Protocol of the Session on July 4, 2019

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Wenn wir Spitzenkräfte für die Hochschulen werben wollen – und das wollen wir –, brauchen wir gute Arbeitsbedingungen. Wir wollen sie dafür begeistern, dass sie das in Sachsen tun. Dafür brauchen wir eine bessere Planbarkeit der wissenschaftlichen Karrieren. Das hat mit längerfristigen Verträgen zu tun, aber auch mit einer guten Vereinbarkeit von Wissenschaftslaufbahnen und Familie.

Dafür liefert das vom Bund und den Ländern unterzeichnete Wissenschaftspaket eine wichtige Grundlage. Damit fließen rund 160 Milliarden Euro bis 2030 in die Hochschullandschaft. Um das einmal in einen Vergleich zu setzen: Allein aus diesem Topf fließt für die gesamte Wissenschaftslandschaft in Deutschland ungefähr das, was unseren Landeshaushalt im Jahr ausmacht. Ich denke, dass das zeigt, dass es deutlich mehr Geld als bislang ist und dass es eine Planungssicherheit bis 2030 unter den finanziellen Rahmenbedingungen gibt. Das ist ein wichtiges und dringend notwendiges Signal.

Der Zukunftsvertrag Studium und Lehre ist ein positives Signal für die Wissenschaftslandschaft. Er bedeutet einen weiteren Qualitätsaufwuchs. Das konkret auszugestalten, –

Die Redezeit ist zu Ende.

– ist eine schöne anspruchsvolle Aufgabe für die kommende Legislaturperiode. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Frau Kollegin Aline Fiedler sprach für die einbringende CDU-Fraktion. Als Nächster wird Kollege Holger Mann für die SPD-Fraktion am Pult das Wort ergreifen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Zukunftsvertrag Studium und Lehre ist ein Erfolg der Staatsregierung und definitiv gut für die sächsischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und für die Studierenden. Er wird helfen, gute Lehre in Sachsen voranzubringen. Das kann aus unserer Überzeugung auch nur mit guter Arbeit an den Hochschulen einhergehen. Für uns Sozialdemokraten steht fest: Die erreichte Entfristung des Hochschulpaktes, wie er jetzt vorliegt, muss mit einer Entfristungsoffensive auch im akademischen Mittelbau einhergehen. Ja, wir wollen mit diesen Mitteln bis zu 1 000 Beschäftigungsverhältnisse entfristen. Denn Daueraufgaben müssen mit Dauerstellen abgesichert werden. Nun steht dafür dauerhaft Geld vom Bund bereit. Das ist ein großer Erfolg.

Der Hochschulpakt an sich ist aber bereits eine Erfolgsgeschichte, an der wir in Sachsen eifrig mitgeschrieben haben. Unser Land hat seit 2007 vom Hochschulpakt profitiert. Wir konnten Studierende aus den alten Bundesländern gewinnen. Wir haben heute dadurch gut qualifizierte Fachkräfte, die bei uns arbeiten, die sonst nie hergekommen wären. Wir konnten trotz des demografischen Wandels mit Hilfe dieser Bundesmittel unser Wissenschaftssystem und unsere Hochschulen weiter ausbauen und finanzieren.

Viele von uns Fachpolitikern waren deshalb noch im April und im Mai skeptisch, ob eine Verlängerung dieses Paktes gelingt, lagen die Interessen der Bundesländer doch sehr weit auseinander, und zwar nicht so sehr zwischen Parteifarben, sondern deutlich zwischen Ost und West, manchmal auch zwischen Stadtstaat und Flächenland.

Aber dank der intensiven Arbeit auf allen Ebenen, dank der Koalition und allen voran der sächsischen Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange an der Spitze des SMWK und ihres Staatssekretärs Uwe Gaul ist hier in den vorbereitenden Runden ein Durchbruch gelungen und konnten die Ministerpräsidenten diesen Pakt verabschieden und unterzeichnen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Noch vor der Sommerpause konnte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz ein ganzes Paket von Vereinbarungen auf den Weg bringen. Dem will ich heute angesichts der begrenzten Redezeit keine besondere Aufmerksamkeit widmen. Wichtig ist aber festzuhalten, dass das dem Land und den Hochschulen Planungssicherheit bringt. Wissenschaftsministerin Stange und ihr Haus sind jetzt in der Lage, einen Vorschlag zur Mittelverwendung zu unterbreiten.

