Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion eröffnet trotz seiner Reduktionstendenz die Möglichkeit einer umfassenden Debatte zur Perspektive des Lehrerberufs in Sachsen-Anhalt. Dies ist zu begrüßen.
Allen Fraktionen wird bewusst sein, dass ein Personalkonzept der Landesregierung nichts an den spezifischen Standortfaktoren ändern kann. Notwendig ist daher die Benennung und Diskussion grundsätzlicher Handlungsoptionen, die in der Mehrzahl nicht unbekannt sein dürften.
Mit Punkt 2 unseres Änderungsantrages soll der Informationsauftrag an die Landesregierung präzisiert und
objektiviert werden. Die Forderung nach einer pauschalen Verbesserung der Unterrichtsversorgung erscheint uns zu undifferenziert. Mit 2,9 % Ausfallstunden verfügt Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich sogar über eine verhältnismäßig gute Quote.
Aus organisatorischen Gründen wird es bei krankheitsbedingtem Ausfall einer Lehrkraft immer große Probleme geben, eine adäquate Vertretung bereitzustellen. In Anbetracht der Bedarfe in Mangelfächern scheint es zweckmäßiger, in den Antrag die Gewährleistung einer fachgerechten Unterrichtsversorgung aufzunehmen. Darüber hinaus entspricht die Prognose eines in den nächsten Jahren zu erwartenden Konzentrationsprozesses im Schulnetz nicht den Gegebenheiten.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Wieder bewahrheitet sich, dass nicht der Verursacher der schlechten Nachricht, sondern der Überbringer getadelt wird. Der Philologenverband von Sachsen-Anhalt stellte eine ernüchternde Bilanz der gegenwärtig fast aussichtslos erscheinenden Situation der Lehrer dar und wurde deshalb vom Kultusminister scharf kritisiert.
Die Rundumschlagsschelte des Dr. Harms wird von ihm noch mit dem Vorwurf an den Verband versehen, dass dieser jetzt nichts Besseres zu tun habe, als mit einem schwierigen und differenzierten Problem einseitig und undifferenziert an die Öffentlichkeit zu gehen.
Nein, meine Damen und Herren, es ist nicht länger hinzunehmen, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen und uninformiert, teils desinformiert bleiben soll. Da helfen auch keine regierungsamtlichen Beschwichtigungsversuche. Hier muss Klartext gesprochen werden.
Die Abwanderung von Lehrern ist ein Signal, ein Zeichen dafür, dass die Beteiligten jegliche Hoffnung fahren lassen, eine Veränderung der Situation erreichen zu können. Wenn diese Abwanderung noch gezielt von außen forciert wird, hilft vielleicht nur eine Mauer um Sachsen-Anhalt. Sachwalter für Mauerfragen finden sich in diesem Hause bei der linksextremistischen PDS. Aber Lehrer lassen und ließen sich nicht von einer Mauer abhalten, das Land zu verlassen, und sei es drum, sie würden sich einen Tunnel graben.
Die Situation in diesem Land ist beängstigend und zehrt an der Substanz der Bildung. Gewiss, die Probleme beschränken sich nicht nur auf Sachsen-Anhalt. Aber hier sind sie besonders gravierend.
Meine Damen und Herren! Natürlich ist leistungsgerechte und 100-prozentige Entlohnung in den alten Bundesländern ein verständlicher Fluchtgrund für Lehrer in
Sachsen-Anhalt, aber nicht der einzige. Es geht auch darum, die Attraktivität, die Perspektiven des Lehrerberufs zu sichern. Eine Zeitung betitelte das Problem mit der Überschrift: „Sieben von zehn Lehrern gehen vorzeitig - Frustausstieg ab 50“.
Die Universität Potsdam stellte in einer Studie fest, dass Lehrer den Widerspruch zwischen ihrem Arbeitseinsatz und dem Fehlen von Anerkennung besonders intensiv erlebten. Renitentes Schülerverhalten und hohe Klassenstärken trügen weiter zum Verausgabungssyndrom bei, das schließlich zur Resignation führe. Lehrer müssten zunehmend Erziehungsaufgaben der Familie mit übernehmen und seien tatsächlich stark belastet.
Da ist es beruhigend zu wissen, dass die Kultusministerkonferenz beabsichtigt, ein für alle Bundesländer einheitliches Lehrerleitbild zu definieren. Vielleicht muss der Lehrer dann abgehärtet, mit dickem Fell und einer gewissen Taubheit ausgestattet sein, um den Gefahren seines Berufes zu begegnen. Lassen wir uns über- raschen.
