Protocol of the Session on September 13, 2001

Beispielgebend auch für andere Reisegebiete ist der Harzer Verkehrsverband mit der Tourismusoffensive 21. Es werden 13 Themen belegt, die den Kundenwünschen entsprechen. So wird zum Beispiel auf Nostalgie, Märchen und Sagen gesetzt. Ein anderes nachahmenswertes Beispiel sind die Altmärker Bauernwochen. Der Gast kann über die ganze Saison typische Produkte und das Brauchtum erleben sowie Land und Leute kennen lernen.

Vereine, die sich nach der Wende gegründet haben, sind nicht zu unterschätzende Partner vor Ort. Dazu zählt auch die Förderung des Brauchtums und der Traditionspflege. Andere Länder zeigen uns, wie wichtig Animationen über den ganzen Tag hinweg sind. Wir haben in Sachsen-Anhalt noch ein Defizit an Erlebniskomponenten. Es haben noch nicht alle erkannt, wie wichtig es ist, vor Ort ansässige Vereine einzubeziehen.

Das Bewusstsein im Tourismus muss noch wachsen. Es ist die Kunst, auf den Kopf zu zielen und das Portmonee zu treffen.

Werte Damen und Herren! Das Ergebnis der Werbekampagne der LMG im Rahmen der DZT kann sich sehen lassen. Bundesweit wurden das Ottonen-Projekt und das Reisethema „Romanik“ von den Medien mit großem Interesse aufgegriffen. Im kommenden Jahr wird das Thema „Heilen und Wohlbefinden“ als Ansatz zur Standort- und Imagewerbung beitragen. In diesem Zusammenhang bitte ich das zuständige Ministerium, sich dafür einzusetzen, dass vergebene Qualitätssiegel wie etwa „Heilbad“ auf Ortseingangsschildern erscheinen können.

Natürlich können wir nicht Hurra schreien. Der Weg ist das Ziel. Der erste Etappensieg im Jahr 2001 ist, dass gewerbliche Beherbergungsbetriebe im Mai einen Zuwachs von 5,3 % registrieren konnten. Damit liegt Sachsen-Anhalt im Vergleich der Bundesländer auf Rang fünf. Der Bund verzeichnete einen Zuwachs von 2,7 %. Erfreulich positiv fällt die Bilanz auch für die ersten fünf Monate des laufenden Reisejahres aus. Es gab Zuwächse von 3,5 % bei den Gästeankünften und von 3,7 % bei den Übernachtungen.

Die durchschnittliche Verweildauer von 2,5 Tagen ist allerdings noch nicht zufrieden stellend. Ich werde morgen durch einen Antrag mit versuchen, dafür Sorge zu tragen, dass hierbei Veränderungen eintreten.

Die Zuwächse sind vor allem auf den Ausbau des so genannten Event-Tourismus zurückzuführen. Die Leute erwarten heute ein ausgestaltetes Urlaubsprogramm. Der anhaltende positive Trend ist auch auf die gemeinsamen Bemühungen aller Tourismuspartner zurückzuführen.

Werte Abgeordnete! Eine weit verbreitete Meinung ist, das Land müsse alles richten; aber es ist eigentlich nur der Geburtshelfer. Für mich steht fest, touristisch interessierte Anbieter einschließlich der Kommunen müssen verstärkt in die Verantwortung genommen werden. Sie sind das Fundament. An zwei aktuellen Beispielen will ich erklären, was ich mit Verantwortung vor Ort meine.

Erstens. Die Buga in Magdeburg war 1999 ein voller Erfolg. Die Stadt und die Anbieter vor Ort haben es aber bisher kaum verstanden, für einen erneuten Besuch zu werben, Kunden zu binden und Kontakte zu pflegen. So wurden 2,5 Millionen Kontakte nicht ausreichend genutzt. Das Ziel muss es sein, den Neukunden als Stammkunden zu binden. In Frankreich sagt man: „Selbst der liebe Gott hat es nötig, dass für ihn die Glocken läuten.“

Zweitens. Ein Projekt, das zeigt, was man erreichen kann, wenn alle an einem Strang ziehen, ist das Harzfest in Elend, einer 600-Seelen-Gemeinde. Vom Kindergarten bis zur Seniorengruppe haben alle mitgeholfen, das größte Brauchtumsfest vorzubereiten. Die gesamte Region konnte eingebunden werden, einschließlich Niedersachsens und Thüringens. Es waren 30 000 Besucher zu verzeichnen. Das Harzfest wird im nächsten Jahr unter der Mitfinanzierung Thüringens, Niedersachsens und Sachsen-Anhalts stattfinden.