Zukünftig wird Sachsen etwa 75 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Wir wollen damit das sächsische Bildungspaket an den Hochschulen des Landes verstetigen, um auch zukünftig die seit 2012 verdoppelten Ausbildungszahlen im Lehramt bewältigen zu können. Geschieht das nicht, werden wir weder die Herausforderung des Lehrermangels noch die Inklusion, noch die Stärkung der Medienkompetenz und der politischen Bildung an unseren sächsischen Schulen gestalten können.

Insgesamt müssen wir den Fokus stärker auf die Daseinsvorsorge richten. Mit der Akademisierung der Pflege- und Gesundheitsberufe warten dort neue Herausforderungen, die bisher noch niemand finanziell untersetzt hat. All das gilt es zu berücksichtigen, wenn wir 2020 von der Revisionsklausel der Hochschulentwicklungsplanung Gebrauch machen.

Wir haben deshalb bewusst eine Evaluation, eine Halbzeitbilanz eingeplant, um auf mögliche Änderungen bei diesem Pakt reagieren zu können. Ich bin davon überzeugt: Diese Änderung wird positiv für Sachsen sein, muss aber noch in eine Gesamtstrategie eingepasst werden.

Dazu gehört für uns, dass sich diese positiven Aspekte in Zukunft für Studierende und insbesondere auch für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

bemerkbar machen. Auf uns, die SPD, können sie dabei zählen, denn wir haben in dieser Legislatur Wort gehalten und den Stellenabbau gestoppt. Wir werden auch in der kommenden Legislatur Wort halten und eine Entfristungsoffensive starten.

An dieser Stelle möchte ich all jenen herzlich danken, die daran mitgewirkt haben: all meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Fraktion, aber nicht minder auch den Kolleginnen und Kollegen beim Koalitionspartner, allen voran Aline Fiedler, Stephan Meyer und Octavian Ursu. Diese Zusammenarbeit war tatsächlich von Vertrauen und Wertschätzung geprägt und ist, glaube ich, ein gutes Beispiel dafür, wie man auch bei unterschiedlichen Meinungen ein Land voranbringen kann.

Ich wünsche mir und euch sehr, dass wir mit diesem Werk zufrieden sind und dass wir in Zukunft an der einen oder anderen Stelle weiterhin daran gestalten können, Sachsen voranzubringen. Dafür euch allen herzlichen Dank.

Den Dank an Eva-Maria Stange bringe ich in der zweiten Runde an, denn das braucht etwas länger.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung – Heiterkeit der Abg. Aline Fiedler, CDU)

Das war Kollege Mann für die einbringende SPD-Fraktion, der bereits eine weitere Rederunde angekündigt hat. Wir kommen jetzt zur Fraktion DIE LINKE. Das Wort ergreift Herr Kollege Jalaß.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und AfD! Das Positive vorweg: Es ist

gut, dass es eine Fortsetzung des Hochschulpakts gibt. Der „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ hält allerdings nicht, was sein Name verspricht. Die Kriterien, an die die finanziellen Zuweisungen gebunden sind, sind ein Trauerspiel.

Es geht wieder einmal nur um Quantität. Berücksichtigung finden die Zahl der Studienanfänger mit 20 %, die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit plus zwei Semester mit 60 % und die Zahl der Absolventinnen und Absolventen mit 20 %. Finanzielle Unterstützung für die Hochschulen ist also daran gebunden, dass diese möglichst viele Studierende aufnehmen und diese möglichst schnell durchs Studium und zum Abschluss schleifen. Wer da nicht mithält, hat Pech, und fürs Pech gibt es keine Kohle.

An den berechtigten Interessen der Studierenden, nämlich ein Studium selbstbestimmt zu absolvieren, geht dieser Zukunftsvertrag völlig vorbei. Quantität als Maß der Dinge kann tatsächlich nicht Ihr Ernst sein, wenn wir national und international im Bildungsvergleich mithalten wollen.

