Protocol of the Session on April 10, 2019

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wer der Drucksache 6/16431 seine Zustimmung geben möchte, zeigt das bitte an. – Vielen Dank. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen, zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden, meine Damen und Herren. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

(Widerspruch des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Herr Schiemann, brauchen Sie eine Auszeit?

(Heiterkeit bei der CDU, den LINKEN und der SPD)

Das ist offenbar nicht der Fall, aber Herr Schiemann ist unerschütterlich und redet einfach weiter.

(Marko Schiemann, CDU: Weil mich das einfach ärgert, Herr Präsident, wenn hier immer gegen den ländlichen Raum gearbeitet wird und die Städte können alles machen! Das ist einfach unehrlich! – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Schiemann, ist das ein Debattenbeitrag, der mit zu Protokoll genommen werden soll? – Dann hätten es jetzt nur die Stenografen etwas schwer. Ich darf Sie auf unsere Geschäftsordnung hinweisen. Wenn Sie etwas sagen möchten, dann können Sie an das Mikrofon treten. Dann

wird der Beitrag entsprechend gewürdigt werden. Das muss Sie dann nicht mehr ärgern.

Erklärungen zu Protokoll

Klimaschutz ist ein Politikfeld, das besonders auch die junge Generation beschäftigt – und das ist auch gut so!

Man wünschte sich aber auch Sachlichkeit und Ehrlichkeit in der Debatte. Klimaschutz bedeutet immer auch Verzicht, und zwar auf Konsum, auf das Reisen und auf billige Produkte aus Übersee. Und ja – das geht jeden etwas an. Maß und Mitte halte ich umso mehr bei diesem Thema für entscheidend, gilt es doch, alle Bürger zu sensibilisieren.

Zum Antrag. Sie fordern die Kartierung von Risikogebieten für besondere gesundheitliche Hitzebelastungen in Verbindung mit den soziodemografischen Daten der betroffenen Regionen, die Erstellung und Umsetzung von regionalen Hitzeaktionsplänen auf der Grundlage der „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, die Etablierung eines Landesförderprogramms „Grüne Kommunen“ für Stadt- und bauplanerische Maßnahmen zu Begrünung, Abkühlung, Verschattung, Durchlüftung und den Gesundheitsschutz während der Hitzeperioden in den Städten.

Im Rahmen der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag wird deutlich, dass sich die Staatsregierung den Folgen des Klimawandels durchaus bewusst ist und Anpassungsmaßnahmen ebenfalls für notwendig hält. Grundsätzlich sind dafür die jeweiligen Ressorts für ihre Fachbereiche zuständig.

So ist beispielsweise das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Partner im EU-Projekt „LOCAL ADAPT – Klimaanpassung für kleinere und mittlere Kommunen“, welches der Beratung und Unterstützung der Kommunen für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel dient. Hierzu kann jede Kommune einen Beitrag leisten. Die Gemeinde Ebersbach im Landkreis Meißen beispielsweise überlegt, die Randstreifenmahd künftig einzuschränken, um Nistplätze für Bodenbrüter zu ermöglichen.

Hinsichtlich der Kartierung von Risikogebieten ist aktuell vorgesehen, dass im Rahmen der Tätigkeit des LfULG hinsichtlich der Untersuchungen zum Klimawandel auch die Hitzebelastung für die Bevölkerung betrachtet wird. Die Ergebnisse dazu sollen Ende des Jahres 2020 vorliegen. Weiterhin ist auf die Bereitstellung einer klimatologischen Datengrundlage im Rahmen des regionalen Klimainformationssystems für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu verweisen.

Die Erstellung und die Umsetzung von regionalen Hitzeaktionsplänen sollte auf kommunaler Ebene und nicht auf

Landesebene umgesetzt werden, da vor Ort der Bedarf am ehesten bekannt ist. Da spielen natürlich auch die Faktoren Geographie, Verkehr und Baumbestand eine Rolle.

Ein eigenes Landesprogramm erscheint uns allerdings nicht notwendig. So unterstützen der Bund und der Freistaat Sachsen das Programm „Zukunft Stadtgrün“ Kommunen mit mindestens 2 000 Einwohnern dabei, ihre urbane grüne Infrastruktur aufzuwerten, besser zu vernetzen und damit die Lebensqualität zu verbessern. Gefördert wird damit unter anderem die Anlage, Sanierung bzw. Qualifizierung und Vernetzung öffentlich zugänglicher Grün- und Freiflächen, die Verbesserung des Stadtklimas oder der Erhalt der biologischen Vielfalt. Eines weiteren Programms bedarf es daher nicht.

Ihr Antrag ist daher durch die Koalition folgerichtig abzulehnen.

