Protocol of the Session on May 17, 2001

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach nunmehr elf Monaten liegt uns nach den vielen Änderungen, Diskussionen und Einigungen endlich ein relativ tolerierbarer Entwurf eines Gesetzes über den Nationalpark Hochharz des Landes Sachsen-Anhalt vor.

Der Schutz der einmaligen Landschaft in und um den Nationalpark mit seiner Artenvielfalt und der hinsichtlich ihrer Naturausstattung einmaligen Mittelgebirgsregion steht außer Frage. Auf der Grundlage dieses Gesetzentwurfes ist in hoffentlich absehbarer Zeit eine unproblematische Zusammenführung der beiden Nationalparks der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt möglich.

Einige Punkte entsprechen im Detail nicht meinen Erwartungen, sodass das Abstimmungsverhalten zum Gesamtentwurf dem entsprechen wird. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDVP)

Danke sehr. - Für die SPD-Fraktion spricht nun der Abgeordnete Herr Oleikiewitz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir das große Werk jetzt endlich vollbracht haben und dass wir die monatelangen Diskussionen, die wir hinter uns haben, heute hoffentlich positiv abschließen werden. Es ist insbesondere die Freude darüber, dass es im Rahmen der Diskussion über die komplizierte Materie Nationalpark Hochharz letztlich dazu gekommen ist, dass uns heute endlich ein Ergebnis in Bezug auf die großen Streitpunkte wirtschaftliche Nutzung der Brockenkuppe und von Teilen des Nationalparks einerseits und zuverlässiger Schutz des Nationalparks andererseits vorliegt.

Das Gesetz, meine Damen und Herren, stellt nicht nur die in der bisher geltenden Verordnung enthaltenen Regelungen auf völlig neue Füße; das Gesetz enthält vielmehr Regelungen, die in der Verordnung bisher nicht enthalten waren. Es stellt praktisch das, was bisher geregelt war, auf gesetzliche Füße und lässt darüber hinaus Raum für Regelungen, die anschließend - der Herr Minister hat darauf hingewiesen - in der Verordnung, die seitens des Ministeriums erlassen wird, getroffen werden, etwa in Bezug auf bestimmte Nutzungsarten innerhalb des Nationalparks.

Der Interessenkonflikt zwischen der wirtschaftlichen Nutzung und dem Naturschutz innerhalb des Nationalparks war nicht zu übersehen. Wir haben viele Diskussionen und Anhörungen hier im Hause und auch vor Ort im Harz geführt, bei denen deutlich wurde, dass die Verfechter einer gastronomischen und touristischen Nutzung insbesondere des Brockenplateaus natürlich ein Interesse daran haben, ihre Nutzungsmöglichkeiten auszubauen. Das stand allerdings im Gegensatz zu dem Interesse derjenigen, die für einen konsequenten Schutz von Natur und Umwelt in diesem Bereich eintreten.

Als Umweltpolitiker muss ich dazu klar feststellen, dass ich mich nicht in dem Lager derer befinde, die vorrangig die wirtschaftlichen Interessen vertreten; vielmehr vertrete ich mehr die Interessen derjenigen, die den Biotopschutz und den Artenschutz im Vordergrund sehen wollen. Daher hätte ich persönlich es gern gesehen, dass den Nutzungsansprüchen, die der Naturschutz stellt, die oberste Priorität eingeräumt worden wäre, genauso wie das die Mütter und die Väter der Verordnung, die am 12. September 1990 erlassen wurde, gesehen haben.

Im Übrigen - ich möchte dies zitieren - wird in dem Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik, das ich noch in meinen Händen habe, in § 3 - Schutzzweck unter Nr. 6 ausgeführt:

„In dem Nationalpark wird keine wirtschaftsbestimmte Nutzung bezweckt. Er soll aber zur Strukturverbesserung der außerhalb des Nationalparks gelegenen Regionen beitragen.“

Das ist eine klare Formulierung von vor elf Jahren, aus der hervorgeht, was damals mit der Festsetzung des Nationalparkstatus bezweckt wurde.

Im Zusammenhang mit der Frage, ob der Brocken Teil des Nationalparks ist - diese hat der Vorsitzende des Ausschusses im Rahmen der Berichterstattung aufgegriffen - habe ich noch einmal nachgeschlagen und festgestellt, dass in § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung der Deutschen Demokratischen Republik klar ausgeführt worden ist, dass der Brocken zur Schutzzone - in Klam

mern: Kernzone - des Nationalparks gehört. Das ist in dieser Verordnung, erlassen durch die letzte DDRRegierung - Herr Daehre, das war, wenn Sie sich recht erinnern, eine CDU-Regierung -, nachzulesen.

(Zuruf von Herrn Dr. Daehre, CDU)

Ich stelle Ihnen diese, falls Sie sie nicht haben sollten, gern zur Verfügung. Das kann nicht jeder haben.

