Protocol of the Session on September 27, 2018

Die bisherige Bautätigkeit hinkt dem Bevölkerungswachstum hinterher. Dabei denke ich nicht nur an Wohnungen für die Menschen, die Wohngeld oder einen Wohnberechtigungsschein bekommen können. Nein, wenn wir eine gute Durchmischung in den Stadtteilen erreichen oder halten wollen, müssen wir auch Haushalte oberhalb der Einkommensgrenze nach dem Wohnraumfördergesetz in den Blick nehmen, also Schwellenhaus

halte und letztlich auch Menschen mit mittlerem oder geringerem Einkommen.

Das Ziel für die SPD ist klar: Niemand soll in Zukunft mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens für Wohnen aufwenden müssen. Wohnen darf kein Luxus sein, meine Damen und Herren.

Es ist zwar eine Binsenweisheit, aber diese wurde uns in den letzten Jahren in Dresden und Leipzig leider vor Augen geführt: Der Markt allein wird dieses Problem nicht lösen. Hierbei muss der Staat die richtigen Anreize setzen, damit vor allem kommunale und genossenschaftliche Unternehmen bezahlbaren Wohnraum in den benötigten Segmenten schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auch keine Zeit zu verlieren. Die Verantwortung liegt dabei gleichermaßen beim Bund sowie bei den Ländern und Kommunen. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag im Bund und auf dem Wohnungsgipfel, der erst kürzlich stattgefunden hat, bin ich durchaus optimistisch, dass der Bund nicht nur weitere Finanzmittel für den sozialen Wohnungsbau an die Länder gibt, sondern dies auch mit einer Zweckbindung dafür verknüpft.

Weitere aus SPD-Sicht gute Ergebnisse des Gipfels sind die Erhöhung des Wohngeldes ab dem Jahr 2020, die Verschärfung der Regeln für den Mietspiegel, die Abgabe von Bundesliegenschaften für Wohnungsbau an die Kommunen und die finanzielle Unterstützung bei der Gründung kommunaler Wohnungsunternehmen. Wie wichtig das ist, weiß ich als Dresdner nur zu gut. Den Schaden, welcher durch den Komplettverkauf des kommunalen Wohnungseigentums entstanden ist, können wir nur mit großer Mühe beseitigen, zum Beispiel durch die Gründung eines neuen kommunalen Wohnungsbauunternehmens in Dresden.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Wichtig ist aus SPD-Sicht aber auch, dass die Mietpreisbremse weiterentwickelt wird. Ich kann dazu den Gesetzentwurf von Frau Barley nur loben und hoffe, dass er schnell umgesetzt wird.

In den Städten mit einem besonders schnellen Bevölkerungs- und Mietenwachstum brauchen wir einen Mietenstopp, auch wenn das als Begriff polarisiert. Ich halte es für wichtig, dass wir darüber diskutieren, wie wir Mieterinnen und Mieter in diesen angespannten Wohnungsmärkten weitgehend schützen können.

Auch der Freistaat Sachsen muss seinen Beitrag für bezahlbaren Wohnraum in den Städten leisten. Mit der SPD ist der soziale Wohnungsbau in Sachsen überhaupt erst wieder auf die Tagesordnung gesetzt worden, und zwar mit zunächst 100 Millionen Euro für die aktuellen beiden Haushaltsjahre. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die Kommunen und die Bauträger jetzt Kontinuität bekommen. Das heißt, diese Förderung muss langfristig und kontinuierlich fortgesetzt werden.

Mittelfristig müssen wir den sozialen Wohnungsbau in Sachsen so weiterentwickeln, dass mit den finanziellen Zuschüssen des Landes nicht nur Sozialwohnungen, sondern auch bezahlbare Wohnungen für Menschen mit geringerem und mittlerem Einkommen gebaut werden, wenn sie Probleme haben, auf den jeweiligen Wohnungsmärkten eine Wohnung zu finden.

Ich sehe aber auch die Kommunen in der Pflicht, und zwar angefangen beim Erwerb und bei der Bereitstellung von Liegenschaften bis hin zur schnelleren Bearbeitung von Bauanträgen. Die Städte müssen sich personell verstärken, damit die Anstrengungen in Bund und Land nicht ins Leere laufen. Außerdem ist es jetzt schon möglich, durch kommunale Zuschüsse an die öffentlichen Wohnungsunternehmen mehr als nur Sozialwohnungen zu bauen.