Der vorliegende Antrag der GRÜNEN ist Ausdruck einer in den letzten Monaten eskalierenden Panikmache, die jeglicher rationalen Grundlage entbehrt. Mittlerweile werden sogar unsere Schüler für Ihre Zwecke instrumentalisiert und missbraucht. Sie sehen den angeblichen Klimawandel nun also auch noch als Bedrohung für unser aller Gesundheit an und wollen mit entsprechenden Maßnahmen gegensteuern.

Kommen wir einmal auf die Fakten zurück. Die Anzahl heißer Tage mit Temperaturen über 30 °C hat sich im deutschen Mittel in den letzten 30 Jahren von sechs Tagen pro Jahr auf zehn Tagen pro Jahr erhöht. Wir haben also gerade einmal vier Tage pro Jahr mehr schönes Wetter. Regional sind die heißen Tage aber sehr unterschiedlich verteilt gewesen – auch in den Rekordsommern 2003, 2015 und 2018. Sachsen hat große Gebirgsanteile und war weniger stark betroffen als südliche Bundesländer.

Dann betrachten wir einmal die gesundheitlichen Auswirkungen des Wetters: Vor allem für heiße Tage wird eine massive Auswirkung auf das Herz-/Kreislaufsystem angenommen. Die Wahrheit ist aber, dass die HerzKreislauf-Sterblichkeit in den Wintermonaten am höchsten und im Sommer am niedrigsten ist. Eine Studie des Umweltbundesamtes zeigte, dass Gleiches für die Anzahl der Krankenhauseinweisungen gilt.

Nach Ihrer Logik müssten die südlichen und damit heißen Länder Europas mehr Herz-/Kreislaufkranke haben. Es ist aber genau umgekehrt. Spanien, Italien, Portugal, Griechenland – alle haben eine geringere Anzahl an Kranken und die kühleren Regionen wie Dänemark, Norwegen und Schweden wesentlich mehr als in Deutschland. Warum ist das so?

Das, was Sie und die gängigen Prognosen für die Zukunft völlig außer Acht lassen, ist die Adaption, also die Anpas

sung des Organismus an geänderte klimatische Bedingungen. In Spanien war es schon immer warm, also ist die Bevölkerung entsprechend angepasst. Dass es diese Effekte gibt, zeigte das Robert-Koch-Institut in einer Übersichtsarbeit.

Zu guter Letzt lassen Sie die positiven Auswirkungen von Warmperioden auf die Gesundheit der Bevölkerung völlig außer Betracht. Sogar das Robert-Koch-Institut sieht die positiven Auswirkungen in nicht unerheblichem Maße. Ich zitiere das Robert-Koch-Institut: „Die touristischen Ströme in Richtung Süden sind ein ansehnlicher Beleg für die Sehnsucht des mitteleuropäischen Menschen nach Wärme und Sonnenschein [...]. Diese allgemeine, sicherlich von den meisten Menschen geteilte Lebenserfahrung sollte den Blick öffnen für mögliche positive gesundheitliche Auswirkungen des Klimawandels.“

Warmperioden werden zu weniger psychischen Erkrankungen führen, und Glätteunfälle sowie Verletzungen reduzieren sich. Außerdem wird besseres Wetter zu mehr körperlicher Aktivität führen, was über die verbesserte Fitness allgemein zu weniger Krankheitslasten führen wird.

Ihr Antrag entbehrt also jeglicher Relevanz und ist rational betrachtet überflüssig. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

Der Wandel des Klimas stellt Politik und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Der Sommer 2018 ist vielen noch in deutlicher Erinnerung. Es gibt pessimistische Prognosen, wonach derartige Sommer in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr als Ausnahme bezeichnet werden können. Auch wenn niemand exakt vorhersagen kann, wie stark die Änderungen letztendlich ausfallen werden, müssen wir uns darauf vorbereiten, dass durch den Klimawandel extreme Wettersituationen zunehmen werden. Dies sind vor allem anhaltende Hitzeperioden, Perioden mit starken Niederschlägen und Sturmgeschehen.

Um die Folgen und Risiken zu minimieren, sind zielgerichtete Anpassungsmaßnahmen notwendig. Betroffen sind vor allem die Bereiche Umwelt und Landwirtschaft, Gesundheit sowie Städtebau und Stadtplanung. Die jeweiligen Ressorts und Fachbereiche sind dabei grundsätzlich für die Analyse und Bewertung sowie die Entwicklung notwendiger Anpassungsmaßnahmen selbst verantwortlich. Eine fachlich gebotene Zusammenarbeit und ein Austausch unter den betroffenen Ressorts sind dabei selbstverständlich und unabdingbar.

