Protocol of the Session on November 8, 2018

Um die anderen geht es Ihnen nicht – auch dann nicht, wenn sie hier geboren worden sind

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Als Volljurist reden Sie von Staatsvolk …!)

oder wenn ihre Großeltern oder Eltern seit Jahrzehnten hier leben. Kein Kind kann etwas dafür, wo und von wem es geboren wird. Deshalb müssen wir im Interesse aller Kinder gegen Armut vorgehen.

(Beifall bei den LINKEN)

Eltern müssen eine Welt vorfinden, in die sie mit gutem Gewissen Kinder setzen können. Das heißt: Frieden im Innern und auch nach außen, soziale Sicherheit, Solidarität und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Im Kampf um eine solche Welt ist die AfD wahrlich keine Hilfe, auch weil ihr Familienbild aus den Dreißigerjahren stammt und weil sie in der finsteren Tradition der Ausgrenzung steht.

(André Barth, AfD: Oh! Meine Güte!)

Das Familienbild der AfD ist belegt durch ihr Grundsatzprogramm – einige Zitate: „Besondere Unterstützung durch die Solidargemeinschaft sollte nur denjenigen Alleinerziehenden gewährt werden, die den anderen Elternteil nicht aus der Teilhabe an der Erziehungsverantwortung und praktischen Erziehungsleistung hinausdrängen.“

Die allermeisten Menschen geraten unverschuldet in die Situation, ihre Kinder allein großziehen zu müssen. Das ist zutiefst private Angelegenheit, die stets im Einzelfall beurteilt werden muss.

(Karin Wilke, AfD, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein. – Ein solcher Pauschalverdacht ist ungerechtfertigt. Väter können heute ein gemeinsames Sorgerecht vor Gericht erstreiten, und geteilter Umgang bei getrennt lebenden Eltern ist lange keine Seltenheit mehr.

Weiteres Zitat: „Kinder unter drei Jahren fühlen sich am wohlsten, wenn sie durch die eigenen Eltern betreut werden.“ – So Ihre These, Ihre unfassbare These.

(Carsten Hütter, AfD: Was ist daran unfassbar?)

Weil Sie spielen. Sie spielen mit Emotionen. Selbstverständlich gehört ein Kind zu seinen Eltern und selbstverständlich fühlt es sich bei den Eltern am wohlsten.

(André Barth, AfD: Na eben, Sie haben es doch selbst gesagt!)

Das heißt aber nicht, dass es nicht davon profitiert, wenn es ein paar Stunden in den Kindergarten geht!

(André Barth, AfD: Das schließt es doch gar nicht aus! – Carsten Hütter, AfD: Sie haben keine Ahnung …!)

Ich selbst habe drei Kinder und kann nur sagen, dass meine Kinder immer gern in den Kindergarten gehen, auch vor dem dritten Lebensjahr!

(Zurufe von der AfD)

Es ist für die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten, für den späteren Bildungsweg hilfreich, wenn Kinder unter ihresgleichen aufwachsen und frühkindliche Bildung erhalten. Insofern ist es unlauter, so etwas zu behaupten.

Auch ungeborene Kinder haben ein Recht auf Leben.

(André Barth, AfD: Ach so?!)

Wie oft wird dieses Recht der Selbstverwirklichung oder sozialen Zukunftsängsten untergeordnet.

Jetzt Ihr Zitat: „Das Recht auf Leben bestreitet niemand, auch nicht wir. Aber es handelt sich um eine Abwägungsfrage.“

Bis zur zwölften Schwangerschaftswoche muss und darf jede Frau die Möglichkeit haben zu entscheiden, ob sie ein Kind haben will, aufziehen will, großziehen will oder nicht.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN – André Barth, AfD: Diese Möglichkeit hat jede Frau in Deutschland!)

Ich hoffe, dass die Menschen bald erkennen, was für ein unsozialer Haufen Sie sind!

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Schaper sprach für die Fraktion DIE LINKE. Die SPD hat keinen Redebedarf, GRÜNE keine Redezeit mehr. Gibt es in dieser zweiten Rederunde noch Redebedarf? – Kann ich nicht erkennen. Möchte jemand eine dritte Rederunde eröffnen?

Herr Dr. Weigand. Sie haben allerdings nur noch 35 Sekunden, muss ich Sie darauf hinweisen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle bei meiner wundervollen Frau bedanken, die die Kinder zu Hause erzieht, die aber auch jedes Mal wieder arbeiten gegangen ist und das alles selbst frei entscheiden konnte und ein freier Mensch ist, und das ermöglicht man auch in der AfD, und dafür stehen wir.

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte nur ganz kurz zusammenfassen: Wir sind für eine Verbesserung der Schwangerschaftskonfliktberatung. Wir wollen eine Kindermutmachprämie von 5 000 Euro für unsere sächsischen Familien. Wir wollen eine echte Wahlfreiheit. Wir wollen das Landeserziehungsgeld auf 700 Euro erhöhen. Wir wollen damit die Kindergärten entlasten, den Betreuungsschlüssel verbessern und für unser Sachsen alles besser machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zurufe der Abg. Susanne Schaper und Sarah Buddeberg, DIE LINKE – Carsten Hütter, AfD: Das müssen Sie uns nicht sagen, wenden Sie sich woanders hin!)

