Ich habe noch gar nichts richtig dargestellt, deswegen kann die Kollegin nachher fachlich dazwischenfragen, denn wir wollen dieses Thema erst einmal fachlich erörtern.
Herr Lippmann, Sie haben ja in der Antwort auf die Drucksache 6/884, das ist Ihre, eine detaillierte Darlegung bekommen, was genau bereits passiert ist und wie viel
schon passiert ist. Dann brauchen Sie hier nicht zu sagen, es habe keine Umsetzung gegeben, und, wie gesagt, was das kostet, finden Sie auch in der Haushaltsrechnung. Schauen Sie einfach einmal nach, lesen Sie diese Sachen und kommen Sie von Ihrem hohen Ross runter.
Ich würde zustimmen, wenn Sie sagen und fordern würden, wir müssten die Doppik auf Landesebene einführen, die es sehr viel deutlicher macht, wo Werteverzehr ist und wie auch Vermögensaufgaben zu bewerten sind. Aber das haben Sie nicht gefordert, und es wäre an anderer Stelle zu besprechen.
Das ist zunächst die Demografie. Wir haben einen deutlichen Rückgang an Bürgern, an Einwohnern hier im Freistaat.
Das Zweite sind der Verschuldungsstopp und die Abzahlungspflicht, die wir für unsere Altlasten haben, für die Schulden, die wir planmäßig aufgenommen haben, um den Freistaat zu entwickeln und die Infrastruktur auszubauen, so wie es im Solidarpakt vorgesehen war.
Das Dritte. Aus dem Verschuldungsstopp abgeleitet, müssen wir aufpassen, dass die Personalkosten nicht explodieren und Projekte, die beim Bürger auch direkt ankommen, ersetzen oder verdrängen.
Wir haben einen Verbrauchsüberhang im Freistaat. Ich möchte auf diesen volkswirtschaftlichen Rahmen hinweisen. Das heißt, die Ausgaben in Sachsen übersteigen im privaten und öffentlichen Sektor die eigene Wertschöpfung um 17 Milliarden Euro. Das entspricht ungefähr unserem Haushaltsvolumen. Dies ist Geld, das nicht aus unserer Region kommt und hier nicht erwirtschaftet wird. Die Personalausgaben am Ende der Legislatur, wenn wir so weitermachen wie geplant, sind so hoch wie derzeit die Steuereinnahmen des Freistaates – allein Personalausgaben von knapp 7 Milliarden Euro. Das macht deutlich, warum Parlament und Staatsregierung überlegt haben, wie wir bei diesem festgezurrten Haushalt, diesem eingeengten Haushalt an verschiedenen Stellen Effizienzen schaffen und Reserven heben können.
Und weil ein Grundsatzwandel mit dem vorgelegten Haushaltsplan in unserer Haushaltspolitik deutlich wird, der zu strukturellen Mehrbelastungen führt, anstatt die strukturellen Lücken zu schließen, müssen wir darüber in den nächsten Wochen verhandeln, wie wir das in den Griff bekommen. Umso wichtiger ist es, dass wir Maß halten und der Staat nicht Aufgaben der Bürger übernimmt und Leistungen der Bürger ersetzt. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit, dass wir nicht heute zulasten der kommenden Generationen unseren Haushalt aufblähen.
Deshalb haben wir uns überlegt, wie in der Industrie gehandelt wird, wenn man mit gleichem Personaleinsatz mehr Leistung bringen möchte, oder wie man die gleiche Leistung mit weniger Faktoreinsatz erreicht. Diese Effizienzen sind von der Staatsregierung analysiert worden.
Das ist die Grundlage für die Verwaltungsstrukturreform gewesen. Dies ist auch sehr deutlich in den Beratungen dargelegt worden, an denen Herr Lippmann ebenso wie die meisten aus der heutigen Fraktion DIE GRÜNEN damals nicht teilgenommen hat.
