Protocol of the Session on November 7, 2018

von einer falschen Prämisse aus. Anders als Ihr Antrag suggeriert, ist die Aufgabe der Kommission nicht die zügige Stilllegung von Braunkohlerevieren, sondern die Entwicklung von Vorschlägen – ich zitiere aus dem Einsetzungsbeschluss – „zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung einschließlich eines Abschlussdatums und der notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen, renaturierungs- und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen“.

Auch dies ist nur einer von sechs Arbeitsaufträgen, und auch hier stehen die wirtschaftlichen, sozialen, renaturierungs- und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen im Mittelpunkt.

Lassen Sie mich dazu erst einmal ein paar Fakten klarmachen: Der Betrieb der Braunkohletagebaue unterliegt dem Bundesberggesetz. Danach ist das jeweilige Bergbauunternehmen dafür verantwortlich, dass nach der Beendigung des aktiven Abbaus eine endgültige planmäßige Wiedernutzbarmachung der vom Bergbau in Anspruch genommenen Flächen erfolgt. Diese Wiedernutzbarmachung erfolgt bereits während des laufenden Betriebs Zug um Zug und wird durch die Landesbergämter beaufsichtigt. Nach Beendigung des Bergbaus erfolgen dann alle Maßnahmen, die zur Stilllegung des Tagebaus notwendig sind, einschließlich der Flutung des Restlochs. Dabei arbeiten die Bergbauunternehmen auf der Grundlage zugelassener Abschlussbetriebspläne. Die Finanzierung aller mit der Stilllegung verbundenen Maßnahmen erfolgt durch den Bergbauunternehmer.

Wenn jetzt also äußere Eingriffe dafür sorgen, dass die Planmäßigkeit der Führung der Bergwerke nicht mehr gewährleistet ist, etwa wenn ein Ausstiegsdatum festgelegt wird, verkürzt sich die Ansparphase für die notwendigen Finanzmittel und die Bergbauunternehmen könnten bilanziell in Schieflage geraten. Diese Gefahr müssen wir berücksichtigen.

Sollte die Situation entstehen, dass der Staat die öffentliche Sicherheit im Rahmen der Ersatzvornahme sicherzustellen hat, bedürfte es einer Struktur, die das organisatorisch kann, und einer Möglichkeit, die notwendigen Maßnahmen zu finanzieren. Ob dazu eine neue Gesellschaft geschaffen werden muss, darf aber bezweifelt werden. Wir streben eine solche Lösung ohnehin nicht an. Die beste Lösung ist weiterhin, dass die Bergbau- und Kraftwerksunternehmen die genehmigten Pläne abarbeiten und somit die finanziellen Mittel zur Wiedernutzbarmachung auch selbst bereitstellen können. Alle anderen Varianten würden Steuergelder erfordern, deren Umfang wir heute nicht abschätzen können.

Das ist eben genau die Frage, die Sie auch mit dem Antrag hier aufgerufen haben. Die Frage stellt sich für uns anders: Warum sollen die Bundesländer zur Finanzierung der von Ihnen geplanten Gesellschaft denn herangezogen werden? Diese Forderung muss doch an den Bund gerichtet werden, der letztlich Eingriffe einzuleiten und rechtlich und finanziell abzusichern hat. Aber ich bleibe dabei: Es bleibt in der Verantwortung der Unternehmen.

Für die Staatsregierung bleibt es bei der Prämisse: erst die Strukturentwicklung und dann schrittweise Rückführung der Braunkohleförderung und -verstromung. Alles andere ist politisch nicht vernünftig. Ich bin froh, dass die Strukturentwicklungskommission unserem Ansatz auch an dieser Stelle folgt. Wir bitten, den Antrag abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren, das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE, Frau Abg. Dr. Pinka. – Bitte sehr, Frau Dr. Pinka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Debatte. Ich habe es ja in meinem Redebeitrag gesagt: Möglicherweise ist das kein abschließend und vollständig alle Probleme abdeckender Antrag. Als ich jedoch die Kommissionsunterlage gelesen habe, hatte ich schon den Eindruck, dass das Kapitel Arbeitsmarkt doch relativ weitgehend ausformuliert ist. Dort findet sich eben für den einzelnen Bergmann keine wirkliche Perspektive. Da geht es um Digitalisierung, da geht es um Infrastruktur. Ich habe von Ihnen jetzt auch keine wirklichen Vorschläge gehört. Sie gehen davon aus, dass die LEAG oder wer auch immer, beispielsweise RWE in Nordrhein-Westfalen, bis zu Ende abbauen werden, sanieren werden, und alles geht seinen sozialistischen Gang, hätte ich beinahe gesagt.

(Zuruf von der AfD: Das ist altgewohnt, nicht? – Heiterkeit)

Aber alles geht gut.

Frau Dr. Pinka, ich bin wieder in der Gegenwart. Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Bitte sehr.

Frau Dr. Pinka, ist Ihnen klar, dass es mit Auslaufen des Bergbaus keine Bergleute mehr gibt? Dieses Verständnis kann ich bei Ihnen nicht erkennen. Wenn der Bergbau ausläuft, gibt es keine Bergleute mehr.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aber sicher! Bis zum heutigen Tage gibt es Bergleute!)

Die Zwischenfrage ist gestellt, Frau Dr. Pinka.

