Protocol of the Session on September 27, 2018

Meine Damen und Herren, wir müssen über dieses Thema reden. Herr Pecher, verstehen Sie mich nicht falsch, das ist kein Steuerkonzept, aber die Zielrichtung muss erst einmal klar sein, dass die Steuern gesenkt werden sollten.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von den LINKEN)

Dieser Antrag geht in die völlig falsche Richtung, weil er das Problem nicht bei der Wurzel anpackt, sondern nur in dem verkorksten System herumstochert, und er geht auch im System des Wohnraumförderungsgesetzes etwas fehl, denn die von Ihnen vorgeschlagene Erhöhung um 40 % ist nicht wirklich angemessen. Kollege Pallas hat es vorhin schon ausgeführt, wie die Mieten gestiegen sind, und es war ja nun auch wieder der große Schnitt. Wir haben Disparitäten zwischen ländlichem Raum und großen Städten. Dem wird Ihr Antrag nicht gerecht, weil Sie alles in einen Topf werfen.

Gleichwohl könnte Ihr Antrag geeignet sein, um kurzfristig bei dem einen oder anderen für Entspannung zu sorgen. Deswegen werden wir ihn nicht ablehnen, aber wir können ihm auch nicht zustimmen und werden uns deshalb enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Frau Kollegin Kersten, Sie haben als Letzte in dieser Rederunde das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat etwas von einem Déjà-vu, als ich den vorliegenden Antrag der GRÜNEN las: noch so ein Antrag, der mit der Stellungnahme der Staatsregierung als erledigt erscheint, genauso wie gestern der Antrag der Regierungskoalition zum Unterstützungssystem Schulentwicklung.

Der erste Teil, der Berichtsteil des Antrags, ist beantwortet, wenngleich sicher nicht so aussagekräftig wie erhofft. Es wäre schön gewesen, wenn wir erfahren hätten, wie sich die Anzahl der erteilten Wohnberechtigungsscheine entwickelt hat; und es wäre auch schön gewesen zu wissen, ob es Personen oder Familien gibt, denen trotz Wohnberechtigungsschein keine Wohnung vermittelt werden konnte.

Der Staatsregierung liegen dazu keine Kenntnisse vor, leider. Allerdings hoffe ich, dass der Staatsregierung deshalb keine Kenntnisse vorliegen, weil diese Daten generell nicht erhoben werden, und nicht, weil die Staatsregierung es unterlassen hat, diese bei den zuständigen Stellen abzufragen. Die Antworten auf die Punkte 1 a und

1 b des Antrags ließen eine solche Interpretation nämlich zu.

Die Forderung zu Punkt 2 des Antrags ist nicht in Gänze erfüllt, das ist richtig, aber hinsichtlich dieser Forderung hat es im Sinne der Antragstellerin eine durchaus sehr positive Entwicklung gegeben. Eine Anhebung um 15 % sind zwar keine 40 %, aber man hätte damit zufrieden sein können. Das sind die GRÜNEN nun aber nicht. Und – auch das muss man der Antragstellerin zugute halten – im Gegensatz zur Regierungskoalition gestern hat sie, zumindest aus ihrer Sicht betrachtet, dargestellt, warum ihr eine Anhebung um 15 % nicht ausreicht und es ihr deshalb wichtig ist, hier in diesem Hohen Hause das Thema weiter zu behandeln.

Wir, die fraktionslosen Abgeordneten der blauen Partei, hätten dies allerdings nicht gebraucht, und dies nicht nur wegen der Stellungnahme der Staatsregierung, sondern weil es sich bei diesem Antrag um einen typischen Umverteilungsantrag handelt.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ha, ha, ha!)

An dieser Stelle möchte ich wiederholt unsere Position betonen: Sorgen wir dafür, dass unsere Menschen, dass die arbeitende Bevölkerung von Abgaben und Steuern generell entlastet werden! Diese Abgaben gehen in einer Art Spirale immer weiter nach oben. Sorgen wir also dafür, dass unsere Menschen mehr Netto vom Brutto haben! Arbeiten Sie daran mit! Gestalten Sie eine solche Politik mit! Dazu lade ich auch Sie, die GRÜNEN, ein – dann braucht niemand einen Wohnberechtigungsschein.

Nun haben wir diesen Antrag aber auf dem Tisch liegen; von daher erlaube ich mir noch einige Anmerkungen bzw. Fragen. Für mich wäre interessant, wie viele Haushalte von einer Anhebung der Einkommensgrenzen in Sachsen profitieren würden. Diese Anhebung hat ja zum Ziel, dass mehr Menschen einen Wohnberechtigungsschein erhalten können und demzufolge Anspruch auf öffentlich geförderten Wohnraum haben. Wie korreliert aber ein solch größerer Berechtigtenkreis mit dem Potenzial an Sozialwohnungen? Haben wir in Sachsen überhaupt ausreichend öffentlich geförderten Wohnraum? Wie viele Sozialwohnungen stehen in Sachsen leer, die angeboten werden können?

