Protocol of the Session on January 31, 2019

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – André Barth, AfD: Das ist eine Zumutung!)

Bildungspolitisch zeigt es die Unfähigkeit der AfD, sich auch nur in Ansätzen tiefer in ein Thema hineinzuarbeiten. Ich würde Ihnen bei dem ganzen Unsinn, den Sie hier erzählt haben, empfehlen, dass Sie es ähnlich wie Frau Grimm halten: Machen Sie sich erst einmal Gedanken. Wenn Sie sich Gedanken gemacht haben und zu einem Ergebnis gekommen sind, kommen Sie wieder. Ansonsten brauchen Sie an diesen Debatten nicht teilzuhaben.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schade, dass ich die ansonsten sehr niveauvoll geführte Debatte so einleiten musste. Es war mir nur wichtig. Es wird den freien Schulen nicht gerecht, so zu beginnen. Es tut mir leid, aber trotzdem musste ich diese Worte jetzt sagen.

Ich möchte zu Beginn deutlich machen, dass – natürlich und selbstverständlich – Schulen in freier Trägerschaft in Sachsen ein Erfolgsmodell sind. Sie sind ein wichtiger,

unverzichtbarer Teil unserer sächsischen Bildungslandschaft. Ich freue mich, dass wir heute gemeinsam anhand der Großen Anfrage auch über die Situation der Schulen in freier Trägerschaft diskutieren können.

Aus meiner Sicht haben die Antworten aus meinem Haus zur Großen Anfrage vor allem drei Punkte deutlich gemacht: Erstens. Das Interesse an freien Schulen in Sachsen ist ungebrochen groß. Eltern und Kinder entscheiden sich bewusst für eine Bildungslaufbahn an einer Schule in freier Trägerschaft. Auch in Zeiten, in denen im öffentlichen Schulwesen die Schülerzahlen zurückgegangen sind, konnten die Schulen in freier Trägerschaft ihre Schülerzahlen grundsätzlich stabil halten oder sogar ausbauen.

Zweitens. Der Wunsch, neue Schulen zu etablieren und mit ihnen eigene pädagogische Ideen umzusetzen und alternative Angebote zu schaffen, ist in Sachsen auch knapp 30 Jahre nach der Gründung oder – man muss ja in einigen Fällen sagen – Wiedergründung der ersten Schulen in freier Trägerschaft noch immer groß.

Offensichtlich sehen sich viele Schulgründungsinitiativen durch die Gesetzesnovelle 2015, die neben erheblichen finanziellen Steigerungen auch erstmals eine finanzielle Unterstützung in der Wartezeit eingeführt hat, ausdrücklich ermutigt. Ein Blick auf die Zahlen belegt das.

Seit dem Schuljahr 2015/2016 sind 32 neue allgemeinbildende Schulen hinzugekommen, und zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum vor der Gesetzesnovelle waren es nur 13. Das ist eine gute und richtige Entwicklung. Wenn man das aber auf der einen Seite lobt, sollte man andererseits nicht in die Gefahr kommen, dass man die staatlichen Schulen schlechtredet und das eine mit dem anderen in Korrelation bringt. Denn viele Eltern und Kinder entscheiden sich bewusst für eine freie Schule, weil dort ein besonderes pädagogisches Konzept angeboten wird, was wir aus unterschiedlichen Gründen an staatlichen Schulen nicht anbieten können. Deshalb ist es auch richtig, das eine zu loben, ohne gleichzeitig – Frau Falken, Entschuldigung, das ist mir sehr negativ aufgestoßen – die staatlichen Schulen in derartiger Weise schlechtzureden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Drittens. Der Freistaat Sachsen hat die Chance eines neuen Miteinanders zwischen Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft genutzt. Sicherlich ist dies ein kontinuierlicher Prozess. Er braucht Zeit und den Willen aller Beteiligten, und er ist keinesfalls ein Prozess, der sich in irgendeiner Weise von oben verordnen ließe. Aber, meine Damen und Herren, wir haben die Voraussetzung für ein gelingendes Miteinander geschaffen.

