Protocol of the Session on March 13, 2019

Danke. Ich möchte noch einmal den ländlichen Raum betrachten. Ein guter Ansatz ist das Pilotprojekt, das derzeit im Landkreis Bautzen und Görlitz läuft. Es wird über Bundesmittel finanziert, und es soll jetzt eine Mobilitätszentrale in Görlitz eröffnet werden, die sieben Tage 24 Stunden erreichbar ist, um alternative Bedienformen im ländlichen Raum an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszuprobieren und auszutesten. Es nützt nichts, wenn im Stundentakt leere Busse im ländlichen Raum durch die Gegend fahren.

Dieses Projekt sollten alle Zweckverbände genau beobachten, die Ergebnisse auswerten und in die Planung des neuen ÖPNV einbeziehen. Ich finde das sehr spannend. Gerade im Norden des Landkreises Görlitz ist eine sehr niedrige Besiedlung vorhanden, und dort sollen auch erste Dinge ausgetestet werden.

Denken Sie bitte bei der Planung für mehr Verkehr im ländlichen Raum in Stadt und Land auch an die Ausbildung des entsprechenden Fahrpersonals! Die ersten Anzeichen hatten wir jetzt in den Februarferien in Chemnitz, wo plötzlich der Takt nicht verkürzt, sondern verlängert wurde, weil es zu wenig Lokführer und Busfahrer gibt. Verpassen Sie dort nicht, nachzusteuern! Sie können zwar mehr Busse fahren lassen, aber wenn Sie dafür keine Fahrer haben, haben Sie ein Problem.

(Zuruf von der CDU: Selbst ist die Frau!)

Selbst ist die Frau, genau. Wo bleiben denn die versprochenen Fachkräfte? Viele Hürden müssen überwunden werden. Die deutsche Sprache in Wort und Schrift ist Grundvoraussetzung für Fahrpersonal in der Personenbe

förderung. Das steht in den Ausschreibungen und in unseren Verträgen. Eine weitere Hürde: Das Fahrpersonal ist erst ab 21 Jahren für den Personenverkehr zugelassen. Es kann also keiner mit 17 Jahren eine Lehre machen, der von einer Oberschule kommt. Er kann zwar eine Berufskraftfahrerausbildung machen, dann ist er vielleicht 19 Jahre, aber er kann dann noch lange nicht Zug oder Bus fahren. Auch hier besteht eine Lücke, die irgendwo geschlossen werden muss.

Bezahlen Sie nicht Langzeitarbeitslosen die vierte Umschulung! Es gibt beispielsweise Personen, die vom Amt den Busschein bezahlt bekommen, aber nach zwei Jahren keine Lust mehr haben zum Busfahren, und dann gehen sie wieder zum Amt, denn die Umschulung geht ja nur von halb 8 bis nachmittags halb 4. Dann machen sie die nächste Umschulung, beispielsweise zum Hausmeisterservice. Es gibt Personen, die wirklich die vierte Umschulung mittlerweile gemacht haben, haben sämtliche Befähigungen, aber wollen nicht arbeiten. Das sollte beendet werden. Bilden Sie am Bedarf aus!

Moderner Nahverkehr in Sachsen gelingt nur, wenn Taten zu sehen sind. Das haben wir heute bereits mehrfach gehört. Herr Nowak, Ihre Ankündigungen sind sehr gut, was alles werden soll. Ich glaube nicht, dass es zum Fahrplanwechsel schon viel geben wird. Ich glaube, die Verkehrsunternehmen brauchen dazu eine Vorlaufzeit und mehr Fahrzeuge, mehr Personal.

Herr Dulig, manchmal hilft ein Bluff. Es hat sich ja etwas getan, nachdem Sie eine Landesverkehrsgesellschaft angekündigt haben. Die AfD vermutet aber, dass die Landesverkehrsgesellschaft bei Ihnen nicht mehr als ein Bluff ist. Wir warten ab, ob es so wird, wie Sie sich das vorstellen. Es ist sinnvoller, einige Themen zentral zu organisieren. Aber wer weiß, ob die SPD in der nächsten Legislaturperiode noch in Regierungsverantwortung ist.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Also wir werden im September weitersehen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Es sprach Frau Kollegin Grimm für die AfD-Fraktion.