Mit dem vorliegenden Antrag hat die Fraktion

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN drei Aufforderungen an die Staatsregierung gerichtet: Als Erstes wird gefordert, Risikogebiete für besondere gesundheitliche Hitzebelastungen in Verbindung mit den soziodemografischen Daten der betroffenen Regionen zu kartieren. In diesem Zusammenhang wird gegenwärtig durch das LfULG das Projekt „Klimawandel – Aspekte zur Landnutzung, Infrastruktur,

Biometeorologie“ durchgeführt, das die Grundlagen für eine solche Kartierung liefern wird.

Zwei Teilvorhaben sind dazu vorgesehen: erstens eine technische Klimatologie, unter anderem zur Gebäudeklimatisierung im 1-Kilometer-Raster auf der Grundlage der aktuelleren Referenzdaten des Deutschen Wetterdienstes erarbeitet, zweitens eine Klimatologie zur biometeorologischen Belastung der Wohnbevölkerung infolge des Einflusses der Luftfeuchte und des Windes ebenfalls im 1Kilometer-Raster.

Es wird erwartet, dass die Ergebnisse Ende des Jahres 2020 flächendeckend für Sachsen vorliegen. Die demografischen Daten können in einen zweiten Schritt einbezogen werden. Allerdings ist noch nicht sicher, ob die demografischen Daten in ausreichender Genauigkeit zur Verfügung stehen werden. Hier sind insbesondere datenschutzrechtliche Fragen zu klären.

Die zweite Aufforderung an die Staatsregierung lautet, die Erstellung und Umsetzung von regionalen Hitzeaktionsplänen zentral zu koordinieren. Grundlage dafür sollen die „Handlungsempfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit“ vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sein. Eine zentrale Koordinierung der Hitzeaktionsplanung ist aus unserer Sicht durch die Beteiligung der vielen betroffenen Ressorts und Institutionen, insbesondere vor dem Hintergrund der Personalressourcen, nicht sachgerecht. Vielmehr soll der Erfahrungsaustausch verstetigt, die Vernetzung und Fortbildung auf regionaler Ebene unterstützt und ausgebaut werden.

Auf Initiative des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz fand im Februar dieses Jahres ein ressortübergreifender Erfahrungsaustausch zum Thema Hitzeaktionsplanung statt. Dieser Austausch diente dazu, die bereits bestehenden vielfältigen Maßnahmen, aber auch offene Handlungsbedarfe zu erfassen. Darüber hat mein Haus die Gesundheitsämter in Sachsen sowie in Brandenburg befragt, inwieweit auf ihrer Ebene eine Hitzeaktionsplanung besteht und insbesondere inwieweit die Handlungsempfehlungen für die Hitzeaktionsplanungen angewendet werden.

Es hat sich gezeigt, dass das Thema in den sächsischen Gesundheitsämtern engagiert umgesetzt wird, wobei jedoch durchaus noch Handlungsbedarfe offen sind. Eine Veranstaltung zum Thema Gesundheit im Klimawandel für die sächsischen Gesundheitsämter und weitere Akteure aus dem Gesundheitswesen ist in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie für das Jahr 2020 in Planung.

Als Drittes wird die Etablierung eines Landesförderprogramms „Grüne Kommunen“ für stadt- und bauplanerische Maßnahmen zur Begrünung, Abkühlung, Verschattung, Durchlüftung und den Gesundheitsschutz während Hitzeperioden in den Städten gefordert. Ein neues eigenes Landesprogramm „Grüne Kommune“ ist nicht notwendig, da bereits entsprechende Programme bestehen. Stadtnatur

und Stadtgrün sind in diversen Programmen Sachsens, des Bundes und auch der EU bereits förderfähig.

Als ein Beispiel möchte ich das Bund-Länder-Programm „Zukunft Stadtgrün“ nennen: Dabei handelt es sich um ein Förderprogramm im Rahmen der Städtebauförderung, das seit dem Jahr 2017 existiert. Bund und Freistaat Sachsen steuern je ein Drittel der förderfähigen Kosten bei, das letzte Drittel trägt die Kommune. Seit dem Start des Programms stehen im Freistaat Sachsen jährlich knapp 5 Millionen Euro zur Förderung der Maßnahmen zur Verfügung.

Ziel des Programms ist es, die Städte und Gemeinden bei der Umsetzung von städtebaulichen Maßnahmen zur

Verbesserung der grünen Infrastruktur zu unterstützen. Zudem arbeitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) derzeit an einem „Masterplan Stadtnatur-Maßnahmenprogramm der Bundesregierung für eine lebendige Stadt“, in dessen Rahmen auch ein neuer Förderschwerpunkt geplant ist. Ein eigenes Landesprogramm „Grüne Kommunen“ würde in vollständiger Konkurrenz zu diesen Programmen stehen.

Deshalb bedarf es des Antrags der GRÜNEN aus Sicht des SMS nicht.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 19

Sozialberichterstattung des Freistaates Sachsen

Drucksache 6/16982, Unterrichtung durch das

Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz