Protocol of the Session on January 25, 2001

(Herr Scharf, CDU: Strahlen sind nicht giftig!)

Genau diese Munition wurde an unterschiedlichen Plätzen auf der Welt getestet, in Puerto Rico, in Okinawa, in Südkorea, in Panama und, wie sich in den letzten Tagen herausstellte, auch auf Truppenübungsplätzen der amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland.

Zunächst mit absoluter Gewissheit verneint, dann für durchaus möglich gehalten, wurde es zur Gewissheit, dass diese Munition auch auf deutschem Boden getestet wurde. Das liest sich nach einer dpa-Meldung vom 19. Januar 2001 dann so - ich darf bitte zitieren, Herr Präsident -:

„US-Armee räumt Unfälle mit Uranmunition in der Oberpfalz ein - Panzer mit uranhaltiger Munition ausgebrannt“.

Und weiter heißt es:

„Auf dem US-Truppenübungsplatz im oberpfälzischen Grafenwöhr ist es in der Vergangenheit zu Unfällen mit der umstrittenen Uranmunition gekommen. Im Jahre 1987 sei einmal irrtümlich die so genannte DU-Munition verschossen worden. Ein Jahr später sei ein mit uranhaltigen Geschossen beladener Panzer ausgebrannt.“

So die dpa-Meldung vom 19. Januar 2001. Noch drei Tage zuvor hatte die US-Armee heftig bestritten, dass bei Übungen die Uranwaffen verwendet worden seien.

Meine Damen und Herren! Wenn Bündnispartner so offen und ehrlich miteinander umgehen, dann kann ich nur sagen: Gnade Gott. Aber die Offenheit, der ehrliche Umgang der Bündnispartner in der Nato war, ist und wird auch nicht gegeben sein.

Der Bundesminister des Auswärtigen, der Grüne Joseph Martin Fischer, mag noch so treuherzig und sorgenfaltig demonstrativ an die mütterliche Brust der Frau Albright gesunken sein, er wurde ebenso wie der nun glückselige Herr Scharping von den Verbündeten zum Deppen er

klärt. Meine Damen und Herren! Man kann an dieser Stelle nur sagen: jeder natürlich so, wie er es verdient.

Nun mag uns der Seelen- und Betroffenheitszustand dieser Herren eigentlich egal sein, aber nicht egal ist, dass die Lügen - und jeden Tag werden neue und ungeheuerliche bekannt - Methode sind, um die barbarische Kriegführung der USA im Golfkrieg zu bemänteln, ja zu begründen; denn im Golfkrieg wurde erstmals offen diese Munition gegen den Irak eingesetzt. So sollen 600 000 Pfund uranabgereicherter Munition im Irak, in Kuwait und Saudi-Arabien verwendet worden sein.

Bereits 1995 hat das Umweltinstitut der US-Armee dazu Folgendes festgestellt - ich darf noch einmal zitieren -:

„Wenn DU-Munition vom Körper aufgenommen wird, hat das bedeutende Konsequenzen. Das Risiko ist, dass DU im Körper sowohl chemisch als auch radiologisch tätig wird. Personen, die sich im Panzer oder daneben aufhalten, können schlimme innere Krankheiten bekommen. Es ist bekannt, dass die als Golfkriegssyndrom bezeichnete Krankheit einen Verlust des Gedächtnisses, chronische Krankheiten und Geburtsdefekte bei danach geborenen Kindern dieser Kriegsveteranen hervorrief.“

Meine Damen und Herren! Die Deutsche Welle brachte in ihrem Tagesthema am 8. Januar 2001 die Warnung des Belgrader Ökologen Dimow, der keine Zweifel daran lässt, dass die Verwendung von Uranmunition die Ursache für das so genannte Balkansyndrom ist. Der Ökologe verweist darauf, dass die Entseuchung der betroffenen Gebiete äußerst schwierig ist. Er führte dazu Folgendes aus:

„Es gibt ein Programm, nach dem man erst einmal genau feststellen muss, welcher Schaden angerichtet worden ist und wie viele Menschen auf direkt verseuchtem Gebiet in Kontakt zu dem abgereicherten Uran gekommen sind. Dieses Problem kann man aber nicht mehr lösen. Man kann nur feststellen, wie die Lage ist, um dann mittels moderner Medizin diese Menschen, die an Leukämie erkrankt sind, therapeutisch zu behandeln.“

Weiter heißt es:

„Abgereichertes Uran kann man nicht vernichten. Bei der Explosion werden fast 70 % der Granate in giftige Stäube aus abgereichertem Uran umgewandelt. Diese Stäube gelangen zum Beispiel beim Atmen in die Lungen und bewirken genetische Deformationen, haben Auswirkungen auf die Chromosomensätze. Anomalien können auch noch in den nächsten 30 Generationen vorkommen. Die Gefahr ist also ständig.“

Gegenüber der Deutschen Welle bekundete ein anderer Ökologe - das Mitglied der Expertengruppe G 17 Dusan Vasiljevic -, dass zwar der allergrößte Teil der 31 000 mit abgereichertem Uran versehenen Geschosse im Kosovo niedergegangen ist, dass aber auch Städte in Serbien betroffen sind.

