Die erste Beratung fand in der 34. Sitzung des Landtages am 10. Februar 2000 statt. Berichterstatter des Ausschusses ist der Abgeordnete Herr Webel. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der in Rede stehende Antrag wurde in der 34. Landtagssitzung am 10. Februar dieses Jahres zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung an den Ausschuss für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport überwiesen.
Der federführende Ausschuss hat am 10. Mai 2000 mit der Beratung zu dem Antrag begonnen. Von der CDU als Einbringerfraktion wurde verdeutlicht, dass man mit dem vorliegenden Antrag beabsichtige, dem Trägerverein das Vorschlagsrecht für Spitzensportler, die die normalen Aufnahmebedingungen für die Polizeiausbildung erfüllt haben, einzuräumen. Ziel solle sein, dass diesen Spitzensportlern im Rahmen ihrer Polizeiausbildung die Möglichkeit gegeben werde, den Trainings- und Wettkampferfordernissen nachzukommen. Dieser Antrag solle ein Weg sein, der Abwanderung von Spitzensportlern aus Sachsen-Anhalt entgegenzuwirken.
Sowohl die Fraktion der SPD als auch die Fraktion der PDS waren der Meinung, diesem Anliegen folgen zu können, dass dieses aber noch entsprechend formuliert werden müsse.
Der Ausschuss verständigte sich an jenem Tag darauf, den Antrag zurückzustellen, um in den Arbeitskreisen nach einer mehrheitsfähigen Formulierung zu suchen.
Diese Formulierung fand man in der zweiten Beratung des federführenden Ausschusses am 6. September dieses Jahres. Grundlage dafür war ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD, welcher noch durch den Vorschlag der CDU-Fraktion, den Olympiastützpunkt Magdeburg/Halle beratend an der Auswahl der Spitzensportler zu beteiligen, modifiziert wurde. Ebenfalls wurde in der Beschlussempfehlung den Bedenken der PDSFraktion Rechnung getragen, eine spezielle Sportfördergruppe einzurichten.
Mit zehn befürwortenden Stimmen und bei zwei Enthaltungen überwies der federführende Innenausschuss die vorläufige Beschlussempfehlung an den mitberatenden Ausschuss.
Am 1. November 2000 übergab der mitberatende Ausschuss eine Beschlussempfehlung an den federführenden Ausschuss, aus der hervorging, dass man sich einstimmig für die vorläufige Beschlussempfehlung ausgesprochen habe.
Die Beschlussfassung unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses erfolgte ohne weitere Diskussion in der 36. Sitzung des Innenausschusses am 15. November 2000.
Ich meine, der Ausschuss hat einen guten Kompromiss gefunden, und bitte namens der Mitglieder des Ausschusses für Inneres um die Zustimmung zu der Ihnen nun vorliegenden Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Webel. - Im Ältestenrat ist eine Debatte dazu nicht vereinbart worden. Wünscht dennoch jemand das Wort? - Dies ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren. Wir stimmen über die Beschlussempfehlung in der Drs. 3/3988 ab. Wer ihr zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dies einstimmig so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 18 ist abgeschlossen.
„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus... Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
So jedenfalls steht es in Artikel 20 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Mit anderen Worten: Das Volk soll durch Wahlen und Abstimmungen an der Politik mitwirken.
Aber bis heute hat der Bundestag den Auftrag in Arti- kel 20 des Grundgesetzes nicht erfüllt. Gerade dieses Abstimmungsrecht wird dem Volk vorenthalten. Nach neuesten Umfragen wollen aber über 70 % der Menschen in wichtigen Fragen mitbestimmen.
Im Frühjahr 2001 beginnt aus diesem Grund eine bundesweite Bürgerinitiative unter dem Motto „Mehr Demokratie in Deutschland“. Ziel dieser Initiative ist es, ein bundesweites Demokratienetz aufzubauen. Dieses Netz soll in allen Bundesländern gestärkt werden, um die Voraussetzungen für faire Volks- und Bürgerrechtsentscheide zu schaffen. Bis jetzt gehören dieser Initiative 60 bundesweit tätige Organisationen an. Darunter sind Umwelt- und Unternehmensverbände, kirchliche Gruppen sowie Bürgerrechtsinitiativen.
Auch aus den Sektoren Politik, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft fließt nicht nur logistische Hilfe für diese Organisationen. Die bundesweite Bürgeraktion „Mehr Demokratie in Deutschland“ begrüßt auch den Vorstoß des BDI-Vorsitzenden Olaf Henkel, der sich für eine Volksabstimmung auf Bundesebene einsetzt.
