Eva-Maria Stange

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Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich zitiere aus dem Grundgesetz, Artikel 5 Abs. 1: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Das sagt unser Grundgesetz und deswegen kann auch die AfD ihre Meinung frei äußern.
Unser Grundgesetz sagt auch, dass Wahlfreiheit existiert. Deswegen kann auch die AfD hier im Landtag sitzen.
Unser Grundgesetz sagt, dass wir in einer Demokratie leben. Deswegen setzen wir uns auch mit den Positionen der AfD auseinander. Ich bin froh, dass wir unser Grundgesetz haben. Es ist aus den Lehren eines verheerenden Krieges entstanden, aus den Lehren einer Unfreiheit einer Gesellschaft, und legt für uns heute noch Regeln des Umgangs miteinander fest, mit denen ich froh bin, dass wir heute eine Stunde der Demokratie erleben können. Auch wenn es mir schwer fällt, der AfD zu danken, will ich es trotzdem an dieser Stelle tun. Denn diese Redebeiträge, die heute zur Freiheit der Kunst gehalten wurden, kann man nachlesen. Die kann man vielleicht auch in den Unterricht einbeziehen und darüber reden, was Freiheit der Kunst in unserem Grundgesetz heißt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheit der Kunst ist der Gradmesser für die gesellschaftliche und demokratische Freiheit. Die Politik hat die Aufgabe, die Räume zur Ausübung der Freiheit zu sichern für die Künstler und die Kunsteinrichtung. Es ist ein Recht der künstlerischen Arbeit, gesellschaftspolitische Fragen zu reflektieren und Position zu beziehen. Daher begrüße ich die „Erklärung der Vielen“, eine Initiative von Künstlerinnen und Künstlern, von Kultureinrichtungen quer durch unser Land, zur Bewahrung der kulturellen Freiheit und der kulturellen Vielfalt. Wir als demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker müssen den Künstlern und den Kultureinrichtungen die Freiheit geben, sich aktiv zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und sie auch engagiert mit ihren Möglichkeiten zu verteidigen.
Kunsteinrichtungen ist die Möglichkeit zu sichern – und da bin ich auch bei Ihnen, Frau Maicher, auch durch die Rahmenbedingungen –, sich zu gesellschaftlichen und politischen Problemlagen zu äußern und kritisch Stellung beziehen zu können. All das ist durch Artikel 5 des Grundgesetzes gesichert. Das ist das Fundament einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Es scheint aber
nicht mehr selbstverständlich zu sein, deswegen müssen wir darüber reden. Deswegen haben sich die Kulturminister in ihrer ersten Sitzung im März zu einer gemeinsamen Erklärung – nicht durchgerungen, sondern sie haben diese gemeinsame Erklärung geschrieben –, wo genau das, was ich gerade versucht habe zum Ausdruck zu bringen, noch einmal zum Nachlesen und Auseinandersetzen festgehalten wurde.
Ich bin dankbar, dass sich unsere Kultureinrichtungen, egal ob Theater, Tanz oder die bildende Kunst, mit Migration, mit Vielfalt in unserer Gesellschaft auseinandersetzen, dass sie Orte der Begegnung schaffen. Ich denke an das Montagscafé im Schauspielhaus oder an „Ich. Stadt. Wir.“ in Bautzen. Das ermöglicht gerade die Begegnung innerhalb dieser Stadt.
Ja, die Meinungsfreiheit ermöglicht uns auch Kontroversen. Deswegen habe ich mich auch gegen Ausgrenzung ausgesprochen. Wir sollten nicht ausgrenzen. Wohin wollen wir denn ausgrenzen? Früher haben wir gesagt: „Dann geht doch nach drüben!“ Das Drüben gibt es nicht mehr. Also müssen wir uns, so schwer es manchmal fällt, damit auseinandersetzen, auch mit Positionen, die uns vielleicht nicht gefallen, die gegen unsere eigene Überzeugung sind. Aber das ist es doch gerade, was unsere Demokratie ausmacht und stark macht. Ich bin davon überzeugt, 30 Jahre nach der Wende, und nach vielen Aufgaben, die ich in dieser Zeit erfüllen durfte, dass unsere Demokratie stark genug ist, sich mit dem Verständnis von Kunst und von Freiheit, wie es bei der AfD existiert, auseinanderzusetzen.
Ja.