Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre Redebeiträge, Frau Wilke, machen für mich vor allem eines deutlich: Das ist die Angst der AfD vor der Kraft der Kunst.
(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsministerin Dr. Eva Maria Stange)
Eine Kunst des politisch Wünschenswerten, die einer bestimmten ideologischen Richtung, einer bestimmten Moral folgt, beraubt sich ihrer Freiheit und des Wertes der Freiheit an sich. Die Kunst ist frei, damit wir frei sein können.
Als letzten Redebeitrag nach zehn Jahren im Plenum wünscht man sich eventuell ein anderes Thema, aber so ist es nun mal. An sich hinterlässt es bei mir auch einen versöhnlichen Abschluss, weil die Debatte deutlich gemacht hat, dass es jenseits des Einreichers hier eine große Einigkeit darüber gibt, auf welcher Grundlage wir Politik machen, nämlich dem Grundgesetz, für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte. Bei aller Auseinandersetzung mit diesen Themen bleibt dieser gemeinsame Grundsatz. Dafür möchte ich mich bedanken.
Ich möchte mich für Ihre Kollegialität und Ihre fordernden Auseinandersetzungen bedanken, ganz besonders bei meinen Kolleginnen und Kollegen Kulturpolitikern Hanka Kliese, Claudia Maicher, Franz Sodann und bei dir, Eva-Maria Stange. Bleiben Sie alle mutig, bewahren Sie Haltung, schützen Sie die Freiheit der Kunst! Alles Gute und adieu.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Die LINKE? – SPDFraktion, Hanka Kliese? – Frau Dr. Maicher? – Dann sind sie am Zug, Frau Dr. Maicher. Zwei Minuten noch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern diese Debatte nutzen, noch darüber zu sprechen, was Kunstfreiheit eigentlich braucht. Ich möchte nach vorn schauen und sagen, was auch dazugehört. Aus meiner Sicht scheint es lohnenswert darüber zu reden, wie frei Kunst unter starkem ökonomischen Druck sein kann,
wenn alles an den Parametern der Wirtschaftlichkeit bemessen ist, und was wir brauchen, auch mit Blick auf die nächste Legislaturperiode, um Kunstfreiheit und die Möglichkeit der Künstlerinnen und Künstler, ihre Kunst auszuleben, zu sichern.
Bemisst sich der Erfolg einer Veranstaltung tatsächlich nach der Anzahl der belegten Sitze oder geht es für viele Menschen eher darum, wie angeregt sie vom Theaterspiel sind, wie sie nach Hause gehen und welche Impulse sie mitnehmen? Können Kunstschaffende ihrem Beruf tatsächlich nachgehen, wenn sie bei schwankenden und oft sinkenden Einkünften und höheren Mieten für Ateliers nicht die finanziellen Aufwendungen erbringen können? Was passiert, wenn eine Ausstellung nicht genügend oder gar keinen Verkauf bringt? Alles das sind Fragen, die uns auch umtreiben sollten, wenn wir über Kunstfreiheit reden, und wo wir im Sächsischen Landtag ganz klar eine Verantwortung haben, etwas zu tun.
Wir brauchen verbindliche Honoraruntergrenzen. Wir brauchen eine bessere Gastspielkonzeption und Rechercheförderung, eine signifikante Erhöhung der Kulturförderung, besonders auch für die freie Szene und die Soziokultur. Wir brauchen ausreichend Personal und finanzielle Mittel und auch eine Neuausrichtung der Kulturstiftung. Wir brauchen regelmäßige Anpassungen der Finanzierung der Kulturräume, damit Kultur vor Ort stattfinden kann. All das sind Punkte, die uns weiterhin beschäftigen und die oft in der Debatte über Kunstfreiheit zurückstehen. Es war mir wichtig, auch das noch einmal anzusprechen.
Gibt es jetzt weiteren Diskussionsbedarf aus den Fraktionen heraus? – Das kann ich nicht feststellen. Oh doch, Sie möchten eine dritte Rederunde eröffnen? – Bitte, Frau Kollegin Wilke. Sie haben noch genau 59 Sekunden.
