Protocol of the Session on January 31, 2019

(Beifall bei den LINKEN)

Ich möchte es auch jetzt nicht verschweigen: Auch das längere gemeinsame Lernen praktizieren Schulen in freier Trägerschaft, obwohl es das formal in Sachsen gar nicht gibt, sehr erfolgreich.

Ein letzter Punkt: Dabei geht es mir um die Frage der Transparenz von Genehmigungsverfahren. Ich finde es gut, wenn das in Chemnitz so gut funktioniert, Frau Firmenich. Ich kenne auch von Leipzig keine negativen Punkte. Das möchte ich ganz deutlich sagen. Allerdings scheint es in Dresden ein großes Problem zu geben, Herr Staatsminister. Ich bitte und fordere Sie auf – wenn es um Personen geht, ist es nicht immer ganz so einfach –, dass Sie sich in Dresden einmal anschauen, was da vor sich geht. Denn von einer guten Beratung durch das LaSuB in Dresden und von einer Förderung zur Gründung von Schulen in freier Trägerschaft kann man nicht wirklich sprechen.

(Beifall der Abg. Kathrin Kagelmann, DIE LINKE)

Das hat manchmal tatsächlich etwas mit Personen zu tun, die diese Aufgabe wahrnehmen. Auch die Umweltschule wäre nicht gescheitert, wenn es die Person an dieser Stelle nicht gegeben hätte.

(Zuruf des Staatsministers Christian Piwarz)

(Beifall bei den LINKEN)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Danke schön. Es folgt die SPD-Fraktion; Frau Friedel, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits relativ viel ausgeführt worden und viel Richtiges in allen Redebeiträgen. Insofern kann ich den Beitrag der SPD-Fraktion entsprechend kurz halten.

Wir haben 2015 ein Gesetz verabschiedet, das die Situation der freien Schulen in Sachsen erheblich verbessert hat. Wir haben mit diesem Gesetz auch beschlossen, dass das Gesetz 2020 evaluiert werden wird. Ich glaube, die Große Anfrage der GRÜNEN und auch die umfangreichen Antworten des Kultusministeriums werden eine gute Grundlage für diese Evaluation sein. Denn – das haben Sie alle bemerkt – es handelt sich um einen sehr großen Ordner mit vielen Informationen, der nur noch zwei Jahre fortgeschrieben werden muss.

Obgleich die Vereinbarung war, 2015 ein neues Gesetz zu beschließen und 2020 zu evaluieren und nach Veränderungsbedarfen zu schauen, haben wir das Gesetz inzwischen trotzdem bereits zweimal aufgegriffen, um die Situation der freien Schulen weiter zu verbessern. Das haben wir zum einen im April 2017 beim Schulgesetz gemacht, also gerade einmal zwei Jahre, nachdem das neue Gesetz beschlossen worden ist. Dort haben wir einmal die Finanzierung der Inklusion verbessert.

Zum anderen haben wir deutlich gemacht, dass Schulen in freier Trägerschaft – Frau Zais hatte es vorhin bereits zitiert – gleichermaßen wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft laut Verfassung Adressaten des Bildungsauftrages sind, ohne dass ein Vorrang der einen oder der anderen besteht. Das ist eine neue gesetzliche Regelung von 2015, die wir 2017 konsequenterweise in das Gesetz über die öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen übernommen haben.

Wir haben bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2019/2020 im Dezember erneut einen Beschluss zur Umsetzung des Handlungsprogrammes gefasst, der dazu führen wird, dass die Schulen in freier Trägerschaft noch einmal in einem weiteren Maße zusätzliche Mittel erhalten.

Als wir gemeinsam mit der CDU-Fraktion begonnen haben, über das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft zu diskutieren – das war 2014 –, haben wir als SPD gemeinsam mit LINKEN und GRÜNEN den Prozess als Gegner des Freistaates vor dem Verfassungsgerichtshof geführt. Dadurch waren wir in einer besonderen Situation. Zu dem Zeitpunkt der Beratungen des Gesetzes 2014 haben die Schulen in freier Trägerschaft 230 Millionen Euro pro Jahr erhalten. Dann wurde das Gesetz verabschiedet und wir sind, glaube ich, dem Auftrag des Gerichtes auch gerecht geworden. Im Laufe der Jahre haben wir weitere Verbesserungen erreicht. 2020 werden wir bei einem jährlichen Zuschuss von 422 Millionen Euro sein.

