Die Schlussfolgerung ist, dass wir rein zahlenmäßig wohl eher zu viele Lehrer haben, aber nicht immer in der erforderlichen Fachkombination, nicht immer in der erforderlichen Schulform und wohl hier und da auch nicht am richtigen Ort.
Der Ausfall von ca. 600 000 Unterrichtsstunden im Jahr - in der Zahl sind alle Schulformen zusammengefasst -, der sich aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage errechnen lässt, entspricht dem Bedarf von etwa 600 Lehrkräften. Man könnte theoretisch sagen, dass diese fehlen. Das wäre aber in der gegenwärtigen Situation absurd.
Nun möchte ich etwas zu den bisherigen Lösungsversuchen sagen. Ich gehe dabei auf das, was Frau Dr. Hein auch schon anklingen ließ, ein. Ein Lehrertarifvertrag wurde im Namen der Solidarität und der Arbeitsplatzsicherung abgeschlossen. Berufsschullehrer haben Sie gleich ausgenommen und das Problem der Mangelfächer wurde gar nicht erst behandelt.
Bildlich gesprochen haben Sie das Problem des Lehrerüberhangs mit der Rasenmähermethode zu lösen versucht. Die CDU hatte hierbei zu differenzierten Ansätzen geraten.
Zu den Abfindungsregelungen und dem Vorruhestand ist zu sagen, dass oft gerade die Lehrer als Erste gehen
wollten, deren Fachkombinationen am dringendsten gebraucht wurden, und dass man sie aus diesem Grund mühsam zurückhielt.
Im Ergebnis haben wir im Land zu wenig Einstellungsmöglichkeiten. Junge Lehrkräfte sind aber in mehrfacher Hinsicht für ein Schulwesen unverzichtbar.
Wir verfügen in unserem Land über eine hervorragende und auch teure Lehrerausbildung. Zu der haben wir uns erst neulich im Zusammenhang mit der Seminarlandschaft parteiübergreifend bekannt. Über die Ergebnisse dieser hervorragenden Ausbildung freuen sich aber vorzugsweise andere Bundesländer.
Damit komme ich zu einem weiteren Lösungsversuch, dem Lehrergleichstellungsgesetz. Um nicht missverstanden zu werden: Eine Einordnung unter Anerkennung der beruflichen Leistungen in das bundesdeutsche Lehrergefüge und eine angemessene Besoldung sind völlig unstreitig gewesen. Mit Blick auf den vorliegenden Antrag will ich aber ein Detail aufgreifen, auf das die CDU schon seinerzeit hingewiesen hatte und das uns jetzt einholt.
Neu ausgebildete Lehrkräfte für Sekundarschulen werden schlechter bezahlt als Diplomlehrer mit DDR-Ausbildung. Was nimmt es da wunder, wenn ein Vertreter des Landespersonalrates jungen Lehrern empfiehlt, statt BAT-Ost und reichlich 80 % Beschäftigung, zusammen also etwa zwei Drittel der Besoldung in den alten Ländern, in Kauf zu nehmen, für 100 % Westtarif in selbige zu gehen?
(Frau Mittendorf, SPD: Das war kein Vertreter des Landespersonalrates! - Herr Dr. Bergner, CDU: Na gut, das ist nun egal!)
Hinzu kommen in immer dichterer Folge bildungspolitische Experimente, die zunehmend Eltern und auch Schüler auf den Plan rufen. Stichworte sind das 13. Schuljahr und die Grundschule mit festen Öffnungszeiten. Auch das macht jungen Lehrern nicht gerade Mut.
Wie gesagt, wir unterstützen den Antrag, werden in der Diskussion aber an unseren Zielen festhalten, die ich abschließend noch einmal nennen möchte: Eine stabile Unterrichtsversorgung, also fachgerechter, qualifizierter Unterricht in möglichst jeder Unterrichtsstunde und in allen Fächern - dazu gehört zum Beispiel, um es in Erinnerung zu rufen, auch Religion -; Lehrerinnen und Lehrer, die eine sichere Perspektive in ihrem Beruf sehen und ihren Beruf deshalb mit Liebe und Engagement ausüben - das setzt eine auf einer gründlichen Analyse basierende Personalentwicklungskonzeption voraus und nicht ein von Wünschen und Hoffnungen diktiertes Wursteln -; ein Schulwesen, das verlässlich verfasst und nicht ständigen bildungspolitischen Experimenten ausgesetzt ist. Die Zahl unserer Schulgesetzänderungen dürfte rekordverdächtig sein.
