Ergänzend zu dem touristischen Thema „Heilen und Wohlbefinden“ wird in Bad Salzelmen das Jubiläum „200 Jahre erstes Solebad Deutschlands“ begangen. Es werden weitere Themen daneben gestellt, um wieder viele Regionen einzubinden, insgesamt vermarkten zu können und auch die Leute anreizen zu können, nicht nur ein Thema aufzugreifen, das wir anbieten.

Die Themen „Gelehrte, Wissenschaft und Technik in Sachsen-Anhalt“ - Sie wissen es selbst, 500 Jahre Universität Halle/Wittenberg, 400. Geburtstag Otto von Guerickes - und das Goethe-Theater Bad Lauchstädt und die Leopoldina mit ihren Jubiläen sind Dinge, die natürlich mit einbezogen werden, die nicht wie ein großer Zug durch Sachsen-Anhalt gehen, aber gemeinsam vermarktet werden, um die Leute anzureizen, länger als 2,6 Tage in Sachsen-Anhalt zu verweilen.

Meine Damen und Herren! Ganz kurz noch zu einem letzten Punkt, der nicht wegzudenken ist und der mit dem Tourismus eng verbunden ist. Es geht um das Thema „Vernetzung von Tourismus und Standortmarketing“, das Landesimage, das zum Ende der Großen Anfrage behandelt wird.

Das Image eines Landes wird von vielen Komponenten geprägt. Die Umsetzung touristischer Projekte und Themen ist ein wesentlicher Baustein dieses Landesimages. Ein erfolgreiches touristisches Marketing wird sowohl zur Stärkung und Profilierung des Wirtschaftsstandortes beitragen, als auch mit zu einer Verbesserung des Landesimages führen.

Aber das Landesimage ist mehr als der Tourismus, das darf man nicht vergessen. Es gibt Kritiker, die sagen, eine Landesmarketinggesellschaft muss auch die Imagewerbung mit machen. Man muss auch bei solch einer Gesellschaft anfangen mit einem Thema und muss dann aufbauen und das Themenfeld erweitern.

Wir haben zugesagt, bis zum Spätherbst, also auf jeden Fall noch vor dem Jahresende, die ersten Vorstellungen für eine Imagekampagne im Bündnis für Arbeit vorzustellen. Diesen Zeitraum werden wir einhalten. Wir werden selbstverständlich auch die Ausschüsse darüber informieren.

Lassen Sie mich noch mit einer persönlichen Bemerkung enden, die ich auch als Magdeburgerin machen darf. Der Maßstab des Erfolgs der Tourismuswerbung und des Ziehens von Menschen in das Land wird, denke ich, von nun an ein Stück weit auch der Erfolg der Ottonen-Ausstellung sein. Es mag viel Kritik an den Ottonen-Zügen geben und es mag vor Ort vielleicht nicht immer alles glatt gelaufen sein. Ich glaube, mit der Ottonen-Ausstellung des Europarates in Magdeburg haben wir einen richtigen Knüller gelandet. Das ist in der Tat ein Event, eine Ausstellung, die international Schlagzeilen macht. Wir im Ministerium werden von vielen angesprochen. Meine Kollegen werden auch angesprochen. Es interessieren sich unheimlich viele, die durch internationale Beziehungen mit uns verbunden sind, für diese Ausstellung.

Ich denke, wenn wir uns das zum Maßstab des Erfolgs für andere touristische Projekte und Imageprojekte machen, dann haben wir eine sehr hohe Messlatte. Aber

man muss sich auch eine hohe Messlatte legen, um einen vernünftigen Erfolg zu haben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Dr. Harms)

Danke schön, Frau Minister Budde. Würden Sie eine Nachfrage beantworten? - Dann erteile ich Herrn Becker das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben einige Events des Tourismus erwähnt und - das ist vielleicht versehentlich passiert und deshalb möchte ich Ihre Beurteilung dazu - den Saale-Radwanderweg und den Elbwanderweg nicht erwähnt, die auch ganz wichtige Stücke des Tourismus darstellen.

Ich habe mit großer Freude vernommen, dass Sie von den grenzüberschreitenden Dingen berichtet haben etwa im Raum des Harzes, aber auch im Raum Saale/ Unstrut. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in der Richtung noch etwas sagen könnten; denn da haben wir, die an der Grenze wohnen, manchmal das Gefühl, dass man sich abschottet.