Der Abwanderung und Abwerbung von Lehrern kann durch die Attraktivität des Berufes und durch Perspektiven in Sachsen-Anhalt begegnet werden. So würde sich die Abwanderung in Zuwanderung umkehren. Unter einer rot-roten Kungelregierung bleibt das aus und wird zum Märchen. Deshalb bleibt die Abmarschrichtung in Sachsen-Anhalt unter dem Motto: Wir gehen in den Westen.
Wenn der „Tagesspiegel“ am 22. Januar 2001 über Wittenberg und die Abwanderung der jungen Menschen dieses Motto setzte, dann zeigt das doch, dass die Abwanderung der Lehrer eingebettet ist in die hoffnungslose Gesamtsituation des rot-roten Laternenträgers Sachsen-Anhalt.
Wenn vordergründig immer wieder die Finanzlage des Landes für die Misslichkeit angeführt wird, dann sollte uns ein Gedanke Christian Morgensterns nachdenklich stimmen; denn er schrieb: Da sie sich nur Lehrer für 600 Mark leisten können, bleiben die Völker so dumm, dass sie sich Kriege für 60 Milliarden leisten müssen. - Danke.
Die DVU-FL-Fraktion verzichtet auf einen Redebeitrag. - Frau Dr. Hein, wünschen Sie noch einmal das Wort? - Sie wünschen es nicht. Damit sind wir am Ende der Debatte und kommen zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/4100 und 3/4129.
Es ist zunächst über den Änderungsantrag der SPDFraktion in der Drs. 3/4129 abzustimmen. Wer stimmt dem Änderungsantrag zu? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dem Änderungsantrag zugestimmt worden.
Ich lasse über den Antrag in der Drs. 3/4100 in der geänderten Fassung abstimmen. Wer stimmt zu? - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Stimmenthaltungen? - Wenige Stimmenthaltungen. Damit wurde dem Antrag zugestimmt. Wir haben den Tagesordnungspunkt 20 absolviert.
Ich bitte Sie, die Abschiedszeremonie auf das Notwendige zu beschränken. Wenn die notwendige Ruhe wiederhergestellt ist, rufe ich den Tagesordnungspunkt 21 auf:
Danke schön, Frau Präsidentin. - Mit der Kabinettsvorlage vom Februar 2000 zur Weiterentwicklung der Wissenschaftslandschaft Sachsen-Anhalts wurde für den Ausbau der Hochschulen Sachsen-Anhalts bis zum Jahr 2010 eine Zwischenzielzahl von 33 000 Studienplätzen beschlossen. Das bedeutet, dass die Universitäten auf 80 % der Ausbauplanung festgelegt werden, während die Fachhochschulen bis zur ursprünglich geplanten Ausbaustufe ausgebaut werden sollen.
Bezogen auf das vorhandene Hochschulpersonal bedeutet dies eine Zielsetzung und damit die Rückführung von mehr als 500 besetzen Vollzeitstellen. Um bei diesem Prozess gleichzeitig die Funktionsfähigkeit des Lehr- und Forschungsbetriebes der Hochschulen, ihre Modernisierung und die Schwerpunktsetzung in zukunftsträchtigen Bereichen sicherzustellen, sollte die Landesregierung mit den zuständigen Gewerkschaften Rahmenbedingungen für die künftige Personalentwicklung an den Hochschulen verhandeln. - Das noch einmal zur allgemeinen Begründung.
Die nüchterne Ausgangsposition, die wir zu konstatieren haben, war auch der Ausgangspunkt des Antrags. Es ist unumstritten, dass das Land Sachsen-Anhalt gemeinsam mit seinen Hochschulen eine Konzeption zur Entwicklung der Hochschulen im Konsens mit der gesamten Wissenschaftslandschaft mindestens für die nächsten zehn Jahre machen muss, schon aus innovativen und aus landesplanerischen Gründen heraus.
Es ist auch legitim, die vom Wissenschaftsrat vorgeschlagene Aufbau- und Ausbauplanung, die immerhin aus den Jahren 1992/93 stammt, im Hinblick auf Qualität und Quantität zu hinterfragen. Sie ist eben nicht so realisiert worden, wie es vorher gesagt worden war.
Es ist weiterhin eine Tatsache, dass die notwendige mittelfristige Finanzplanung auch die Hochschulen zwingt, über mehr Effektivität und Rationalität intensiv nachzudenken, ohne dadurch die Qualität von Forschung und Studium wesentlich zu beeinträchtigen.