Der Teilhabeanspruch, der zum Beispiel den Zugang zu vom Freistaat angebotenen Fortbildungen ermöglicht, schafft die Gelegenheit, dass sich Lehrkräfte und Schulleitungen begegnen und im Idealfall auch in einen Austausch treten können. Schulen in freier Trägerschaft haben gleichberechtigten Zugang zu allen Unterstützungsleistungen des Freistaates. Zudem hat sich zwischen der

Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der

Schulen in freier Trägerschaft und meinem Haus ein respektvoller, kontinuierlicher Dialog entwickelt, in dessen Rahmen Informationen ausgetauscht und Schwierigkeiten erörtert oder Erwartungen formuliert werden.

Wir haben mit dem Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft auch mit den entsprechenden Berechnungsmodalitäten hinsichtlich unserer Zahlungen eine gute und wichtige Grundlage geschaffen, die auch belastbar ist. Wir sind gerade – weil das hier oft angesprochen wurde – im Hinblick auf die Frage, welche Auswirkungen das Handlungsprogramm auf die Schulen in freier Trägerschaft hat, in einem guten konstruktiven Dialog, und ich hoffe, dass wir diesen auch weiter fortführen und zum Schluss zu einem Ergebnis kommen, das für alle Seiten belastbar ist.

Öffentliche und Schulen in freier Trägerschaft stehen vor der großen Aufgabe, qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer für den Schuldienst zu gewinnen. Wir als Staatsregierung stellen uns der Verantwortung für gleichwertige Bildungschancen gegenüber allen Schülerinnen und Schülern, und zwar unabhängig davon, in welcher Trägerschaft sich ihre Schule befindet. Alle Maßnahmen, die wir für die öffentlichen Schulen ergreifen und die sich erhöhend auf die Bruttojahresgehälter auswirken, wirken sich direkt über die Sollkostenformel zuschusserhöhend auch auf die Schulen in freier Trägerschaft aus.

Zudem hat Artikel 18 des Haushaltsbegleitgesetzes, welches wir im Dezember beschlossen haben, die Voraussetzungen geschaffen, um die Schülerausgabensätze künftig anhand der Daten des jeweils laufenden Schuljahres zu errechnen. Sie wissen alle hier im Haus, dass wir diese Daten für Ende Februar/Anfang März erwarten und dann entsprechend auch Planungssicherheit für die freien Schulen besteht.

Positive Entwicklungen an den öffentlichen Schulen werden sich damit unverzüglich auf die Erhöhung der staatlichen Finanzhilfe auswirken. An dieser Stelle möchte ich sehr deutlich sagen – weil das hier so angeklungen ist –, dass es unsererseits, seitens der staatlichen Schulen und der Schulverwaltung, keine Abwerbung von Lehrerinnen und Lehrern aus freien Schulen gibt. Dass der eine oder andere Lehrer natürlich überlegt, in den staatlichen Schuldienst zu gehen, das kann ich ihm nicht verwehren. Aber – das haben wir auch sehr deutlich miteinander vereinbart – es gibt keine Abwerbungen, ganz im Gegenteil.

Gerade die Situation, in der wir uns in Sachsen, aber auch deutschlandweit, befinden, muss uns ja zusammenschweißen; denn sowohl staatliche als auch freie Schulen sollten ein gemeinsames Interesse daran haben, mehr junge Leute für den Lehrerberuf zu begeistern. Insofern habe ich immer deutlich gemacht, dass ich mir wünschen würde, dass wir dort gemeinsam in die Lehrerwerbung investieren, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass wir mehr Lehrerinnen und Lehrer bekommen, nicht nur, was statistische Zahlen betrifft – in der Lehrerbedarfsprognose sind die freien Schulen sicherlich auch mit inbegriffen –,

sondern auch im tagtäglichen Tun. Dort würde uns ein gemeinsames Miteinander zwischen staatlichen und freien Schulen guttun.

Meine Damen und Herren, noch einige Worte zum Entschließungsantrag. Die Voraussetzungen für die Genehmigung sind im Gesetz über die Schulen in freier Trägerschaft und in der Genehmigungs- und Anerkennungsverordnung deutlich geregelt. Außerdem steht das Landesamt für Schule und Bildung beratend zur Verfügung. Wie zuletzt Anfang Januar in der Antwort auf die Kleine Anfrage von Frau Kollegin Falken erläutert, besteht die Möglichkeit, bereits im Vorfeld eines Genehmigungsantrages ein Beratungsgespräch im Landesamt zu führen. Auch während der Prüfung des Antrages sind beratende Gespräche möglich. Allerdings – das will ich noch einmal festhalten – ist für das Erreichen der Genehmigungsreife vor allem der Antragsteller verantwortlich. Das LaSuB ist vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung aller Träger nicht berechtigt, den Trägern die eigentliche Arbeit der Erstellung eines genehmigungsfähigen Konzeptes abzunehmen, und gerade daran hat es ja bei der Natur- und Umweltschule bis zuletzt gemangelt.