Das war Herr Dr. Weigand, jetzt ist die Redezeit definitiv verbraucht. Jetzt kommt die Staatsregierung zu Wort. Das Wort hat Frau Staatsministerin Klepsch; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mit einem Dank beginnen: Ich danke allen, die sich im Freistaat Sachsen für Kinder entscheiden – ganz gleich, ob sie diese zu Hause erziehen oder in eine Kita geben. Denn wir im Freistaat Sachsen – das ist unser großer Anspruch – stehen für eine Willkommenskultur für Kinder, für Jugendliche, für unsere Familien.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Diese Willkommenskultur bestimmt auch unseren Handlungsmaßstab, denn wir wollen, dass sich unsere Familien in unserem Freistaat Sachsen wohlfühlen. Wir wissen, die Kinder sind unsere Zukunft, sie sind unser größter Schatz, sie sind unser wertvollstes Gut.

Ja, und wir wissen, Familien brauchen die gesamtgesellschaftliche Anerkennung. Da brauchen wir uns nur selbst vielleicht hinterfragen: Wie geht man mit Kinderlärm um? Oder ich habe jüngst ein Angebot von einem Hotel gehabt, das als kinderfreies Hotel bezeichnet wird. Lassen wir das so stehen oder sagen wir gezielt: Wenn wir von familien-, von kinderfreundlich reden, dass das gesamtgesellschaftlich hinterfragt werden sollte?

Unsere Familien brauchen gesellschaftliche Anerkennung, und sie brauchen unsere Unterstützung. Dafür steht der

Bund, dafür stehen die Länder, der Freistaat Sachsen, stehen die Gemeinden mit einer großen Anzahl an Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung. Ich möchte auf unsere Unterstützungsmaßnahmen im Freistaat Sachsen abstellen; denn hieran wird deutlich, dass wir eine Willkommenskultur, dass wir eine familienpolitische Leistung im Freistaat Sachsen bringen, die sich sehen lassen kann.

Ja, wir sind aufgefordert, die geeigneten Rahmenbedingungen bereitzustellen, damit Familien ihrer eigenen Verantwortung gerecht werden können, damit sie dieser Eigenverantwortung nachgehen können und ihre Gestaltungsräume eben auch nutzen dürfen.

Schauen wir in den Regierungsentwurf für den nächsten Doppelhaushalt. Im Entwurf selbst stehen für Hilfen für Familien, für Kinder und Jugendliche allein 2018 derzeit 118 Millionen Euro zur Verfügung. Im nächsten Doppelaushalt wollen wir dieses Volumen noch einmal um rund 21 Millionen Euro erhöhen. Auch das ist meines Erachtens ein ganz wesentlicher Punkt. Als Schwerpunkt dahinter ist zum einen das Landeserziehungsgeld für den Freistaat Sachsen zu sehen. Wir unterscheiden uns dort von allen anderen Bundesländern außer Bayern, das auch noch eine ähnliche Leistung anbietet. Ansonsten gibt es kein weiteres Bundesland, das eine derartige familienpolitische Leistung zur Verfügung stellt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Dahinter verbergen sich weiter unsere Jugendarbeit und das Thema Schulsozialarbeit, um hier nur einmal drei einzelne Schwerpunkte kurz anzusprechen.

Ja, junge Familien in unserem Freistaat Sachsen sehnen sich nach Kindern. Anders als Dr. Weigand das ausgesprochen hat, sehe ich, dass sich unsere sächsischen Familien wieder stärker der Gründung einer Familie widmen, dass sie es für sich als einen wichtigen Bestandteil in ihrer Lebensplanung sehen. Ich halte das für einen ganz wichtigen und wesentlichen Schritt. Damit man sich diesen Wunsch erfüllen kann, sind auch wir im Freistaat Sachsen bereits seit einigen Jahren mit einer wichtigen Unterstützung dabei; denn bereits in der Phase des Beginns der Familiengründung stellen wir bei ungewollt kinderlosen Paaren die finanziellen Rahmenbedingungen bereit. Wir stellen im Haushalt dafür Mittel in Höhe von rund 150 000 Euro bereit.

Zudem möchte ich kurz auf unsere Landesstiftung reflektieren, die Stiftung „Hilfen für Familien, Mutter und Kind“. Hier erfolgen Unterstützungen im Bereich der Schwangerschaft, im Bereich der Familie, wenn sie sich in einer schwierigen Situation befindet. Diese Landesstiftung gehört zu einem Netz von Maßnahmen, das zum einen das ungeborene Leben schützt und zum anderen eben Familien in Notlagen begleitet und sie finanziell mit unterstützen soll. Auch dafür sind im kommenden Doppelhaushalt über eine viertel Million Euro mehr an Mitteln im Entwurf enthalten.

(Beifall bei der CDU)

Ja, wir wissen, dass Kinderwunsch nicht nur auf eine gute Konjunkturlage abzustellen ist, sondern dass der Kinderwunsch eben auch maßgeblich von guten Betreuungsinfrastrukturbedingungen abhängt. Allein die Arbeitslosenzahl für Oktober 2018, mit 5,5 % auf einem historischen Tiefstand, wie hier ganz kurz angeführt sei, zeigt, wie gut die Arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren hier im Freistaat Sachsen aufgebaut wurde und funktioniert. Wir können und sollten auch stolz sein, wenn wir uns unsere ausgebaute Kinderbetreuungsstruktur und die entsprechenden Angebote ansehen: Allein bei den Null- bis Zweijährigen haben wir eine Betreuungsquote von 50,9 % und bei den darüber liegenden Drei- bis Fünfjährigen von über 95,2 %. Wir sollten uns alles das, was wir geschaffen haben, nicht kleinreden lassen. Ganz im Gegenteil, darauf dürfen wir stolz sein.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)