Protocol of the Session on November 7, 2018

Meine Damen und Herren! Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Wendt. Bitte sehr, Herr Wendt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf drängen die GRÜNEN auf die Gleichstellung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen. Auf den ersten Blick ein ehrenwertes Anliegen, könnte man denken. Geht man ins Detail, wagt man also den zweiten Blick, so ist zu erkennen, dass Ihr Gesetz, werte GRÜNE, realitätsfern, ideologisch geprägt und nicht zielführend, ja, sogar in Teilen verfassungswidrig ist.

In Artikel 2 Abs. 3 des Grundgesetzes steht geschrieben: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diesem Gesetzestext ist nichts hinzuzufügen, und es muss unser aller Auftrag sein, sich dafür einzusetzen. Dazu gehört auch die gleiche Entlohnung bei gleicher Arbeit und Leistung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das Grundgesetz spricht aber von der Gleichberechtigung und nicht von der Gleichstellung, weil es diesbezüglich gravierende Unterschiede gibt. Diplombiologe Matthias Rahrbach sagte einmal in „Tichys Einblick“:

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ja, genau!)

„In den Medien ist meist von Gleichberechtigung und Gleichstellung die Rede, als wäre das dasselbe. Gleich

stellung ist aber das Gegenteil von Gleichberechtigung. Gleichberechtigung ist Chancengleichheit, Gleichstellung jedoch Ergebnisgleichheit.“

In Ihrem Gesetzentwurf, werte GRÜNE, ist nicht zu übersehen, dass Sie eine Ergebnisgleichheit wollen und dabei Realitäten ausblenden, ja, im Gegenzug sogar Männer benachteiligen und massiv in die organisatorische Gestaltungsfreiheit der Kommunen eingreifen. Nicht ohne Grund hat deshalb der Sächsische Landkreistag darauf hingewiesen, dass Ihr Gesetzentwurf verfassungswidrig ist.

(Beifall bei der AfD)

Ihrem Gesetzentwurf liegt zudem die Annahme zugrunde, dass Frauen im öffentlichen Dienst unterrepräsentiert seien. Dem ist aber grundsätzlich nicht so. Um dies zu belegen, verweise ich beispielhaft auf die Stellungnahme des Sächsischen Städte- und Gemeindetages, die sich auf Zahlen der sächsischen Frauenförderstatistik aus dem Jahr 2016 bezog. Dort ist nachzulesen, dass von den circa 70 000 Beschäftigten der Gemeinden und Gemeindeverbände mehr als zwei Drittel weiblichen Geschlechts sind.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Ganz viele arbeiten in Teilzeit!)

Selbst in leitenden Funktionen überwiegen Frauen mit 61 % der Beschäftigten. Nur im Bereich der obersten Leitungsfunktionen lag der Frauenanteil bei 41 %. Bei den Neubesetzungen zeigte sich ebenfalls eine leichte Unterrepräsentanz mit 46 %. Aber dabei ist zu beachten, dass der Frauenanteil bei den Bewerbungen gerade mal bei 34 % liegt. Damit kann man sogar sagen, dass Frauen überproportional berücksichtigt worden sind.

In Ihrem Gesetz fordern Sie zudem, dass sämtliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, amtliche Schreiben sowie Vordrucke eine geschlechtliche Gleichstellung erfahren und Stellen zukünftig geschlechtsneutral ausgeschrieben werden sollen. Der Linguist Peter Eisenberg sagte in einem Interview im Deutschlandfunk: „Solche Eingriffe in die Sprache sind typisch für autoritäre Regime, aber nicht für Demokratien.“

(Beifall bei der AfD)

Das sollte uns zu denken geben. Aber dem nicht genug. So sollen im Weiteren zum Beispiel Vorstände, Beiräte, Kommissionen, Arbeitsgruppen und Delegationen paritätisch besetzt und so die Quotenregelung auf allen Ebenen eingeführt werden. Selbst in die Vergabe öffentlicher Aufträge mischen Sie sich ein. Es sollen nur diejenigen den Auftrag bekommen, die Ihre Gleichstellungsmacherei mittragen.

Ich könnte noch mehr Punkte auflisten, aber leider gibt dies meine Redezeit nicht her.

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Zum Glück!)

Kurz zusammengefasst: Ihr Vorhaben widerstrebt jeder sachlichen Faktenlage, ist unrealistisch, ideologisch motiviert, nicht umsetzbar, sorgt für einen nicht zu stem