Schließlich möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Soweit es berechtigte Kritik im konkreten Einzelfall an der Arbeit des Landesamtes gibt, wird diese sehr wohl gehört und ernst genommen. So hatten Vertreter der sächsischen Schulinitiativen Anfang Januar die Gelegenheit, mit dem Präsidenten des Landesamtes und dem Leiter des Standortes Dresdens Verbesserungsvorschläge zum Verfahren und konkrete Kritikpunkte zu erörtern.

Meine Damen und Herren, wir bieten den Schulen rechtlich und finanziell die Rahmenbedingungen, die sie benötigen, um ihren verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag zu erfüllen, aber ohne ihnen gänzlich die Verantwortung abzunehmen, die mit der Ausübung der Privatschulfreiheit und mit ihren eigenen pädagogischen und organisatorischen Entscheidungen einhergeht. Der Freistaat Sachsen ist auch mit Blick auf seine Schulen in freier Trägerschaft auf einem guten Weg.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir hörten die Staatsregierung. Es sprach Herr Staatsminister Piwarz. Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Uns liegt in der Drucksache 6/16481 ein Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, und ich bitte jetzt um Einbringung. Frau Kollegin Zais, bitte. Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Piwarz! Auch meine Fraktion sieht es so, dass wir beim Thema freie Schulen in Sachsen auf einem guten Weg sind. Aber – und das möchte ich auch an die Adresse meiner sehr verehrten Kollegin Firmenich nochmal sehr deutlich sagen – es ist immer Aufgabe der Opposition gewesen, beim Thema

freie Schulen dafür zu sorgen, dass der verfassungsmäßig garantierte Anspruch auf Gleichbehandlung auch durchgesetzt wird.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben es in diesem Hohen Haus bereits erlebt, dass das Gesetz das eine ist und das andere, was die Legislative und die Exekutive daraus machen. Insofern nehme ich für meine Fraktion in Anspruch, dass wir anhand der Daten, die uns im Rahmen der Antworten auf diese Große Anfrage zur Verfügung gestellt wurden, viele Fehlstellen ausgemacht haben. Es ist unsere feste Überzeugung, dass es Fehlstellen gibt. Das betrifft die Finanzierung, das habe ich vorhin in meiner Rede zur Großen Anfrage gesagt, und das finden Sie auch im Entschließungsantrag wieder.

Es wäre schon mal ein guter Anfang, liebe Sabine Friedel, das Thema Absenkungsfaktor als etwas zu betrachten, was eigentlich der Vergangenheit angehören müsste; denn es gibt keinen belastbaren Grund, dass man ausgerechnet, wenn es um die Bezahlung der Lehrerinnen und Lehrer geht, sagt, sie sollen per Gesetz weniger bekommen als die Lehrerinnen und Lehrer an Schulen in öffentlicher Trägerschaft.

Was die Schülerkostensätze anbelangt, dass wir diese evaluieren wollen, ist alles richtig. Ich bin aber auch Stadträtin in einer Kommune, in Chemnitz, und habe zum Beispiel – es gibt ja dieses Thema Schlüsselprojekte im Rahmen der Umstellung der Haushalte – einmal angefragt, was denn ein Schüler die Kommune im Jahr kostet. Das sind Zahlen, die überhaupt nicht belastbar sind; sie werden auch nicht komplex erfasst.