Das ist das, was Eltern und Schüler zu Recht erwarten. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass die jetzige Minderheitsregierung die Kraft dazu hat, das alles um
Herr Kollege Kuntze, Sie bekommen Redezeitverlängerung durch die Frage, die Sie möglicherweise beantworten.
Herr Kollege Kuntze, die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube hinsichtlich dessen, was Sie an verschiedenen Lösungsansätzen anbieten wollen. Werden Sie doch bitte einmal konkret.
Wie sehen denn Ihre Vorstellungen aus, um die Probleme, die wir zum Beispiel über den Tarifvertrag regeln, anders zu regeln? Wären Sie dafür, den Tarifvertrag so oder in anderer Form fortzusetzen, oder welche anderen Lösungsvarianten bieten Sie an, die nicht nur das Arbeitsplatzsicherungsproblem lösen, sondern auch die inhaltlichen Probleme, die Sie ansprechen?
Das man das sicherlich nicht in zwei Minuten erläutern kann, wie mir Ihre werten Mitmenschen zuflüstern, ist mir klar, aber eine kurze, konkrete Antwort mit ein paar Knackpunkten ist, glaube ich, möglich. - Danke.
Gut, ich werde es versuchen. Da ohnehin im Wesentlichen nur noch Bildungspolitiker anwesend sind, wird das vielleicht auch auf hinreichendes Interesse stoßen.
Frau Mittendorf, Sie wissen genau wie ich sehr gut, dass wir in der Diskussion um das Lehrerbesoldungsgesetz eifrig hin und her diskutiert haben. Ich betone an dieser Stelle vorab, dass ich die Auffassung des Ministers unterstreiche. Insbesondere werden wir aus der Opposition heraus nicht die Verantwortung für reines Regierungshandeln übernehmen. Die Tarifvertragsgestaltung ist Sache der Tarifparteien und nicht der Opposition.
- Das weiß ich doch genauso gut wie Sie. Wir haben zwar nicht den Lehrertarifvertrag beschlossen, aber wir haben ihn begleitend diskutiert, um es vorsichtig zu umschreiben. In diesem Zusammenhang haben wir natürlich auch Meinungen geäußert. Herr Harms hat auch die Thüringer Variante anklingen lassen, die wir damals zumindest als sehr nachdenkenswert empfohlen haben. Sie wurde vom Tisch gewischt. Das spielte ja keine Rolle.
Ich kann nur noch einmal stichpunktartig andeuten, was wir gesagt haben. Wichtig ist eine gründliche Analyse - ich ließ es ja schon anklingen - erstens darüber: Wie sieht die Verteilung der Lehrer auf die verschiedenen Fachkombinationen aus?
Das liegt irgendwo vor. Aber es gibt diesbezüglich auch Unterschiede. Es wird Schulen geben, in denen vielleicht
noch zwei Musiklehrer sind. Diese Schulen haben dann unter Umständen einen Überhang, während an drei anderen Schulen überhaupt kein Musiklehrer mehr ist. Kurz und gut, eine Analyse muss das doch erst einmal beleuchten.
Dann müsste man überlegen, wie sich Vorruhestandsregelungen und anderes auswirken. Warum haben Sie denn die Berufsschullehrer aus dem Tarifvertrag herausgenommen? Ein großer Teil dieser Berufsschullehrer ist freiwillig in die Wirtschaft abgewandert, weil er meinte, dort besser verdienen zu können. Ob das so aufgegangen ist, ist eine zweite Frage. Sie waren aber erst einmal weg. Ich habe dies anklingen lassen.
Also kurz und gut - ich versuche, mich wieder auf Ihre Frage zu konzentrieren -, man müsste Folgendes bedenken: Wer wächst ganz normal aus Altersgründen in Rentenregelungen hinein? Wie kann ich den Übergang durch Regelungen, wie auch Sie in der Regierung sie anzustreben versucht haben, Vorruhestand und Ähnliches, gewissermaßen beschleunigen und ein Stück begleiten?