Meine Damen und Herren! Es lassen sich noch viele Fakten anführen. Bei aller Achtung vor den hier vertretenen Abgeordneten ist festzustellen, dass der Landtag nicht das Gremium ist, das - mit der notwendigen Sachkunde versehen - das Für und Wider einzelner Fakten beurteilen kann.

(Herr Dr. Bergner, CDU: Das ist richtig!)

Ich denke, darum geht es aber auch nicht, Herr Dr. Bergner. Heute geht es darum hier nicht. Wir sollten uns aber auch nicht - das gebe ich zu bedenken - in eine Ecke stellen lassen, in der zwar bedauernd, aber abwartend gelauert wird, bis die Schädlichkeit und die Schändlichkeit der genutzten uranabgereicherten Munition bis auf das i-Tüpfelchen nachgewiesen wird.

Meine Damen und Herren! Nicht mit „basta“, sondern mit den Worten „Ich halte es nicht für richtig, solche Munition zu verwenden“ bekundete Bundeskanzler Schröder seine - wie er es sagte - „gesunde Skepsis gegen die Verwendung einer Munition, die zur Gefährdung der eigenen Soldaten führen kann.“ Diese Erklärung ist zwar für uns nicht ausreichend, bietet aber jenen Ansatz, um nicht mehr zögerlich und mit Bedenken, sondern mit Nachdruck die weltweite Ächtung und das Verbot uranabgereicherter Munition zu fordern.

Deshalb, meine Damen und Herren, möge der Landtag von Sachsen-Anhalt beschließen, die Landesregierung aufzufordern, sofort und nachdrücklich die Bundesregierung zu veranlassen, sich für eine weltweite Ächtung und ein Verbot uranabgereicherter Munition einzusetzen.

Wir sollten wissen, dass ansonsten alle anderen berechtigten Forderungen nach Schutz der eingesetzten Soldaten und Organisationen, nach Schutz der Zivilbevölkerung nur hilfreich für den Tag sind, aber den Einsatz derartiger Munition künftig nicht ausschließen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten konsequent sein in unserer Haltung gegen diese unmenschliche und pervertierte Art, Konflikte in der Welt mit Waffen und derartiger Munition lösen zu wollen. Ebenso pervertiert und unmenschlich handelt derjenige, der - wie durch Herrn Dr. Fikentscher von der SPD-Fraktion geschehen - fordert, im Kosovo notfalls den Frieden herbeizubomben.

Meine Damen und Herren! Im April 1999 fand in diesem Parlament eine heftige Debatte über die Beteiligung deutscher Soldaten am Nato-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien statt. Ich kann auch heute im Namen meiner Fraktion erklären: Wir stehen zu jedem Wort unserer begründeten Ablehnung dieses Krieges.

Herr Ministerpräsident Dr. Höppner, auch wenn Sie sich in der damaligen Debatte in der Auseinandersetzung gegen eine namentliche Abstimmung aussprachen und dazu sagten, die namentliche Abstimmung - jetzt darf ich zitieren - „kann nur eine Absicht haben, nämlich die, vorzuführen, wer wie gestimmt hat, um damit nach außen hin Propaganda zu machen“.

Herr Ministerpräsident, jawohl, alle Menschen in diesem Land sollen erfahren und sollen wissen, wie sich dieses Parlament, wie sich jeder Abgeordnete in der Frage einer weltweiten Ächtung und eines Verbots uranabgereicherter Munition verhält. Wir werden deshalb um namentliche Abstimmung bitten. - Danke sehr.

(Beifall bei der FDVP)

Vielen Dank, Frau Wiechmann.

Bevor ich zur Debatte aufrufe, darf ich zwei Besuchergruppen unter uns begrüßen: zum einen Schülerinnen und Schüler des Beruflichen Bildungs- und Rehabilitationszentrums aus Rattmannsdorf und zum anderen Damen und Herren des Humanistischen Regionalverbandes aus Halle.

(Beifall im ganzen Hause)

Zu dem Antrag ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden, und zwar in der Reihenfolge CDU-, DVU-FL-, SPD-, PDS- und FDVP-Fraktion. Vorher spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Püchel. Bitte, Herr Minister.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag betrifft vorrangig außen- und bündnispolitische Belange, die in die Verantwortung des Bundes fallen.

