Protocol of the Session on July 4, 2019

Ein Instrument förderpolitischer Maßnahmen sollten revolvierende Fonds sein. Die kleinen und mittelständischen Betriebe hätten dadurch mehr Handlungsspielraum, was die Entwicklung ihrer Produkte und deren Vermarktung angeht. Nicht zuletzt muss es eine stärkere Einbindung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken in die Förderprogramme für Klein- und Mittelständler(innen) geben. Deren Verantwortung steht doch nun in ihren Statuten festgeschrieben. Ich verstehe überhaupt nicht, warum wir in den letzten Jahren nicht immer wieder an deren Pflicht erinnert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie Sie sehen, müssen wir sehr dicke Bretter bohren, um Gründergeist tatsächlich zu stärken und Unternehmertum zu fördern. Ich habe – und das auch nicht zum ersten Mal – einige Vorschläge gemacht. Bei dem vorliegenden Antrag ist außer einem Danke für gar nichts und für geraubte Lebenszeit nichts geblieben. Wir lehnen ihn daher ab.

(Dr. Rolf Weigand, AfD, steht am Mikrofon.)

(Beifall bei den LINKEN – André Barth, AfD: Frechheit!)

Eine Kurzintervention von Herrn Dr. Weigand.

Vielen Dank, Herr Präsident! Frau Neuhaus-Wartenberg, wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Sie hätten einfach einmal das erste Blatt herumdrehen müssen, dann hätten Sie auf der Rückseite die Forderungen gesehen und gefunden, was wir vorhaben.

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Ach!)

Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie es auch bemerkt. Das ist eben das Problem, wenn man nicht zuhört und vielleicht auch nicht liest. Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE – Susanne Schaper, DIE LINKE: Ich habe gemerkt, wie toll Sie lesen können! – Zuruf des Staatsministers Martin Dulig)

Wollen Sie auf die Kurzintervention reagieren?

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Nee, danke!)

Wir gehen jetzt weiter in der Redereihe. Ich rufe die SPDFraktion auf, Herr Kollege Mann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Weigand, ich muss mich schon ein wenig über diesen Antrag wundern, weil er meinem Eindruck nach unberücksichtigt lässt, was wirtschaftspolitisch in den letzten Jahren passiert ist und was wir erst vor wenigen Wochen im Plenum besprochen haben. Denn erst im April haben wir den Antrag „Sachsens Hochschulen als Keimzellen von Innovation und Unternehmertum“ von der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion beschlossen. Mit diesem Beschluss haben wir eben erst der Staatsregierung verschiedene Aufträge erteilt, die heute zum Teil auch wieder von der AfD begehrt werden. So wird zum Beispiel unter Einbeziehung von Gründerinitiativen und Hochschulen gerade ein Konzept für die kontinuierliche Förderung von Gründungen aus Hochschulen entwickelt, um die Gründungskultur nachhaltig positiv zu beeinflussen. Dabei sollen auch Aspekte der Bereitstellung von personellen und finanziellen Ressourcen aufgezeigt werden. Das geschieht vor dem Hintergrund der endenden EU-Förderperiode.

Sodann hat das Wissenschaftsministerium bereits zum Umsetzungsstand der Zielvereinbarung im Bereich Dritte Mission, also Transfer und Transferbereitschaft, Innovationskraft und Gründergeschehen, berichtet. Wie wir lesen konnten, sind die Hochschulen auf einem guten Weg und damit nicht nur auf einem guten Weg, die vereinbarten Ziele zu erfüllen, sondern auch die zusätzlichen Mittel aus dem Zielvereinbarungsbudget zu erhalten. Wir finanzieren also bereits dauerhaft. Die Koalition handelt darüber hinaus mit dem InnoStartBonus, über den bereits diskutiert wurde. Wir haben ein neues Stipendium an den Start gebracht, welches Innovation in der Start-up-Phase fördert. Es ergänzt die bereits zahlreichen bestehenden Förderinstrumente.

Mit der neuen Innovationsstrategie und dem Technologiebericht 2018 liegen auch umfangreiche Strategien zur Weiterentwicklung auf dem Tisch. Eine Empfehlung, den Technologiegründerfonds übereilt zu überarbeiten, habe ich dem aber nicht entnehmen können. Ich habe ihn gelesen; das empfehle ich Ihnen auch. Erst recht steht nicht darin, dass man einen Nachtragshaushalt auflegen sollte und alles neu machen müsste. In Zukunft – aber damit lasse ich es mit zukünftigen Wahlprogrammen bewenden – plant die SPD, den Gründerfonds derart weiterzuentwickeln, dass Gründungs- und Wachstumskapital stärker bereitsteht. Das ist eine Maßnahme, die aber in Ruhe und solide – gerade wenn es um solche Finanzen geht, die im privaten Bereich vom Steuerzahler eingesetzt

werden – vorbereitet werden sollte. Erst dann kann sie regulär mit Aufstellung des Doppelhaushaltes 2021/2022 ins Verfahren gebracht werden.

