Protocol of the Session on April 10, 2019

– Auch eine Art und Weise, mit Anträgen der Opposition umzugehen.

(Anhaltende Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zweieinhalb Jahren haben die GRÜNEN mit dem Antrag „Gesundheitsfolgen durch den Klimawandel ernst nehmen – im Aktionsplan ,Klima und Energie‘ angekündigte Maßnahmen endlich umsetzen“ dieses Thema schon einmal auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt. Schon damals wurde deutlich, dass die gesundheitlichen Risiken der Klimaerhitzung und die nötigen Gegenmaßnahmen weit unten auf der Prioritätenliste der Regierung stehen – um es einmal vorsichtig auszudrücken.

Der Londoner Umwelt-Epidemiologe Shakoor Hajat kam im Interview mit der „Zeit“ vom 13. Dezember 2018 zur Prognose, die Zahl der Hitzetoten könne sich bis 2050 sogar verdreifachen. Mit dieser Meinung steht der Wissenschaftler mitnichten allein – deshalb ist die ignorante Haltung der Staatsregierung und zumindest einer der Regierungsparteien fatal und auch ein Stück weit verantwortungslos.

Auch eine kürzlich vom Münchner Helmholtz Zentrum veröffentlichte Studie mit Daten aus dem Zeitraum von 28 Jahren befand: „Wegen der Hitze ist das Herzinfarktrisiko in den vergangenen Jahren gestiegen. In der jüngeren Zeit steigt das Herzinfarktrisiko mit zunehmender täglicher Durchschnittstemperatur stärker als im vorangegangenen Untersuchungszeitraum.“ Die Studie legt mehr als nahe, dass hohe Temperaturen als Auslöser für einen Herzinfarkt häufig mitgedacht werden sollten – insbesondere mit Blick auf die Klimaerhitzung.

Wie wir wissen, können die Rettungskräfte in Sachsen wegen multifaktorieller Probleme der letzten Jahre die Hilfsfrist von 12 Minuten nur schwer einhalten – was das Risiko eines tödlich verlaufenden Herzinfarkts in Sachsen zusätzlich erhöht –, und wir führen die Statistik der Herzinfarkte an.

Selbst angesichts des extremen Hitze- und Dürresommers 2018 sieht diese Staatsregierung – das kann man der Stellungnahme entnehmen – keine Veranlassung, sich auf künftige Extremwetterlagen einzustellen. Sie müsste aber zum Beispiel, wie im Antrag gefordert, die Erstellung und Umsetzung regionaler Hitzeaktionspläne koordinieren. Wahrscheinlich sind Frau Staatsministerin Klepsch und Herr Staatsminister Schmidt wie im Jahr 2016 leider immer noch der Meinung, es reiche wohl aus, den Newsletter des Deutschen Wetterdienstes abonniert zu haben.

(Staatsministerin Barbara Klepsch: Das ist unverschämt!)

Wenn ein Pflegeheim, eine Kita oder eine sonstige besonders betroffene Institution es nicht macht, dann ist es ebenso. Ich zitiere: „Eine zentrale Koordinierung der Hitzeaktionsplanung erscheint durch die Beteiligung der vielen betroffenen Ressorts und Institutionen insbesondere vor dem Hintergrund der vorhandenen Personalressourcen nicht sachgerecht.“ Das schreiben Sie in Ihrer Stellungnahme. Es ist also nicht erfunden und es sind auch keine bösartigen Unterstellungen. Es steht einfach so da. Ja, so viele betroffene Ressorts und Institutionen. Das klingt nach Arbeit, und Personal dafür haben wir auch nicht. Dann lassen wir es also lieber gleich.

Meine Damen und Herren! Sie machen es sich, wie ich finde, ziemlich einfach. Verantwortungsvolles Regierungshandeln sieht anders aus. Eigentlich geben Sie damit zu, dass Ihnen auch in diesem Bereich Ihre Personalabbaupolitik der letzten Jahrzehnte auf die Füße fällt – zulasten der Gesundheit der sächsischen Bevölkerung.

Zum Glück gibt es auf kommunaler Ebene durchaus politische Initiativen, die sich der Problematik stellen, wenn schon auf Sie kein Verlass ist. So hatte der Chemnitzer Stadtrat bei seiner letzten Sitzung am Mittwoch vor einer Woche einen Beschlussantrag der Fraktion DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einstimmig angenommen, dass bei Neubau- und Sanierungsmaßnahmen der Stadt Chemnitz künftig eine Fassadenbegrünung geprüft wird, dass Fassadenbegrünungen als Ausgleichsflächen für öffentliche und private Bauherren anerkannt werden und dass ein Förderprogramm für die Begrünung in Höhe von jährlich 50 000 Euro eingeführt wird.

Fassadenbegrünung ist eine Maßnahme, die Herr Zschocke vorhin angesprochen hat – leicht umsetzbar und auch relativ zügig gemacht. Sie trägt zur CO2-Reduzierung bei und fördert die Abkühlung der Städte. Gerade bei lang anhaltenden Hitzeperioden wie im Sommer 2018 und – wie von Herrn Zschocke bereits ausgeführt – gerade bei enger Bebauung. Damit trägt dieses einfache stadtplanerische Element auch zum Schutz der Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern bei.