Meine Damen und Herren! Dieses Ziel, von dem ich eben gesprochen habe und das mit der Durchsetzung des festgelegten Schutzstatus nur zum Teil erreicht wurde, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Formen und das Ausmaß der wirtschaftlichen und touristischen Nutzung der Brockenkuppe möglicherweise weit über das hinausgehen, was die Mütter und Väter der Verordnung damals voraussehen konnten.

Trotzdem muss man die Realität anerkennen, nämlich dass sich in den elf Jahren der Geschichte der friedlichen Nutzung des Brockens seit der Wende bestimmte Nutzungsarten ergeben haben, die zu akzeptieren sind. Deshalb begrüße ich, dass es auf der Basis des Gesetzes, das heute zur Verabschiedung vorliegt, einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Nutzungsinteressen gegeben hat.

Die Suche nach diesem Kompromiss - der Minister ist bereits darauf eingegangen - war ein langer und ein steiniger, zum Teil brockenreicher Weg, der aber heute, denke ich, abgeschlossen wird. Wir sollten am Ende der heutigen Debatte das Nationalparkgesetz beschließen, endlich dieses Tauziehen beenden und für diejenigen, die von dem Gesetz profitieren und die von dem Gesetz Erleichterung erhoffen, zum Beispiel die Sportler, die jedes Jahr den Harzgebirgslauf und den Brockenlauf durchführen - für diese ist es jetzt einfacher, weil sie im Gesetz erwähnt sind -, Planungssicherheit schaffen.

In diesem Sinne freue ich mich darauf - darauf hoffe ich --, dass Sie dem Gesetz zustimmen werden. Für die Durchsetzung dieses Gesetzes, die wir in den nächsten Jahren sicherlich alle begleiten werden, wünsche ich uns das, was wir uns davon erhoffen, einen umfassenden Schutz für den Hochharz. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

(Zu Protokoll:)

In dem uns hier vorliegenden Gesetzentwurf über den Nationalpark Hochharz liegt uns ein Kompromiss vor, der von allen Seiten mitgetragen werden kann, vonseiten des Naturschutzes ebenso wie vonseiten der touristischen Wirtschaft und der im Nationalpark liegenden Orte.

Besonders da sich aufgrund friedlicher Proteste im Jahr 1989 die ökologisch sensible Brockenkuppe wieder geöffnet hatte und Massen von Harzern und Touristen den Gipfel des „deutschesten aller Berge“, wie Heinrich Heine es so treffend formulierte, wieder für sich vereinnahmte.

Durch die 40-jährige Trennung unseres Volkes konnte sich im Harz aber die Natur wieder einigermaßen erholen und ist teilweise sogar in den schützenswerten Zustand eines Urwaldes zurückgefallen. Seit der Wende ergießen sich bis heute ohne Abbruch Touristenströme in Größenordnungen von 10 000 Besuchern und mehr, welche es zu kanalisieren gilt. So hochsensible Be

reiche, wie das Brockenmoor oder die subalpine Bergheide, um nur einige zu nenne, gilt es zu schützen.

Nun liegt uns ein Gesetzentwurf vor, welcher den Tourismus als Wirtschaftsfaktor einerseits und den Naturschutz auf der anderen Seite in Einklang bringen will, wobei auf beiden Seiten Kompromisse eingegangen werden müssen. Dieses scheint uns bei diesem Gesetzentwurf gelungen und wir werden ihm unsere Zustimmung nicht verweigern.

Einen Wermutstropfen hat das Ganze aber nun doch. Der Harz ist immer noch geteilt, und zwar in zwei Nationalparks. Es ist - durch das Scheitern des Nationalparkzentrums Eckertal - eine einmalige Chance vertan worden. Außer Willensbekundungen beider Regierungen, der von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, ist in dieser Richtung nichts geschehen.

Das mit 20 Millionen DM veranschlagte Projekt „Nationalparkzentrum Eckertal“ wollte die Deutsche Umweltstiftung mit 50 % fördern, wenn die Kofinanzierung durch die beiden Länder gesichert und in dieser Sache gemeinsam vorgegangen worden wäre.

Laut Antwort der Landesregierung in Drs. 3/3541 auf die Kleine Anfrage in Drs. 3/3458 stellten die beiden Landesregierungen anlässlich einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 21. September 1999 fest, dass die Finanzierung aufgrund der Haushaltslage nicht ermöglicht werden kann und somit das Projekt aufgegeben werden muss.

Niedersachsen hingegen baut etwas oberhalb des Standortes Eckertal für etwas mehr als 5 Millionen DM ein Tiergehege, um die Touristen vom Besuch des Ostharzes abzuhalten. Aber Geld war vorhanden.

Die Regierung von Sachsen-Anhalt aber unterstützt mit genau derselben Geldmenge - auf drei Jahre gerechnet - den dubiosen Verein „Miteinander“ um eine nicht genehme, aber auf dem Boden der Verfassung stehende Partei aus dem Parlament zu drängen. Auch hier ist zweifelsohne Geld vorhanden gewesen, aber die Bekämpfung des politischen Gegners hat eben Vorrang vor dem Naturschutz.