Meine Damen und Herren von der AfD, ich habe Ihren Antrag tatsächlich gelesen. Er ist ja auch nur anderthalb Seiten lang. Ich kann nur sagen: Punkt 1 a und 1 b sind durch Kleine Anfragen hinreichend beantwortet und bekannt. Punkt 1 c und Punkt 2 sind bereits seit April 2019 in Umsetzung. Punkt 3, dazu hatte ich gerade ausgeführt – Gründerfonds –, bewerten wir nicht als zielführend. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Sie hätten hier gern mit Oboen und Hörnern tönen können, es wäre vermutlich innovativer gewesen als dieser Antrag. Wir werden ihn daher ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Martin Dulig)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ergreift nun Herr Dr. Lippold das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche nicht über Heiko. Ich erzähle auch keine Geschichten. Ich spreche über die AfD und ihren unsinnigen Antrag.

Es beginnt damit, dass es Ihnen noch gar nicht aufgefallen ist, dass in der Realität die Zielvereinbarung mit den Hochschulen und die vier Gründerinitiativen an sächsischen Hochschulen zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Zielvereinbarungen zum Thema Ausgründung und Transfer gibt es mit fast allen Hochschulen. Wie diese von der Transferstelle bis zur Professur umgesetzt werden, liegt in deren Ermessen. Die Gründerinitiativen SAXEED in Chemnitz, EXIST in Dresden, SMILE in Leipzig und die Gründerakademie an der Hochschule Zittau/Görlitz sind etwas ganz anderes, anders finanziert und anders strukturiert. Sie werfen das in Ihren Forderungen zu Punkt 2 einfach in einen Topf.

Sie steigern sich noch in Ihrem Antrag. Mit Ihrer Begründung zu Punkt 3 diskutieren Sie Anlaufkurven, Mittelausreichungen, Meilensteinpläne etc. Für das Technologiegründerstipendium im Antrag fordern Sie unter Punkt 3 die Überarbeitung der Förderrichtlinie für den Technologiegründerfonds: wiederum völlig verschiedene Dinge.

(Staatsminister Martin Dulig: Richtig!)

Nehmen wir einmal an, Sie meinen das, was Sie schreiben, nämlich den Förderzeitraum des Technologiegründerfonds TGFS auf fünf Jahre zu verlängern, ernst. Bereits heute hält der TGFS seine Beteiligung meist länger als fünf Jahre. Denn erst 2027 sind Exits geplant, zum Beispiel durch Weiterverkauf. Die Forderung ist also völlig überflüssig und nicht begründbar. Der Nachweis der Firmengründung soll erst nach 24 Monaten eingefordert werden. Das geht aber nicht, denn der TGFS kann sich nur an bereits gegründeten Unternehmen beteiligen,

also: kompletter Unsinn. Sachmittel für die Entwicklung von Pilotprodukten und Reisekosten in bestimmter Höhe auszuweisen ist unnötig. TGFS prüft Businesspläne und schaut auf die Unternehmensentwicklung. Da diskutiert man schon einmal mit der Geschäftsführung über strategische Ausrichtungen, aber doch nicht über die Mittelverwendung von 5 000 Euro Reisekosten. Das sind doch keine Drittmittelprojekte an Hochschulen, Herr Weigand. Das sind reale Wagnisse kapitalfinanzierter Unternehmen.

Die AfD möchte Meilensteine einführen. Die einzelnen Tranchen werden im TGFS stets erst nach der Erfüllung von Meilensteinen freigegeben.

Einen Nachtragshaushalt braucht es nicht, weil alle anderen Punkte unsinnig sind.

Den Technologiegründerfonds können Sie also wirklich nicht meinen. So lässt das krasse Auseinanderklaffen von Inhalt und Begründung zu Ziffer 3 nur den Schluss zu, dass Sie zwar eigentlich über das Gründerstipendium reden wollten, doch Begriffe und Inhalte der verschiedenen Instrumente in der Gründungs- und Wachstumsfinanzierungslandschaft einfach nicht auseinanderhalten

können.

Damit könnte man die Befassung eigentlich beenden und dies unter „AfD-Bullshit-Bingo“ abheften.