Der Hochschulpakt war dafür gedacht, trotz steigender Studierendenzahlen ein qualitativ hochwertiges Studium zu ermöglichen. Qualitative Kriterien spielen in diesem Werk aber gar keine Rolle. Ein Beispiel ist der Mittelbau: Unbefristete Stellen würden helfen, die Qualität der Lehre zu steigern. Eine verbindliche Vorgabe zur Schaffung von Dauerstellen oder einen Indikator Dauerstellen, der die Zuweisung der Paktmittel wenigstens beeinflussen würde, gibt es aber schlicht nicht.

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Doch, das steht drin! Lesen! Das steht dort!)

Dann stehen Sie hier und sprechen von guten Arbeitsbedingungen. Die Hoffnung, dass die Sächsische Staatsregierung die Selbstverpflichtung auf bilateraler Ebene mit dem Bund nutzen könnte, keimt in mir dabei höchstens müde auf.

Das Ergebnis ist insgesamt ein Schlag ins Gesicht der Mittelbauinitiativen und Gewerkschaften, deren Sorgen, Proteste und Vorschläge hier verhallen.

Laut Bundesministerin Karliczek und Staatsministerin Stange bringe die Einigung langfristige Planungs- und Zukunftssicherheit für die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen. Versteht man das als grundlegenden Einstieg in die Grundfinanzierung durch den Bund, neigt man unvorsichtig zur Zustimmung. Doch dann kommt die CDU um die Ecke getrampelt – die Presseerklärung und die Unterschriften unter diesem Vertrag sind noch nicht einmal trocken –, und schon sollen die Mittel für die Erhöhung der Zahl der Medizinstudienplätze herhalten und zweckentfremdet werden. – So viel zur Planungs- und Zukunftssicherheit.

Die Mittel wären aber nötig, um damit grundlegende Aufgaben abzudecken, beispielsweise in der Lehramtsausbildung mit dem Bildungspaket, um die Verbesserung der Qualität der Lehre zu stützen oder auch um das

Überlastpaket zu finanzieren, damit frühere Stellenkürzungen kompensiert werden können, was ja auch weiterhin geschehen muss. Eine Zweckentfremdung würde notgedrungen zu Kürzungen an anderer Stelle führen. Das wäre fatal. Nach der Sparorgie von CDU und FDP würden unsere Hochschulen das definitiv nicht mehr vertragen.

Wie es besser gehen könnte oder wie wir uns das vorstellen, werde ich Ihnen in der zweiten Runde verraten. Sie dürfen gespannt bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Es folgt jetzt für die AfD-Fraktion Herr Kollege Dr. Weigand.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ bringt Planungssicherheit für Sachsens Hochschulen: Was darin festgeschrieben ist, ist zum Teil gut. Was ist an diesem Pakt gut? Der Schwerpunkt soll gelegt sein beim Ausbau dauerhafter Beschäftigungsverhältnisse. Das soll endlich längerfristige Planbarkeit für die Hochschulen schaffen, was wir als AfD schon seit Jahren fordern.

Sie, Frau Stange, haben gesagt, Sie möchten auch in der Lehramtsausbildung Stellen verstetigen. Das ist unabdingbar. Auch sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Abbrecherzahlen im Studium zu reduzieren.

Schaut man in diesen Pakt genau hinein, dann sieht man, woran die Mittel gekoppelt sind. Herr Jalaß, Sie sind gerade darauf eingegangen; wir sehen das natürlich etwas anders als Sie. Man nimmt die Studienzahlen als Kriterium. Das ist für uns ein kritischer Punkt. Wir wollen von diesem Akademisierungswahn wegkommen und die Studentenzahlen wieder etwas senken. Wir müssen Lenkungsmittel finden, damit die Studenten auch das Richtige studieren.