Von 230 Millionen Euro pro Jahr auf 422 Millionen Euro pro Jahr – das ist eine Steigerung um 183 %, also fast eine Verdopplung. Dabei ist die Steigerung der Schülerzahl von 12 auf 14 % auch beachtlich. Das zeigt, dass in den letzten Jahren in diesen Dimensionen viel mehr Verbesserungen erreicht wurden.

Ich möchte in einem zweiten Punkt Folgendes sagen: Ich bin etwas skeptisch, wenn jetzt immer gesagt wird, dass der Faktor 1,0 die Lösung ist und damit die freien Schulen gleichbehandelt werden. Ich bin nicht nur aus finanziellen Gründen skeptisch, aber wir müssen uns schon fragen, was Gleichbehandlung heißt. Möchten wir wirklich eine 100%ig gleiche Funktionsweise von öffentlichen und freien Schulen? Das würde bedeuten, dass wir an den freien Schulen beginnen, die Personalauswahl nicht mehr der Schule zu überlassen, sondern zentral zuzuweisen.

(Zuruf von der SPD)

Das halte ich für falsch. Das hieße dann auch, dass wir beginnen, den Versorgungsauftrag der öffentlichen Schulen in jedem Fall auch auf die freien Schulen zu übertragen. Ich bin nicht sicher, ob das richtig ist.

In der in den kommenden Jahren zu führenden Debatte geht es nicht nur darum, wie freie Schulen ein Innovationsmotor sein können, sondern eher darum, wie wir es schaffen, dass die öffentlichen Schulen ähnlich wie die freien Schulen funktionieren können. Wie schaffen wir es, dass wir mittelfristig von der derzeit gruppenbezogenen Ausstattung auf eine schülerkostensatzbezogene Ausstattung auch der öffentlichen Schulen kommen, die mehr Flexibilität und das Verfolgen eines eigenen Konzepts ermöglicht? Wenn sich die Waage hier annähert und wir es schaffen, den öffentlichen Schulen mehr Freiheit zu geben, dann werden wir automatisch an dem Punkt sein, wo sich auch die Ausgaben weiter annähern. Eine fortdauernde Ungleichbehandlung darf auf keiner der beiden Seiten passieren. Das trifft nicht nur die freien, das trifft auch die öffentlichen Schulen.

Einfach 1,0 zu sagen, das ist ein bisschen zu leicht. Wir müssen darüber nachdenken und gemeinsam Lösungen finden, unser Schulsystem – öffentlich wie frei – so zu organisieren, dass es auf der einen Seite effizient organisiert ist, aber auf der anderen Seite die Schulen sehr viele Möglichkeiten und pädagogische Freiheiten haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Amt. Präsident Thomas Colditz: Für die AfD-Fraktion spricht Frau Wilke. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! 153 Fragen und eine Antwort auf 725 Seiten, das sprengt jeglichen Maßstab und ist das Ergebnis einer undifferenzierten Fragestellung.

(Oh-Rufe von den GRÜNEN)

Viele der vorliegenden Daten hätten sich die GRÜNEN dabei selbst heraussuchen können. Eine einfache Recherche in den Datenbanken des Statistischen Landesamtes hätte gereicht.

(Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Schauen wir uns nichtsdestotrotz einige Punkte einmal im Detail an.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Was fällt als Erstes auf? Die Schülerzahlen. In den letzten zehn Jahren sind die Schülerzahlen in den freien Schulen um 15 % gestiegen, an öffentlichen Schulen lediglich um 2,2 %. Beispiel Oberschule: Anstieg bei den privaten Schulen um 151 %, bei den öffentlichen Schulen nur um 27 %. In Grundschule und Gymnasium sieht es im Verhältnis ähnlich aus. Fazit: Massive Schülerzuwächse bei allen freien Schulen, nur mäßige dagegen bei den öffentlichen.

Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Blick auf die Berufsschulen: Während die öffentlichen Berufsschulen heute bis zu 43 % weniger Schüler haben, gewinnen die privaten sogar bis zu 463 % an Schülern hinzu.