Gestatten Sie mir als Präsident vielleicht einen kleinen Hinweis. Die letzten beiden Redner, Frau Kollegin Grimm und zuvor Herr Kollege Böhme, haben auf die Anrede des Präsidenten und der Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus verzichtet. Wir haben das zwar nicht in der Geschäftsordnung geregelt, aber ich denke, wir sollten stattdessen weiterhin an diesem guten parlamentarischen Brauch festhalten.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall des Abg. Thomas Baum, SPD)

Jetzt spricht zu uns für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Frau Kollegin Meier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Beifall des Abg. Henning Homann, SPD)

Wir haben jetzt schon wieder ganz viel über den PlusBus gehört. Wie gesagt, es ist gut, dass das PlusBus-System ausgebaut wird, aber bisher betrifft das eben nur einzelne Regionen. Ein PlusBus-System kann nur vernetzt funktionieren über die Zweckverbandsgrenzen hinweg.

(Andreas Nowak, CDU: Landesweit über 12 Millionen Kilometer mehr!)

Für einen gut funktionierenden Sachsentakt braucht es eben auch den Schienenverkehr, der das Rückgrat eines gut funktionierenden ÖPNV ist. In der Tat scheint es so zu sein, dass die Abbestellungen der letzten Jahre und Jahrzehnte gestoppt sind. Das ist gut.

Was wir jetzt brauchen: Wir müssen schauen, wo wir Strecken reaktivieren bzw. Orte ans Netz bringen können. Da denke ich allen voran an Chemnitz und an die MitteDeutschland-Verbindung. Bis wir die Anbindung über die Elektrifizierung von Chemnitz nach Leipzig schaffen, ist es doch sinnvoll, die Mitte-Deutschland-Verbindung vom Ruhrgebiet über Gera auch bis Chemnitz durchzubinden. Thüringen ist vorangegangen. Wir brauchen jetzt eine schnelle Lösung, aber dazu muss das Land Sachsen endlich Geld in die Hand nehmen.

Ein zweiter Aspekt; ich kann es Ihnen nicht ersparen: Döbeln – Nossen – Meißen. Wir haben das in den letzten Wochen mehrfach diskutiert und in der Zeitung gelesen. Im Doppelhaushalt hat sich der Landtag zu dieser Verbindung bekannt und hat Geld in die Hand genommen. Aber auch damals, in den Haushaltsverhandlungen und in den Ausschüssen, war schon klar, dass das Geld, das das Land bereitgestellt hat, nicht ausreicht, um den Zug dort wieder rollen zu lassen. Die Zweckverbände müssen etwas dazugeben.

Da frage ich mich schon, inwieweit Sie, Herr Staatsminister Dulig, denn schon einmal auf die drei Zweckverbandsgeschäftsführer zugegangen sind, um voranzukommen. Wenn ich die Zeitungen lese, muss ich den Eindruck gewinnen, dass genau das nicht passiert ist.

(Staatsminister Martin Dulig: Ist aber!)

Die Menschen vor Ort haben Klarheit verdient. Vor allem haben sie verdient, dass der Zug zwischen Döbeln, Nossen und Meißen zeitnah wieder rollt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit Frau Kollegin Meier sind wir jetzt am Ende der zweiten Runde angelangt. Wir könnten, wenn noch Redebedarf bestünde, eine dritte Runde eröffnen. – Das ist der Fall.

(Zuruf des Abg. Henning Homann, SPD)

Das Wort hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon bezeichnend, Herr Böhme, wenn Sie hier das Elektroauto anpreisen und meinen, damit die Probleme im ÖPNV lösen zu können. Das ist mitnichten so.

(Marco Böhme, DIE LINKE: Kein Wort habe ich in dieser Richtung gesagt!)

Ich sage Ihnen auch gleich ganz deutlich: Die zuvor zentrale Aufgabenwahrnehmung ist in den Neunzigerjahren auf die Kommunen übertragen worden. Die Kommunen – sprich: die fünf Verkehrsverbünde – machen einen hervorragenden Job.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Na ja! Und deshalb wollen Sie das jetzt ändern, oder wie?)

Schauen Sie sich einmal an, was in den letzten Jahren in den ÖPNV investiert worden ist. Hier fahren nicht solche Klapperkisten herum wie in Berlin oder in MecklenburgVorpommern. Hier wurde der Wagenpark kontinuierlich überarbeitet und modernisiert.