Dazu erklärt Frau Nierth, Vorstandssprecherin der Initiative „Mehr Demokratie in Deutschland“, - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident -:
„Es ist erfreulich, dass die Wirtschaft die Zeichen der Zeit erkennt. Volksabstimmungen sind heute ein wichtiger Standortfaktor. Entsprechende Studien aus der Schweiz und den USA zeigen: Je weiter die direkte Demokratie ausgebaut ist, desto höher liegt die Wirtschaftsleistung pro Einwohner. Die Steuerbelastungen für Bürger und Unternehmen sinken ebenso wie die öffentliche Neuverschuldung und die Staatsausgaben, und das bei gleich bleibenden staatlichen Leistungen.
Das Volk entscheidet nicht selten unabhängi- ger und weitsichtiger als das Parlament. Außerdem sorgen Volksentscheide dafür, dass die Bürger sich nicht von der Politik abwenden. Menschen, die über wichtige Sachfragen wie Renten-, Steuerreform oder Europa abstimmen, übernehmen auch wieder Verantwortung.“
Die Frage, warum es in Deutschland keinen Volksentscheid gab oder gibt, ist schnell beantwortet. Im Grundgesetz ist nicht vorgesehen, dass das Parlament Entscheidungen an das Volk abtritt. Ein Volksentscheid ist in Deutschland auf Bundesebene nur bei Fragen der geografischen Neugliederung des Bundesgebietes oder einzelner Bundesländer vorgesehen; siehe Artikel 29 des Grundgesetzes.
Dagegen erlauben einige Landesverfassungen, zum Beispiel in Bayern, Volksentscheide. In Hamburg strebt dies derzeit eine Bürgerinitiative an. In Sachsen-Anhalt beispielsweise läuft seit dem 11. September ein Volksbegehren zur Initiative „Für die Zukunft unserer Kinder“. Ziel dieser Initiative ist es, dass die Landesregierung ihr neues Kinderbetreuungsgesetz zurücknimmt. Bis zum 10. März 2001 müssen sich 250 000 Bürger in Listen eintragen, damit es zum Volksentscheid kommt.
Aber solche Mitwirkungsrechte des Volkes gibt es nur auf Länder- und nicht auf Bundesebene. In anderen EU-Staaten sind parlamentarische Demokratien vorhanden. So haben zum Beispiel Frankreich und Dänemark in ihren Verfassungen die Möglichkeit eingeräumt, in Fragen, die ihre Souveränität betreffen, die Bevölkerung mitentscheiden zu lassen. Deshalb sind Volksabstimmungen dort möglich. Ebenso will Großbritanniens Premierminister Blair zur Euro-Teilnahme noch die Zustimmung des britischen Volkes einholen.
So etwas, meine Damen und Herren, nennt man transparente Politik und Demokratieverständnis. Politiker wie in Deutschland, welche die Bürger außen vor lassen, gefährden den inneren Frieden im Land und letztendlich das Projekt Europa. Jeder Schritt in die EU muss mit dem Volk ausführlich diskutiert und vom Volk mit entschieden werden. Schließlich muss das Volk mit den jeweiligen Entscheidungen leben können - oder auch nicht.
Eine wesentliche Ursache dafür, dass man Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene nicht zulassen will, ist, dass die politischen Ziele der Altparteien,
besonders der kommunistischen Plattform, durch Plebiszite ins Wanken geraten könnten. Machterhalt um jeden Preis geht vor den Interessen und Empfindungen des eigenen Volkes - eine naturgemäße und verständliche Angst der linksextremistischen Parteien vor dem eigenen Volk, natürlich nur aus deren Schmalsicht gesehen.
Auch bei den landesbezogenen plebiszitären Elementen wurden die Hürden für ein Volksbegehren bzw. für Volksentscheide hierzulande so hoch gesetzt, dass diese praktisch undurchführbar sind. Wer aber die unmittelbare Teilnahme der Bürger an der staatlichen Willensbildung ausschließt, braucht sich nicht über wachsende Politikverdrossenheit zu wundern.
Erhebliche Bedenken gegen die Volksentscheide hegen sowohl die Christdemokraten als auch die FDP. Mit fadenscheinigen Begründungen will man im Bundesrat Plebiszite verhindern. Man traut den mündigen Bürgern keine Entscheidungskraft zu. Wie verwerflich.
Voraussetzung für ein Mehr an Bürgerbeteiligung auf Bundesebene ist ein Eingriff in das Grundgesetz. Das wiederum geht nur mit einer Zweidrittelmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat.