Meine Damen und Herren! Sie sehen, es ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen notwendig und möglich, um ausreichend bezahlbare Wohnungen in den großen Städten zu schaffen. Dennoch möchte ich kurz noch etwas zum Antrag sagen.

Die SPD-Fraktion hat sich schon sehr gewundert, dass dieser Antrag überhaupt noch eingebracht wurde, denn der Berichtsteil wurde erfüllt und von der einzigen Forderung, nämlich der Anhebung der Einkommensgrenzen für Wohnberechtigungsscheine, bleibt unterm Strich nichts übrig, weil das Innenministerium, die Staatsregierung das längst getan haben. Einzig in der Höhe der Anpassungen gibt es Unterschiede.

Ferner möchte ich noch kurz etwas zur Genese sagen, weil ich das sehr bemerkenswert finde. Sie haben dargelegt, dass die Länder nach dem Wohnraumfördergesetz die Möglichkeit haben, per Verordnung von diesen Einkommensgrenzen abzuweichen, also sie anzuheben. Die Werte in diesem Gesetz stammen aus dem Jahr 2001. Seitdem sind sowohl die Einkommen als auch der Preisindex jeweils um knapp über 20 % gestiegen. Das heißt, eine 20-prozentige Anhebung wäre sinnvoll gewesen.

Interessant ist, dass es die Landeshauptstadt Dresden war, die für eine zehnprozentige Anhebung plädiert hat. Hintergrund war die Befürchtung, dass man dann zu viele Anspruchsberechtigte und zu wenige Wohnungen haben könnte; wobei man dazu pragmatisch sagen muss: Die Menschen wohnen ja bereits alle in Wohnungen. Auch wenn es keine Sozialwohnung ist, die so deklariert ist, haben wir in Dresden und in Leipzig noch einen Wohnungsbestand, der im KdU-Bereich bzw. darunter liegt. Es sind keine guten Wohnungen, das ist klar, aber die Menschen wohnen darin. Entscheidend ist es, dann Sozialwohnungen anbieten zu können, wenn die Inhaber von Berechtigungsscheinen eine Wohnung suchen. Es bedurfte einer Vermittlung, und so kam dann diese 15prozentige Erhöhung zustande.

Ich habe ein wenig Probleme mit Ihrer Argumentation, wenn Sie sagen, dass eine 40-prozentige Erhöhung das Mittel der Wahl sei. Ich glaube, dass wir mit dem Wohnberechtigungsschein nicht bis in die mittleren Einkommen

vorstoßen sollten. Wir müssten dann nämlich aufpassen, dass wir nicht wieder in eine Art soziale Wohnungsverwaltung kommen, die wiederum ganz andere Probleme verursacht.

Natürlich müssen der Freistaat Sachsen und die Kommunen die Einkommensgrenzen weiterhin im Blick behalten. Für den Augenblick ist Ihr Antrag überholt. Deswegen lehnen wir ihn ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Wippel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Die GRÜNEN wollen den sächsischen Durchschnittsverdiener zum Bittsteller machen oder Wahlgeschenke verteilen – eine der beiden Varianten kann es nur sein.

Beim sächsischen Durchschnittsverdiener – zum Beispiel einer fünfköpfigen Familie, einer arbeitet Vollzeit, einer arbeitet Teilzeit – beträgt das jährliche Einkommen circa 60 000 Euro. Wenn man diese fünfköpfige Familie als Beispiel nimmt und nach Ihrem Vorschlag hochrechnet, dann kommen wir auf ein Bruttojahreseinkommen in Höhe von 57 000 Euro. Wir sind also sehr nah dran.