Gleichzeitig sind solche Feste eine Möglichkeit, sich mit seiner Heimat zu identifizieren. Sie sind ein Aushängeschild für unser Land und tragen zur Verständigung bei. Tourismus ist eine gute Werbung für unser Land. Hermann Löns hat bereits 1908 formuliert: „Zu

künftig kommt es nicht darauf an, dass wir überall hinfahren können, sondern dass es sich lohnt, dort anzukommen.“ - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt noch eine Zwischenfrage von Frau Feußner, die Sie beantworten wollten.

Frau Kachel, Sie haben die Arbeit der Landesmarketinggesellschaft in Ihrem Beitrag lobend erwähnt. Sie haben auch das Jahr der Ottonen genannt. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass die Landesmarketinggesellschaft im Rahmen der Organisation des Kaiserzuges zum Beispiel die Gastronomie aus Berlin gebunden hat. Ich möchte Sie fragen, ob Sie nicht der Meinung sind, dass das unsere Regionen selbst hätten bewältigen können, zumal man damit unsere eigene Wirtschaft hätte ankurbeln können. Vielleicht hätten diese das auch regionaltypischer gestalten können. Wie sehen Sie das?

Natürlich ist mir aus der Presse bekannt, was dort abgelaufen ist. Die LMG hat eine Ausschreibung vorgenommen. Es haben sich nicht die Anbieter vor Ort gemeldet, sondern eine Firma aus Berlin, die aber nach meinem Wissen ein zweites Standbein in Magdeburg hat.

Ich selbst habe die Veranstaltung in Quedlinburg erlebt. Ich muss sagen, die Menschen waren begeistert. Die fanden das toll. Mir ist besonders aufgefallen: Dort, wo sich die Orte damit identifiziert haben und mitgezogen sind, waren es volle Erfolge. Dazu gehören etwa Halberstadt, Tilleda oder Gernrode. Das war auch in der Presse erkennbar.

(Zustimmung von Herrn Metke, SPD)

Eine Nachfrage, Frau Feußner? - Bitte schön.

Ich möchte noch einmal nachfragen; denn es geht mir nicht darum, dass ein genereller Auftrag erteilt wird.

Es geht um Folgendes: Der Kaiserzug hat sich an mehreren Orten aufgehalten. Hätte man nicht die Gastronomie vor Ort binden können? Dass sich jemand aus Memleben wahrscheinlich nicht für Magdeburg bewirbt, ist doch klar.

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Aber man hätte doch die vor Ort ansässige Gastronomie beauftragen können. Sind Sie da anderer Meinung?

(Zustimmung von Herrn Dr. Bergner, CDU)

Ich weiß, dass in Quedlinburg auch ortsansässige Anbieter aktiv gewesen sind. Ich kann das aber nicht für alle einzelnen Orte sagen.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Abgeordnete Kachel. - Ich darf dann Frau Ministerin Budde für die Landesregierung um die Beantwortung der Großen Anfrage bitten.

Herr Vizepräsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Große Anfrage eingehe, will ich Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage geben.

Es ist in der Tat so, dass sich, nachdem sich bei der ersten Ausschreibung niemand beworben hatte, der die Gesamtorganisation machen wollte, bei der zweiten Ausschreibung ein Anbieter beworben hat, der seinen Hauptsitz in Berlin hat, aber unter anderem zum Beispiel die Stadtfeste in Magdeburg organisiert. Solche Veranstaltungen sind so organisiert, dass nicht die Landesmarketinggesellschaft mit jeder einzelnen Gaststätte vor Ort redet und die Standpläne und so weiter selber macht, sondern dass das eine Generalagentur macht. Diese hat in der Tat ihren Sitz in Berlin.