Es wäre aber auch unverzichtbar gewesen, unter Umständen Kündigungen auszusprechen. Ich sage das in dieser Klarheit. Das hätte beispielsweise für Neueinstellungen Luft geschafft. Sie können - das wissen Sie als Gewerkschafterin mindestens so gut wie ich - bei Kündigungen nicht schwerpunktgenau kündigen. Da greifen diese berühmten Punktekataloge: Sie werden am Ende Lehrer entlassen müssen, die Sie aus anderen Gründen brauchen, aber Sie können einstellen, wen Sie wollen. Sie können ganz gezielt die Fachgruppen nehmen, die Sie brauchen.
(Frau Mittendorf, SPD: Arbeitsrechtlich ist das falsch, weil derjenige, der klagt, jeden Prozess gewinnen würde!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte mit mir gerungen, meinen Beitrag wieder zu Protokoll zu geben, aber das geht jetzt nicht.
Der Antrag der Fraktion der PDS ist Ausdruck einer Zwangslage - wir haben es verstanden -, in der sich unser Bundesland bei der Schaffung notwendiger Perspektiven für eine Lehrtätigkeit an unseren Schulen befindet. Er orientiert in Punkt 1 leider nur auf einen reduzierten Vergleich mit den alten Bundesländern, der zwar theoretisch möglich ist, jedoch aufgrund der unterschiedlichen Standortvoraussetzungen ein verzerrtes Bild wie
Während in den alten Bundesländern seit Jahren ein Anstieg der Geburtenzahlen zu verzeichnen ist, halbiert sich bis zum Jahr 2010 die Schülerzahl in SachsenAnhalt wie auch in den anderen neuen Bundesländern. In den alten Bundesländern resultiert aus der beschriebenen Entwicklung und aus einer hohen Pensionierungsquote ein erhöhter Lehrkräftebedarf. Es droht sogar akuter Lehrermangel. Die Folgemaßnahmen des Bundeslandes Hessen sind uns allen bekannt.
Die Angebote aus anderen Bundesländern werden nicht weniger reizvoll sein, in der Regel 100 % Bezahlung bei einer Übernahme in das Beamtenverhältnis. Was sollte und vor allen Dingen was kann Sachsen-Anhalt dem entgegenhalten?
Wenn man den Vergleich unter rein materiellen Gesichtspunkten vollzieht, scheint bei objektiver Betrachtung ein Gleichstand in den nächsten Jahren unwahrscheinlich. Der in den neuen Bundesländern geltende BAT-Ost beträgt seit diesem Jahr 88,5 % und ab dem nächsten Jahr 90 % des Bundesangestelltentarifs. Die Laufzeit geht bis zum Ende des Jahres 2002. Im gleichen Jahr werden die Tarifparteien über weitere Angleichungsstufen verhandeln. Eine endgültige Angleichung ist somit noch nicht abzusehen. Eine Verbeamtung oder Teilzeitverbeamtung wurde von unserer Fraktion abgelehnt. Die Gründe wurden genannt.
Um Massenkündigungen zu vermeiden, wurde in Sachsen-Anhalt im Jahr 1997 der Arbeitsplatzsicherungstarifvertrag abgeschlossen. Die Lehrerschaft verzichtete auf einen Teil ihres Gehaltes und erhielt im Gegenzug eine Arbeitsplatzgarantie bis zum Jahr 2003. Über einen Nachfolgetarifvertrag - wir hörten es - wird verhandelt.
Auch die anderen neuen Bundesländer haben vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung spezifische Arbeitszeitkonzepte für ihre Lehrkräfte entwickelt. Der Minister verwies bereits auf die unterschiedlichen Modelle.
Zieht man nun den Vergleich unter schulorganisatorischen und schulatmosphärischen Gesichtspunkten, unter anderem im Hinblick auf die Lehrer-Schüler-Relation, die durchschnittliche Klassenfrequenz sowie die mögliche Mindestgröße von Schulen, nimmt Sachsen-Anhalt einen Spitzenplatz im Bundesvergleich ein. Die positiven Auswirkungen auf die Unterrichtsatmosphäre sowie die Lernqualität sind unbestritten und bieten damit den Lehrkräften bessere Rahmenbedingungen.
Nicht vergessen werden darf im Gesamtzusammenhang die heimatliche und familiäre Verwurzelung vieler Lehrerinnen und Lehrer. Auch hierauf wurde schon Bezug genommen.
Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion eröffnet trotz seiner Reduktionstendenz die Möglichkeit einer umfassenden Debatte zur Perspektive des Lehrerberufs in Sachsen-Anhalt. Dies ist zu begrüßen.