Wenn es um die Validität und Belastbarkeit der Schülerkostensätze bei den freien Schulen geht, dann brauchen wie dieses Thema für die Vergleichbarkeit auch an den staatlichen Schulen. Es gibt einfach auch einige Punkte, bei denen wir sagen: Hier gibt es Handlungsbedarf und es ist unser Job – natürlich als Opposition –, das zu machen. Was wir keinesfalls gemacht haben, liebe Frau Firmenich, ist, dass wir das schlechtreden. Deshalb – in unserem Entschließungsantrag die ersten beiden Punkte, der Minister hat es nochmals zitiert – loben wir sozusagen das System. Wir als Opposition möchten, dass das auch erhalten wird, dass dieser große Schatz, den wir mit den freien Schulen haben, auch zum Tragen kommt und sich diese Schulen auch weiterentwickeln können. Deshalb ist unser Entschließungsantrag ein Weg, und ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von Mikrofon 5 Frau Kollegin Firmenich. Bitte.

Liebe Frau Zais, wenn es darum geht, die Kosten genau zu analysieren und zu schauen, welche Kosten nicht beim Kultusministerium, sondern beim Schulträger – sprich: bei der Kommune – anfallen,

waren wir uns darüber einig, das mit der Evaluierung zu machen. Ich glaube, dazu müssen wir uns nicht weiter unterhalten und nicht extra Beschlüsse fassen. Ich vertraue darauf, dass das ordentlich gemacht wird. Nichtsdestotrotz möchte ich zu dem Entschließungsantrag einige Punkte sagen.

Mir gefällt nicht, dass man unterstellt, dass die Genehmigungspraxis intransparent wäre. Das ist sie nicht. Es gibt klare Regeln. Das war meine Kritik an dem negativen Duktus.

Des Weiteren zu dem Thema, das immer wieder gezogen wird, die berufsbildenden Förderschulen: Man muss ehrlich sein. Wir haben das System im Bereich der staatlichen Schulen umgestellt. Dort gibt es keine berufsbildenden Förderschulen mehr, und ja, bei den freien Schulen gibt es das noch. Aber dort ist die Berechnung eine andere. Man unterstellt dort nicht 25 Schüler als Regelklassengröße, sondern zwölf.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Das ist auch besser so!)

Dann kommt man bei einem Schülerausgabensatz an einer berufsbildenden Förderschule im Berufsvorbereitungsjahr bei 9 780 Euro heraus. An einer staatlichen Schule sind es 5 740 Euro. Ich glaube, dass das den Anforderungen gerecht wird. Deshalb ist es wichtig, dass man das nicht behauptet, sondern einmal in die Tiefe geht und schaut, wie es wirklich ist.

Zum Thema Schulgeld, Ausgleich des Schulgeldes, soweit auf Schul- und Lernmittelgeld verzichtet wird: Ich bin selbst in dem System. Ich bin stellvertretende Vorsitzende des Schulträgervereins. Ich sage Ihnen eines: Wenn wir das machen, ist die Frage, auf welcher Basis wir vergleichen. Nehmen wir für die Basis der Finanzierung das, was die staatliche Schule bietet, und sagen, wenn ihr das macht, bekommt ihr den Ausgleich? Dann werden die Schulen in freier Trägerschaft sagen: Danke, das wollen wir nicht, weil wir andere Konzepte haben. Das ist nicht vergleichbar. Wir bieten zusätzliche Leistungen an. Wir haben eine eigene Geschäftsführung. Wir haben eine Schulsekretärin usw.

Man kann natürlich den Bogen gehen und sagen, wir verzichten auf das Schulgeld und verlangen für alles andere eine Qualitätspauschale oder eine Spende oder was weiß ich. Ich weiß, wie es gemacht wird, und insofern glaube ich, dort tragen wir etwas vor, das mit der Realität nichts zu tun hat. Aber lassen Sie uns darüber diskutieren, wenn wir die Evaluation durchführen.

Zum Personal: Lehrer an einer freien Schule zu sein erfordert eine gewisse Haltung und Überzeugung. Diejenigen, die dort hingehen, entscheiden sich bewusst für eine freie Schule. Deshalb ist jemand, der sich verbeamten lassen will, an einer freien Schule falsch. Ich würde niemanden einstellen, der mit einer Verbeamtung kommt. Ich glaube, das passt nicht zueinander.

Jetzt ist die Redezeit zu Ende.

Es tut mir leid. Noch einen letzten Satz.

Letzter Satz.

(Heiterkeit)

Einen letzten Satz: Ich glaube, Frau Zais hat es mit ihrem Antrag gut gemeint. Aber wie das manchmal ist: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut. Deshalb können wir leider nicht zustimmen.