Wir haben das hinsichtlich der Preise usw. mit der Dehoga abgestimmt und die Dehoga hat uns bestätigt - sie hat die Auswahl mit getroffen -, dass diese im unteren Drittel liegen. Somit haben wir das nicht irgendwie freihändig vergeben, auch die LMG nicht, sondern haben die Fachverbände aus dem Land einbezogen.

Ich weiß natürlich auch, dass das nicht immer zur vollen Zufriedenheit der Anbieter vor Ort gelaufen ist. Es war das erste Mal, dass wir solche Großveranstaltungen und Events in solcher Art und Weise organisiert haben. Uns ist auch klar, dass man Verbesserungen vornehmen muss und dass es mit der Einbindung der Anbieter vor Ort noch nicht optimal gelaufen ist. Das ist richtig.

Aber ich denke, bei solchen Festen, bei dieser Veranstaltung ist es wie bei jedem anderen größeren Stadtfest immer eine Gemengelage und es gibt viele Wahrheiten, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Die Ausschreibung jedenfalls ist ordentlich gelaufen, und wir werden uns bemühen, dass wir bei den nächsten Groß-Events noch engere Verbindungen hinbekommen.

Die Stände vor Ort waren mit Gaststätten und mit Hotels aus der Region besetzt. Dass das noch zu optimieren ist, wissen wir. Das ist eine Erfahrung, die wir daraus gezogen haben. Darüber haben wir auch mit der LMG geredet. Aber am Verfahren ist nichts falsch gelaufen. Wie gesagt, wir haben auch den Fachvorstand der Dehoga hinzugezogen. Das, was an Preisen kritisiert worden ist, lag nicht über dem Üblichen, sondern lag im unteren Drittel.

Ich habe im Übrigen die gleichen Erfahrungen gemacht wie Frau Kachel, dass es dort, wo die Städte, wo die Orte richtig mitgezogen haben, eine andere Organisationszufriedenheit gab - wollen wir es einmal so nennen als in den Städten, die gesagt haben: Wir hatten erst den Kaiserfrühling oder dies oder das oder jenes. Es ist vor Ort ein Unterschied festzustellen, wie es in den einzelnen Bereichen gelaufen ist.

(Herr Becker, CDU: Memleben ist natürlich auch viel kleiner! Die können das nicht!)

- Aber es ist ja nicht nur Memleben, es waren auch andere Orte und es war in der Tat unterschiedlich, je nachdem, wie sich die Örtlichen arrangiert haben und wie

man miteinander klargekommen ist. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass es da Verbesserungsmöglichkeiten gibt.

(Herr Becker, CDU: Gut, prima! Das ist ein Wort, Frau Ministerin!)

Verbesserungsmöglichkeiten gibt es immer bei der Organisation solcher großen Veranstaltungen. Darauf muss man eben das nächste Mal achten und wir haben darüber mit unserer Landesmarketinggesellschaft auch schon geredet.

Dann darf ich vielleicht jetzt zu der Großen Anfrage kommen. Nur gut, dass ich so viel Zeit habe.

Meine Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt in seiner Gänze ist kein klassisches Tourismusland, aber der Tourismus ist inzwischen ein wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung geworden. Er ist eine feste Größe in der sachsen-anhaltinischen Wirtschaft und hat auch beachtliche Wachstumsraten und auch Arbeitsplatzeffekte. Er schafft Einkommen und bietet unter Einbeziehung der indirekten Effekte - Frau Kachel hat das schon gesagt - ca. 60 000 Menschen Arbeit und ist damit in der Tat ein wesentliches Element des Strukturwandels. Er trägt auch entscheidend dazu bei, dass sich unser Land weiter als ein anerkannter Dienstleistungsstandort positioniert und dass es mit positiven Botschaften, was unsere kulturellen Schätze und unsere Natur angeht, weltweit bekannt wird.

Die touristische Nachfrage in unserem Land ist von 1992 bis 2000 von 2,9 Millionen auf 5,4 Millionen Übernachtungen und damit um über 86 % gestiegen und der Anteil am Bruttoinlandsprodukt liegt mit über 2,8 Milliarden DM bei ca. 4 %. Bundesweit sind es im Durchschnitt 5 bis 6 %. Somit liegen wir nach zehn Jahren Entwicklung einer Tourismuswirtschaft schon in der guten Mitte.