Es gibt eine Gesamtübersicht über Kosten und Einsparungen, ob nun netto oder brutto. Das ist deutlich belegt worden. Es gibt nämlich die Kosten, die dieses Projekt im Baubereich bis 2020/21 ausmachen. Das sind geschätzte 295 Millionen Euro brutto. Dazu kommen Umzugskosten von über 14 Millionen Euro. Außerdem, weil es Nettokosten sind, kann man das auch aufteilen: Wie viel sind vermiedene Sanierungskosten an eigenen Objekten? Das sind rund 75 Millionen Euro. Wie viel sind Einsparungen für aufzugebende Mieten und bei Veräußerungen? Die Erträge machen rund 48 Millionen Euro aus. Das ist sehr detailliert dargelegt worden und dann kumuliert gefasst, um uns eine Vorlage zu machen.
Das Wichtige dieses Standortkonzeptes ist die Effizienz. Die Effizienz, die ermöglicht wird, wenn man Standorte zusammenlegt, soll zu einer Einsparung im Personalkostenbereich bis 2021 von 1,1 Milliarden Euro führen. Es liegt auch an uns, ob wir diesen Personalabbau, der notwendig ist, begleiten, und es liegt an der Staatsregierung, dafür zu sorgen, dass diese Leistungen, die bisher eigenes Personal erbracht hat, nicht von Dritten jetzt einfach erledigt werden, das heißt, nur ein Tausch von Personalkosten in Sachkosten stattfindet. Es nützt uns nichts, wenn wir eigene Schlüsselkompetenz verlieren, wie beispielsweise im Brückenbau. Wie viele Fachleute haben wir noch, die richtig Brücken bei uns in der LASuV beurteilen können, weil auch dort ein Personalabbaukonzept gilt und dies entsprechend personalrechtlich nicht immer nach Fachbezogenheit, sondern nach persönlichen Betroffenheiten auszuwählen ist, wer zu gehen hat?
Ich mahne an, dass wir immer auch berücksichtigen, wie an diesem Beispiel Brückenkompetenz im LASuV, dass wir die Eigenkompetenzen trotzdem behalten und nicht alles auslagern und damit nur einen Kostentausch vornehmen und uns vorgaukeln, wir hätten durch Personalabbau eine Reduzierung von Ausgaben erreicht.
Aufgrund der Daten, die wir bei diesen Personalfragen berücksichtigen müssen, sind der Standort und die Verwaltungsstruktur Voraussetzung dafür, dass wir hier Effizienzen heben. Die können wir beispielsweise dem ifo-Institut entnehmen. Prof. Ragnitz hat es für uns ausgearbeitet, und ich möchte es denjenigen, die nicht an den Haushaltsberatungen teilgenommen haben, in Erinnerung rufen bzw. zur Kenntnis geben.
Wir haben derzeit im Freistaat einen Personalbestand, den man mit dem Personalbestand in anderen Bundesländern verglichen hat, und zwar in Flächenländern. Der Personalbestand wird in Vollzeitäquivalenten im Bezug zu 1 000 Einwohnern ermittelt und berechnet. Diese Quote beträgt bei uns in Sachsen 25,5 und in den westlichen Flächenländern 23,6. Jetzt sollten wir die Schulen und Hochschulen herausrechnen; denn bei den Schulen leisten
wir uns ein Bildungsplus. Hier haben wir andere Strukturen im ländlichen Raum, sodass wir andere Quoten brauchen. Das erlauben wir uns. So haben wir das bislang vorgesehen und wollen das auch weiter tun.
In den Hochschulen haben wir eine überdurchschnittliche Ausstattung. Die muss man sicherlich auf Studenten herunterrechnen. Wir bilden dort überdurchschnittlich viel aus. Wenn ich das herausrechne, ist der Unterschied unseres Personalbestandes 11,5 zu 9,5 in den Flächenländern West. Das bedeutet: Wir erlauben uns eine um 25 % höhere Personalausstattung im öffentlichen Dienst des Landes als die Flächenländer West, und ich habe eben auch dargestellt, woher unsere Einnahmen kommen, um das alles zu finanzieren. Auf kommunaler Ebene ist das ähnlich: Da betrifft es 0,5 Vollzeitäquivalente.
