Protocol of the Session on November 8, 2018

Die zweite wichtige Fördermöglichkeit besteht in der Förderrichtlinie der Sächsischen Staatskanzlei für internationale Beziehungen. Adressaten sind hier gemeinnützige Vereine, Verbände und Stiftungen sowie kommunale Projektträger.

Grundvoraussetzung für die Verständigung über Grenzen hinweg sind Sprachkenntnisse. Ich freue mich, dass immer mehr Schüler in Sachsen Tschechisch lernen. In 40 Kitas beginnen schon die Kleinsten damit.

2014 haben wir die Sächsische Landesstelle für frühe nachbarsprachliche Bildung eingerichtet, um die Zusammenarbeit von polnischen, tschechischen und sächsischen Kindertageseinrichtungen zu unterstützen. In keinem anderen Land bestehen so viele Schulpartnerschaften wie in Tschechien – aktuell sind es 92. Das Friedrich-SchillerGymnasium in Pirna bietet als eines von nur zwei Gymnasien in Deutschland einen binationalen Bildungsgang an, der mit einem deutsch-tschechischen Abitur abschließt.

Auch Kammern und Unternehmen arbeiten in der beruflichen Bildung zusammen. Die sächsischen Hochschulen unterhalten an die hundert Kooperationen mit tschechischen Wissenschaftspartnern.

Vom Austausch lebt auch der Tourismus, insbesondere der Kulturtourismus. Die Zahl tschechischer Gäste ist von 2013 bis 2017 um gut 40 % gestiegen. Ich finde es bemerkenswert, dass das größte tschechische Kulturfestival im Ausland seit 1999 – also seit fast 20 Jahren – hier in Dresden stattfindet: die Tschechisch-Deutschen Kulturtage.

Geschichte und Kultur der Region spielen auch beim gemeinsamen Welterbeantrag Erzgebirge eine entscheidende Rolle. Drücken wir die Daumen, damit 2019 die Aufnahme in die Welterbeliste klappt.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die Grenzregion bereitet uns aber auch Probleme, etwa bei grenzüberschreitender Kriminalität. Es lässt sich nur gemeinsam bekämpfen – genau das tun wir. 2007 wurde mit dem Gemeinsamen Zentrum Petrovice die erste Dienststelle eingerichtet, in der deutsche und tschechische Polizei und Zollbehörden zusammenarbeiten. 2014 unterzeichneten die Innenminister beider Länder eine Absichtserklärung zur polizeilichen Zusammenarbeit. Es

geht vor allem um Kfz-Diebstahl und Betäubungsmitteldelikte.

Seit drei Jahren gibt es nun mit dem DeutschTschechischen Vertrag über die polizeiliche Zusammenarbeit endlich eine Grundlage für gemeinsame Streifen und die Verfolgung von Straftätern über die Grenze hinweg. Die Polizeiarbeit zeigt Zähne, und das wirkt. Seit 2013 gibt es eine Vereinbarung über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen. So haben auch Rettungsdienste Klarheit.

Im Justizbereich beabsichtigt unser sächsisches Justizministerium eine Beteiligung am WTZ-Kooperationsprogramm. Es geht darum, den gegenseitigen Zugang zu den Rechtssystemen zu erleichtern.

Meine Damen und Herren, für die Staatsregierung haben sehr gute Beziehungen zu unseren unmittelbaren Nachbarn – allen voran zur Tschechischen Republik – seit jeher eine besondere Bedeutung. Wir werden uns weiter und auf allen Ebenen dafür einsetzen, diese enge Zusammenarbeit zu vertiefen und zu erweitern – was das Interesse der Menschen beiderseits der Grenze ist und zugleich ein wichtiger Beitrag für ein starkes und lebendiges Europa.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Zu uns sprach Herr Staatsminister Schenk für die Staatsregierung. Wir kommen jetzt, verehrte Kolleginnen und Kollegen, zum Schlusswort durch die Fraktionen CDU und SPD. Das Schlusswort wird uns Kollege Schiemann von der CDUFraktion darbringen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen für die Diskussion zu dem Antrag, auch für Ihre Anregungen und Ihre kritische Anmerkung – das gehört dazu.