Wir erinnern uns alle noch an das Frühjahr 2000, als die Aufnahme des Artikels 20 b zum Tierschutz in das Grundgesetz keine Stimmenmehrheit fand. Auch hierzu gab es ein negatives Abstimmungsverhalten einer Partei, welche sich Christlich-Demokratische Union nennt. Auch hierzu von Volksentscheiden keine Spur, obwohl rund 80 % der deutschen Bevölkerung den Tierschutz im Grundgesetz verankert wissen wollen.
Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen: Ob Rechtschreibreform, ob Euro-Einführung, ob EU-Erweiterung, ob Tierschutzerweiterung, ob Ökosteuer - alles wird über den Kopf der Menschen entschieden. Letztlich bleibt der Bürger auf der Strecke.
Damit dem nicht so ist, fordern wir alle Parteien, Fraktionen und insbesondere die Landesregierung von Sachsen-Anhalt auf, sich im Bundesrat für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene zu engagieren. Bitte beherzigen Sie, verehrte Abgeordnete, die Worte des Schriftstellers Erich Kästner, welcher bereits vor Jahrzehnten sagte: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. - In diesem Sinne stimmen Sie bitte unserem Antrag zu. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Brandt. - Im Ältestenrat ist zu diesem Antrag eine Fünfminutendebatte in folgender Reihenfolge vereinbart worden: FDVP-, PDS-, CDU-, SPD- und DVU-FL-Fraktion. Für die FDVP-Fraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau Wiechmann. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freiheitlichen Deutschen Volkspartei, der FDVP, ist für mehr Demokratie, für mehr direkte Demokratie in Deutschland. Das haben wir, glaube ich, an dieser Stelle immer wieder deutlich - sogar mehr als das - gemacht. Aber - jetzt kommt unser Aber - der Antrag der Fraktion der DVU-FL ist für uns inhaltlich nicht nachvollziehbar.
Ich will das begründen. Die Fraktion der DVU-FL muss sich an dieser Stelle erst über die Begrifflichkeiten, die sie hiermit zum Ausdruck bringen will, im Klaren sein, bevor sie einen solchen Antrag stellt.
Meine Begründung hierzu: Die Volksabstimmung wird in der Regel als Oberbegriff für den Volksentscheid, das Volksbegehren und die Volksbefragung verwendet. Es geht dabei durchweg um Stellungnahmen des Volkes oder eines Teils des Volkes zu bestimmten Sachfragen im Wege unterschiedlicher Formen und Verfahren.
Die Volksabstimmungen sind ein Element der unmittelbaren Demokratie. Die Volksbegehren gehen durchweg von einem Teil des Volkes aus und sind häufig auf die Schaffung eines Gesetzes bezogen. Die Initiative richtet sich an das gesamte Volk als Staatsorgan, wobei das Begehren so formuliert sein muss, dass der Abstimmende nur akklamieren oder negieren, also mit Ja oder mit Nein antworten kann. Die Abstimmung erfolgt per Volksentscheid.
Ebenso denkbar ist ein Volksentscheid aufgrund des Verlangens eines Staatsorgans oder als Stellungnahme zu einem Beschluss des Parlamentes. Das ist dann ein so genanntes Referendum, wie es in einigen Landesverfassungen vorgesehen ist.
Volksbefragungen richten sich ebenfalls an das gesamte Volk. Ihre Ergebnisse müssen aber nicht unbedingt rechtlich verbindliche Wirkungen haben. Gemäß Arti- kel 20 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes wird die Staatsgewalt vom Volk unter anderem auch in Abstimmungen ausgeübt. „Volk“ ist hier die Aktivbürgerschaft, das heißt der wahl- und abstimmungsberechtigte Teil des Staatsvolkes, der als Verfassungsorgan zu charakterisieren ist.
Da Artikel 118 des Grundgesetzes vollzogen und damit gegenstandslos geworden ist, kennt das Grundgesetz nur zwei Fälle von Volksabstimmungen: zum einen den in gleichsam reiner Form bzw. in Ausprägung einer unmittelbaren Demokratie in Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes und zum anderen den bei der Neugliederung des Bundesgebietes nach Artikel 29 des Grundgesetzes. Weitere Fälle von Volksabstimmungen sind im Grundgesetz nicht vorgesehen.
Die DVU-FL-Fraktion hat nach unserer Auffassung von den Begrifflichkeiten her ungenaue Vorstellungen. Sie grenzt mit dem Terminus technicus „Plebiszit“ die Inhalte der Aussage auf generelle Volksbegehren und Volksentscheide ein.