menden Verwaltungsaufwand, steht dem verfassungsmäßig gebotenen Leistungsprinzip und der eigenständigen kommunalen Handlungsfreiheit entgegen und ist deshalb abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren! Es gibt noch eine Wortmeldung von Herrn Abg. Wurlitzer. – Bitte, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Ansicht der einbringenden Fraktion der GRÜNEN soll das vorliegende Gesetz einen elementaren Beitrag zur Verwirklichung der Vorgaben des Grundgesetzes in der Sächsischen Verfassung hinsichtlich der Gleichbehandlung der Geschlechter leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren der GRÜNEN! Ich muss Ihnen mitteilen, dass nach verfassungsrechtlichen Bestimmungen Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Die Sächsische Verfassung ist noch in Kraft, und das Grundgesetz wurde bis vor zehn Minuten ebenfalls nicht geändert. Dieser bestehende verfassungsrechtliche Grundsatz wird von keiner vernünftigen Person bezweifelt. Liest man allerdings Ihren Gesetzwurf, so könnte man mutmaßen, allein die GRÜNEN hätten die Gleichberechtigung gerade erst im Jahr 2018 neu erfunden. Wir, die Abgeordneten der blauen Partei, sind davon überzeugt, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und dass es hierfür des angeblich so elementaren Beitrages der GRÜNEN nicht bedarf.

Tatsächlich steht im Fokus – in Ihrem Fokus – lediglich eine andere Verteilung der Dienststellenrepräsentanz im öffentlichen Dienst. Wer glaubt ernsthaft, dass heute im öffentlichen Dienst Männer und Frauen nicht gleichbehandelt werden?

(Mirko Schultze, DIE LINKE: Ich!)

Im vorliegenden Entwurf ist nicht erkennbar, an welcher Stelle gerade im öffentlichen Dienst die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau irgendwo vernachlässigt wird. § 8 Abs. 1 des Entwurfs sieht vor, dass Frauen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst bevorzugt zu berücksichtigen sind, wenn die Bewerber gleiche Qualifikationen aufweisen. Aha! Wer ist hier eigentlich einseitig unterwegs? Die Stelle muss vergeben werden an Personen, die die beste Eignung haben. Keine sinnlosen Quoten, sondern Leistung und Qualifikation sind notwendig.

(Zuruf der Abg. Katja Meier, GRÜNE)

Weiter ausgestaltet wird dieser Unsinn in § 28 Abs. 3 des vorliegenden Entwurfs. Danach muss auch ein Gleichstellungsplan geschaffen werden, welcher bei einer Unterrepräsentation eines Geschlechts festzulegen hat, welche konkreten personellen, organisatorischen und Fortbildungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Unterreprä

sentanz zu beseitigen. Wir haben teils Probleme, alle Stellen vernünftig zu besetzen, und Sie kommen mit so etwas um die Ecke.

Wenn man Ihren Entwurf liest, dann fragt man sich, wie es überhaupt möglich war, dass Frauen den Beschäftigungsolymp im öffentlichen Dienst erklimmen konnten. Wer heute davon ausgeht, dass Frauen im öffentlichen Dienst benachteiligt werden, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. In diesem Fall können Sie sich auf alle Fälle freuen, selbiger kommt in 47 Tagen – auch wenn dieser Entwurf nicht beschlossen wird.

Ich möchte hier noch einen Punkt nennen, der völlig realitätsfremd ist. Unter § 10 Abs. 1 Nr. 1 fordern Sie eine bedarfsgerechte Anzahl an Teilzeit- und Telearbeitsplätzen in allen Bereichen und Ebenen. Wer ist denn auf so eine Idee überhaupt gekommen, ein Behördenleiter, der in Teilzeit arbeitet oder ganz bequem von zu Hause? Also bei aller Liebe: Wissen Sie eigentlich, welche besondere Bedeutung ein Mensch in leitender Funktion hat und welches Signal Sie mit diesem Gesetz aussenden? Ein Mensch in leitender Funktion im öffentlichen Dienst sollte nicht in Teilzeit- oder Heimarbeit arbeiten dürfen. Als Leiter einer Behörde oder Abteilung und Ansprechpartner für Mitarbeiter muss diese Person für seine Untergebenen, natürlich auch für Bürger, ständig ansprechbar sein und nicht nur in Teilzeit. Als Behördenleiter erzielt man ein wesentlich höheres Einkommen als andere Angestellte oder Beamte im öffentlichen Dienst. Wie soll das dann zu rechtfertigen sein, dass gerade ein Leiter einer Behörde lediglich in Teilzeit- oder in Telearbeit seinen Dienst erbringen kann?

Im Ergebnis ist festzustellen: Der Gesetzentwurf leistet tatsächlich einen elementaren Beitrag, jedoch nicht im Sinne der Zielsetzung des Gesetzentwurfs, sondern als Beleg für das seltsame politische Grundverständnis der GRÜNEN. Die Abgeordneten der blauen Partei werden dieses Gesetz ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Dr. Frauke Petry und Dr. Kirsten Muster, fraktionslos)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde aus den Reihen der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Ja. Frau Staatsministerin Köpping, bitte sehr. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Da fällt einem nicht mehr viel ein, wenn der Herr Wurlitzer geredet hat und von „Untergebenen“ und von all diesen Floskeln spricht. Das ist schon krass. Da muss man sich ganz schön zusammenreißen, auch ich als Staatsministerin, da bin ich ganz ehrlich.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Frauke Petry, fraktionslos)

Aber noch einmal zum Thema: Gleichstellung von Frauen und Männern betrifft alle Lebensbereiche. Frauen und Männer sollten ihre Aufgaben in Familie, Beruf und Gesellschaft gleichberechtigt und partnerschaftlich

wahrnehmen können. Dazu müssen bestehende Ungerechtigkeiten beseitigt sein. So lautet unser Koalitionsvertrag.

