Insgesamt gibt es mehr offene Fragen als Antworten. Sicher ist aber jetzt schon, dass den Diesel-Pkw-Besitzern Wertverluste beigefügt und kleine, mittelständische Unternehmen mitunter in den Ruin getrieben werden können. Ganz davon abgesehen, dass es nicht gerade als umweltfreundlich zu bezeichnen ist, wenn drei oder vier Jahre alte Autos in der Schrottpresse entsorgt werden, nur um sich anschließend einen tollen Geländewagen mit Verbrennungsmotor und hohem Verbrauch zu gönnen. Der Wagen hat dann zwar eine bessere Schadstoffklasse, aber dafür 30 % höhere Abgaswerte. So sieht Ihre Politik in der Realität aus, meine Damen und Herren.
Wer mit Fahrverboten agiert, der sollte sicher sein, das Richtige auf einer gesicherten Faktenbasis zu tun. Doch genau das muss bezweifelt werden.
Meine Damen und Herren! Es hat sich auch noch Frau Abg. Kersten zu Wort gemeldet. Das hatte ich vorhin nicht angekündigt. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Rohwer. Sie haben das Wort, bitte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Vielen Dank für diese Debatte. Ich bin heute von meiner Fraktion gebeten worden, ans Rednerpult zu treten, nicht, weil ich der neue verkehrspolitische Sprecher bin – das ist nach wie vor unser Kollege Andreas Nowak –, sondern weil wir die Debatte ein bisschen aus energiepolitischer Sicht beleuchten wollen. Dann wird es vielleicht auch etwas erhellend, Herr Hütter.
Aber zum Einstieg muss ich Ihnen noch etwas vorhalten. Dieser Antrag, den Sie uns heute hier vorlegen, ist fast zwei Jahre alt.
Zwischen anderthalb und zwei Jahren. – Er ist am 23. August 2017 eingereicht worden. Wir schreiben jetzt das Jahr 2019. Sie haben lange gebraucht, bis Sie das aufgerufen haben. Also so offen und intensiv wollen Sie die Debatte offensichtlich nicht führen. In der Zwischenzeit hat es auch Debatten hier im Plenarsaal gegeben, Herr Hütter, an denen Sie sich natürlich auch beteiligt haben, bei denen wir das Thema schon – aus meiner Sicht – in voller Umfänglichkeit diskutiert haben.
Ich möchte sie noch einmal in Erinnerung rufen: 30. August 2017, also sieben Tage nach Ihrem Antrag, haben wir hier eine Aktuelle Debatte geführt zum Thema „Mobilität im Wandel – Automobilindustrie in Sachsen stärken“. Kein halbes Jahr später – 15. März 2018 – Aktuelle Debatte, beantragt von uns in der Koalition, genau zum ähnlichen Thema: Wie gehen wir mit dem Diesel um? Insofern möchte ich sagen: So offen, wie Sie das heute diskutieren möchten, so dringend scheint es Ihnen nicht zu sein. Darüber bin ich etwas enttäuscht. Wenn Sie wirklich realistisch mitdiskutieren würden, hätten Sie sich mehr mit diesem Antrag eingebracht.
Nun haben Sie einen Satz gesagt, der in der Tat richtig ist; den kann man auch nicht negieren: Die Luft in Deutschland war noch nie so rein wie heute. Richtig. Sie schreiben auch in Ihrer Begründung, dass die Konzentration der Luftschadstoffe weiter sinkt. So weit sind wir auch übereinstimmend.
Ich bin schon ein paar Tage länger hier im Parlament und darf Ihnen deshalb eine Geschichte aus meinem jüngeren Leben erzählen. Als ich in der Jungen Gemeinde gewesen bin, 1988/1989 hier in Dresden-Blasewitz, haben wir uns gewünscht, dass diese Trabis, Moskwitschs, Ladas, Wartburgs – und was es alles so gab – nicht mehr so stinken. Das war wirklich ein ziemlicher Smog, was da hinten heraus kam. Das war unser Wunsch. Wir sind jetzt, fast 30 Jahre danach, in der Situation, dass auch die AfD feststellen muss: Die Luft in Deutschland war noch nie so rein wie heute. Ich glaube, das ist hier mehrheitsfähig.
Jetzt machen wir den Sprung in die Junge Gemeinde von heute. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit treffen wir dort jetzt junge Leute an, die sagen: Ich würde gern meine Mobilität so gestalten, dass ich emissionsfrei unterwegs bin.
Das ist eine Herausforderung, wie es damals vor 30 Jahren eine Herausforderung war, die ganzen Trabis und Moskwitschs wegzubekommen, damit wir heute eine bessere Luft haben. Deswegen müssen wir uns dieser Herausforderung stellen, auch beim Thema Diesel. Es ist in den Debatten, die von mir schon aufgeführt wurden, immer wieder gesagt und festgestellt worden, dass der Diesel zurzeit eines der saubersten Antriebssysteme ist. Aber er stößt noch Abgase aus. Das können auch Sie nicht negieren. Deshalb müssen wir uns in Deutschland weiter dazu bekennen, auch andere Antriebssysteme nach vorn zu bringen. Dazu möchte ich gleich noch mehr sagen.