Dazu möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Ich habe jahrelang Studienwerbung für MINT-Fächer gemacht. Da sitzen Sie vor drei, vier oder fünf Schülern und werben für einen solchen Studiengang. Dann gehen Sie hinaus und sehen nebenan überfüllte Klassenräume. Worum geht es dort? Um Medien. Da müssen wir uns wirklich die Frage stellen: Wohin legen wir die Kompetenzen? Frau Fiedler, Sie haben gesagt, Sie wollten die Wirtschaft stärken. Ja, dafür brauchen wir kluge Köpfe, aber sie müssen eben auch das Richtige studieren.

Dass man festschreibt, dass die Studenten in der Regelstudienzeit fertig werden, ist doch vernünftig und richtig, meine Damen und Herren. Ein Student sollte auch den Anspruch haben, in seinen fünf Jahren fertig zu werden. Dann gibt es noch zwei Semester Aufschlag oberdrauf. Mensch, ein Student hat doch auch viele Freiheiten. Er kann frühmorgens entscheiden, ob er zum Studium geht oder ob er noch zu Hause bleibt. Vergleichen Sie das doch einfach einmal mit einem Azubi oder einem Gesellen. Hier haben wir auch den Anspruch an die Studenten: Bitte

werdet irgendwann fertig. Wir sind eine Leistungsgesellschaft und werden nicht müde, daran festzuhalten.

Die Frage ist auch: Wie kommen die Mittel dann wirklich beim Mittelbau an, damit wir endlich die Situation dieser Kettenverträge verändern können? Das würde Planungssicherheit für die Familien bringen und ist dringend notwendig. Die bisherige Situation „Werbe so viele Drittmittel ein, wie du kannst, dann bleibst du weiter beschäftigt!“ frustriert die Mitarbeiter einfach. Sie sitzen in einem Drittmittelprojekt und schreiben quasi schon den nächsten Antrag. Das lähmt im Endeffekt Forschung und Lehre.

Für mich ist die Frage, wie wir in Sachsen die Studienabbrecherzahlen konkret senken können. Ich muss Ihnen sagen, wir haben Ihnen im Bereich des Lehramtsstudiums mit unserem Antrag Vorschläge zur Verbesserung des Lehramtsstudiums gemacht – mit Vorabprüfungen, die wir in vielen andern Studiengängen für sinnvoll erachten, weil viele Experten und Hochschullehrer sagen, die Schüler, die von den Gymnasien kommen, sind zum großen Teil nicht studierfähig. Wir müssen generell darüber nachdenken, ob man solche Vorabprüfungen und Tests macht, dass man das überhaupt hinbekommt und davon wegkommt, dass alle aufs Gymnasium gehen und beginnen, irgendetwas zu studieren. Wir brauchen auch im Handwerk Bewerber. Wir brauchen sie in der Wirtschaft und auch bei diesen Beschäftigungen.

Bei den Lehrern muss die Abwanderung gestoppt werden. Schauen Sie einmal in die Absolventenbefragung der Lehrer hinein. Da sagen 60 %, sie entscheiden sich gegen Sachsen wegen der schlechten Arbeitsbedingungen. Da fällt Ihnen Ihre Leuchtturmpolitik der letzten Jahre auf die Füße. Bevor ein Lehrer aufs Land geht, will er wissen: Bekommt mein Partner dort auch eine Arbeit? Habe ich dort die wirtschaftlichen Möglichkeiten? Habe ich schnelles Internet? Habe ich Straßen, die nicht von Schlaglöchern durchfressen sind? Habe ich eine Kita, eine Schule? Habe ich einen Arzt um die Ecke? Das ist das, was in den letzten Jahren liegen gelassen wurde. Da fällt Ihnen Ihre Politik auf die Füße.

Die Studenten bemängeln auch, dass ihnen nicht genug Kompetenz im Studium vermittelt wird. Deshalb haben wir mit unserem Antrag „Verbesserung der Lehramtsausbildung“ gefordert, die Vorabprüfungen einzuführen, um zu prüfen, ob ein Student überhaupt geeignet ist, später einmal vor einer Klasse zu stehen und Lehrer zu werden, und um mehr Praxis in das Studium einkehren zu lassen. Das ist generell wichtig, damit Sie Lehre begreifbar machen. Deshalb mache ich mir ein wenig Sorgen um unser Land und bin gespannt auf die zweite Rederunde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)