(Heiterkeit der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE)

Doch einen Hinweis gestatte ich mir noch: Der AfDAntrag ist nicht nur inhaltlich miserabel, er blendet auch die Mehrzahl sächsischer Gründerinnen und Gründer einfach völlig aus. Gegründet wird auch und besonders im ländlichen Raum nämlich vor allem im Dienstleistungsgewerbe – das sind zwei Drittel aller Gründungen – und im Handwerk. Das sind vielfach keine Hightech-Startups, sondern Alltagsgeschäftsideen, die jedoch Arbeit und Lebensqualität im ländlichen Raum schaffen.

So ist es einfach nur ein schlechter Witz, dass Sie im ländlichen Raum für Ihre hohlen Sprüche gewählt werden, die Existenzgründer und deren spezifische Interessen aber einfach ignorieren.

Ihr Antrag zum Gründergeist ist in Wahrheit Ausdruck einer Geisterdebatte. Er richtet sich keinesfalls auf die effektive Förderung des Unternehmertums, wie die Überschrift suggeriert. Er richtet sich auf die Produktion einer kampagnenfähigen Überschrift kurz vor der Wahl. Dahinter steht nichts, absolut nichts, insbesondere nichts, was Sachsen voranbringt.

Im Gegenteil: Wie gestern schon in der Windkraftdebatte angesprochen, ist Ihr Wirken vor Ort eben nicht auf Lösungen ausgerichtet, sondern nimmt in Kauf, Probleme zuzuspitzen und weitere Empörung darüber zu schüren. Denn je größer die Schwierigkeiten, desto größer das erhoffte Empörungspotenzial, das Sie zu heben gedenken – ohne jede Lösungskompetenz.

Das ist in einem derart hohen Maße zerstörerisch für das Gemeinwesen, dass man auch angesichts dieses letzten

AfD-Antrags in der 6. Wahlperiode noch einmal wiederholen muss: Auf keinen Fall, auf gar keinen Fall dürfen Sie auch nur in die Nähe von Macht kommen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN, der SPD und vereinzelt bei der CDU – André Barth, AfD: Das wird alles nicht helfen!)

Mit Herrn Dr. Lippold von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die erste Rederunde abgeschlossen. Ich frage jetzt Herrn Dr. Weigand: Möchten Sie eine weitere Rederunde eröffnen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es noch Redebedarf aus den Fraktionen heraus? – Auch das ist nicht der Fall. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Das Wort ergreift Herr Staatsminister Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Unternehmertum, Gründen und Wissenstransfer sind wichtige Ziele der Sächsischen Staatsregierung. Die Innovationskraft ist nun einmal entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg.

Im Freistaat Sachsen wird mit dem Technologiegründerstipendium ein effizientes Fördermittel der wissens- und technologieintensiven Gründerförderung angeboten. Die Gründerinitiativen an den Hochschulen gehen gemeinsam mit Unternehmern und Gründern den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft an. Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit Sachsens braucht es mutige Gründer, innovative Unternehmen, Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft und unternehmerisches Handeln und Denken.

Wir wissen aus Erfahrung, dass Unternehmensgründungen eine wichtige Triebfeder für unsere erfolgreiche Wirtschaft sind. Sachsen ist ein Land der Start-ups; das haben die Erfindungen der Melitta-Tüten, der Zahncreme oder der Waschmaschine mit gelochter Wäschetrommel Anfang des letzten Jahrhunderts bewiesen. Das zeigen auch die vielen Gründer, die mit ihrem Unternehmergeist seit 1990 erfolgreich Firmen in Sachsen aufgebaut haben.

Jetzt ist es Zeit für eine neue Gründergeneration. Um mit dem von mir sehr geschätzten Musiker Funny van Dannen zu sprechen: „Baut kleine geile Firmen auf!“; das ist das Lied, mit dem er dazu aufruft: Tut etwas!

Ja, der digitale Wandel verändert althergebrachte Wertschöpfungsketten und bewegt ganze Branchen. Das Gründungsgeschehen, vor allem auch die Gründungsszene im Freistaat Sachsen hat sich in den vergangenen Jahren durchaus positiv entwickelt.

(Zuruf von der AfD: Ohne Worte!)

In dieser Legislaturperiode ist Sachsen zu einem attraktiven Standort für Gründer geworden. Das wollen wir weiter ausbauen.

Das wissen die Gründer auch zu würdigen. Ich bin sehr stolz darauf, dass die Gründer selbst der sächsischen

Landesregierung ein besonderes Lob ausgesprochen haben: Im Deutschen Start-up Monitor 2018 rangiert Sachsen vor Berlin, vor Bayern und vor BadenWürttemberg.