Meine Damen und Herren, was sagen uns diese Zahlen? Woher rühren diese massiven Zuwächse für Privatschulen? Ein offensichtlich immer größer werdender Teil der Elternschaft ist mit den öffentlichen Schulen unzufrieden. Anders lässt sich diese Entwicklung nicht erklären.

Warum sind die Eltern unzufrieden? Liegt es vielleicht an der maroden Schulinfrastruktur? Liegt es am exorbitant hohen Anteil an Seiteneinsteigern oder am Unterrichtsausfall? Liegt es an einem schlechten Unterricht, an der politischen Inkardination? Oder liegt es nicht vielmehr daran, dass viele Eltern ihre Kinder doch nicht so gern in eine Multi-Kulti-Schule schicken wollen und ihre Kinder lieber mit guten Noten als mit einem blauen Auge nach Hause kommen sehen?

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Oh! – Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Was soll das denn? Blaues Auge? Immer das Gleiche!)

Meine Damen und Herren, es ist eine Kombination aus allem. In jedem Fall spiegeln die Zuwächse das Versagen Ihrer CDU-Bildungspolitik wider. Die, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder deshalb lieber auf Privatschulen.

(Staatsminister Christian Piwarz: Die Realität sieht anders aus, Frau Wilke!)

In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Lehrer an öffentlichen Schulen um 9 % gesunken. Bei Privatschulen hingegen ist sie um 53 % gestiegen. Wie kann es sein, dass Privatschulen bisher Lehrer finden konnten, auch ohne Verbeamtung? Liegt es vielleicht an den im Vergleich besseren Arbeitsbedingungen, an weniger Migranten und weniger Inklusion?

(Oh-Rufe und Lachen bei den GRÜNEN – Lachen der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE – Sabine Friedel, SPD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Entschuldigung. – Wenn ich daran denke, wie die Staatsregierung mit den Milliarden Euro nur so um sich wirft, um neue Lehrer zu gewinnen oder um ältere Lehrer von einem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand abzuhalten, und dabei gar nichts, aber auch wirklich gar nichts erreicht, dann wird mir angst und bange.

Wie sich die Lehrerverbeamtung auf die freien Schulen auswirkt, kann man allerdings schon der Presse entnehmen und von den Interessenverbänden der Privatschulen hören. Sachsenweit haben dort vor allem junge Lehrer gekündigt oder wollen es tun. Die Furcht vor dem Ausbluten geht nicht unbegründet um, denn so wie die CDU/SPD-Koalition mit der Verbeamtung und Lohnzu

wächsen für nichtverbeamtungsfähige Lehrer versucht, staatliche Schulen besser mit Personal zu versorgen, reißt sie rücksichtslos an anderer Stelle Lücken, die ganz sicher nicht durch die versprochenen, aber unzureichenden Heilungsversuche gestopft werden.

Um die insgesamt negative Entwicklung in der sächsischen Bildung zu stoppen, fordern wir erstens: keine Inklusion an öffentlichen Schulen, zweitens den Erhalt unserer bewährten Förderschulen, drittens, Migranten mit geringer Bleibeperspektive auf die Rückkehr in ihre Heimat sinnvoll vorzubereiten, das heißt, diese in ihrer Muttersprache in Extraklassen zu unterrichten.

(Lachen der Abg. Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE – Cornelia Falken, DIE LINKE: Frechheit! – Zuruf der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Genau! – Wenn Sie, liebe Staatsregierung, weiterhin die Augen vor der Bildungsrealität verschließen, fahren Sie den Karren vor den Baum. Hören Sie endlich auf, die vorliegenden Zahlen zu ignorieren, und tun Sie mit uns gemeinsam das Richtige. Folgen Sie unseren Forderungen. Stoppen Sie den Bildungsnotstand!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Wir sind jetzt am Ende der ersten Rederunde angelangt. Wir könnten eine zweite eröffnen, wenn Redebedarf aus den Fraktionen bestünde. – Das ist nicht der Fall. Damit hat jetzt die Staatsregierung das Wort. Es ergreift Herr Staatsminister Piwarz.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Jetzt ist es an mir, wenigstens kurz auf Frau Wilke zu reagieren. Länger macht es auch wenig Sinn. Es ist offensichtlich für Sie schon eine Leistung, dass Sie das immer wieder fehlerfrei vorlesen können.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – André Barth, AfD: Das ist eine Zumutung!)