Herr Gebhardt könnte die Frage natürlich auch beantworten. Aber ich sehe das genauso. Natürlich sind die Menschen, die früher einmal unter Tage Erze abgebaut haben und jetzt sanieren, Bergleute, und sie werden auch so gestellt, sogar im Bergrecht, bei Sozialversicherungsleistungen, in der Knappschaft oder sonst irgendwo. Das sind Bergleute.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Natürlich sind das Bergleute! – André Barth, AfD: Vielleicht sind es einfach nur Rentner, Herr Gebhardt!)

Das sehe ich genauso. Die scheiden erst dann als Bergleute aus, wenn der Sanierungsbergbau abgeschlossen ist und die Gesellschaft vielleicht nicht mehr existiert. Wenn die Wismut oder die LMBV nicht mehr existieren, brauche ich keine Bergleute mehr.

Ich war stehengeblieben, dass wir alle davon ausgehen, dass alles seinen ordentlichen Gang geht. Bei der LEAG habe ich meine Zweifel, dass alles seinen ordentlichen Gang geht. Wir wissen ja, das Lausitzkonzept wird im Moment nicht fortgeschrieben. Wir wissen, dass die Nebenbestimmungen aus den Hauptbetriebsplänen nicht eingehalten werden. Wir wissen, dass eine Arbeitsplatzgarantie bis 2020 gegeben wird. Bei der LEAG habe ich große Zweifel. Es gibt andere Unternehmen wie die RWE, da geht das, denke ich, seinen Gang.

Ich bin trotzdem zutiefst davon überzeugt, dass der Braunkohleausstieg eine Akzeptanz in den Bergbauregionen braucht, insbesondere bei den betroffenen Menschen. Ich habe mehrmals gesagt: Wir brauchen Vorstellungen zum Zeitpunkt der Beendigung der Braunkohleverstromung. Deshalb sind wir alle gespannt, was die Kommission am Ende des Jahres vorlegen wird. Vielleicht holen uns deren Entscheidung und Ausstiegsszenarien ein. Wir brauchen Vermittlung zwischen den Menschen. Wir hatten ständig irgendwelche Demonstrationen im Zuge der Kohlekomissionsdiskussion.

Es gibt Menschen, die Klimaprozesse beobachten und ernsthaft umsetzen wollen. Das sind junge Menschen, die sagen: Wir wollen nicht, dass unsere Erde kaputtgeht. Dann gibt es Demonstrationen, bei denen Gewerkschaftsmitglieder oder Bergleute demonstrieren und sagen: Warum soll ich meinen Arbeitsplatz wegen des Klimawandels verlieren? Das kann man alles verstehen. Deshalb brauchen wir einen Prozess, der beide zusammenbringt.

(Frank Heidan, CDU, steht am Mikrofon.)

Die einen, die akzeptieren, dass es diesen Ausstieg geben wird – –

Frau Dr. Pinka, wollen Sie noch eine Zwischenfrage zulassen?

Ja, klar.

Frau Dr. Pinka, sehen Sie einen Unterschied zwischen den friedlichen Demonstrationen, die für den Erhalt der Braunkohle oder auch gegen den Erhalt der Braunkohle protestieren und demonstrieren, zu

denen, die Anlagen zerstören und die Eigentum beschädigen? Sehen Sie dabei einen Unterschied?

Wissen Sie, Herr Heidan, ich habe immer gesagt: Ich bin nicht diejenige, die bei „Ende Gelände“ irgendwo sitzt. Ich bin nicht der Typ. Ich habe mich aber zum Beispiel bei den Nazis auf die Straße gesetzt. Das war ziviler Ungehorsam, es war verboten und wir haben Prozesse gehabt.

(Carsten Hütter, AfD: Mann, sind Sie mutig, Frau Dr. Pinka! Junge, Junge, Junge! Super Aktion!)

Das war auch nicht rechtskonform.

(Beifall bei der AfD)

Es gibt offensichtlich manchmal in der gesellschaftlichen Entwicklung Dinge, die notwendig sind, um uns als Politik zu treiben – ziviler Ungehorsam. Das verstehe ich so. Ich verstehe Menschen, die im Hambacher Forst

(André Barth, AfD: In Chemnitz bei unserem Trauermarsch, Frau Dr. Pinka!)

in diesen Häusern monatelang, jahrelang wohnen, die uns zu etwas zwingen, die mutig sind.

(Zurufe von der AfD – Beifall bei der AfD)

Wir als Politiker halten uns immer an Regeln, weil wir Gesetze machen.

(Carsten Hütter, AfD: Scheinbar nicht!)

Aber möglicherweise braucht es diesen zivilen Ungehorsam, um eine Gesellschaft zu treiben. Ja, das sehe ich so.

(Beifall bei den LINKEN)

Da mir noch acht Sekunden bleiben, hoffe ich trotzdem, dass wir gemeinsam an dem Thema – – Ich glaube nicht, dass es zu Ende ist. Wir werden sehen, was die, verkürzt gesagt, „Kohlekommission“, was die Strukturwandelkommission beschließen wird. Dann sprechen wir uns wieder. Zur LMBV können wir uns später noch einmal unterhalten.

(Beifall bei den LINKEN)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Drucksache 6/15206 seine Zustimmung geben möchte, zeigt es bitte an. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltungen und Stimmen dafür ist dem Antrag dennoch nicht entsprochen worden.

Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet. Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

Global Compact for Migration stoppen –

Wirtschaftsimmigration ist kein Menschenrecht

Drucksache 6/15210, Antrag der Fraktion AfD