Ich danke Ihnen ausdrücklich, dass wir bei diesem Thema sicherlich in Nuancen, letztlich aber gar nicht so weit auseinanderliegen. Es ist ein wichtiges Signal des Freistaates Sachsen, auch gegenüber unseren Nachbarn deutlich zu machen, dass uns sehr viel an dieser Partnerschaft mit der Tschechischen Republik liegt, dass die Sachsen zu 80 % bereits die Tschechische Republik besucht haben – ob es die schöne Stadt Prag oder das Riesengebirge ist, ob es viele andere Begegnungsmöglichkeiten sind, die durch die Bahn, über die Vogtlandbahn oder über andere Wege erreicht werden.

Es wird wichtig sein, dass wir in Zukunft die historische Chance, die uns die Friedliche Revolution und die Singende Revolution gegeben haben, nutzen können, Partnerschaften anzugehen – auch das zu korrigieren, was vielleicht heute kritisch angesprochen worden ist –, damit wir in eine friedliche Zukunft in Europa blicken können.

Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass wir ein großes Interesse haben, natürlich auch für Verständigung der Position der Visegrád-Staaten zu werben, weil wir merken, dass es nach wie vor eine Trennung zwischen Westeuropa und Osteuropa gibt, zwischen westeuropäischem Denken und osteuropäischem Denken. Deshalb wäre der Freistaat Sachsen eine gute Brücke, für Vermittlung zwischen ebendiesen Positionen zu sorgen. Es liegt sehr nahe, das besonders mit unseren tschechischen Nachbarn zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Karl IV. hat sich bedeutend in die europäische Entwicklung eingebracht. Als Kaiser in Prag zu Hause, hat er Latein, Tschechisch, Deutsch, Französisch und Italienisch beherrscht. – Möge sich derjenige von Ihnen in diesem schönen Landtag melden, der fünf Sprachen in diesem schönen Land beherrscht.

Das ist eine historische Chance gewesen, die er genutzt hat. Er hat die Völker in Europa nicht ausgespielt – er hat für Vermittlung gesorgt. Er hat die tschechische Sprache sprachlich weiterentwickelt, modernisiert und dafür gesorgt, dass neuhochdeutsche Schriftsprache entstanden ist. In der Kanzlei in Prag ist die neuhochdeutsche Schriftsprache entstanden. Daran sollten wir auch denken, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sprache ist mehr als nur ein Mittel der Verständigung. In Sprache lernen wir die Kunst, Kultur, Geschichte und die Seele eines Volkes kennen. Deshalb müssen wir mehr für das Erlernen der Nachbarsprachen tun.

Ich würde mich freuen, wenn wir auch mehr für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren

tschechischen Nachbarn tun. Es könnte für die nächste Generation ein gutes Fundament für Frieden und gute Zusammenarbeit sein.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung – Bravo!-Rufe von der SPD)

Wir hörten ein Schlusswort, gehalten von Marko Schiemann. Das stimmt uns unmittelbar auf die Abstimmung ein, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ich stelle die Drucksache 6/11824 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Einige Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Gut, danke. Damit ist der Drucksache 6/11824 zugestimmt; sie ist beschlossen.

Bitte schön, jetzt kommt eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten von Herrn Kollegen Stange.

Vielen Dank, Herr Präsident! Angesichts der trauten Einigkeit zu dieser Stunde möchte ich nicht unbedingt Wasser in den Wein gießen, sondern nur auf Folgendes hinweisen. Kollege

Schiemann, ich halte mich wirklich zurück. Sie überraschen mich immer wieder aufs Neue. Das Vorgehen aber zu diesem Antrag ist wiederum ein seltsames. Kollege Meyer, Sie müssen sich diesmal nicht entschuldigen. Sie

glauben externen Sachverstand heranziehen zu müssen, beantragen eine Anhörung, der Ausschuss beschließt sie. Dann sagen Sie – –

Sie müssen Ihr Abstimmungsverhalten erklären.