So haben wir bei 1 000 Einwohnern insgesamt 42 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst auf kommunaler und Landesebene – dazu gibt es noch die Bundesebene und vieles andere –, die zu finanzieren sind. Um diese Personalreserven, die sich daraus ganz augenfällig erschließen, zu reduzieren, lieber Kollege Lippmann, liebe Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sie haben den Antrag gestellt und behauptet, hier würde gelogen und die Unwahrheit gesagt, und wir würden alle nichts tun –, möchte ich Sie noch einmal darauf hinweisen, was die Aufgabe ist: nämlich Effizienzen zu heben, um hier mit entweder weniger Personal die gleiche Leistung oder mit gleich viel Personal mehr Leistung zu erreichen. Das entspricht unserer politischen Frage, wohin wir wollen.
Einen abschließenden Hinweis noch: Wo sind diese Reserven? Politische Führung und zentrale Verwaltung haben bei uns eine Ausstattung von 1,74 Mitarbeitern in Vollstellen zu 1 000 Einwohnern. Das sind 51 % mehr als in den alten Flächenländern. Bei der Polizei sind es 18 % mehr, im Gesundheitswesen 33 % mehr, bei den allgemeinen berufsbildenden Schulen 10 %, bezogen auf die Schülerzahlen und bei den Hochschulen bzw. in der Hochschulmedizin und Studentenzahlen 39 %. Das sind unsere Reserven. An die müssen wir ran. So ist das Verwaltungsstrukturkonzept aufgebaut. Ich bitte Sie, den Antrag abzulehnen, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Kollege Patt sprach gerade für die CDU-Fraktion. – Es gibt eine Kurzintervention an Mikrofon 3. Bitte, Frau Kollegin Jähnigen.
Danke, Herr Präsident! Da man hier neuerdings als taktlos bezeichnet wird, wenn man Sachkritik übt, werde ich jetzt wieder der Taktlosigkeit bezichtigt werden.
Lieber Kollege Patt, liebe Kolleginnen und Kollegen – insbesondere von der CDU –: Ich habe von A bis Z an den Beratungen des Standortkonzepts teilgenommen. Ich habe erlebt, dass die einzige Kalkulationsgrundlage, die Sie im
parlamentarischen Gang hatten, die Antworten – bzw. Nichtantworten – auf unsere Große Anfrage von 2011 waren, auf die Sie sich heute noch beziehen. Ich habe erlebt, wie bei der Beschlussfassung des Standortkonzepts der Finanzminister die Feinkonzepte und die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zugesagt hat. Gut. Wo sind sie jetzt? – Eine Schuldenbremse bedeutet doch nicht nur, Personalkosten zu sparen, sondern auch, Sachkosten zu sparen. Das sind genauso wiederkehrende Kosten, und da muss man sich fragen, ob eine Verdoppelung der Standorte der SAB Dresden/Leipzig oder ein Umzug des Rechnungshofs nach Döbeln – um nur diese Beispiele zu nennen – wirklich effizient sind. Begründen können Sie das nicht, Sie behaupten das nur.
Ich sage Ihnen, Kollege Patt: In der Haushaltsrechnung findet man Prognosen zukünftiger Kosten nicht. Da findet man nur vergangene Kosten. Es hilft nicht, wenn wir diese durchforsten. Ihre Frage nach der Doppik hilft auch nichts, denn die hätten wir GRÜNE gern. Sowohl Jens Michel als auch der Finanzminister haben sie immer abgelehnt, auch in den Verhandlungen um die Verfassung. Da Sie Personalkonzepte von der sächsischen Verwaltung fordern: Klären Sie das doch einmal mit der Regierung, mit dem Kabinett Tillich. Natürlich brauchen wir die. Aber wir brauchen auch endlich einmal eine wirtschaftliche Betrachtung dieses Umzugszirkus auf Basis von Zahlen und Fakten, und die fehlt uns bis heute. Sie haben dazu leider nichts beitragen können. Das spricht wirklich für unseren Antrag. Stimmen Sie bitte zu.