Nun trifft heute zufälligerweise der Deutsche Bundestag zusammen und debattiert auch genau zu diesem Thema, was Sie angesprochen haben. Im Deutschen Bundestag wird heute die Vorlage der Bundesregierung zum Emissionsschutzgesetz mit dem Ziel verabschiedet, Fahrverbote aufgrund der Überschreitung des EU-Grenzwertes für Stickstoffdioxid einzuschränken. Warum sage ich das?
Weil ich Ihnen entgegnen möchte: Ich weiß immer noch nicht, warum Sie heute die Debatte führen, denn es passiert bereits etwas. Es ist nicht so, wie Sie es gerade dargestellt haben, wir hätten nur gelabert, es würde nichts passieren. Es passiert etwas. Im Deutschen Bundestag wird es heute verabschiedet, und ich denke, das ist auch der richtige Zeitpunkt.
Was ich gleichzeitig aber auch sagen möchte: Darauf können wir uns nicht ausruhen, weil die jungen Leute – Sie erinnern sich, die in der Jungen Gemeinde – heute immissionsfrei fahren wollen. Es gibt auch Beispiele, wodurch wir wirklich vorankommen können. Die sollten wir nicht mehr in Schwarz-Weiß einteilen, Herr Hütter, nämlich: Wir können Pflegedienste, die mit ihren Fahrzeugen keine großen Strecken zurücklegen, der Katalysator noch gar nicht so warm ist, dass er wirken kann, wie er wirken soll, die gesamten Schadstoffe komplett in die Luft gepustet werden, besser betreiben mit Elektromobilität, und zwar batteriebezogener Mobilität. Dann würden diese Fahrzeuge ohne Abgase durch die Stadt fahren, und das Klima in der Stadt wird definitiv verbessert. Das ist der erste Punkt, etwas besser zu machen.
Sie werden auch in der AfD-Fraktion mitbekommen haben, dass am 1. Februar dieses Jahres von Leipzig nach Grimma der weltweit erste Wasserstoffzug in Sachsen gefahren ist.
Er hat null Emissionen, wenn er einen Zug mit Fahrgästen bewegt. Auch das ist ein Hinweis für Sie, wo es emissionsfrei möglich ist. Wir müssen diese Technologie unterstützen. Wir haben nicht nur die Möglichkeit, nach dem Diesel zu schauen – mit dem natürlich im Schienenbereich auch gefahren wird –, sondern wir haben auch eine Alternative. Darüber müssen wir nachdenken, wie wir sie an den Start bekommen, denn die Technologie ist zugegebenermaßen noch teurer. Aber auch das wird mit der Zeit – davon bin ich überzeugt – anders werden.
Warum spreche ich den Wasserstoff an? Der Wasserstoff hat aus meiner Sicht noch andere Möglichkeiten. Wir können ihn im ÖPNV, in sämtlichen Stadtverkehren einsetzen. Damit kommen wir wieder zum Ausgangspunkt zurück. Aber wir müssen diesen Wasserstoff irgendwo auch herstellen.
Ich komme zum Thema regionale Wertschöpfung. Wenn wir konsequent und nachhaltig in Sachsen denken – ich fordere Sie auf, in der AfD das auch zu versuchen –, dann können wir uns zum Beispiel auch vorstellen und darüber müsste man diskutieren, ob es nicht möglich ist, den Wasserstoff in einem Windrad herzustellen, nämlich unten im Turm. Da sind Sie aber dagegen. Deshalb haben Sie eine solche Scheuklappe zum Denken. Das sollten Sie ablegen, dann können wir die Wertschöpfung für dieses Antriebssystem Wasserstoff in der Region organisieren, können es in der Region auch verkaufen und müssen nicht mehr beim Ölmulti den Antriebsstoff der Antriebssysteme
einkaufen. Und Sie sollten jetzt nicht denken, ich bin zum verrückten Grünen oder Umweltideologen mutiert.
Das sind die Sachsenfarben, wenn ich Sie darauf hinweisen darf. Damit möchte ich sagen: ein bisschen den Kopf in der Rundung auch nutzen, denn dabei können die Gedanken auch einmal die Richtung wechseln, damit wir sehen, dass es andere Möglichkeiten und andere Antriebssysteme gibt, die wir fördern wollen, und das werden wir tun. Denn das Ziel in Sachsen muss doch sein, dass wir nicht schwarz-weiß denken,
Deshalb habe ich auch in der Energiedebatte heute Vormittag gesagt, wir müssen vielleicht auch ganzheitliche Lösungen, größere Lösungen noch einmal denken und nicht nur auf das Thema „Erneuerbare“ schauen. Wir müssen akzeptieren, dass es eine Vielfalt der Möglichkeiten geben wird. Auch deshalb können wir Ihrem Antrag nicht einfach so zustimmen. Wir haben uns wahrscheinlich viel zu lange auf ideologischen Positionen festgehalten, die dann den Ton angegeben haben. Es ist jetzt an der Zeit, dass die Vernunft einkehrt und dass wir vorankommen.