Noch einmal zur Semperoper. Dass die „Erklärung der Vielen“, wie meine Anfrage ergab, in 76 Besetzungszetteln abgedruckt wurde, setzt dem Ganzen die Krone auf. Jetzt wurde den Mitarbeitern der Staatstheater durch einen neuen Passus in der Hausordnung zu untersagen versucht, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, die Landtagsabgeordneten ihres Vertrauens zu kontaktieren. Selbst erklärt man sich zu den moralisch Überlegenen, die auf der richtigen Seite stehen, und bevormundet andererseits seine Mitarbeiter, ihre Menschen- und Bürgerrechte wahrzunehmen. Ist die Freiheit der Kunst eine Einbahnstraße? Das Fragezeichen hat seine Berechtigung. Bitte tragen Sie dazu bei, dass die Kunst wieder frei wird.
Das war die verbleibende Redezeit von Frau Wilke. Jetzt sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr aus den Reihen der Abgeordneten. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Frau Staatsministerin Stange.
Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere aus dem Grundgesetz, Artikel 5 Abs. 1: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Das sagt unser Grundgesetz und deswegen kann auch die AfD ihre Meinung frei äußern.
Unser Grundgesetz sagt auch, dass Wahlfreiheit existiert. Deswegen kann auch die AfD hier im Landtag sitzen.
Unser Grundgesetz sagt, dass wir in einer Demokratie leben. Deswegen setzen wir uns auch mit den Positionen der AfD auseinander. Ich bin froh, dass wir unser Grundgesetz haben. Es ist aus den Lehren eines verheerenden Krieges entstanden, aus den Lehren einer Unfreiheit einer Gesellschaft, und legt für uns heute noch Regeln des Umgangs miteinander fest, mit denen ich froh bin, dass wir heute eine Stunde der Demokratie erleben können. Auch wenn es mir schwer fällt, der AfD zu danken, will ich es trotzdem an dieser Stelle tun. Denn diese Redebeiträge, die heute zur Freiheit der Kunst gehalten wurden, kann man nachlesen. Die kann man vielleicht auch in den Unterricht einbeziehen und darüber reden, was Freiheit der Kunst in unserem Grundgesetz heißt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheit der Kunst ist der Gradmesser für die gesellschaftliche und demokratische Freiheit. Die Politik hat die Aufgabe, die Räume zur Ausübung der Freiheit zu sichern für die Künstler und die Kunsteinrichtung. Es ist ein Recht der künstlerischen Arbeit, gesellschaftspolitische Fragen zu reflektieren und Position zu beziehen. Daher begrüße ich die „Erklärung der Vielen“, eine Initiative von Künstlerinnen und Künstlern, von Kultureinrichtungen quer durch unser Land, zur Bewahrung der kulturellen Freiheit und der kulturellen Vielfalt. Wir als demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker müssen den Künstlern und den Kultureinrichtungen die Freiheit geben, sich aktiv zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und sie auch engagiert mit ihren Möglichkeiten zu verteidigen.
Kunsteinrichtungen ist die Möglichkeit zu sichern – und da bin ich auch bei Ihnen, Frau Maicher, auch durch die Rahmenbedingungen –, sich zu gesellschaftlichen und politischen Problemlagen zu äußern und kritisch Stellung beziehen zu können. All das ist durch Artikel 5 des Grundgesetzes gesichert. Das ist das Fundament einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Es scheint aber
nicht mehr selbstverständlich zu sein, deswegen müssen wir darüber reden. Deswegen haben sich die Kulturminister in ihrer ersten Sitzung im März zu einer gemeinsamen Erklärung – nicht durchgerungen, sondern sie haben diese gemeinsame Erklärung geschrieben –, wo genau das, was ich gerade versucht habe zum Ausdruck zu bringen, noch einmal zum Nachlesen und Auseinandersetzen festgehalten wurde.
Ich bin dankbar, dass sich unsere Kultureinrichtungen, egal ob Theater, Tanz oder die bildende Kunst, mit Migration, mit Vielfalt in unserer Gesellschaft auseinandersetzen, dass sie Orte der Begegnung schaffen. Ich denke an das Montagscafé im Schauspielhaus oder an „Ich. Stadt. Wir.“ in Bautzen. Das ermöglicht gerade die Begegnung innerhalb dieser Stadt.