Zum Schluss sei noch einmal darauf verwiesen, dass der damalige niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder hieß.

Die Meinung der PDS-Fraktion trägt jetzt der Abgeordnete Herr Kasten vor. Bitte, Herr Kasten, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von der PDS-Landtagsfraktion wurde in der Fraktionssitzung am 15. Mai 2001 einhellige Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung signalisiert.

Seit der Einbringung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in der Landtagssitzung am 22. Juni 2000 wurde in intensiver parlamentarischer und außerparlamentarischer Arbeit ein Ergebnis erreicht, das ein Standard für Entwicklungsnationalparke nicht nur in Deutschland sein kann. Gerade eine vorurteilsfreie Sachdiskussion in der Nationalparkregion unter Beteiligung von Vertretern dieses Parlaments hat im Gesetz zu Lösungen von Problemen geführt, die jahrelang offen geblieben sind. Die Begleitung dieser Arbeitsphase durch das Fachministe

rium unter Leitung von Minister Keller war konstruktiv und sachorientiert. Dafür noch einmal Dank im Namen der Fraktion und von mir persönlich.

(Zustimmung von Frau Tiedge, PDS)

Als Konsequenz der gemeinsamen Arbeit von PDS und SPD in den Fachausschüssen sind aus unserer Sicht insbesondere die folgenden Ergebnisse hervorzuheben.

Erstens. Die Fläche des Nationalparks Hochharz konnte um rund 50 %, vorwiegend Forstflächen, erweitert werden. Er hat jetzt mit einer Fläche von knapp 9 000 ha eine Größe, die eine stabile Entwicklung, Sukzession genannt, garantiert.

Zweitens. Der Nationalpark Hochharz bleibt identitätsstiftend. Es gibt das Markenprodukt Nationalpark Hochharz. Die Kooperation mit dem Nationalpark Harz in Niedersachsen wurde gesetzlich festgeschrieben.

Drittens. Der Brocken ist und bleibt Bestandteil des Nationalparks Hochharz. Das Gesetz trägt mit der Ausweisung als Bildungs- und Erholungszone der überragenden Bedeutung für den Tagestourismus Rechnung.

Viertens. Der Betrieb der Brockenbahn und der Brockengaststätten wird über eine Verordnung geregelt, die an das Nationalparkgesetz gekoppelt ist. Der uns vorliegende Entwurf derselben schreibt im Wesentlichen bestehende Regelungen fort und sichert auskömmliche Bedingungen für den Tagestourismus.

Fünftens. Die Herausnahme des Kleinen Winterbergs aus der Nationalparkfläche bleibt nicht unproblematisch, sichert aber der Gemeinde Schierke alle angestrebten Entwicklungslinien im touristischen Bereich.

Sechstens. Der Bedeutung dieses Großschutzgebiets wird durch seine Anbindung an die oberste Regierungsbehörde statt an das im Zuge der Verwaltungs- und Funktionalreform aufzulösende Regierungspräsidium Rechnung getragen.

Die im weiteren Gesetzestext erfolgte konkrete Stärkung der Funktion der Nationalparkverwaltung - das wurde schon ausgeführt - muss allerdings auch im Landeshaushalt ab 2002 durch Umschichtungen materiell untersetzt werden. Das ist noch unsere Aufgabe.

Die touristische Ausstrahlung der Nationalparkregion in das Umland wurde durch eine gesetzlich geregelte mögliche Prädikatisierung von Anrainer-Gemeinden als Nationalparkort durch das zuständige Landesministerium in Form eines Erlasses verstärkt.

Meine Damen und Herren! Ich habe noch etwas Zeit, deshalb seien mir noch ein paar Anmerkungen zu den Verordnungen gestattet.

Trotz der zurzeit gültigen Nationalparkverordnung von 1990 war eine Frühjahrstagung der Innenministerkonferenz der Länder in Schierke und auf dem Brocken möglich. Aus persönlichem Erleben konnte ich eine akzeptable Einbindung der Tagungsteilnehmer in den touristischen Betrieb feststellen. Allerdings ist die Zahl der eigentlich vorgesehenen Fahrzeugbewegungen auf der Brockenstraße massiv überschritten worden. Da hätte man wohl besser einen Autotransportwaggon an den Sonderzug anhängen sollen, um die persönlichen Dienstwagen auf den Brocken und zurück zu befördern.

(Minister Herr Dr. Püchel: Welche Dienstwagen waren auf dem Brocken? - Zuruf von Herrn Gal- lert, PDS)

Auch die Absicherung von Brockenstraße und Brockenbahn zwischen Schierke und Brocken war deutlich personalintensiver als zu Sperrgebietszeiten. Gerade auf diesem Gebiet lagen unsere und die Bedenken der Verbände - Herr Dr. Püchel, ich erinnere an den gemeinsamen Brief an Sie - und diese bestätigten sich in vollem Umfang.