Es ist einfach ein Fehler, dass ich die Radwanderwege vergessen habe. Es steht übrigens im Manuskript; ich habe es nur überlesen. Wenn Sie mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätten, hätte dies mein Kollege Konrad Keller im Nachgang gemacht, weil er auch sehr großen Wert darauf legt. Wir sind gemeinsam dabei, das nicht nur infrastrukturell weiterzuentwickeln, sondern auch entsprechend zu vermarkten. Das ist in der Tat ein Pfund, mit dem wir wuchern können.

Die Verhandlung der Länder übergreifenden Themen stellt sich immer schwieriger dar. Das heißt aber nicht, dass man aufgeben muss oder aufgeben darf. Ich glaube vielmehr, dass eine Region wie Sachsen-Anhalt eigentlich viel zu klein ist, um sich international darstellen zu können. Das heißt, wir müssen es schaffen - egal wie -, die Länder übergreifenden Themen weiterzuentwickeln. Das bietet sich in vielen Bereichen bevorzugt an. Dazu gehört erstens der Bereich Sachsen-Anhalt/ Thüringen/Niedersachsen, zweitens über die ostdeutschen Länder hinaus bis in die Tschechei hinein das Thema Elbe und drittens das Thema Musik. Aus Sachsen-Anhalt stammen viele hervorragende Musiker wie zum Beispiel Bach,

(Zuruf: Händel!)

die in mehreren angrenzenden Ländern gearbeitet haben; natürlich zählt auch Händel dazu. Jetzt steht erst einmal Bach auf der Tagesordnung.

Dort, wo die Bereitschaft dazu besteht, solche Themen Länder übergreifend anzugehen, werden wir sowohl finanzielle Mittel für solche Länder übergreifenden Projekte einplanen, als sie auch selbst forciert vorantreiben.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön. - Wir kommen dann zur Aussprache. Bevor ich Frau Mewald für die CDU-Fraktion das Wort er

teile, darf ich eine Besuchergruppe im Landtag begrüßen. Ich begrüße die Schülerinnen und Schüler der Goethe-Schule aus Aschersleben, die heute der Debatte des Landtages zuhören.

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Mewald hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tourismus stellt in Sachsen-Anhalt einen wichtigen Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor dar, der ein großes Wachstumspotenzial in sich birgt. So werden derzeit im Tourismus 4 % des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet sowie 28 000 Menschen direkt und bei Berücksichtigung der indirekten Wirkungen sogar insgesamt 60 000 Menschen beschäftigt.

Dabei könnte sich der Anteil des Tourismus am Bruttoinlandsprodukts nach einer DIW-Analyse auf 8 % erhöhen, wenn es gelänge, sich den bundesdeutschen Durchschnittswerten anzunähern. Davon ist SachsenAnhalt aber noch weit entfernt.

Obwohl in Sachsen-Anhalt im ersten Halbjahr 2001 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Zahl der Übernachtungen um 2,1 % auf 2,6 Millionen stieg, blieb die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste unverändert mit nur 2,5 Tagen unter dem Bundesdurchschnitt von 2,9 Tagen und dem der neuen Länder von 3,0 Tagen. Auch bei der Auslastung der gewerblichen Beherbergungsbetriebe verzeichnet Sachsen-Anhalt mit 28,6 % gegenüber 34,7 % im Bundesdurchschnitt insgesamt und 32,6 % in den neuen Ländern wiederum bundesweit die niedrigste Quote, was bereits zu erheblichen Problemen im Hotelgewerbe des Landes führt.

Diese wenigen Daten zeigen als Gradmesser der Tourismusentwicklung, dass es trotz der leichten Zuwächse in den letzten Monaten bisher noch nicht ausreichend gelungen ist, Sachsen-Anhalt als Reiseland effizient zu vermarkten und damit national und auch international zu einer festen touristischen Größe auszubauen. Mit der Gründung der Landesmarketinggesellschaft zeichnet sich in dieser Beziehung zwar ein erster positiver Trend ab, wodurch die Versäumnisse der Landesregierung beim Aufbau funktionierender touristischer Strukturen in den vergangenen Jahren jedoch nicht wettgemacht werden konnten.

(Zustimmung bei der CDU)

In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion zum Thema Tourismusentwicklung in Sachsen-Anhalt wird eingangs die Ansicht vertreten, dass Sachsen-Anhalt schließlich kein klassisches Urlaubsland sei. Führt man sich jedoch den Schatz des Landes an Burgen, Schlössern und Domen in den fünf Schwerpunktregionen vor Augen und berücksichtigt man die Vielzahl vermarktungsfähiger historischer Persönlichkeiten wie Kaiser Otto, Bismarck, Bach, Händel und Luther, dann ist diese Aussage unverständlich.