Fakt ist aber, dass der Wohnungsmarkt in Sachsen, insbesondere in den sächsischen Großstädten, angespannt ist, und er ist teilweise auch verzerrt. Die Verzerrung kommt von Effekten, die mit Wohnen als solches erst einmal nichts zu tun haben. Gründe sind zum einen die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Das Kapital weicht auf Vermögenswerte wie Immobilien aus. Damit steigt die Nachfrage, damit steigt der Preis. Wenn der Preis steigt, werden Immobilien gekauft, dann sinkt für den Erwerber die Rendite. Die Rendite will er aber trotzdem haben. Diese holt er sich dann teilweise beim Mieter.

(André Barth, AfD: Energetische Vorgaben!)

Daraus sehen wir, dass in Leipzig die Immobilienpreise teilweise um 40 % gestiegen sind, die Mieten aber nicht in dieser Höhe. Also die Mieten steigen langsamer als die Immobilienpreise.

Der zweite Punkt, der dabei hineinspielt, ist – auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen – die Einwanderung. Diese belastet in erster Linie die Großstädte, weil dort natürlich viele Menschen hin wollen und viele den Großstädten auch zugewiesen werden. Dort ist das Leben der Einwanderer nicht anders als das unserer eigenen jungen Bevölkerung, die ebenfalls in die Großstädte drängt. Das alles sind Menschen, die nicht über allzu viel Geld verfügen. Deswegen beginnt dort – ich sage es einmal bildlich – der „Kampf“ um den günstigen Wohnraum, und deshalb haben wir in den Großstädten natürlich auch Probleme.

Ein weiterer Punkt ist die Erneuerbare-Energien-Verordnung, die das Bauen schlicht und ergreifend verteuert;

und wenn das Bauen verteuert wird und auch der Grundstückserwerb teurer ist – Nullzinspolitik usw. usf. –, sinkt wiederum die Rendite. Auch dieses Geld will man sich wieder von den Mietern holen.

All diese Dinge wirken nicht entweder/oder, sondern sie wirken alle zusammen kumulativ. Das ist eine Verzerrung auf dem Wohnungsmarkt. Das sind Probleme, die man angehen kann, aber nicht unbedingt auf Landesebene.

Jetzt bieten die GRÜNEN eine Lösung an, die da heißt: Umverteilung und Dankbarkeit. Aber diese Auffassung teilt die AfD-Fraktion nicht. Die Lösung, die wir uns dazu vorstellen, könnte Folgende sein:

Erstens. Aus den eben genannten Gründen müsste das Bauen verbilligt werden. Das heißt, die ErneuerbareEnergien-Verordnung müsste geöffnet werden, so wie es in den Niederlanden der Fall ist. Dort sind nämlich die Baukosten weniger stark gestiegen als in Deutschland. Dort werden einfach die Vorgaben genommen, und wie der Eigentümer oder der Bauherr zum Ergebnis kommt, ist ihm überlassen. Das fördert auch Innovation in der Baubranche.

Ein weiterer Punkt wäre das serielle Bauen, das ermöglicht werden muss. Das spart letzten Endes Architektenkosten. Hätten wir eine Musterbauordnung, auch dann würde es das erleichtern, weil auch nicht für jedes Bundesland mit neuen Anforderungen neu geplant werden muss. Auch das würde das Bauen vergünstigen.

Ein weiterer Punkt – neben dem Verbilligen des Bauens – wäre natürlich die Möglichkeit, Druck aus dem Kessel zu nehmen. Wir haben eben schon den Punkt der Einwanderung angesprochen. Die muss ganz klar gesteuert und begrenzt werden; das heißt, es müssen die Menschen unsere Städte verlassen – vielleicht auch in Form von Abschiebung –, die in Deutschland kein Aufenthaltsrecht mehr haben. Die brauchen dann hier auch keinen Wohnraum mehr. Gleichzeitig brauchen wir natürlich auch ein striktes Grenzregime, damit nicht noch mehr Leute nach Deutschland drängen, die dann natürlich auch auf dem Wohnungsmarkt versorgt werden wollen.

Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, dass die Menschen, die sich jetzt aktuell neu entscheiden, in die Großstädte zu ziehen, vielleicht ihren Wohnsitz gar nicht in der Großstadt nehmen, sondern im näheren Umland. Im näheren Umland ist noch Wohnraum vorhanden, zum Beispiel südlich von Dresden – –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Pallas?

Wenn ich meinen Satz fertiggesprochen habe.

Bitte.