Ich freue mich ja, dass die GRÜNEN – zumindest die Kollegin, die gerade sprach – eine solch konservative Einstellung haben, eine konservative Einstellung, die möglichst alle Standorte behalten möchte und die sich der Frage von Verbesserung, Zusammenführung, Effizienzen nicht stellt.
Was die Haushaltsrechnung betrifft: Kollege Lippmann hatte danach gefragt, wo denn die Abrechnung vorgenommen wird. – Die findet man in der Haushaltsrechnung – nicht jedoch die Prognose und die Detailplanung in Zukunft.
Ich nehme auch gern auf, dass sie omnipotent sind. Das unterscheidet Sie vielleicht von manchem hier im Landtag – von mir bestimmt. Sie sind omnipotent, Sie sind überall gewesen, von A bis Z. Also, ich muss sagen: Bei den finanzpolitischen Fragen hat das die Kollegin Hermenau betrieben. Da habe ich Sie leider nicht wahrgenommen. Ich bin aber auch nicht in allen Ausschüssen gewesen und müsste daher alle Kollegen fragen, ob Sie auch an allen Ausschüssen teilgenommen haben, die betroffen sind. Ich respektiere, dass Sie eine Omnipotenz haben, das herauszubekommen und darzustellen. Nur: Es stimmt schlussendlich nicht. Wir haben intensive, detaillierte Unterlagen bekommen, und die Aufgaben der Staatsregierung in der
Exekutive übernehmen wir hier im Parlament nicht – höchstens die Steuerung und Überprüfung. Aber die Detailplanung überlassen wir vertrauensvoll der Staatsregierung, die wir dann dazu kontrollieren werden für das, was sie zugesagt hat und das, was nachher herauskommt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kollege Patt, ich habe schon überlegt, was ich Ihnen entgegnen soll. Es ist schon ein Ding aus dem Tollhaus, was Sie hier abliefern, mal ganz offen. Kollege Lippmann ist mit seinen 24 Jahren – Entschuldigung, Kollege Lippmann, 24 Jahren? – sicherlich sehr jung.
Fakt ist aber eines: Das, was die GRÜNEN hier vortragen, und die Empathie, die der Kollege Lippmann hier an den Tag bringt, ist Empörung, und zwar ganz deutliche Empörung darüber, wie diese Staatsregierung mit dem Ansinnen des Parlaments umgeht – bzw. Teile –, Auskünfte zu bekommen, die vor vier Jahren zugesagt wurden. Herrschaftszeiten! Es muss doch innerhalb von vier Jahren möglich sein, so etwas hier darzustellen.
Zweitens: Sie sprechen von „maßhalten“ und „Wirtschaftlichkeit“. Genau das fordern die GRÜNEN mit diesem Antrag ein. Nichts anderes! Lesen bildet – Verstehen erst recht, Kollege Patt!
Drittens: Wirtschaftlichkeit, also Vertrauen in die Staatsregierung: Da blättert man einfach einmal um, und dann weiß man, wie wirtschaftlich der ganze „Laden“ ist. Der „Laden“ kostet – ich bin einmal großzügig, ich sage nicht 294 Millionen Euro, sondern 300 Millionen Euro – und spart dann, ab 2022, jährlich – nicht beim Personal, sondern in der Zeile davor „aufzugebene Mietobjekte“ – 10 Millionen Euro. Da dürfen wir uns 30 Jahre lang freuen, dass wir jährlich 10 Millionen Euro einsparen, um die 300 Millionen Euro, die wir vorher ausgegeben haben, drin zu haben – Wahnsinn! Das erlebe ich vielleicht gar nicht mehr.