Bundeskanzler Schröder hat bereits am 8. Januar 2001 die Position der Bundesregierung eindeutig zum Ausdruck gebracht. Diese beinhaltet vorrangig die Forderung nach einem künftigen Verzicht auf uranabgereicherte Munition und nach rückhaltloser Aufklärung der Gesamtproblematik.

Bundesverteidigungsminister Scharping hat in der vergangenen Woche die Art und Weise, in der die USA ihre Bündnispartner über diese Fragen informiert haben, öffentlich missbilligt.

Beides kann ich für die Landesregierung unterstützen. Die Befassung des Landtages mit dieser Frage hat sich, soweit es den Antrag betrifft, damit erledigt.

Ein unmittelbarer Bezug zum Land und zur Zuständigkeit der Landesregierung ergibt sich in einer Frage. Ich meine den Einsatz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten aus unserem Land, die im Rahmen von multinationalen Polizeikontingenten der Vereinten Nationen im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina Dienst tun bzw. Dienst getan haben.

Derzeit befinden sich neun unserer Beamtinnen und Beamten im Kosovo bzw. in Bosnien-Herzegowina. Weitere 13 waren dort im Einsatz und sind zwischenzeitlich zurückgekehrt.

Um eines vorweg klarzustellen: Wie bei den eingesetzten Soldaten liegen mir keine Erkenntnisse dazu vor, dass sich für diese 22 Beamtinnen und Beamten durch uranabgereicherte Munition konkrete gesundheitliche Gefährdungen oder gar dadurch begründete medizi- nische Befunde oder Erkrankungen ergeben haben.

Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, war ich selbst mehrfach in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo, nicht nur wegen der Flüchtlingsfragen, sondern vor allen Dingen auch deshalb, um mir ein persönliches Bild von den Einsatzbedingungen der Soldaten und Polizeibeamten vor Ort zu machen. Ich habe einen großen Respekt vor dem persönlichen Engagement und den Leistungen der Einsatzkräfte mitgenommen, die sich freiwillig zu dieser internationalen Friedensmission gemeldet haben.

Mir ist bewusst, dass eine einmal entstandene Verunsicherung über Gesundheitsschäden bei den Betroffenen und vor allen Dingen auch bei ihren Angehörigen nur durch konkrete Befunde aus der Welt zu schaffen ist. Wie Sie der Presse entnehmen konnten, habe ich deshalb unmittelbar nach der Zuspitzung der Diskussion um mögliche Gesundheitsschäden durch Uranmunition allen Betroffenen aus unserem Lande eine umfassende ärztliche Beratung und Information sowie entsprechende Untersuchungen angeboten.

Bei den Beamten, die sich zurzeit im Einsatz befinden, kann dies beim Sanitätsdienst der Bundeswehr vor Ort geschehen. Um die bereits zurückgekehrten Beamtinnen

und Beamten kümmert sich unser Polizeiärztlicher Dienst, von dem auch die entsprechenden Informationen an die Beamten gegangen sind.

Auf diese Verfahrensweise haben sich mittlerweile alle Bundesländer und das Bundesinnenministerium verständigt. Ergebnisse aus den Untersuchungen liegen bisher nicht vor. Ich kann aber aufgrund der Reaktionen unserer Beamtinnen und Beamten sagen, dass diese sehr viel gelassener sind, als mancher Zeitungsleser dies vielleicht erwarten würde.

Dies hängt auch damit zusammen, dass wir bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, also noch vor der aktuellen Diskussion, für die im Rahmen der Friedensmission eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zur Minimierung ihrer Gefährdung Vorsorgemaßnahmen eingeleitet haben. Das waren im Vorfeld die Weitergabe von Informationen über die Gefahren im Zusammenhang mit uranabgereicherter Munition, die Aushändigung eines Hinweisblattes mit Verhaltensregeln und möglichen Schutzmaßnahmen sowie die Ausstattung der Beamtinnen und Beamten mit ABC-Schutzmasken.

Aufgrund der aktuellen Diskussion erfolgten über die bereits erläuterten ärztlichen Beratungsgespräche und das Untersuchungsangebot hinaus nochmalige Unterrichtungen und Sensibilisierungen zur Erhöhung des Schutzes ihrer Gesundheit sowie eine zusätzliche Ausstattung mit Feinstaubfiltern. Der Polizeiärztliche Dienst wertet außerdem in diesem Zusammenhang alle neuen Erkenntnisse aus und lässt sie in die Gesundheitsvorsorge einfließen.

Ich danke Ihnen, dass ich Ihnen heute diese Informationen im Rahmen dieser Debatte geben konnte.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die CDU-Fraktion hat keinen Redebeitrag angemeldet. Für die DVU-FL-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Brandt.