In Deutschland fehlen insgesamt Hunderttausende Wohnungen, ebenso wie Tausende Sozialwohnungen fehlen. Das sieht in Sachsen offensichtlich nicht anders aus. Wenn Sachsen also die Einkommensgrenzen, wie im Antrag gefordert, um weitere 25 % anhebt, aber kein ausreichendes Angebot zur Verfügung steht, wem tut man denn dann mit dieser Neuregelung einen Gefallen? Sie pflanzen Hoffnung und lassen Enttäuschung ernten. Das kann nicht richtig sein.

Aus meiner Sicht wäre es richtiger gewesen, die im Antrag angefragten Zahlen zu den Punkten 1 a und 1 b, aber auch, wie eben von mir angesprochen, zum Leerstand von Sozialwohnungen in Sachsen von der Staatsregierung einzufordern. Mit einer fundierten Datenbasis

weiß man dann auch, ob die Ansprüche eines erweiterten Berechtigungskreises überhaupt erfüllbar sind.

Letztlich sollten wir aber auch nicht ganz vergessen, auf welche Klientel sich dieser Antrag bezieht. Es geht nur um urbanen Wohnraum. Im ländlichen Raum haben wir diese Problematik gar nicht. Es geht also explizit um Dresden und Leipzig. Das sind die Städte, die nicht nur für die sächsische Bevölkerung interessant sind. Lebenswerter und deutlich günstigerer Wohnraum ist aber in kleinen und mittleren Städten und im ländlichen Raum vorhanden. Das auch Wohnungssuchenden deutlich zu machen dürfte eine sinnvollere Aufgabe sein, als mehr Wohnberechtigungsscheine für Großstädter zu verteilen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Aus diesen und den eingangs genannten Gründen werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei den fraktionslosen Abgeordneten)

Damit sind wir am Ende der Rederunde angekommen. Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das sehe ich jetzt nicht. Damit kommt die Staatsregierung zu Wort. Das Wort hat Herr Staatsminister Prof. Dr. Wöller.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wohnen ist ein wichtiges Grundbedürfnis und Wohnraum ist nicht nur ein wirtschaftliches Gut, sondern auch ein soziales Gut. Wir wissen, dass der Wohnungsmarkt insbesondere in Ballungszentren angespannt ist, in Leipzig und in Dresden insbesondere, und dass es zunehmend schwieriger wird, für Familien und Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Das Instrument des Wohnberechtigungsscheins, das eng auf den belegungsgebundenen Mietwohnungsbau bezogen ist, ist ein Instrument unter vielen, was man ansetzen kann, um die Situation zu entspannen. Wir haben auch, so wie von der Antragstellerin begehrt, bereits mit der Einkommensgrenzen-Verordnung eine maßvolle Erhöhung der verfügbaren Einkommensgrenzen vollzogen, nämlich um 15 % nach oben. Sie begehren eine 40prozentige Anhebung. Das lehnen wir ab, und zwar maßgeblich aus zwei Gründen:

Erstens. Wenn Sie um 40 % erhöhen, dann erhöhen Sie zu stark, sodass Sie eine Konkurrenzsituation bekommen und diejenigen mit mittlerem Einkommen jene mit geringerem Einkommen verdrängen. Denn bei gleichbleibendem mietgebundenem und belegungsgebundenem Wohnraum erhöhen Sie die Zahl der Berechtigten. Das führt aber nicht dazu, dass es eine einzige Wohnung mehr gibt. Diesen Verdrängungswettbewerb wollen wir nicht.

Zweitens – auch darauf ist im Rahmen der Debatte hingewiesen worden –: Wir haben nicht den Wohnungsmarkt in

Sachsen, sondern wir haben einen geteilten Wohnungsmarkt: in den Ballungszentren eine angespannte Situation, aber bereits im nahen Umland eine Situation im ländlichen Raum, die auch dadurch gekennzeichnet ist – Herr Kollege Fritzsche hat das bereits ausgeführt und auch Herr Kollege Pallas –, dass wir Leerstandquoten von bis zu 20 % haben.

Deshalb brauchen wir eine passfähige Wohnungspolitik. Diese sieht so aus, dass wir gerade auch den Wohnraum im ländlichen Raum fördern wollen, für den wir Regionalisierungsmittel haben und damit auch den öffentlichen Personennahverkehr subventionieren. Das ist eine richtige Politik.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Gunter Wild, fraktionslos)

Deswegen, meine Damen und Herren, um es kurz zu machen: Wir brauchen nicht mehr Wohnberechtigungsscheine, sondern wir brauchen mehr Wohnraum.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Ach!)

Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Halleluja!)