(Carsten Hütter, AfD: Schöne Busse mit schlechter Taktung! – Zurufe von den LINKEN)

Mein Kollege Nowak hat es deutlich gemacht und das ist hier klar geworden: Über 12 Millionen Buskilometer werden in den nächsten Jahren bereitgestellt. Das beginnt schon in diesem Jahr mit dem Vogtlandkreis, wo die Ausschreibungen schon über die Bühne gegangen sind und die Beauftragung erfolgt ist. Über 12 Millionen Buskilometer werden zusätzlich gefahren. Das kann doch nicht schlecht sein, meine Damen und Herren. Das kann dieses Hohe Haus doch nicht einfach ignorieren und behaupten, alles sei schlecht.

Ich sage Ihnen eines: Die Gespräche, die die fünf Verbandsvorsitzenden mit dem Ministerium geführt haben, hatten ein positives Ergebnis.

Wir werden ein Azubi-Ticket ans Netz geben, das 48 Euro im Monat kostet. Wenn die Verkehrsverbundgrenzen überschritten werden, werden 5 Euro für den Übertritt fällig. Das sind Ergebnisse, meine Damen und Herren, die sich doch sehen lassen können.

Ich wiederhole: Die Azubis sind die einzige Gruppe, für die im Schulgesetz nicht geregelt ist, wo die jeweilige Berufsschule liegt. Deswegen haben wir in der CDUFraktion so lautstark gefordert, diese Auszubildenden zu unterstützen, die teilweise bis zu 300 Euro im Monat bezahlen mussten. Sie haben jetzt ein preisgünstiges Ticket. Dies konnte geregelt werden.

Das hat noch einen weiteren Effekt; die Verkehrsverbünde haben es bereits angekündigt: Der Schülerverkehr wird auch nachmittags freigestellt. Dafür gibt es positive Anzeichen, zum Beispiel aus dem VMS. Ich bitte, meine Damen und Herren, das nicht einfach von diesem Pult oder vom grünen Tisch aus schlechtzureden. Wir sollten positiv herausstellen, was hier in Sachsen besser gemacht worden ist. Das bitte ich zu beachten.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Kollege Heidan sprach für die CDU-Fraktion. Gibt es noch weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Dann hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Dieses ergreift Herr Staatsminister Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mobilität ist ein Grundrecht des Menschen. Es geht schlichtweg nicht nur darum, dass Menschen von A nach B kommen, sondern das hat auch eine Dimension von Gerechtigkeit und Freiheit. Jemand muss die Möglichkeiten nutzen können, sich zu bewegen, um beispielsweise Behördengänge zu erledigen, einkaufen zu gehen, zur Schule zu kommen, Freizeit zu genießen, die Welt zu erleben. Von daher hat das mit unserem Freiheitsbegriff genauso zu tun wie mit unserem Gerechtigkeitsbegriff. Mobilität darf keine Frage davon sein, ob ich es mir leisten kann, von A nach B zu kommen.

Deshalb ist es unsere Aufgabe, Mobilität als großes Thema zu sehen. Ja, viel zu häufig haben auch wir in der Verkehrspolitik in den letzten 30 Jahren die Brille des Autofahrers aufgehabt. Wenn wir jetzt über Mobilität reden, geht es darum, zeitgemäß alle Formen von Mobilität so miteinander zu verknüpfen, dass wir tatsächlich dem Anspruch gerecht werden, dass dies ein Grundrecht des Menschen ist, egal welche Verkehrsmittel er oder sie benutzt.

(Beifall bei der SPD)

Dabei spielt der ÖPNV eine ganz entscheidende Rolle. Ich bin ganz bei jenen, die sagen: Wir müssen auch konzeptionell anders herangehen und mehr über den öffentlichen Verkehr sprechen. Ich bin ganz bei denen, die sich Innovationen und Impulse aus anderen Ländern anschauen. Ein Problem bei der Anpassung wird natürlich immer sein, dass man nicht einfach nur Systeme übertragen kann. Aber man kann sich Anreize und Anregungen holen, um zu sehen, wie wir das Ziel, das wir uns damals in der Strategiekommission vorgenommen haben, nämlich die Attraktivität des ÖPNV zu stärken, tatsächlich umsetzen können.

Wir haben natürlich noch eine weitere Aufgabe; das wurde schon angesprochen. Die Energiewende besteht nicht nur aus der Veränderung des Strommarkts, sondern es geht dabei auch um Wärme und – als dritten Bereich – um Mobilität. Auch hier haben wir in Sachsen eine große Aufgabe, unseren Anteil zu leisten und ein attraktives Angebot im öffentlichen Verkehr zu schalten, um die Nutzbarkeit zu stärken. Wenn Menschen das Angebot vor Ort haben, dann können sie den Bus oder die Straßenbahn nutzen.