Im südlichen Umland von Dresden sind noch 2 000 Genossenschaftswohnungen frei, und wenn dieser Raum nahe und gut angebunden ist mit öffentlichem Personennahverkehr, dann ist auch

Dresden quasi nahe dran, dann wohnt man in einem verdichteten Raum.

Jetzt gern die Zwischenfrage, Kollege Pallas.

Danke, Herr Präsident! Danke, Herr Wippel! Ist Ihnen bekannt, dass sich bereits vor 2015 das Bevölkerungswachstum in Dresden und Leipzig so gestaltete, dass der Leerstand kleiner und die Mieten größer geworden sind?

Ja, das ist richtig, das habe ich auch gar nicht geleugnet. Ich habe nur gesagt, dass das erschwerend noch zusätzlich obendrauf kommt. Gerade eben beim zweiten Punkt, den ich jetzt angesprochen habe, während Sie zur Zwischenfrage aufgestanden sind, habe ich gesagt, dass unsere jungen Leute – dieses Schwarmverhalten ist ja nun bekannt, spätestens seit der Empiriker-Studie – für die, die es vorher nicht wussten – genauso in die Großstädte ziehen. Das ist klar, das ist keine neue Erkenntnis, aber Danke, dass Sie es noch einmal angesprochen haben.

Wir können auch über die Ausgabenseite reden. Was macht der Bürger eigentlich mit seinem Geld? Warum hat er denn eigentlich so wenig zur Verfügung, dass das Leben zu teuer ist? Letzten Endes bezahlt er ja die Miete vom Netto und nicht von seinem Brutto. Nun könnte man sagen: Wenn er in der Stadt wohnt, dann braucht er vielleicht kein Auto – da spart er schon einmal mehrere Hundert Euro im Monat; da kann er mit Bus und Bahn oder Fahrrad fahren und alles ist gut. Das kann für den einen oder anderen eine Lösung sein, aber sicherlich nicht für alle. Auf jeden Fall spart man sich vielleicht das zweite Auto, wenn man in der Stadt wohnt – im Verhältnis dazu, wenn man irgendwo im ländlichen Raum wohnt und beide arbeiten und vielleicht noch die Kinder in den Kindergarten bringen müssen. Aber das können wir nicht voraussetzen.

Man könnte zum Beispiel, um Geld zu sparen, die Grundsteuer nicht reformieren, sondern abschaffen, weil die Grundsteuer schlicht und ergreifend die letzte in Deutschland vorhandene Steuer ist, die einfach nur deswegen bezahlt wird, weil ich da bin. Wohnen wollen wir alle in Häusern und auf Grundstücken, also bezahlen wir alle die Grundsteuer. Die zahlt nie der Vermieter, sondern immer der Mieter. Der Bund hat 26 Milliarden Euro Überschuss gehabt, die Kommunen hatten durch die Grundsteuer 13 Milliarden Euro Einnahmen. Sie sehen, da ist ausreichend Spielraum, um die Grundsteuer abzuschaffen und die Kommunen trotzdem noch zu entlasten. Das wäre eine Variante.

Außerdem müssen wir darüber nachdenken, ob man bundesweit nicht überhaupt unseren Bürgern viel zu viele Steuern wegnimmt von der Arbeit. Vom ArbeitgeberBrutto bleiben nur knapp unter 50 % übrig, und davon geht bei den Einkäufen noch die Umsatzsteuer weg. Effektiv bleiben also von 60 000 Euro unseres Durchschnittverdieners, die er brutto erwirtschaftet hat, noch

25 000 Euro übrig. Das ist das Geld, mit dem er etwas anfangen kann; den Rest hat sich der Staat einverleibt, um es umzuverteilen. Hätten die Arbeitnehmer 40 000 oder 50 000 Euro übrig, dann hätten wir auch nicht mehr den Bedarf, um über Umverteilungsmechanismen auf dem Wohnungsmarkt zu reden.

(Zurufe von der SPD und den LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir müssen über dieses Thema reden. Herr Pecher, verstehen Sie mich nicht falsch, das ist kein Steuerkonzept, aber die Zielrichtung muss erst einmal klar sein, dass die Steuern gesenkt werden sollten.