Das von den GRÜNEN unter Abschnitt II Punkt 3 geforderte Landesförderprogramm wäre also durchaus eine Möglichkeit, dass der Freistaat auch andere sächsische Kommunen bei solchen Schritten unterstützt. Wieso ein solches Programm laut der Stellungnahme der Staatsregierung zum vorliegenden Antrag in vollständiger Konkurrenz zu anderen ähnlich gelagerten Programmen von Freistaat, Bund und EU stehen soll, erschließt sich uns nicht wirklich. Lieber mehr solcher Programme als zu wenig, schließlich haben Sie sich in den letzten Jahren nicht gerade mit Maßnahmen überschlagen, die Gesundheitsrisiken infolge der Klimaerhitzung abmildern könnten.

Der Antrag der Fraktion der GRÜNEN setzt aus unserer Sicht ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung und bietet gute Ansätze, um der Problematik auf landespolitischer Ebene zu begegnen, die wir als LINKE selbstverständlich unterstützen können. Meine Fraktion wird dem Antrag daher zustimmen.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Für die SPDFraktion spricht Frau Abg. Lang.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dem Anliegen von Frau Schaper nachkommen und respektvoll mit diesem Antrag umgehen.

Dass der Klimawandel nicht vor Landesgrenzen haltmacht, ist nicht zu bestreiten. Vor drei Jahren haben wir hier einen ähnlichen Antrag der Fraktion der GRÜNEN bearbeitet. Ich hatte Ihnen damals von Melomies erzählt, den Beutelschwanzratten, deren Lebensraum, eine Insel in Australien, durch den steigenden Meeresspiegel zerstört wurde. Damals, vor drei Jahren, waren sie gerade ausgestorben durch den vom Menschen verursachten Klimawandel.

Seitdem sind die Sommer nicht kühler geworden. Will man ein etwas drastisches, aber leider realistisches Bild zeichnen, dann kann man sagen, dass seitdem in Australien die Koalas, von der Sommersonne gebraten, fast von den Bäumen fallen, weil es dort fast nicht mehr auszuhalten ist.

Natürlich ist extreme Hitze nur eine Seite des Klimawandels. Extreme Kälte gibt es ebenfalls, wie wir in diesem Winter erfahren mussten. Viel extremer ist es noch bei den Nordamerikanern.

Es sind die Wetterextreme, die zunehmend Natur und Menschen zu schaffen machen. Gerade bei Hitze sind es vor allem die besonders Hilfebedürftigen, für die deutlich erhöhte gesundheitliche Gefahren bestehen, zum Beispiel Säuglinge und Kleinkinder oder ältere und kranke Menschen.

Dass Vorbereitungen sinnvoll sind, dürfte jedem klar sein. Hitzeaktionspläne können dafür ein Mittel sein. Sie können helfen, um die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels bzw. der Hitze effektiv zu kommunizieren. Dadurch würden wir vermutlich ein angepasstes Verhalten der Menschen erreichen. So können wir letztlich einen besseren Schutz für die Menschen bieten; denn Hitzeaktionspläne sind nicht verhaltens- und verhältnispräventiv.

Deswegen finde ich es gut, dass sich das Sozialministerium zum Thema Hitzeaktionsplan auf den Weg gemacht hat, wie wir der Antwort der Staatsregierung entnehmen können. Ich denke, dass die Staatsministerin über den Erfahrungsaustausch vom Februar dieses Jahres berichten wird und auch darüber, wie die weitere Arbeit auf regionaler Ebene geplant ist.

Da eine zentrale landesweite Koordinierung am Personalmangel scheitert – zumindest lese ich das aus der Stellungnahme heraus –, sollten wir uns an dieser Stelle noch einmal Gedanken machen. Mir scheint, das Thema ist durchaus im Bewusstsein und Handeln der Regierung angekommen. Sie sollte nun auch die Möglichkeit bekommen, die nötigen Maßnahmen gut auszufüllen.

Die grundsätzliche Idee der GRÜNEN hinsichtlich eines Programms „Grüne Kommune“ ist meines Erachtens vollkommen richtig. Die Staatsregierung verweist in ihrer Stellungnahme auf das Programm „Zukunft Stadtgrün“. Ich habe dazu in den Haushaltsplan geschaut, den wir gemeinsam Ende des letzten Jahres beschlossen haben. Ziel dieses Programmes ist es, die Städte und Gemeinden bei der Umsetzung von städtebaulichen Maßnahmen zur Verbesserung der urbanen grünen Infrastruktur zu unterstützen. Es geht dabei nicht nur darum, das Stadtklima zu verbessern und die biologische Vielfalt zu erhalten, sondern auch um Umweltgerechtigkeit, ein Punkt, den wir nicht unterschätzen dürfen, gerade in großen Städten.

Für mich fällt zudem darunter, dass es in der ganzen Stadt Bäume, Parks und Grünflächen geben muss, nicht nur in den Wohngebieten, in denen Einfamilienhäuser und Villen stehen, sondern auch dort, wo viele Menschen gemeinsam wohnen. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, ein wenig in der Natur zu sein.

Mit dem Geld von Bund und Land haben wir in Sachsen in diesem Jahr 3 Millionen Euro und im Jahr 2020 sogar 4,2 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommt von den Kommunen jeweils ein weiteres Drittel an Geld. Das scheint erst einmal eine vernünftige Summe zu sein, mit der man vieles begrünen kann. Leider weiß ich nicht, wie das Programm angenommen wird oder ob es überzeichnet ist. Im Haushaltsplan steht, dass im Jahr 2017 sieben Gemeinden in das Programm aufgenommen worden sind. Vielleicht kann die Staatsregierung nachher noch etwas genauer hierüber informieren.

In jedem Fall halte ich es für sinnvoller, den Weg über eine mögliche Stärkung des bestehenden Programms zu gehen, als eine Verwirrung stiftende Konkurrenz aufzubauen. Falls das Programm schon stark ausgelastet wäre, sollten wir eher darüber nachdenken, das Engagement der Landesregierung in diesem bestehenden Rahmen auszubauen.

Aus diesen Gründen würden wir dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN heute nicht zustimmen. Ich möchte aber nicht mit einem negativen Fakt schließen,

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aber jetzt! Drei Minuten!)

sondern ausdrücklich betonen, dass wir das Anliegen des Antrags, insbesondere die Hitzeaktionspläne, unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange)

Für die AfDFraktion Herr Hütter, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe GRÜNE, Sie können sich vorstellen, dass wir Ihrem Klimahype nicht folgen wollen und auch Ihrer fürchterlichen Panikmache nicht und

(Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange: Das sagen die Richtigen!)

des Weiteren nicht dem Missbrauch unserer Schüler während der Schulzeit. Deswegen: Wir lehnen Ihren Antrag ab.

Herzlichen Dank. Den Rest meines Redebeitrags gebe ich zu Protokoll.

(Beifall bei der AfD – Valentin Lippmann, GRÜNE: Das ist auch besser so!)

Danke schön, Herr Lippmann.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Bitte, Herr Hütter! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir hätten auch lieber Herrn Urban gehört!)

Gibt es jetzt noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Frau Ministerin, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem vorliegenden Antrag sind ganz verschiedene Bereiche angesprochen, wie Gesundheit, Umwelt, Städtebau, Stadtplanung, Landwirtschaft. Er ist sehr umfangreich und ich möchte daher an dieser Stelle meine Rede auch zu Protokoll geben, damit Sie in Ruhe von Ihnen noch einmal nachgelesen werden kann.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der SPD)

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zum Schlusswort. Das hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Zschocke, bitte.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig, auf eine zum Teil zu Protokoll gegebene Debatte noch sinnvoll zu reagieren. Dazu müsste ich es erst einmal gelesen haben. Ich will noch einmal auf die Stellungnahme der Staatsregierung eingehen, auch auf den Einwand, dass ein ressortübergreifender Erfahrungsaustausch zum Thema Hitzeaktionsplanung nicht sachgerecht sei.

Ich finde, das ist nicht wirklich ein Argument, Frau Klepsch, sondern das ist dann schon eher eine Ausrede. Ich hätte mich auch dafür interessiert, was Sie zu dem im Februar stattgefundenen Erfahrungsaustausch zu berich

ten haben, aber ein Erfahrungsaustausch ersetzt eben noch nicht entschlossenes politisches Handeln. Sie haben in Ihrer Stellungnahme auch auf die Projektstelle zur Qualifizierung der klimatologischen Datengrundlagen im Freistaat Sachsen abgestellt. Es ist nicht falsch, so eine Stelle einzurichten, allein mit dem Ziel unseres Antrags hat das nur bedingt etwas zu tun. Für die Planung und Implementierung bevölkerungsbezogener Maßnahmen während Hitzewellen müssten Sie eben auch die Krankenkassen, Pflegekassen, KV, Landesärztekammer mit ins Boot holen.

Ich will noch einmal zusammenfassend sagen, das Thema betrifft wirklich viele, viele Menschen in Sachsen. Große Teile der Stadtbevölkerung werden künftig noch stärker betroffen sein. Die Stadt Dresden hat schon im Jahr 2017 eine Klimaumfrage gemacht. Da hat sich die Mehrzahl der Befragten – das muss man sich noch einmal genau anschauen, sie ist im Netz veröffentlicht, das können Sie alle nachlesen – für mehr schattige Haltestellen, für Fußwege, die beschattet sind, ausgesprochen. Eine Mehrzahl hat gesagt, wir wollen weniger Beton, mehr Grünflächen, mehr Fassadenbegrünung, mehr Wasserflächen, mehr Trinkbrunnen. Auch der Wunsch nach öffentlichen Frühwarnsystemen wurde von der Mehrzahl der Befragten deutlich formuliert. Ich appelliere noch einmal an Sie: Nehmen Sie diese Bedarfe ernst, gehen Sie auf diese Entwicklung ein und unterstützen Sie unser Anliegen und unseren Antrag!

Herzlichen Dank.