Liebe Frau Meier, der Koalitionszeitraum hat bis 2019 Zeit. Wir haben noch zwei – ich habe noch einmal nachgeschaut – Projekte, die übrig sind. Alle anderen sind abgearbeitet. Das ist auf der einen Seite die „Charta der Vielfalt“, die wir im Frühjahr 2019 verabschieden wollen, und auf der anderen Seite das Gleichstellungsgesetz.

In der Tat ist es so, dass Sie einen Vorteil haben. Das möchte ich ausdrücklich sagen. Der Vorteil besteht darin, dass Sie einen Gesetzentwurf aufschreiben können. Ich muss ihn abstimmen. Das ist der Unterschied.

Deshalb möchte ich gerne noch einmal darauf eingehen, weil ich Ihren Gesetzentwurf an vielen Stellen sehr gut finde. Das möchte ich gar nicht anders sagen, wenn ich zum Beispiel an die Regelungen zur Stellenausschreibung oder an die Regelungen zur Fortbildung denke. Ich möchte jetzt gar nicht näher darauf eingehen. Sie wissen ja, welche Punkte ich meine. Oder die Regelungen zur individuellen Arbeitszeit- und Arbeitsortgestaltung,

Telearbeit – die gerade schwer kritisierte –, ich halte sehr viel davon. Ich möchte ein Beispiel nennen, was es in Berlin gibt. Es wurde gesagt: Führungskräfte müssen immer vor Ort sein. Dort gibt es eine junge Unternehmer- und Unternehmerinnenschaft, die sich zusammengeschlossen hat und zum Beispiel Führungskräfte in Teilzeit ausschreibt. Am Anfang war das ein Projekt, über das alle geschmunzelt haben: Funktioniert das? Mittlerweile berennen sie die Firmen, weil viele Frauen – übrigens auch Männer – nicht 40, 50, manchmal 60 Stunden arbeiten wollen, sondern sagen: Man kann sich auch Führungspositionen teilen. Auch das ist möglich.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Moderne Gleichstellung bedeutet viel mehr als das, was Sie sich vielleicht darunter vorstellen können.

Aber nun noch einmal zum Referentenentwurf des SMGI. Sie haben recht, Frau Meier, und auch die Opposition. Natürlich sehe ich immer wieder, dass es viele – und das haben wir heute auch in der Diskussion gesehen – unterschiedliche Meinungen zum Referentenentwurf und überhaupt zum Thema Gleichstellung gibt. Das ist es auch, was es ausmacht. Tatsächlich wollten wir eine breite Beteiligung. Da müssen Sie sich mit einem Gesetzentwurf so nicht stellen. Ich muss das machen und mache das auch gern, weil ein Gesetz – selbst wenn wir es verabschieden –, das nicht umgesetzt wird, wenig nützt. Ich möchte gern, dass man auch bei dem Gesetzentwurf, der vorliegt, dahintersteht.

Wir haben jetzt die Anhörung der Ministerien vorgenommen. Vielleicht ein Einblick:

(Die Abgeordneten der CDU unterhalten sich teilweise sehr laut.)

Wir haben eine Synopse von 83 Seiten aus dem Ministerium. Daran sieht man, wie vielfältig die einzelnen Punkte abzuarbeiten sind. Ich gebe es zu: Ich wäre auch gern schneller, aber ich möchte an der Stelle sehr gründlich sein. Deshalb werden wir das tun und werden diese Abarbeitung – auch dieser 83 Seiten – vornehmen.

Zum Zeitplan: Der steht. Wir haben am 30. November unseren nächsten Gleichstellungsbeirat und möchten uns zu Eck- und Schwerpunkten verständigen. Das ist der Zeitrahmen, den wir uns vorgegeben haben. Zeitlich vorgesehen ist danach, dass wir es ins Kabinett bringen und anschließend zur Anhörung und in den Landtag. Ich mache extra – und das habe ich zu keiner einzigen Diskussion gemacht – keine feste Zeitvorgabe, weil ich natürlich auch von Mehrheiten abhängig bin, die ich mir besorgen muss. Deshalb ist es sicher auf der einen Seite schwierig zu verstehen, aber auf der anderen Seite freue ich mich, dass wir so weit sind, dass wir eine öffentliche, breite Diskussion geführt haben. Manchmal werde ich dafür kritisiert, dass ich so viel in der Öffentlichkeit darlege und diskutiere und mich auseinandersetze. Ich bekomme in der Tat dafür nicht nur positive Feedbacks, ich bekomme auch Kritiken zu diesen Themen. Ich glaube, genau das sollten wir fortsetzen. Ich hoffe, dass wir dann auch zu einem guten Ergebnis kommen.