Wir haben in einigen Bereichen, in den für den Tourismus klassischen Regionen Sachsen-Anhalts, in einigen Teilen des Ostharzes mit 7 % sogar den Durchschnitt der Bundesrepublik schon überschritten. Ich denke, das sollte für die wirklichen touristischen Regionen eine Zielmarke sein, die auch für andere erreicht werden muss und die noch darüber hinaus entwickelt werden muss.

Wir haben eine leichte Abschwächung der positiven Entwicklung im Jahr 2000 erfahren: nur geringe Zuwachsraten im Landesdurchschnitt. Dafür gibt es eine Erklärung. Dafür gibt es die Erklärung der Bundesgartenschau. Nach der Bundesgartenschau ist natürlich die Anzahl der Besucher gerade in der Region Magdeburg dramatisch gesunken. Das war zu erwarten, aber trotzdem sieht unsere Statistik deshalb nicht schön aus, weil es einen leichten Rückgang in den Zahlen insgesamt gibt.

In den touristischen Schwerpunktregionen des Landes, also im Harz und inzwischen auch in der Altmark mit dem Landurlaub, waren anders als in den anderen Regionen auch im Jahr 2000 Steigerungsraten zu verzeichnen. Das ist mit einer Steigerung von 4,4 % und 6 %, denke ich, eine vernünftige Entwicklung.

Im ersten Halbjahr 2001 - dann höre ich mit den Zahlen auf - konnten in Sachsen-Anhalt 2,6 Millionen Gästeübernachtungen gezählt werden. Das entspricht einem Zuwachs um 2 % gegenüber dem Vorjahr. Wir liegen

damit im Bundesdurchschnitt und haben eine solide Entwicklung im Bereich des Tourismus zu verzeichnen.

Für eine dauerhafte Verstetigung der touristischen Entwicklung in Sachsen-Anhalt wurden in den vergangenen Jahren - im vergangenen Jahr ganz besonders grundlegende Organisationsänderungen vorgenommen. Frau Kachel hat es gesagt. Die Landesmarketinggesellschaft wurde initiiert und es gibt eine neue Aufgabenverteilung zwischen der Landesmarketinggesellschaft, dem Landestourismusverband, den Regionalverbänden und den Fachverbänden.

Die neuen Strukturen müssen selbstverständlich noch weiter Fuß fassen. Dauerhafte Erfolge werden sich erst zeigen, wenn man einige Jahre lang strukturell vernünftig und kontinuierlich gearbeitet hat. Kundenvertrauen muss auch im Tourismusbereich langfristig gewonnen werden. Ich bin allerdings auch überzeugt, dass die Aufgabenzuordnung und die Arbeitsteilung, die, wie gesagt, immer noch nachgefeilt werden muss, zwischen LMG und den touristischen Verbänden eine solide Basis dafür darstellt, dass diese Zielstellung langfristig erreicht werden kann.

Der Tourismusmarkt insgesamt hat sich in den letzten Jahren verändert, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an Qualität und Service. Auch die Reiseangebote in unserem Land werden sich an diesen Faktoren, die weltweit und bundesweit gefordert werden, messen lassen müssen. Ein neues kundenorientiertes Denken setzt auf allen Ebenen bestimmte Dinge voraus. Wir müssen also die Themen Qualität, Service und Erlebnis bei der Produktentwicklung, bei der Angebotsgestaltung, im Marketing, aber auch bei den Organisationsstrukturen beachten.

Die Situation ist in allen deutschen Bundesländern gleich. Es setzt sich überall ein struktureller Veränderungsprozess durch. Bis hin zur Bundesebene gibt es und gab es insbesondere im letzten Jahr Veränderungen im Bereich der Tourismusstrukturen. Auf der Bundesebene hat die DZT inzwischen nicht nur das Auslandsmarketing, sondern auch das Inlandsmarketing übernommen. Auch dort hat es Veränderungen gegeben. Die Marketingorganisationen der Länder werden deshalb auch Mitglieder in der DZT, um eine Verbindung zwischen Ländern und Bund herzustellen.