Saubere Luft hat für uns eine hohe Priorität und wir wollen, dass Sachsen Autoland bleibt. Deshalb wollen wir mit neuer Mobilität und sauberer Luft vorangehen und nicht mit Verbotskultur. Auch deshalb stehen wir zu denjenigen, die einen Diesel gekauft haben, dass sie diesen fahren können, dass ihr Wert nicht minimiert wird. Es ist erklärte Politik der CDU, aber auch das andere Neue zu lassen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Rohwer, Sie sagten gerade, wir würden sagen, dass Sie zum Grünen mutiert sind. Das sagen wir, und ich sage Ihnen auch, warum wir das sagen. Sie haben es gerade wieder bewiesen – eine Rede, bei der Sie uns sagen, dass in Sachsen ein Zug mit Wasserstoff emissionsfrei fährt. So etwas ist üblicherweise die Sprache der grünen Partei. Wir wissen genau, dass der Wasserstoff heute nicht emissionsfrei produziert wird, sondern er wird heute immer noch mit Strom produziert, der aus konventionellen Kraftwerken stammt. Selbst wenn er einmal aus einem Windrad stammt, wissen wir trotzdem, dass dieses Wind
rad auch irgendwo produziert wird. Der Stahl für Windräder wird eben nicht in Deutschland produziert, sondern in China mit konventionellen Mitteln, also emissionsfrei ist typische grüne Sprache.
Wenn Sie auf die Junge Union verweisen, die sagt: Ja, wir wollen heute emissionsfrei fahren, dann hätte die CDU vor 20 Jahren gesagt: Ja, liebe Junge Union, dann kauft euch bitte ein Elektroauto und fahrt emissionsfrei. Heute machen Sie das, was die GRÜNEN machen. Sie sehen, viele wollen das nicht. Sie wollen mit ihrem Benziner weiter fahren und sie zwingen Sie per Gesetz dazu, sich von diesem Auto zu verabschieden. Das ist typische grüne Verbotspolitik. Sie schreiben den Menschen vor, was sie machen sollen. Sie überlassen es nicht der freien Meinungsbildung. Wenn es denn so viele wären, die emissionsfrei fahren wollen, dann hätten wir damit kein Problem. Es würde die Hälfte der Dresdner emissionsfrei fahren mit einem Elektroauto, das wahrscheinlich emissionsfrei ist. Sie machen aber das, was die GRÜNEN machen. Sie sind mutiert zu einer grün-schwarzen Partei.
Die Kollegen von den GRÜNEN haben gerade hinter mir gerufen, dass es Ihnen aufgefallen wäre, wenn wir GRÜNE geworden wären. Dabei muss ich den Kollegen von den GRÜNEN zustimmen, Herr Kollege Urban.
Zurück zu Ihrer Frage. Erstens habe ich nicht von der Jungen Union gesprochen. Die gab es vor 30 Jahren noch nicht hier, sondern ich habe von einer Jungen Gemeinde gesprochen. Sie müssen schon einmal aufpassen.
In der Jungen Gemeinde gibt es garantiert diese Meinung. Dorthin müssen Sie einmal gehen und sich mit diesem gesellschaftlichen Blickwandel, den die jungen Leute vollzogen haben, auch auseinandersetzen. Dazu würde ich Sie aufrufen, damit Sie nicht irgendwann wie der Dino aussterben. Sie wollen ja eigentlich größer werden, das haben Sie immer gesagt. Es gibt diese Situation, dass wir mit anderen Technologien vorankommen. Deshalb habe ich es Ihnen soeben präsentiert, nicht damit alles schön und gut ist, sondern wir müssen sie einführen, ausprobieren und unterstützen, weil es mehrere Möglichkeiten gibt.
Es gibt nicht nur die Dieseltechnologie, es gibt auch andere. Dort den Blick zu weiten, dafür wollte ich bei Ihnen interveniert haben. Wenn Sie sich dem versperren, müssen wir das zur Kenntnis nehmen.
Danke, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rohwer hat es bereits gesagt. Auch für uns war es fraglich, warum gerade heute ein Antrag und auch noch ein Prioritätenantrag vom August 2017 ins Plenum gebracht wird. Wir haben ja über das Problem bereits öfter gesprochen und ausführlich diskutiert, auch über die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Industrie in Sachsen.