Das mache ich gerade. Ich begründe gerade.

Sie holen etwas weiter aus, Kollege Stange.

(Zuruf von den LINKEN: Wie Herr Schiemann!)

Herr Präsident, ich wäre fast fertig. – Sie betreiben dies, um anschließend das

Plenum zu überrumpeln, ohne externen Sachverstand, der dem Antrag sicherlich ganz gutgetan hätte, kraft der eigenen Wassersuppe dann doch zu entscheiden. Das ist kein guter Stil; das bin ich aber so von Ihnen gewöhnt. Deshalb haben wir zugestimmt.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Das war Herr Kollege Stange. Er hat uns gerade wieder ein Meisterstück der Dialektik geliefert. Deshalb haben Sie zugestimmt; gut. Trotzdem ist dieser Tagesordnungspunkt damit beendet.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Wohnungslosigkeit im Freistaat Sachsen bekämpfen!

Drucksache 6/14579, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen wie gewohnt Stellung nehmen. Die Rednerreihe in der ersten Runde ist: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Für die einbringende Fraktion beginnt Frau Kollegin Schaper.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer etwas will, findet Wege; wer etwas nicht will, findet Ausreden. So lässt sich die Stellungnahme der Staatsregierung zu unserem heute vorliegenden Antrag „Wohnungslosigkeit im Freistaat Sachsen bekämpfen!“ kurz zusammenfassen.

In unserem Antrag fordern wir, erstens, eine Wohnungsnotfallberichterstattung einzuführen, zweitens, gemeinsam mit den Spitzenverbänden, der Liga der Spitzenverbände, den Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen sowie mit den Wohnungsloseninitiativen ein Gesamtkonzept zum Schutz der von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen zu erarbeiten und sie vor Wohnungslosigkeit zu schützen, drittens, sozialwissenschaftliche Begleitforschung zu initiieren, um den Wohnungsnotfallbericht zu qualifizieren, und viertens, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, damit wohnungslose Menschen an kalten Tagen Unterkünfte aufsuchen können.

Dafür müssen die Kommunen unbürokratisch die nötigen Mittel bekommen. Weil es immer mehr Wohnungsnotfälle gibt, ist eine Zustimmung zu unserem Antrag schon aus politischen und ethischen Gesichtspunkten aus unserer Sicht unumgänglich. Waren 2014 allein in Chemnitz 111 Menschen obdachlos und 92 Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht, so waren es im Jahr 2017 bereits 129 bzw. 236. Das ist bei den Wohnungslosen eine Zunahme von

über 16 %. Allerdings sind dies nur diejenigen, von denen wir wissen.

In Leipzig haben knapp 250 Menschen als Postadresse die Wohnungslosenhilfe der Diakonie angegeben. Hier, in der Landeshauptstadt Dresden, hat die Verwaltung sogar 320 Menschen als wohnungslos erfasst. Das sind aber, wie gesagt, nur diejenigen, die sich auch bei den Behörden und Anlaufstellen melden. In den drei kreisfreien Städten Sachsens leben somit mindestens 700 Menschen, die keine Wohnung haben. Da sage ich Ihnen klar und deutlich: Das sind mindestens 700 Menschen zu viel, und dies ist ein klares Zeichen für einen versagenden Sozialstaat.

Natürlich sind die Gründe für Wohnungslosigkeit vielfältig. Schaut man sich aber die Jahresberichte der Diakonie an, so stellt man fest, dass am häufigsten Schulden und Sozialleistungsbezug als Gründe für Wohnungslosigkeit bzw. für drohende Wohnungslosigkeit identifiziert werden. Aber das verwundert auch nicht, solange eine soziale Mindestsicherung mit Sanktionen belegt werden kann; denn nimmt man vom Nötigsten etwas weg, dann führt dies zwangsläufig dazu, dass Menschen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, dass Schulden wachsen und die Menschen dann auf der Straße landen.

Immerhin hat ja auch die SPD auf ihrem jüngsten Parteitag erkannt, dass Hartz IV keine Zukunft hat. Man wird sehen, was von den Ankündigungen übrig bleibt.