Genau aus diesem Grunde gibt es eine nationale Kraftanstrengung mit der Bundesregierung und allen Bundesländern, wo wir uns eingebracht haben. Der Wohnungsgipfel hat richtungsweisende klare Ergebnisse gebracht, die insbesondere für den Freistaat Sachsen wichtig sind. Wir sind zum ersten Mal mit einer abgestimmten Position mit allen Organisationen und Verbänden aus der Wohnungswirtschaft aufgetreten und deshalb erfolgreich gewesen. 5 Milliarden Euro für 1,5 Millionen neue Wohnungen, und zwar – das ist wichtig für Sachsen – nicht nur für den Neubau, sondern auch für den Umbau, für die Modernisierung und insbesondere für Wohnungen im ländlichen Raum. Das werden wir nutzen. Ich glaube, das ist der richtige Ansatz: ein höheres Angebot an Wohnungen, aber keine planwirtschaftliche Verwaltung des Mangels.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Staatsregierung. Das war Herr Staatsminister Prof. Dr. Wöller. Jetzt hat die einbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN die Gelegenheit eines dreiminütigen Schlusswortes.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, die Ausweitung der Haushalte, die überhaupt eine Berechtigung bekommen, einen Wohnberechtigungsschein zu beantragen, mit Planwirtschaft zu beschreiben, dazu fehlt mir schlichtweg die Verknüpfung. Was hat das miteinander zu tun? Worüber ich auch ein bisschen erschrocken bin, ist – Herr Wippel von der AfD –:

(Zuruf des Abg. André Barth, AfD)

Das war so neoliberal, was Sie hier vorgetragen haben.

(André Barth, AfD: Neoliberal? – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Einmal abgesehen von den Dingen, die wirklich wirr zu diesem Thema waren: Es gibt zunehmend ein Problem bei diesen Haushalten in großen Städten: Ihnen fehlen Wohnungen. Sie haben ein soziales Problem und ein Einkommensproblem. Ich glaube, das erfassen Sie nicht wirklich. Das sind keine Einzelfälle mehr. Aber damit müssen Sie klarkommen. Ich war einfach sehr erstaunt über diesen Beitrag.

Herr Kollege Pallas, Sie haben noch einmal ausgeführt, dass das Thema Wohnen ein komplexes Thema ist, wo man mit sehr vielen Instrumenten antworten muss. Das verbietet aber nicht gleichzeitig, dass man nicht einmal nur über ein Instrument spricht.

(Zuruf des Abg. Albrecht Pallas, SPD)

Man muss nicht, wenn man ein Instrument einmal ganz konkret angeht, alles andere auch noch mit erwähnen. Selbstverständlich könnte ich jetzt noch einmal ausführen, das Hauptinstrument wäre, dass die Regierung oder wir im Haushalt endlich mal die Mittel des Bundes für den sozialen Wohnungsbau eins zu eins durchreichen und dass wir den Erwartungen entsprechen, die der Bund hat, nämlich diese Mittel aus Landesmitteln zu verdoppeln. Wenn wir das machen würden, dann würden wir das Problem, sehr geehrter Herr Staatsminister, nicht durch wesentlich mehr Berechtigungsscheine lösen, sondern durch mehr bezahlbaren Wohnraum angehen können. Sie können sich auch sicher sein, dass unsere Anträge im Haushalt genau in diese Richtung gehen werden. Sie werden kommen, und dann sehen wir, wie Sie darauf reagieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir über die anderen Instrumente reden, könnten wir zum Beispiel auch noch einmal über die Mietpreisbremse sprechen und wie diese funktioniert, oder über die Kappungsgrenzen. Das hat alles einen Landesbezug. Das haben wir auch bereits mehrmals angesprochen, weil es dazu auf Landesebene die entsprechenden Verordnungen braucht.

(Staatsminister Prof. Dr. Roland Wöller: Das haben wir schon gemacht!)

Wir haben bereits die Zweckentfremdung angesprochen – das Airbnb-Thema in Leipzig und zunehmend in Dresden. Wir haben die Baugemeinschaften. Wir haben einen ganzen Bereich von Wohnungen, wo die Menschen ihren Wohnraum normalen marktwirtschaftlichen Überlegungen entziehen. Da geht es nicht mehr um Erzielung von Rendite, sondern wo es Eigentum jenseits davon gibt. Da gibt es eine ganze Menge, worüber wir reden können und wo die Wohnberechtigungsscheine nur ein Punkt sind. Was ich mir aber verbitte, ist, dass wir mit den Beträgen – ich habe es vorhin für verschiedenen Personenhaushalte einzeln aufgeführt – in Bereiche kommen, wo wir bei mittleren und höheren Einkommen wären. Auch mit dieser vierzigprozentigen Erhöhung gegenüber dem gesetzlichen Schnitt –