Ja, die Meinungsfreiheit ermöglicht uns auch Kontroversen. Deswegen habe ich mich auch gegen Ausgrenzung ausgesprochen. Wir sollten nicht ausgrenzen. Wohin wollen wir denn ausgrenzen? Früher haben wir gesagt: „Dann geht doch nach drüben!“ Das Drüben gibt es nicht mehr. Also müssen wir uns, so schwer es manchmal fällt, damit auseinandersetzen, auch mit Positionen, die uns vielleicht nicht gefallen, die gegen unsere eigene Überzeugung sind. Aber das ist es doch gerade, was unsere Demokratie ausmacht und stark macht. Ich bin davon überzeugt, 30 Jahre nach der Wende, und nach vielen Aufgaben, die ich in dieser Zeit erfüllen durfte, dass unsere Demokratie stark genug ist, sich mit dem Verständnis von Kunst und von Freiheit, wie es bei der AfD existiert, auseinanderzusetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vergangene Woche die Jahresausstellung in Leipzig besucht. Ich habe mit dem Vorstandsvorsitzenden gesprochen. Ich glaube, sie würden heute auch anders entscheiden. Wir sind verunsichert. Ja, wir sind verunsichert, auch unsere Künstlerinnen und Künstler, Kulturschaffenden, und schon gar ein kleiner Verein, der von allen Seiten angegriffen wurde, ist verunsichert. Deswegen ist es unsere Aufgabe, unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker, gewählt in einer Demokratie, dieser Verunsicherung etwas entgegenzusetzen. Das, was heute von Aline Fiedler, Hanka Kliese, Herrn Sodann und Frau Maicher gesagt wurde, ist dem entgegenzusetzen. Damit können wir unsere Künstler, können wir diejenigen, die verunsichert sind, stärken. Wo denn sonst bitte schön soll eine Auseinandersetzung stattfinden, wenn nicht hier im parlamentarischen Raum und in einer Kunst- bzw. Kultureinrichtung? Wo denn sonst?
Auch deshalb, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, hat es mir Spaß gemacht, für die Kultur und die Wissenschaft zuständig zu sein. Ich bedanke mich ganz herzlich für die Jahre des Lernens, die ich zum einen sowohl auf der Seite der Regierung – wie man immer sagt: auf der anderen Seite der Elbe – als auch in der Opposition auf dieser Seite erleben durfte. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, von LINKEN, von GRÜNEN, in der Vergangenheit auch noch die FDP: Auch die Opposition – wir durften das hier erleben – hat ihre Berechtigung und sie muss ihre Berechtigung haben.
Auch das ist unsere Demokratie. Sie treiben uns. Wenn die Beiträge sachlich vorgetragen sind, und das waren die meisten Beiträge, dann können wir auch etwas daraus lernen und etwas mitnehmen. Viele Anstöße sind aus der Opposition gekommen. Das ist so.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen, mit denen ich eng zusammenarbeiten durfte. Ich bedanke mich bei euch, Aline und Hanka. Wir durften zusammen den Koalitionsvertrag mit Holger und anderen schreiben. Wir haben es im Koalitionsvertrag geschafft, dass die Kultur an erster Stelle stand. Auch das war bereits ein deutliches Zeichen. Ich bedanke mich bei allen, die in den Jahren fair mit mir umgegangen sind, auch wenn wir manchmal unterschiedliche Positionen hatten.
Ich wünsche, dass die Demokratie stark bleibt. Ich wünsche, dass wir es schaffen, Demokratie in einem Land, das viele Jahre ohne Demokratie auskommen musste, zu leben, zu gestalten und mit den Menschen auf den Weg zu bringen. Das ist auch unsere Aufgabe. Vielen Dank und ein gutes Weiter so.
(Starker langanhaltender Beifall bei der SPD und der CDU – Beifall bei den LINKEN, den GRÜNEN und der Staatsregierung)
Das war Frau Staatsministerin Dr. Stange. Es gibt eine Kurzintervention, die sich auf ihren Debattenbeitrag bezieht. Bitte, Frau Kollegin Wilke.
dass Herr Axel Krause von der Jahresausstellung ausgeschlossen wurde. Ich finde es auch schade, dass die Frage nach der Hausordnung nicht beantwortet wurde. Im April gab es einen neuen Passus in der Hausordnung unserer sächsischen Theater, nach der den Mitarbeitern untersagt wird, sich direkt an die Abgeordneten zu wenden. Das ist