Mit der Kabinettsvorlage vom Februar 2000 hat die Landesregierung die Marschrichtung in der Quantität vorgegeben, also, wie schon erwähnt, 33 000 Studienplätze als Zwischenzielzahl bis 2010. Nun - das ist sicherlich unstrittig - muss also die Qualität ebenso profiliert werden.
Die gegenwärtige Situation, insbesondere an der MartinLuther-Universität, die am stärksten von den Einsparungen betroffen ist, sieht jedoch so aus, dass die fiskalischen Festlegungen und Beschlüsse die inhaltlichen und strukturellen zu überholen scheinen.
Wenn nicht zwischen Hochschulentwicklungsplanung und Personalentwicklungsplanung eine Einheit hergestellt wird, kann es letztlich zwei Extreme geben: Entweder werden personelle Tatsachen geschaffen, die ein Absinken der Qualität von Lehre und Forschung zur Folge haben, oder der gesamte Prozess wird blockiert und kommt letztlich zum Erliegen.
Weder das eine noch das andere wollen wir. Deshalb stellen wir den vorliegenden Antrag, der auch die gesamten Debatten der Hochschulen aufnimmt, insbesondere auch die Protestinitiativen der Martin-LutherUniversität.
Zu Punkt 1 unseres Antrages. Unabhängig von Einzelmaßnahmen muss die Bereitstellung von ausreichend vielen Funktions- und Qualifikationsstellen für ein kontinuierliches Qualifikationsgeschehen an den Hochschulen gewährleistet werden. Es darf nicht zur Bedingung gemacht werden, dass erst nach Beginn des geplanten Stellenabbaus um eine bestimmte Menge wieder Qualifikationsstellen bereitgestellt werden. Dieses Junktim ist offensichtlich gebildet worden. Es gäbe auch Möglichkeiten beispielsweise, wie wir es schon einmal praktiziert haben, einer Poolbildung beim Land. In diesem Zusammenhang müsste man sicher auch noch einmal darüber nachdenken, wie man das konkret umsetzen kann.
Zu Punkt 2. Hochschulen und Landesregierung müssen gemeinsam schnellstens die Möglichkeiten ausloten, die den personellen Umstrukturierungsprozess in Gang bringen und für die Betroffenen akzeptable Lösungen aufzeigen.
Zu Punkt 3. Selbstverständlich ist es unser politisches Ziel, so weit wie möglich Kündigungen zu vermeiden. Bisher war jedoch nur ungenügend erkennbar, inwieweit die Landesregierung mit den zuständigen Gewerkschaften dieses Ziel zu verwirklichen gedenkt. Deshalb halten wir die Vereinbarung für sehr wichtig, die es - das haben die Gespräche mit dem Rektor und dem Kanzler belegt - bei der Umsetzung des Gesamtprozesses leichter machen.
Zu Punkt 4. Ausgehend von der gegenwärtigen Situation und im Sinne eines erfolgreichen Umstrukturierungs- und Entwicklungsprozesses unserer Hochschulen scheint es uns geboten, die bereits im Jahr 2000 festgesteckten Rahmenbedingungen in zeitlicher, aber auch finanzieller Hinsicht nochmals unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls auch den Mut zu haben, durch bestimmte Korrekturen besser zum Ziel zu kommen, wenn sich bei der Umsetzung zeigt, wo unrealistische Zielstellungen ausgebracht worden sind.
Ich bitte also um Zustimmung zu unserem Antrag. - Einige wenige Worte zu dem Änderungsantrag der CDU.
Zu Punkt 1 des CDU-Antrages. Dabei handelt es sich um eine allgemeine Zielorientierung, die sich die MartinLuther-Universität im Übrigen selbst stellt. Das ist nicht zu einem Beschluss im Landtag zu erheben, weil es gegenwärtig nichts anderes bedeuten würde, als mit Entlassungen zu beginnen, und zwar sofort. Deshalb lehnen wir diesen Punkt ab.
Zu Punkt 2. Dieser erscheint uns zu oberflächlich. Sie müssten relativ genau wissen, dass dafür bei Kapitel 06 02 überhaupt kein Geld vorgesehen ist. Die Personalkosten, also Hauptgruppe 4 bei Kapitel 06 02, auf die Sie spekulieren, sind offensichtlich die 7,6 Millionen DM, die erstmalig aus dem Einzelplan 13 - Verstärkungsmittel für Angestellte und Lohnempfänger - bei Ka